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Trittschallschutz bei Holzbalkendecke: Beschweren oder entkoppeln

Trittschallschutz bei Holzbalkendecken
Holzbalkendecke: Beschweren oder entkoppeln

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Für die Verbesserung der Trittschalldämmung einer Holzbalkendecke gibt es keinen Königsweg, aber durchaus Möglichkeiten, die Körperschallübertragung durch ergänzende Maßnahmen auf, in oder unter der Decke zu reduzieren. Hier ist die jeweils optimale Balance zwischen zusätzlicher Aufbauhöhe, vergrößerter Deckenlast und dem Umbauaufwand zu finden.

Die Holzbalkendecke steht für ein altes Konstruktionsprinzip, das mit seinem einfachen Aufbau und der klaren Funktionalität bis heute zu überzeugen vermag. Trotzdem ist die Bauweise im modernen Bauen weitgehend von Massivdecken verdrängt worden, woran die Sicherstellung eines normgerechten und heutigen Ansprüchen genügenden Trittschallschutzes wesentlichen Anteil haben dürfte.

Holzbalkendecken müssen sich unter Beachtung aller aktuellen Erkenntnisse hinsichtlich der Weiterleitung von Körperschall in Bauteilen zwar nicht unbedingt schlechter verhalten als Massivdecken, aber sie verhalten sich in jedem Falle anders und fordern dadurch die besondere Aufmerksamkeit des Planers.

Dies beginnt damit, dass es kein gültiges und genormtes Rechenverfahren zur Berechnung der Trittschalldämmung von Holzbalkendecken in der DIN 4109 gibt.

Auch an Referenzkonstruktionen mit nachgewiesenem Schallschutz listet die Norm in Beiblatt 1 Tabelle 19 gerade einmal zwei Ausführungen auf. Damit ist die Situation ungünstiger als bei Massivdecken, für die deutlich mehr Beispiele und Prüfwerte vorliegen. Die im Prüfstand ermittelten Angaben für Massivdecken – etwa in Kombination mit einer Deckenauflage oder einer Unterdecke – lassen sich jedoch nicht auf Holzbalkendecken übertragen, u.a. weil diese vor allem niedrige Frequenzen anders übertragen und im Bereich der tiefen Töne darum meist schlechter sind.

Der Planer ist beim Schallschutznachweis deshalb darauf angewiesen, dass die Anbieter von Systemlösungen zur Verbesserung des Trittschallschutzes entsprechende Messungen für ihre Produkte nicht nur an Massiv-, sondern auch an typischen Holzbalkendecken vorgenommen haben und die ermittelten Werte zur Verfügung stellen.

Dieser Nachweisweg bietet einige Sicherheit, dafür muss jedoch die geprüfte Konstruktionsart 1:1 in das eigene Projekt übernommen werden. Jede Abweichung kann das Ergebnis verändern und den Prüfwert damit obsolet machen.

Die richtigen Trittschallwerte vergleichen

Die genannten Einschränkungen haben dazu geführt, dass nur noch selten eine Holzbalkendecke in Neubauten zum Einsatz kommen – auch wenn es prinzipiell möglich ist, Konstruktionen mit dem heute erforderlichen Norm-Trittschallpegel von 53 dB für Wohnungstrenndecken auszuführen. Weitaus häufiger dürfte in der Praxis die Ertüchtigung bestehender Holzbalkendecken sein, wo es zwar um eine Verbesserung der Trittschalldämmung geht, aber nicht unbedingt um den Nachweis eines bestimmten Normwertes. Für solche Ertüchtigungen gibt es verschiedene Lösungsansätze auf, in oder unter der Decke, für die jeweils bestimmte Produkte und Systeme auf dem Markt sind. Ihre Leistungsfähigkeit wird oft mit dem Trittschallverbesserungsmaß ∆Lw,R (früher auch TSM genannt) angegeben.

Diese Angabe erleichtert zwar die Einschätzung und Vergleichbarkeit verschiedener Lösungen, führt aber dazu, dass zwei L -Werte in der Planungsphase auftreten, die keinesfalls verwechselt werden dürfen:

Der Trittschallpegel Ln,w repräsentiert den Schalldruck, der auf der Unterseite der Decke zu verzeichnen ist und beschreibt damit die ganze Decke mit allen Funktionsschichten. Kleinere Zahlen sind hier die besseren Werte. Eine unten offene Holz-Rohdecke, bestehend aus einer Balkenlage und einer 22 mm dicken Holzwerkstoffplatte, liegt ohne jede Zusatzmaßnahme zum Beispiel bei über 90 dB. Die gleiche Decke unterseitig geschlossen und mit Hohlraumdämpfung erreicht je nach Ausführung Werte um 65 dB.

Das Trittschallverbesserungsmaß ∆Lw,R hingegen beschreibt, wie der Name schon sagt, nur die Verbesserung beim Schallschutz, die eine bestimmte Zusatzmaßnahme erreicht. Hier stellen größere Zahlen mehr Verbesserung und damit die besseren Werte dar. Wegen des grundsätzlich anderen Verhaltens lassen sich Trittschallverbesserungen, die auf Betondecken gemessen wurden, wiederum nicht auf die Holzbalkendecke übertragen. Ebenso ist keine einfache Addition der Trittschallverbesserungsmaße aus verschiedenen Maßnahmen möglich.

