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Winterlicher und sommerlicher Wärmeschutz im Vergleich

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Winterlicher und sommerlicher Wärmeschutz im Vergleich

Winterlicher und sommerlicher Wärmeschutz im Vergleich
Vollverglaste Fassaden erhöhen den transparenten Anteil der Gebäudehülle, wodurch mehr Sonnenenergie in die Räume eingestrahlt wird und es zu größeren Aufheizungen kommt. Bild: agcreativelab/stock.adobe.com

Die Bezeichnungen »sommerlicher Wärmeschutz« und »winterlicher Wärmeschutz« klingen zwar ähnlich – für beide gelten jedoch sehr unterschiedliche Zielvorgaben. Hier erfahren Sie, inwiefern sich die jeweiligen Anforderungen unterscheiden und weshalb vor allem dem sommerlichen Wärmeschutz eine immer größere Bedeutung zukommt.

Temperaturtoleranz in Innenräumen

Der Mensch kann für eine gewisse Zeit und mit entsprechend angepasster Kleidung eine relativ große Außenluft-Temperaturspanne ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen überstehen. Grob vereinfacht – dafür aber gut zu merken – lässt sich diese Spanne mit Werten von –50° C in den Polargebieten bis zu +50 °C in Äquatornähe beschreiben.

Um ein Vielfaches kleiner ist die subjektiv empfundene Temperaturtoleranz jedoch, wenn es um Innenräume geht, in denen der Mensch ja nicht einfach nur überleben, sondern eine behagliche Raum- und Aufenthaltsqualität erleben sollen. Die Untergrenze des gerade noch Angenehmen lässt sich zum Beispiel mit dem Mietrecht beschreiben, nach dem der Vermieter im Winter die Beheizung auf mindestens 20 °C tagsüber bzw. 18 °C nachts ermöglichen muss. Einen Anhaltspunkt für die Obergrenze liefert der Bezugswert nach DIN 4108-2, ab dem von Übertemperatur gesprochen wird. Je nach Region sind dies in Deutschland 25 bis 27 °C.

Die Spanne von 100 Grad für das Überleben reduziert sich damit sehr deutlich auf rund 7 Grad für die Behaglichkeit in Innenräumen. Diesen Toleranzbereich sicherzustellen und für seine Aufrechterhaltung möglichst wenig Fremdenergie einzusetzen, ist die Aufgabe des Wärmeschutzes von Gebäuden.

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Behaglichkeitskriterien für Innenräume

Das Wohlbefinden des Menschen im Inneren von Gebäuden wird von einer Reihe unterschiedlicher Faktoren bestimmt:

  • Der wichtigste Faktor ist die Lufttemperatur im Raum. Ihre Wahrnehmung hängt jedoch vom subjektiven Temperaturempfinden des einzelnen Menschen ab. Einfluss haben auch die aktuell ausgeübte Tätigkeit (sitzen, leichte Bewegung, schwere körperliche Arbeit) oder die Jahreszeit. Ein Raum mit 22 °C wird im Winter meist als angenehm warm, im Sommer aber gerade umgekehrt als angenehm kühl empfunden.
  •  Auch die Differenz der Lufttemperatur zur Oberflächentemperatur der umgebenden Bauteile (vor allem Wände) beeinflusst die Behaglichkeit. Die Differenz sollte möglichst weniger als 4 Grad betragen.
  • Aus physiologischen Gründen darf die Differenz der Temperatur in Kopfhöhe zur Temperatur an den Füßen nicht größer als 3 Grad sein.
  • Die Luftfeuchtigkeit im Raum sollte möglichst schwankungsarm in einem für den Menschen angenehmen Bereich liegen. Für normale beheizte Wohn- und Büroräume wird eine relative Luftfeuchtigkeit von 40 bis 50 % bei Raumtemperaturen von 20 bis 21 °C empfohlen. In kühleren Bereichen ist auch eine höhere Luftfeuchtigkeit erträglich. Stark beheizte Räume neigen im Winter zum Austrocknen.
  •  Luftbewegungen in geschlossenen Räumen stören das Behaglichkeitsempfinden. Sie können durch unausgeglichener Wärmeverhältnisse oder durch Zugluft entstehen und müssen unbedingt vermieden werden.

