Anforderung:
Feldhockeystadion, das sich wie eine Skulptur in die umgebende Landschaft einfügt
Lösung:
125 Meter breites, frei gespanntes Membrandach über ovalem Grundriss und abgesenktem Spielfeld
Die Asienspiele sind der weltweit zweitgrößte internationale Sportwettbewerb nach den Olympischen Spielen. Die 19. Asienspiele im Oktober 2023 waren der Anlass für die Entwicklung des »Hangzhou Asian Games Parks«, einer 47 Hektar umfassenden Anlage, die Natur, Sportstätten und Nachhaltigkeit vereint.
Das Konzept, entwickelt von Archi-Tectonics in Zusammenarbeit mit !Melk und anderen Partnern, zielte darauf ab, einen Großteil des Areals als Grünfläche zu bewahren und zugleich vielfältige Nutzungsmöglichkeiten zu schaffen. Die Landschaftsarchitektur spielte dabei eine entscheidende Rolle, um einen nahtlosen Übergang zwischen den sportlichen Einrichtungen und den Erholungsbereichen zu gewährleisten.
Entwurfskonzept und Einbettung in die Landschaft
Im nördlichen Bereich des Parks ist das neue Feldhockeystadion zentrale Anlaufstelle. Das Spielfeld liegt in einer fünf Meter tiefen Senke und ist umgeben von einer ovalen Rasenfläche. Mit seinem Membrandach erscheint das Stadion wie ein aus der Landschaft gefaltetes Kunstwerk. Winka Dubbeldam, Gründungspartner von Archi-Tectonics, betont die Absicht hinter dieser Gestaltung: „Die meisten Stadien sind Festungen. Unseres ist mehr wie Land-Art.“
Bestreben der Architekten war es, das Bauwerk nicht als isoliertes Objekt, sondern als Teil der umgebenden Topographie zu behandeln. Mit 5.000 Sitzplätzen überbrückt das Stadion die Höhenunterschiede des Geländes und wird zu einem natürlichen Bestandteil der Landschaft.
Dachkonstruktion als technisches Kunstwerk
Das markante Flügeldach des Stadions bietet nicht nur Schutz vor Sonne und Regen, sondern ist auch integraler Bestandteil des Gesamtentwurfs. Inspiriert von traditionellem Meinong-Ölpapier und Bambusschirmen, spannt sich das Dach frei über 125 Meter.
„Wir haben eine einfache Form entworfen, für die eine bahnbrechende technische Leistung erforderlich war“, so Winka Dubbeldam. In enger Zusammenarbeit mit dem Statiker Thornton Tomasetti wurden mehrere Varianten des Daches entwickelt, um eine ultraleichte Struktur zu erreichen, die die gesamte Spannweite ohne Zwischenstützen überspannt.
Das Dach „schwebt“ zudem etwa einen Meter über dem Gebäude, ohne es direkt zu berühren. Dieser Zwischenraum fördert die natürliche Belüftung und sorgt somit für thermischen Komfort.
Technische Präzision und ästhetische Eleganz
Das Dachsystem basiert auf einer effizienten Kombination aus einem gebogenen Stahlbalken und einer Membranbespannung. Der Stahlbalken, der einmal quer über das Gebäude gespannt ist, bildet die primäre Tragstruktur und verleiht der Membran die notwendige Vorspannung, um eine stabile, freitragende Form zu erzeugen.
Die peripher angeordnete Tragstruktur, ein Ring mit variabler Dicke (1 Meter bis 1,5 Meter), wird durch vier skulpturale Betonwiderlager stabilisiert. Diese Betonelemente verankern die Struktur physisch und sind gleichzeitig entscheidend für die Aufrechterhaltung der Gesamtspannung des Systems. „Die Betonwiderlager halten die Struktur nicht aufrecht, sondern beschweren sie und halten die gesamte Konstruktion unter Spannung“, so Dubbeldam.
Der Entwurf vereint somit ästhetische Eleganz mit technischer Präzision, indem es traditionelle Materialien und moderne Ingenieurskunst integriert, um eine funktionale und visuell ansprechende Lösung zu bieten.
Grundrissgestaltung und funktionale Verteilung
Auf der Eingangsseite des Stadions unterhalb der Tribüne befindet sich ein Atrium mit einer Glasfassade, die von einer Holz- und Stahlkonstruktion getragen wird. Von der bis zu 35 Meter hohen Lobby aus kann man die VIP-Lounges und die Haupttribüne erreichen. Die transparente Gestaltung fördert nicht nur die Nähe zum Sport, sondern schafft auch eine visuelle Verbindung zwischen Innen- und Außenraum.
Im Grundriss zeigen Membrandach und Spielfeld die Form zweier sich überschneidender Ovale, die vom »Samen des Lebens« – einem Symbol für die Ewigkeit – inspiriert sind und eine dynamische Form erzeugen. Diese Gestaltung fördert die Integration des Stadions in die Landschaft und ermöglicht gleichzeitig eine fließende Bewegung der Besucher durch das Atrium in die angrenzenden Bereiche.
Landschaftsgestaltung und Nachhaltigkeit
Die Gestaltung der umgebenden Landschaft folgt dem Prinzip der Schwammstadt, um Regenwasser effizient zu managen und die biologische Vielfalt zu fördern. Die Landschaftsarchitekten von !Melk haben ein System entworfen, das lokale Vegetation integriert und gleichzeitig elegante Pflastermuster bietet, die poröse Bereiche für die Wasseraufnahme einschließen. Diese Ansätze tragen dazu bei, dass der Park auch langfristig ein wertvoller Bestandteil des urbanen Ökosystems bleibt.
Aus temporär wird dauerhaft
Obwohl ursprünglich als temporäres Bauwerk für die Asienspiele gedacht, hat sich das Feldhockeystadion inzwischen zu einem dauerhaften Wahrzeichen und kulturellen Mittelpunkt für Hangzhou entwickelt, der langfristig erhalten bleiben soll. Neben Feldhockey ist das Stadion bis dato auch Schauplatz von anderen Veranstaltungen wie Filmvorstellungen oder Konzerten.
Das Stadion steht beispielhaft für die Verschmelzung von Architektur, Kunst und Landschaftsgestaltung und setzt neue Maßstäbe für die Gestaltung öffentlicher Räume.
Projekt: Feldhockeystadion
Standort: Hangzhou, China
Architekten: Archi-Tectonics, New York, USA
www.archi-tectonics.com
Statiker: Thornton Tomasetti Engineers, New York, USA
www.thorntontomasetti.com
Landschaftsarchitekten: !Melk, New York, USA
www.melk.global