Einen Trost gibt es aber immerhin: Wenn der Trittschallschutz Ln,w die Normvorgaben erreicht, kann davon ausgegangen werden, dass auch ein ausreichender Luftschallschutz gegeben ist. Dessen Wert Rw muss also für die Holzbalkendecke in der Regel nicht zusätzlich bemessen werden.

Raum- und Anschlusshöhen beachten: Bei der Entscheidung für eine bestimmte Lösung zur Verbesserung des Trittschallschutzes von Holzbalkendecken sind zunächst die Randbedingungen zu klären, etwa der Erhaltungszustand und die Statik der Decke sowie die auch beim Trittschallschutz relevante Schallübertragung auf Nebenwegen. Jede zusätzliche Funktionsschicht zur Verbesserung des Trittschallschutzes erhöht zugleich die Masse, weshalb bei der statischen Beurteilung auch zu beachten ist, ob und wie viel zusätzliche Lasten die Balken tragen können.

Darüber hinaus reduzieren Trittschalldämmungen auf oder unter der Decke die freie Raumhöhe, was im Umkehrschluss einem Pluspunkt für Systeme in der Decke bedeutet, die ohne Höhenverlust auskommen. Allerdings muss bei einem Eingriff in den Deckenhohlraum die Konstruktion komplett geöffnet werden, während Maßnahmen über oder unter der Decke den Bestand unverändert belassen und dadurch oft wirtschaftlicher sind.

Gerade Deckenauflagen auf der Bestandsdecke lassen sich sehr einfach einbauen. Allerdings reduzieren sie nicht nur die absolute Raumhöhe, sondern verändern auch die Anschlusshöhen zu Türen und die Brüstungshöhe der Fenster, was einigen Folgeaufwand nach sich ziehen kann. Diese Nachteile vermeiden Unterdecken unterhalb der Bestandsdecke. Sie führen jedoch in jedem Falle zu einer geschlossenen Deckenuntersicht, lassen sich also nicht einsetzen, wenn der Bauherr eine Decke mit sichtbaren Balken wünscht.

Schon diese wenigen Argumente zeigen: Für die Verbesserung des Trittschallschutzes bei Holzbalkendecken gibt es keinen Königsweg. Es gibt jedoch wirksame, teilweise auch kombinierbare Möglichkeiten und Varianten, unter denen der Planer die für das jeweilige Projekt optimale Lösung zu ermitteln hat.

Trittschallschutz durch Entkopplung

Eine sehr einfache Maßnahme zur Verbesserung des Trittschallschutzes ist ein weich federnder Bodenbelag, der allerdings bei Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen nach DIN 4109 nicht in den Nachweis der Wohnungstrenndecken einbezogen werden darf. Und tatsächlich können ja spätere Nutzer den Belag wieder entfernen. Zudem ist der Effekt eines Teppichs wegen des anderen Schwingungsverhaltens auf Holzbalkendecken geringer als bei Massivdecken.

Dauerhaft wirksam sind hingegen Deckenauflagen in Form verschiedener Estrichaufbauten. Klassische Estriche aus Zement- oder Calciumsulfatmörteln auf Trittschalldämmplatten haben jedoch Nachteile hinsichtlich der Höhe, der Masse und des Feuchtigkeitseintrags. Deshalb sollten Ausführungen mit Trockenestrich und/oder mit speziellen weichfedernden Bahnen geprüft werden.

Ein Sortiment verschiedener solcher Bahnen stellt z.B. Damtec von Kraiburg Relastic dar. Speziell für die Trittschalldämmung und Körperschallentkopplung bei Holzbalkendecken ist Damtec System vorgesehen, dessen ca. 6 mm dicke Bahnen aus PU-gebundenem Gummigranulat vor allem für den Schutz im tieffrequenten Bereich, in dem die Konstruktionen ihr größtes Manko haben, optimiert sind. Die Bahnen werden unter den Platten eines Trockenestrichs angeordnet, während andere Damtec-Produkte für die verklebte oder lose Verlegung unter Bodenbelägen wie Laminat, Parkett, Teppich sowie Linoleum und PVC zum Einsatz kommen.

Der gleichen Idee der Entkopplung, hier jedoch speziell optimiert für die Verwendung unter Fliesen oder Natursteinbelägen, folgen die Trittschalldämmplatten bzw. -bahnen Nonstep von Wedi oder Ditra-Sound von Schlüter. Man darf von diesen wenigen Millimeter dünnen Matten sicher keine Wunder erwarten, kann aber mit nur sehr geringer Aufbauhöhe nach den Herstellerangaben Trittschallschutzverbesserungen ∆Lw,R in Größenordnungen um 15 dB erreichen.

Trockenestrich und Holzböden

Bei den Anbietern von Trockenestrich sind es vor allem die aufkaschierten Trittschalldämmplatten und die optional einsatzbaren Schüttungen, die den Trittschallschutz verbessern können.