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Anforderungen an den winterlichen Wärmeschutz

Auch wenn die Bezeichnungen des sommerlichen und des winterlichen Wärmeschutzes ähnlich klingen, gelten für beide jedoch sehr verschiedene Zielvorgaben und Anforderungen. 

  • Maßnahmen des winterlichen Wärmeschutzes sollen in der kalten Jahreszeit den Wärmedurchgang vom Innenraum durch die Gebäudehülle (Wände, Dach, Fenster, Türen) nach außen reduzieren.
  • Dadurch werden die Energieverluste des beheizten Gebäudes begrenzt.
  • Der Bedarf an Heizenergie sinkt, was ökologische Vorteile bei der Verwendung fossiler Energie hat, technische Vorteile durch kleinere Heizungsanlagen bietet und nicht zuletzt finanzielle Einsparungen durch reduzierte Heizkosten ermöglicht.
  • Der winterliche Wärmeschutz muss außerdem ausreichend hohe Oberflächentemperaturen auf der Innenseite aller Außenbauteile sicherstellen. Dadurch können die Kondensation von Luftfeuchtigkeit sowie das Wachstum von Schimmelpilzen auf diesen Flächen verhindert werden.
  • Gleichzeitig steigt die Aufenthaltsqualität in den Innenräumen, wenn die Temperaturdifferenz zwischen der Raumluft und den umgebenden Bauteilen nicht mehr als 4 Grad beträgt (eines der Behaglichkeitskriterien).
  • Zum winterlichen Wärmeschutz gehört die Vermeidung von Wärmebrücken. Das sind lokale Schwachstellen bei der energetischen Qualität der Gebäudehülle. Auch wenn ihre geometrische Ausdehnung oft eher gering ist (z.B. Fuge am Fensteranschluss, Raumecke an der Außenwand) und sie dadurch einen vergleichsweise kleinen Einfluss auf die Gesamtenergieeffizienz des Gebäudes haben, können sie kühle Zonen bilden, an denen punktuell Feuchtigkeitskondensation oder Schimmelwachstum auftritt.

Winterlicher Wärmeschutz ist also nicht allein ein Komfortmerkmal, sondern dient der Energieeffizienz sowie dem Schutz der menschlichen Gesundheit und der Bausubstanz.

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Kühle Gebäude im Sommer

Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz

  • Maßnahmen des sommerlichen Wärmeschutzes sollen in der warmen Jahreszeit die Einstrahlung von Sonnenenergie durch die Fenster in den Innenraum reduzieren, um dort eine unangenehme Überhitzung zu vermeiden.
  • Im Unterschied zum winterlichen Wärmeschutz wird hier also der Wärmedurchgang von außen nach innen – und damit in umgekehrter Richtung – beeinflusst.
  • Anders als in der kalten Jahreszeit muss im Sommer vor allem Wärme in Form von Strahlungsenergie der Sonne berücksichtigt werden (Transmission), während die Wärmeleitung durch feste Bauteile (auch als Wärmediffusion oder Wärmetranslation bezeichnet) eine geringere Bedeutung hat.
  • Wegen dieser anderen Energieform benötigen der winterliche und der sommerliche Wärmeschutz jeweils eigenständige und unterschiedliche Maßnahmen, die in der Regel nicht beide Problemkreise gleichzeitig abdecken können: Eine Wärmedämmung der Außenwand reduziert zwar die winterlichen Wärmeverluste, schützt aber nicht gegen sommerliche Sonneneinstrahlung. Eine Jalousie vor dem Fenster verringert die Einstrahlung, verhindert aber kaum Wärmeverluste im Winter.
  • Sommerlicher Wärmeschutz ist einerseits ein Komfortmerkmal von Innenräumen, wird aber andererseits von verschiedenen Regelwerken auch normativ eingefordert. Das Gebäudeenergiegesetz GEG verlangt in § 14 einen Wärmeschutz nach den anerkannten Regeln der Technik. Weitere Anforderungen können sich für Arbeitsstätten ergeben, in denen aus gesundheitlichen Gründen bestimmte Temperaturobergrenzen nicht überschritten werden dürfen.
  • Der sommerliche Wärmeschutz von Gebäuden wird manchmal auch als Hitzeschutz oder Sonnenschutz bezeichnet. Beide Bezeichnungen sind jedoch ungenau oder sogar doppeldeutig, ihre Benutzung ist nicht zu empfehlen.

