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Sommerlicher Wärmeschutz - die Maßnahmen im Überblick

Fachwissen kompakt
Sommerlicher Wärmeschutz – Maßnahmen im Überblick

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die übermäßige Erwärmung von Innenräumen im Sommer zu verhindern oder das Gebäude aktiv zu kühlen. Viele der Lösungen lassen sich miteinander kombinieren. Bei der Auswahl der passenden Maßnahmen für den sommerlichen Wärmeschutz sind jedoch – neben der Effektivität − auch die Konstruktionsart, Nutzung und Architektur des Gebäudes zu berücksichtigen.

Außenliegender Sonnenschutz

Starrer Sonnenschutz außen

  • Vertikale oder horizontale Lamellen vor der Fassade, feststehend oder mit dem Sonnenstand drehbar,
  • auskragende Vordächer, Balkone oder Dachüberstände.

Der außenliegende starre Sonnenschutz verhindert die direkte Sonneneinstrahlung auf das Fenster, vor allem bei hochstehender Sonne in der heißen Mittagszeit.


Beweglicher Sonnenschutz außen

  • Rollläden,
  • Klapp- und Schiebeläden,
  • Markisen, als Senkrechtmarkise parallel zur Fassade sowie als waagerechte oder Fallarmmarkise aus der Fassade auskragend,
  • Jalousien bzw. Raffstoren.

Vorteile, Nachteile, Hinweise

+ Außenliegender Sonnenschutz bietet eine deutlich größere Wirkung als vergleichbare innenliegende Systeme, weil die Wärmeeinstrahlung bereits vor dem Gebäude abgeschirmt wird.
 Außenliegender beweglicher Sonnenschutz ist meist aufwendiger und teurer als vergleichbare innenliegende Systeme.
Außenliegender beweglicher Sonnenschutz behindert je nach System im herausgefahrenen Zustand den Ausblick aus dem Gebäude oder verhindert ihn völlig.
!  Außenliegender Sonnenschutz muss witterungsbeständig sein. 
 ! Außenliegender beweglicher Sonnenschutz muss vor Beschädigungen durch starken Wind und Regen geschützt und in diesen Situationen eingefahren werden.
! Für den Schutz der Systeme, aber auch für die Effektivität ihrer Benutzung (zum Beispiel bei Abwesenheit der Bewohner) bietet sich eine Automatisierung an, die mit Sensoren für den Sonnenstand, den Niederschlag und den Wind kombiniert werden kann.

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Winterlicher und sommerlicher Wärmeschutz im Vergleich

Innenliegender Sonnenschutz

Beweglicher Sonnenschutz innen

  • Faltplissees,
  • Rollos,
  • Jalousien,
  • senkrecht orientierte Lamellenvorhänge.

Vorteile, Nachteile, Hinweise

+ Auf der Innenseite der Fenster liegender Sonnenschutz ist gegen Witterungseinflüsse geschützt und kann dadurch in der Bauweise und Montage einfacher gehalten werden.
Bei innenliegendem Sonnenschutz gelangt die Sonnenstrahlung jedoch durch das Fenster in den Raum, wodurch die Wirkung geringer ist als bei vergleichbaren außenliegenden Systemen.
! Übergardinen o. ä. textile Vorhänge können zwar die Sonneneinstrahlung reduzieren, gelten jedoch als Inneneinrichtung und nicht als bauliche Maßnahme. Sie dürfen für den Nachweis des sommerlichen Wärmeschutzes nicht herangezogen werden.

Beweglicher Sonnenschutz im Scheibenzwischenraum

Eine Sonderform innenliegender Systeme sind Jalousien im Scheibenzwischenraum, bei denen die Sonnenstrahlung vor der letzten Scheibe reflektiert wird.

+  Sie sind technisch-architektonisch elegant. 
Allerdings haben sie den Nachteil, dass Reparaturen und Auswechslungen nicht ohne weiteres möglich sind.

