Startseite » Holzbau »

Einkauf in der Kathedrale

Neubau eines Supermarktes im niederländischen Groningen
Einkauf in der Kathedrale

Firmen im Artikel
Mit dem Supermarkt „SuperHub“ hat das Büro De Zwarte Hond einen markanten Mittelpunkt des neuen Groninger Stadtquartiers „Meerstad“ geschaffen. Der Holzbau unterstreicht den Anspruch des Neubauviertels als ökologisches Vorzeigeprojekt. Dabei hat sich die komplexe Holzkonstruktion mit seiner fließenden Verbindung von Dach und Tragwerk aus dem Zusammenspiel der auftretenden Kräfte ergeben.

Anforderung:

Hochwertig gestalteter Supermarkt für ökologisches Neubauviertel mit 20.000 Bewohnern

Lösung:

Organisch wie eine klassische Markthalle mit nachhaltigem Werkstoff Holz, individuell und vorgefertigt


Robert Uhde

Am nordöstlichen Rand von Groningen entsteht im Übergang zwischen Stadt und flacher Landschaft seit 2015 das Neubauquartier „Meerstad“. Rings um das neu geschaffene Woldmeer und angrenzend an einen hügeligen Landschaftspark sollen hier in den kommenden Jahren und Jahrzehnten insgesamt 5.000 Wohnungen für rund 20.000 Bewohner fertiggestellt werden.

Seit 2008 beteiligt an dem Projekt und federführend verantwortlich für die städtebauliche Masterplanung ist das vor Ort ansässige Büro De Zwarte Hond. Als wichtigen Baustein für das neue Quartier hatten die Architekten von Beginn an einen hochwertig gestalteten Supermarkt vorgesehen, mit dessen Umsetzung sie dann 2018 durch den Projektentwickler MWPO Supermarkten B.V. direkt beauftragt wurden.

Wie eine klassische Markthalle

Mittlerweile ist der Neubau fertiggestellt. Ausgehend von den Wünschen des Bauherrn und in Anlehnung an die selbst formulierten Gestaltungsgrundsätze für das Viertel ist ein organisch geschwungener Holzbaupavillon mit ovaler Grundrissform entstanden, der die Idee der klassischen Markthalle neu interpretiert und der mit seiner spektakulären Form und seinen flexiblen Nutzungsmöglichkeiten nachhaltig zur Identität des neuen Stadtteils beiträgt.

Auf einer Fläche von 2.100 m² kann man vor Ort nicht nur Einkäufe erledigen, sondern es finden sich auch ein kleines Gesundheitszentrum sowie ein Café mit teilweise überdachter Außenterrasse.

„Der neue Stadtteil Meerstad wird sukzessive in kleinen Schritten entwickelt“, erklärt Erik Roerdink, Projektarchitekt und Partner bei de Zwarte Hond. „Entsprechend fehlte dem Quartier bislang ein soziales und programmatisches Zentrum. Unser ‚SuperHub‘ soll diesen Mangel beheben. Ganz bewusst wollten wir dabei aber nicht einfach nur die Grundversorgung der Bewohner sicherstellen, sondern darüber hinaus auch einen lebendigen Mittelpunkt schaffen, an dem man sich auch am Abend gerne aufhält. Und durch seine hohe Flexibilität kann der Neubau perspektivisch auch weitere oder ganz andere Funktionen wie ein Gemeinde- oder Seniorenzentrum aufnehmen.“

Elegant geformt aus Holz und Glas

Ein charakteristisches Element der imposanten, am Abend eindrucksvoll beleuchteten Architektur sind die elegant aufsteigenden, nach oben hin weit auslaufenden Stützen aus Holz, die gemeinsam die komplett sichtbar gebliebene, nach außen um 5,4 m vorkragende Dachkonstruktion des Neubaus tragen. Im Zusammenspiel mit der gebäudehohen, in den Eckbereichen elegant abgerundeten Verglasung ist ein luftiger Arkadenraum mit einer Höhe von rund 9 m entstanden, der durch die spitz zulaufende Formgebung der Stützen bei aller Modernität auch den Eindruck einer gotischen Kathedrale hervorruft.

Die umlaufende, insgesamt rund 1.300 m² große Glasfassade ermöglicht beim Einkaufen freie Ausblicke auf den südlich angrenzenden See und trägt andererseits schon von weitem die Funktion des Gebäudes nach außen. Sie setzt sich zusammen aus insgesamt 80 teilweise geschwungen Profilrahmen aus Stahl mit einer Höhe von 8,7 m und einer Breite von jeweils 2 m, die je 14 übereinander liegende Glaselemente unterschiedlicher Höhe integrieren. Auf halber Höhe der Fassade sind die Scheiben als schmale Lamellen ausgebildet, um so einen optimierten Sonnenschutz im Innenraum ermöglichen.