Der vielleicht größte Vorteil für den Planer liegt aber in den umfangreichen Prüfungen und Messungen für konkrete Systemaufbauten, die in den Produktunterlagen zum Beispiel von Fermacell oder Knauf vorhanden sind.

Dadurch steigt die Chance, dass sich der aktuell zu sanierende Bestands-Deckenaufbau finden und bewerten lässt. Darauf aufbauend ist es dann möglich, den Effekt der verschiedenen Trittschalldämmplatten und/oder der verschiedenen Schüttungen samt ihrer Höhe und Masse zahlenmäßig genau einzuschätzen.

Noch einen Schritt weiter ist Knauf mit „systofloor Hugo silent“ gegangen, einem schalloptimierten Komplett-Bodensystem von der Grundierung bis zum Oberbelag. Dabei liegt einerseits unter den Gipsfaserplatten des Trockenestrichs eine Mineralwolle-Dämmplatte und andererseits unter dem vom Kooperationspartner Meister gelieferten Parkett eine weitere Dämmmatte Silence.

Soll ein klassischer Dielenboden die Nutzschicht bilden, sind profilierte Holzfaserdämmplatten in der Verlegung mit ebenfalls profilierten Fugenlatten eine Alternative, die schon materialbedingt gut zur Bauweise eine Holzbalkendecke passt. Ihre schalltechnische Besonderheit besteht darin, dass die Fugenlatte etwas dünner als die Dämmplatte ist. Sie liegt darum nicht auf dem Untergrund auf, was die Übertragung von Körperschall aus der Begehung der Dielen verhindert. Auch hier kommt es wieder darauf an, dass der Anbieter zur Einschätzung bestimmter Aufbauten Messwerte von geprüften Konstruktionen zur Verfügung stellt, wie es beispielsweise Pavatex für verschiedene Systeme mit und ohne Fugenlatten macht.

Historische und neue Deckenfüllungen

Neben der Entkoppelung ist die Beschwerung der Decke ein Erfolg versprechender Weg zur Verbesserung ihres Trittschallschutzes. Diesem Gedanken folgen die Schüttungen unter heutigen Trockenestrichen, aber auch die Hohlraumfüllungen zum Beispiel mit Glühsand oder Schlacke, die bereits frühere Baumeister in den Einschub der Holzbalkendecke eingebracht haben. Werden solche Füllungen vorgefunden, sollten sie erhalten und ggf. aufgefüllt werden, sofern der Rieselschutz nach unten ausreichend gewährleistet ist und keine hygienischen Bedenken gegen die alte Schüttung bestehen. Für neu einzubauende Füllungen eignen sich vor allem trockene Lehmschüttungen und bedingt auch erdfeuchter Lehm oder Lehmsteine, wie sie zum Beispiel die Firma Claytec anbietet.

Der doppelte Charme einer solchen Füllung des Einschubs liegt darin, dass oberhalb der Decke keine zusätzliche Höhe benötigt wird und unterhalb sogar die Holzbauweise sichtbar bleiben kann, wenn die Füllung mit einem Blindboden zwischen den Balken eingebracht wird. Die Deckenbeschwerung lässt sich außerdem sehr einfach mit einem der schon beschriebenen Deckenauflagesysteme kombinieren. Statt der Beschwerung im Balkenzwischenraum, die zwar akustisch vorteilhaft, aber statisch problematisch sein kann, lässt sich auch die deutlich leichtere Bedämpfung des Hohlraums in Erwägung ziehen. Zum Einsatz kommen dann Mineralfaser-Dämmstoffe mit einem längenbezogenen Strömungswiderstand von mindestens 5 kN x s/m4, die mit bis zu 100 mm Dicke auch an den Seiten der Balken hochgezogen werden sollten.

Möglich ist auch die Beschwerung auf der Deckenoberseite, zum Beispiel mit Beton-Gehwegplatten oder wiederum mit Lehmsteinen. Nach Darstellung von Claytec werden hierfür häufig Lehmsteine mit 5,2 cm Dicke eingesetzt, die als ausgelegte Schicht ein Flächengewicht von ca. 100 kg/m2 besitzen. Darüber lässt sich dann zum Beispiel der schon beschriebene Bodenaufbau aus Fugenlatten und profilierten Holzfaserdämmstoffen aufbauen.

Ein solcher Aufbau beansprucht die statische Reserve nicht unerheblich und benötigt auch etliches an Höhe. Dafür handelt es sich aber um eine sehr wirksame Lösung, die auch den ansonsten sehr problematischen Decken mit von unten offenen Balkenlagen einen effektiven Schallschutz verleihen kann und mit der sich geschlossenen Holzbalkendecke in den meisten Fällen bis zur DIN-Anforderung von 53 dB ertüchtigen lassen dürften.

Was den eigentlichen Knackpunkt beim Trittschallschutz der Holzbalkendecke noch einmal vor Augen führt: Es ist (fast) alles möglich, aber jede Maßnahme erzeugt zusätzliche Deckenbelastungen, benötigt Höhe und/oder verursacht Kosten. Die Aufgabe des Planers besteht darum vor allem darin, Aufwand und Nutzen in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.

Markus Hoeft

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