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Kühlung ohne Klimaanlagen

Sonnenschutz mit der Verglasung

Sonnenschutzglas

Sonnenschutzgläser sind im Scheibenzwischenraum mit einer hauchdünnen und hochselektiven Schicht bedampft. Sie bewirkt eine hohe Lichtdurchlässigkeit bei gleichzeitig möglichst niedrigem Gesamtenergiedurchlass. Dadurch wird vor allem der Wärmeanteil der Sonneneinstrahlung reflektiert, während das Licht weitgehend ungehindert in den Raum gelangt.

Kennwert dieser Qualität ist die Selektivitätskennzahl S, die das Verhältnis von Lichtdurchlässigkeit zu Gesamtenergiedurchlass beschreibt. Der Kennwert hat keine Einheit. Werte über 1 sind im Sinne des sommerlichen Wärmeschutzes günstig, Werte leicht über 2 gelten derzeit als die Grenze des technisch Machbaren.

Sonnenschutzgläser können in ihrer optischen Anmutung neutral gehalten werden, also weitgehend farblos sein. Möglich sind aber auch leicht bräunliche, bläuliche oder silberne Farbgebungen.

Die Sonnenschutzbeschichtung kann innerhalb des Verglasungsaufbaus mit Wärmeschutzbeschichtungen kombiniert werden, sodass Isoliergläser entstehen, die gleichzeitig dem winterlichen und dem sommerlichen Wärmeschutz dienen.


Schaltbares Glas

Eine Sonderform des Sonnenschutzglases ist schaltbares Glas, dessen Selektivität durch Anlegen einer elektrischen Spannung verändert werden kann. Mit dem von Sensoren gesteuerten Umschalten zu mehr Sonnenschutz tritt eine leichte Verdunklung ein.


Verglasung mit integrierten PV-Modulen

Eine andere Sonderform des Sonnenschutzes mit der Verglasung sind dünnschichtige PV-Module innerhalb des Scheibenaufbaus. Sie erzeugen erneuerbare Energie und reduzieren gleichzeitig den Strahlungseinfall in den Raum. Mit verschiedenen Belegungsdichten lässt sich das Verhältnis von Abschattung und Lichteinfall variieren. Der Ausblick aus dem Innenraum wird eingeschränkt, aber nicht vollständig behindert.

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Programmierbare Dämmung spart 40 Prozent Kühlenergie

Sommerlicher Wärmeschutz mit der Bauweise

Baustoffe mit hoher Wärmekapazität

Schwere Baustoffe mit einer hohen Wärmekapazität können im Verlauf des Tages einen großen Anteil der eingestrahlten Sonnenwärme speichern und im Verlauf der kühleren Nacht wieder abgeben. Dieser Vorgang wird auch mit den Begriffen Amplitudendämpfung und Phasenverschiebung beschrieben.

Vor allem massive Baustoffe wie Kalksandstein oder Beton haben eine hohe Wärmekapazität und sind deshalb als innere Speichermassen für den sommerlichen Wärmeschutz besonders geeignet.


Fensterflächenanteil

Je größer die Fensterflächen, desto mehr Sonnenenergie wird in das Gebäude eingestrahlt. Den größten Aufwand beim sommerlichen Wärmeschutz verursachen deshalb Ganzglasfassaden.

Die Reduzierung des Fensterflächenanteils – speziell auf Süd- und Westseiten – wirkt der Überhitzung der Innenräume also entgegen, lässt sich aber aus Gründen der Architektur, des Tageslichteinfalls und des Ausblicks nur in gewissen Grenzen realisieren.


Latentwärmespeicher

Eine besondere Form des sommerlichen Wärmeschutzes sind Latentwärmespeicher. Sie beruhen auf sogenannten Phasenwechselmaterialien, die auch PCM (für phase change material) genannt werden. Sie können in den heißen Perioden tagsüber durch den Phasenwechsel große Mengen Wärme speichern, ohne selbst warm zu werden. In kühleren nächtlichen Perioden wird der Phasenwechsel rückgängig gemacht und die Wärme wieder ausgespeichert.