Direkt hinter der Fassade haben die Planer im westlichen Teil des Gebäudes ein eigenständige Volumen aus Holz nach dem Box-in-box-Prinzip eingestellt, das neben dem Café auch zusätzliche Lagerflächen im Obergeschoss beherbergt und das perspektivisch auch zwei Arztpraxen aufnehmen soll.

Komplexe Holzkonstruktion

Eine große Herausforderung bei der Entwicklung des Projekts war die Planung der komplexen Holzkonstruktion mit ihrer fließenden Verbindung von Dach und Tragwerk: „Die konkrete Formgebung hat sich dabei fast vollständig aus dem Zusammenspiel der auftretenden Kräfte ergeben“, erklärt Erik Roerdink. Zentrales Element der Konstruktion ist zunächst das insgesamt 2.400 m² große Dach, das mit seinen großen Spannweiten von rund 8 m einen flexibel nutzbaren Innenraum ermöglicht und das durch seine markante Auskragung gleichzeitig einen optimierten Sonnenschutz für das weitgehend transparente Gebäuden bietet.

Das großflächige, teilweise asymmetrisch auslaufende Flächentragwerk setzt sich zusammen aus insgesamt 180 diagonal angeordneten, im Grundriss maximal 3,8 x 3,8 m großen Feldern aus Brettschichtholz, die jeweils aus maximal 15 m langen, 600 mm hohen und 200 mm dicken Bindern aus Fichten- bzw. Lärchenholz (Heko Spanten) gebildet werden. „Zwölf der Felder haben wir dabei als diagonal ausgerichtete Oberlichter ausgebildet, um ausreichend Tageslicht in sämtlichen Bereichen zu ermöglichen“, so Erik Roerdink. Komplettiert wird die Konstruktion durch ein breites Attikaband aus Lärchenholz.

Getragen wird die dynamische Konstruktion durch 22 mächtige, in einem Raster von 10,8 x 10,8 m platzierte Kreuzstützen, die nach oben hin als elegant geschwungene Träger im Dachtragwerk aufgehen. „Sämtliche Träger wurden ebenso wie die Binder komplett vorgefertigt angeliefert“, erklärt Erik Roerdink. „Sie setzen sich zusammen aus jeweils vier kreuzförmig angeordneten und wie beim Dach 200 x 600 mm dicken Fichten- bzw. Lärchenholzbalken mit einer Höhe von 9 m, die in ihrem Kern durch einen Knoten aus Stahl miteinander verbunden sind, um eine ausreichende Stabilität und Erdbebensicherheit des Gebäudes ohne zusätzliche Diagonalen oder Streben zu ermöglichen.“ In ihrem Inneren beherbergen die Stürzen außerdem einen Kanal zur Abfuhr des anfallenden Niederschlagswassers.

Vorteile des Werkstoffes Holz

Bei der Planung von Dachtragwerken mit großen Spannweiten bietet der Werkstoff Holz deutliche Vorteile im Vergleich zu Stahl oder Beton: „Neben dem optimalen Verhältnis von Eigengewicht zu Tragfähigkeit spricht dabei insbesondere die hohe Nachhaltigkeit für die Verwendung des Baustoffes“, erklärt“, erklärt Erik Roerdink.

Um eine weitere Optimierung der Ökobilanz zu erreichen, wurde das mit Bitumen abgedichtete Flachdach im äußeren Bereich mit Sedum begrünt und dient außerdem als Aufstellfläche für eine Photovoltaikanlage. Im Verbund mit einer Lüftungsanlage, einem unterirdischen Kälte- und Wärmespeicher sowie einer effektiven Wärmeschutzverglasung wird damit ein energieeffizientes und angenehm-natürliches Raumklima erreicht: „Im Ergebnis gehört das Projekt damit zu den nachhaltigsten Gebäuden in der gesamten Region“, fasst Erik Roerdink zusammen.


Projekt: SuperHub Meerstad

Standort: Vossenburglaan, 9613 CG Meerstad, Niederlande

Bauherr: MWPO Supermarkten B.V., NL

Planung: De Zwarte Hond, Groningen, NL
www.dezwartehond.nl

Bauunternehmen: Brands Bouw BV, NL

Konstruktion: Pieters Bouwtechniek, Amsterdam, NL

Nutzfläche: 2.090 m²

Fertigstellung: 2023


Robert Uhde

Studium der Kunst und Germanistik in Oldenburg. Erstes Staatsexamen. Ausbildung zum Fachredakteur für Architektur bei der Verlagsgruppe Rudolf Müller in Köln. Seit 1997 freier Autor für Fachzeitschriften und Tageszeitungen. Eigenes Büro in Oldenburg.
www.robert-uhde.de


Lesen Sie hier weiter zum Thema

Firmen im Artikel
Unsere Top-3-Projekte des Monats
MeistgelesenNeueste Artikel

Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der bba-Infoservice? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum bba-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des bba-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de