Zusammenfassend kann man sagen: Die Gesamtheit aller Maßnahmen gegen eine zu große Erwärmung der Innenräume im Sommer wird als sommerlicher Wärmeschutz bezeichnet. Dafür muss die Einstrahlung von Sonnenenergie über transparente Bauteile (Fenster) in den Innenraum reduziert werden. Ergänzend können Konzepte der aktiven Lüftung oder Kühlung geplant werden. Sommerlicher Wärmeschutz hat zum Ziel, die Behaglichkeit in Innenräumen zu erhöhen und für eine hohe Aufenthaltsqualität zu sorgen. Er ist insofern ein Komfortmerkmal, das aber auch gesetzlich gefordert wird.

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Kühlung ohne Klimaanlagen

Neubewertung des sommerlichen Wärmeschutzes

Maßnahmen gegen die zu große Erwärmung von Innenräumen sind nichts grundsätzlich Neues. Auch die traditionelle Architektur hat hiergegen bereits Vorsorge getroffen, etwa mit großen Dachüberständen, Klappläden vor den Fenstern oder auch dem Schatten spendenden „Hausbaum“ auf den Höfen ländlicher Gehöfte.

In den letzten Jahrzehnten hat der sommerliche Wärmeschutz in der zeitgenössischen Architektur jedoch besondere Beachtung gefunden, wofür es verschiedene Gründe gibt:

  • Hoher Fensterflächenanteil
    Vollverglaste Fassaden, größere Fensterformate und bodentiefe Fenster erhöhen den transparenten Anteil der Gebäudehülle, wodurch mehr Sonnenenergie in die Räume eingestrahlt wird und es zu größeren Aufheizungen kommt.
  • Veränderte Bauweisen
    Die zunehmende Verwendung von Leichtbauweisen, der Verzicht auf traditionelle Elemente wie Fensterläden oder Dachüberstände speziell in urbaner Architektur sowie die verbreitete Verwendung von Flachdächern verstärken die Tendenz der Aufheizung.
  • Klimawandel
    Mit der Veränderung des Klimas sind verstärkt sehr lange und heiße Sommer aufgetreten, die nach den Prognosen auch zukünftig häufiger zu erwarten sind. Damit verbunden ist ein größerer Zeitraum, in dem es zu unangenehmen Erwärmungen in den Innenräumen kommen kann.
  • Zunehmende Verdichtung der Städte
    Die immer stärkere Versiegelung der Böden, die Verdichtung der Besiedlung und damit der Bausubstanz sowie die verbreitete Verwendung dunkler Baustoffoberflächen (Bitumen, dunkler Naturstein, Beton) führen speziell in Ballungsgebieten zu höheren Umgebungstemperaturen, bei denen selbst nächtliches Lüften der Räume nur noch eingeschränkt für Abkühlung sorgen kann.
  • Gestiegener Komfortanspruch
    Mit der allgemeinen Lebensqualität steigt auch der Anspruch an eine lebenswerte und thermisch behagliche Architektur, sodass zu stark erwärmte Innenräume subjektiv als Komfortnachteil oder sogar als Mangel empfunden werden.
  •  Innere Wärmequellen
    Vor allem in Büro- und Gewerbegebäuden, aber teilweise auch schon in Wohnungen kommen inzwischen eine Vielzahl elektro- bzw. datentechnischer Geräte zum Einsatz, die über das gesamte Jahr hohe innere Wärmelasten produzieren können. In heißen Sommern kann diese Wärme oft nicht mehr allein über eine einfache Fensterlüftung abgeführt werden.

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