PCM lassen sich zum Beispiel in den Innenputz oder in Gipsplatten des Innenausbaus einarbeiten. Wegen des vergleichsweise hohen Preises ist es bisher jedoch nicht zu einer verbreiteten Anwendung gekommen.


Begrünung und reflektierende Oberflächen

Im weitesten Sinne können auch Maßnahmen wie die Begrünung von Dach oder Fassade sowie der verstärkte Einsatz von Baustoffen mit hellen und reflektierenden Oberflächen zum sommerlichen Wärmeschutz gerechnet werden.

Sie verbessern die Situation des einzelnen Gebäudes jedoch wenig oder gar nicht und bleiben in den einschlägigen Regelwerken deshalb weitgehend unberücksichtigt. Jedoch schaffen sie gerade in urbanen Ballungsräumen ein weniger heißes Mikroklima, dass die Lebensqualität in der Stadt und damit letztlich auch in jedem einzelnen Gebäude verbessert.

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Kühle Gebäude im Sommer

Kühlen mittels Nachtlüftung

Jeder von Menschen genutzte Innenraum benötigt aus hygienischen Gründen eine Lüftungsmöglichkeit. Dabei kann es sich um natürliche Lüftung über die Fenster oder um eine Lüftungsanlage handeln. In beiden Fällen kommt es zu einem Luftaustausch unter Zufuhr frischer Luft von außen. Mit der „verbrauchten“ Abluft werden Kohlendioxid, Luftfeuchtigkeit, Gerüche, Schadstoffe und Krankheitserreger aus dem Raum abgeführt. Die Idee liegt nahe, mit dem Abluftstrom auch überschüssige Wärme aus dem Raum zu transportieren.


Nachtauskühlung über die Fenster

Motorisierte und zentral gesteuerte Fenster können so programmiert werden, dass sie sich bei entsprechend hohen Temperaturen nachts öffnen und so die über Tag in das Gebäude eingebrachte Energie abführen.

Die Steuerung muss mit Wind- und ggf. auch Regensensoren kombiniert werden, um Schäden an den Fenstern oder in den Innenräumen zu verhindern. Die natürliche Nachtauskühlung über die Fenster eignet sich besonders für Gebäude mit Doppelfassade, bei denen sich die Fenster in den geschützten Fassadenzwischenraum öffnen.


Betonkernaktivierung

Eine spezielle Form der Nachtauskühlung stellt die Betonkernaktivierung dar. Gerade in modernen Bürogebäuden mit Glasfassaden und Leichtbauwänden für die Raumaufteilung sind die aus Beton hergestellten Decken oft die größten massiven Bauteile, die sich für eine Einspeicherung von Kälte anbieten.

Zusammen mit dem Bewehrungseinbau werden dafür Kühlleitungen in den Deckenquerschnitt eingebracht. In der Nacht kann das darin zirkulierende Kühlwasser die Raumwärme des Tages abtransportieren und zum Beispiel auf dem Dach über Wärmetauscher an die Umgebung abgeben. Die auf diese Weise abgekühlte (aktivierte) Decke steht am nächsten Morgen für eine erneute Wärmeaufnahme bereit.


Thermisch konditionierte Zuluft

Sofern das Gebäude ohnehin mit einer Lüftungsanlage ausgerüstet ist, bietet sich eine Kühlung der Zuluft an, um die Temperaturen in den Innenräumen zu begrenzen. Dies lässt sich mit zentralen Kältemaschinen erreichen, die aber einen erheblichen Energieverbrauch haben können.

Deutlich energiesparender sind Lösungen, die Zuluft außerhalb des Gebäudes ansaugen und dann zunächst über Leitungen im Erdreich oder im Fundament führen. Die so vorgekühlte Luft wird dann mit einer herkömmlichen Lüftungsanlage in die einzelnen Räume geleitet.

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Online-Tool hilft bei Bewertung von Hitzeschutzmaßnahmen

Anlagentechnische Kühlung

Die aktive Kühlung von Gebäuden mit verschiedenen anlagentechnischen Konfigurationen kann sehr zielgenau und effektiv hohe Wärmelasten abführen. Der Investitionsaufwand ist allerdings meist erheblich, weshalb die Technik vorwiegend im Büro- und Gewerbebau, aber praktisch gar nicht im Wohnungsbau zum Einsatz kommt.

