Anforderung:
Einfamilienhaus mit geringem ökologischen Fußabdruck
Lösung:
Vorgefertigter, demontierbarer Holzrahmenbau mit reduzierter Flächenversiegelung dank minimalem Erdgeschoss
In Deutschland wächst die Zahl der Einfamilienhäuser kontinuierlich, was den Bedarf an Boden und Ressourcen erhöht und zu einer verstärkten Kritik an dieser Wohnform geführt hat. Die Einwände richten sich vor allem gegen den hohen Ressourcen- und Flächenverbrauch sowie die klimaschädlichen Auswirkungen, die mit dem Bau und Betrieb solcher Häuser verbunden sind. Angesichts der Endlichkeit der Ressourcen steht die Beliebtheit von Einfamilienhäusern im Widerspruch zum wachsenden Bewusstsein für ökologische Nachhaltigkeit.
Mit der »Holzrotonda Rotenburg« wollten Bauherrin und Architekten deshalb neue Wege gehen und den ökologischen Fußabdruck des Einfamilienhauses stark minimieren. Durch eine reduzierte Grundfläche von nur 25 m² im Erdgeschoss und einem darüber hinausragenden Obergeschoss mit 110 m² konnten sowohl der Betoneinsatz für das Fundament, der Dämmstoffverbrauch als auch die versiegelte Fläche deutlich verringert werden.
Demontierbare Holzkonstruktion
Bis auf die Hülle aus Faserzementplatten und die Fassadenverkleidung im Erdgeschoss (zementär gebundene Spanplatten) besteht das gesamte Gebäude aus Holz – auch der Gebäudesockel. Durch den Überstand ist er vor der Witterung gut geschützt. Das auskragende Obergeschoss wird von umlaufenden Stahlstützen getragen, die auf einem Ringfundament stehen.
„Das Haus ist ein Holzrahmenbau, der weitgehend im Werk vorgefertigt wurde“, erklärt Architekt Jan Wirth. „Das Dach ist ein Holzbalkendach, die Decke eine Holzbalkendecke.“ Als Innenwände kamen OSB Platten zum Einsatz, die gleichzeitig die Funktion der Dampfbremse übernehmen. Alle Bauteile sind lediglich miteinander verschraubt, sodass sie bei Bedarf zurückgebaut und recycelt werden können.
Auch auf Installationsschichten, Gipskarton-Verkleidungen oder Verbundwerkstoffe wurde bei der »Holzrotonda« verzichtet, was ebenfalls einen potenziellen Rückbau und die Anschlussverwertung im Sinne des Cradle-to-Cradle-Prinzips möglich macht.
Kluge Fassadengestaltung
Anstatt für die Fassade traditionelle, energieintensive Verblendmaterialien zu verwenden, entschieden sich Wirth Architekten für eine Hülle aus Faserzementwellplatten und zementgebundenen Spanplatten. Diese Materialien wurden nicht nur wegen ihrer Langlebigkeit und Witterungsbeständigkeit ausgewählt, sondern auch aufgrund ihrer geringeren Umweltauswirkungen in Herstellung und Anlieferung.
Die Baukosten der »Holzrotonda« liegen mit 1.934 Euro brutto pro Quadratmeter Wohnfläche erstaunlich niedrig. Dies wurde unter anderem durch die Senkung von Baustandards und den Verzicht auf nicht essenzielle Bauelemente erreicht. Die eingesparten Mittel flossen in qualitativ hochwertige Aspekte wie z.B. große Fensterflächen, die für ungestörte Ausblicke sowie eine hervorragende Belichtung der Wohnräume sorgen – und darüber hinaus solare Gewinne in der kalten Jahreszeit ermöglichen.
Architektonische Inspiration und Funktionalität
Laut Architekt Benjamin Wirth diente die berühmte Villa des italienischen Architekten Andrea Palladio (augenzwinkernd) als Inspiration für die »Holzrotonda« in Rotenburg, besonders im Hinblick auf das Grundrisskonzept. Die Anordnung der Wohnbereiche im Obergeschoss rund um den kreisförmigen Treppenaufgang spiegelt dieses Vorbild wider. Im Sockelgeschoss finden sich neben der Wendeltreppe ein Gäste-WC sowie ein Abstellraum. Der Einsatz eines zentralen Oberlichts für den vertikalen Lichteinfall ist eine weitere Hommage an das historische Modell. Zudem bietet das Dachgeschoss eine Galerie, die bei Bedarf als Gästezimmer fungiert.
Die »Holzrotonda Rotenburg« ist ein Paradebeispiel dafür, wie innovative Architektur und nachhaltige Bauweisen die Probleme traditioneller Einfamilienhäuser adressieren können. Durch die konsequente Nutzung von Holz, die Reduktion des ökologischen Fußabdrucks und die intelligente Raumorganisation leistet das Projekt einen wichtigen Beitrag zur Diskussion um zukunftsfähiges Wohnen am Stadtrand. Die Holzrotonda ist somit nicht nur eine Antwort auf ökologische und ökonomische Herausforderungen, sondern auch ein inspirierendes Beispiel für die Möglichkeiten des modernen Holzbaus.
Projekt: Einfamilienhaus »Holzrotonda«
Standort: Rotenburg (Wümme)
Bauherr: privat
Architekten: Wirth Architekten, Bremen
www.wirth-architekten.com