Viele anlagentechnische Systeme benötigen ein hohes Maß an Fremdenergie. Sofern dafür normaler Netzstrom zum Einsatz kommt, der derzeit in Deutschland immer noch einen hohen Anteil an fossiler Energie enthält, verschlechtert sich der ökologische Fußabdruck des Gebäudes unter Umständen erheblich. Auch der rechnerische Nachweis des Gesamtenergieverbrauchs wird ungünstiger.

Abhilfe können Lösungen schaffen, die die Anlagentechnik mit vor Ort erzeugter erneuerbarer Energie betreiben.


Solar Cooling

Für das Kühlen mit Sonnenenergie gibt es zwei grundsätzliche Verfahrenswege:

  • Photovoltaikmodule auf oder am Gebäude gewinnen elektrischen Strom, der zum Betrieb herkömmlicher Klimatechnik verwendet wird. Dabei kann es sich um raumweise installierte Klimaanlagen (Splitgeräte) oder um zentrale Dampfkompressionskühlmaschinen für das ganze Gebäude handeln. Sowohl bei der Energiegewinnung als auch der Kälteerzeugung kommen bei dieser Lösung bekannte und bewährte Systemlösungen zum Einsatz – der innovative Ansatz liegt vor allem in der Kombination beider Techniken. Extreme Bedarfsspitzen können durch die zusätzliche Einspeisung von Fremdstrom abgedeckt werden.
  • Kälte lässt sich auch aus Sonnenwärme gewinnen, was im ersten Moment paradox klingen mag. Verwendet werden Sorptionskälteanlagen, die die aus der Sonnenwärme gewonnene thermische Energie mit den Verfahren der offenen oder geschlossenen Sorption direkt zur Kälteerzeugung nutzen. Dadurch entfällt der stets mit Verlusten verbundene Umweg über die Erzeugung elektrischen Stroms. Extreme Bedarfsspitzen, die nicht von der Sonneneinstrahlung gedeckt sind, können von der Heizungsanlage abgesichert werden.

Solar Cooling erfordert eine gewisse Investition in die Anlagentechnik, arbeitet dann aber sehr kostengünstig, CO2-frei und umweltfreundlich. Die Ausbeute und der Wirkungsgrad sind speziell im Sommer hoch, also gerade dann, wenn der Kühlbedarf in den meisten Gebäuden am größten ist.


Klimatechnik mit (fossiler) Fremdenergie

In früheren Jahrzehnten wurden Gebäude vor allem mit (Kompressions-)Kältemaschinen oder (Verdunstungs-) Klimageräten gekühlt, die jeweils mit Netzstrom betrieben wurden. Beide Verfahren können technisch durchaus überzeugen, werden aber wegen ihres hohen Energiebedarfs für heute neu einzubauende Anlagen kaum noch akzeptiert. Denn es entsteht ein extrem hoher Sommerstrombedarf, der das Übertragungsnetz belastet und die Kraftwerke – speziell in sehr trockenen Sommern – an die Grenzen ihrer Kühlmöglichkeiten bringt. Länder wie Italien oder Frankreich haben mit diesen Konflikten leidvolle Erfahrung.

Solange der nationale Strommix von einem hohen Anteil von aus Kohle oder Gas gewonnener Energie geprägt bleibt, trägt netzbetriebene Klimatechnik außerdem zu einem ökologisch ungünstigen CO2-Fußabdruck des Gebäudes bei.

Hinzu kommt, dass das Gebäudeenergiegesetz GEG auch bei Gebäuden mit anlagentechnischer Kühlung bauliche Maßnahmen des sommerlichen Wärmeschutzes verlangt, sofern sich diese sich innerhalb der üblichen Nutzungsdauer amortisieren. Im Hinblick auf die Investitionen erspart anlagentechnische Kühlung also nicht die anderen Maßnahmen des sommerlichen Wärmeschutzes.

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