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Abfallglasur für Riemchen

Erweiterung des Rathauses im niederländischen Renswoude
Abfallglasur für Riemchen

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In der kleinen niederländischen Gemeinde Renswoude bei Utrecht haben Zecc Architecten das historische Rathaus durch einen großzügigen Anbau erweitert. Die schimmernd grüne Klinkerfassade ermöglicht dabei in aller Modernität einen harmonischen Anschluss an den Bestand – und gewährleistet Nachhaltigkeit durch eine Glasur aus recyceltem Glas.

Anforderungen:

Zweckmäßig und ressourcensparend: Individuell-schillernde Architektur

Lösungen:

Verglasung nach alter Tradition in neuen Kreisläufen: Hinterlüftete, unvermörtelte Keramikfassade. Glasur aus Restmüll


Robert Uhde

Die kleine Gemeinde Renswoude liegt auf halber Strecke zwischen Arnhem und Utrecht und wird bis heute durch ihre historische Bausubstanz geprägt. Sehenswert sind vor allem das prachtvolle Schloss aus dem Jahr 1654, die 1639 errichte Kuppelkirche sowie das 1651 fertiggestellte und später mehrfach erweiterte Rathaus, das bis in die 1920er-Jahre hinein als Pfarrhaus genutzt wurde.

Da der aus zwei giebelständigen Häusern bestehende, seit 1971 denkmalgeschützte Ursprungsbau und besonders seine bauernhofähnlichen Anbauten zuletzt nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Rathaus entsprachen, hatte die Gemeinde im Jahr 2019 die Sanierung des Hauptgebäudes und den Bau einer neuen Erweiterung beschlossen.

Einbettung in den grünen Umraum

Mit der Umsetzung des Projektes war nach einem Auswahlverfahren das Utrechter Büro Zecc Architecten beauftragt worden. Ausgehend von den Vorstellungen der Gemeinde hatten die Planerinnen und Planer die Idee entwickelt, den benötigten Mehrraum als zweigeschossigen Baukörper mit entsprechendem Abstand zum Bestand umzusetzen.

Markanter Blickfang ist dabei die mit grün glasierten Keramikriemchen gestaltete, an den Kanten organisch abgerundete Außenhülle. Sie ermöglicht trotz oder gerade aufgrund ihrer zeitlosen Modernität einen harmonischen Anschluss an den weiß verputzen Bestand mit seinen dunkelgrünen Fensterläden.

Weiter geprägt wird die Fassade des Neubaus durch die großformatigen Fenster mit ihren elegant vorstehenden weißen Rahmen, durch die weiße Attikaleiste sowie durch die weit auskragende, als Vordach fungierende und ebenfalls in Weiß gestaltete Geschossdecke.

Alt und neu: Nutzung und Verbindung

Im Innenraum des Neubaus sind auf einer Fläche von 1.060 m² der neue Ratssaal, öffentliche Schalter sowie neue Büroarbeitsplätze untergebracht. Der Altbau beherbergt das Standesamt, verschiedene Sitzungsräume sowie das Büro des Bürgermeisters. Verbunden werden alt und neu durch einen großzügig verglasten neuen Eingang, der als eine Art „Zwischenstraße“ Zugang zu den öffentlichen Räumen im Denkmal wie im Erweiterungsbau bietet.

Ganz wichtig war außerdem die Entscheidung, den Parkplatz zum Gebäude auf die Rückseite des Ensembles zu verlegen: „Im Ergebnis bleibt die Frontseite damit frei von Autos und es entsteht eine starke räumliche Verbindung zwischen dem Rathaus und der kleinen Waldfläche auf der gegenüberliegenden Straßenseite“, wie Projektarchitekt Bart Kellerhuis erklärt. Betont wird dieser Ansatz der Architekten durch die Begrünung des Flachdaches.

Nachhaltig mit vorgefertigten Holzelementen

Und auch sonst spielten die Themen Nachhaltigkeit und Kreislauffähigkeit eine zentrale Rolle bei der Planung und Umsetzung des Projekts. Das betrifft zunächst die Konstruktion des Gebäudes in Holzrahmenbauweise unter weitgehender Verwendung von vorgefertigten Elementen aus Brettsperrholz.

Als CO2-Speicher bietet der Werkstoff Holz schon per se eine positive Energiebilanz. Hinzu kommt: „CLT verursacht auch bei seiner Herstellung deutlich weniger CO2-Ausstoß als beispielsweise Beton oder Stahl und ermöglicht gleichzeitig ein schnelles und effizientes Bauen“, erklärt Bart Kellerhuis. „Der vorgefertigte Holzkonstruktionsrahmen kann in kurzer Zeit auf der Baustelle montiert werden. Und auch die massiven Holzbauplatten für Boden und Dach, bestehend aus mehreren Schichten von kreuzweise verleimten Holz, sind strukturell sehr stabil. Hinzu kommt, dass die Holzkonstruktion optisch wunderbar zu den alten Fachwerkträgern passt, die im Dach des Altbaus offen sichtbar sind.“

Abfallsparend und ästhetisch

Auch bei den grün schimmernden Klinkerriemchen haben Zecc Architecten nach einer Möglichkeit gesucht, um Nachhaltigkeit und Ästhetik zusammenzubringen. Das Ergebnis ist ein kraftvoll leuchtender Stein, dessen Glasur in enger Kooperation der Dijkstra Friese Kleiwarenfabriek mit dem Hersteller Aberson zu großen Teilen aus recyceltem Altglasabfällen gefertigt wurde.

„Auf der Baustelle wurden die einzelnen Keramikelemente in eine spezielle Unterkonstruktion aus Aluminium eingehängt, die zuvor über einer 140 mm starken Kerndämmplatte auf der Holzfassade aufgeschraubt wurde“, berichtet Bart Kellerhuis. ‚A-Brick‘ von Aberson ist ein keramisches Kreislauf-Fassadensystem, bei dem hochwertige Riemchen in Metallkassetten einrasten. Das heißt, dass sie mechanisch gesichert sind, ganz ohne Kleber oder Mörtel. Robust, leicht zu zerlegen und später wiederzuverwenden, was zum nachhaltigen und zirkulären Bauen passt.

Die vertikale, im Läuferverband und mit hellgrauen Fugen ausgebildete Reliefstruktur sorgt für ein lebendiges Fassadenbild: Je nach Tageslicht und Witterung zeigt es unterschiedliche Reflexionen. Einen ähnlichen Ansatz verfolgten die Architekten auch bei der Gestaltung der großzügig verglasten Eingangsfuge, wo die wiederverwendeten Klinkerpflaster der ehemaligen Parkflächen als Bodenbelag verwendet wurden, um einen fließenden Übergang von innen und außen zu erreichen.

Freundlich gestalteter Innenraum

Komplettiert wird das Projekt durch eine hochwertige Innenraumgestaltung. In den großzügig geöffneten Räumlichkeiten des Neubaus ergänzen sich die vielfach sichtbar gebliebenen Holzelemente mit weiß verputzten Wandflächen und hellgrauen Teppichböden. Ein schöner Blickfang ist außerdem der elegant geschwungene Empfangstresen mit seiner Verkleidung aus ebenfalls grünen Klinkerriemchen.

Im Erdgeschoss des Altbaus wurde die ursprüngliche grüne Farbgebung von Decken und Balken wiederhergestellt und durch helle Töne und warme Akzente ergänzt, um so den den offenen Charakter des Hauses zu unterstreichen. Im ersten Obergeschoss wurde die historische Dachkonstruktion weiß gestaltet und damit wieder ins Blickfeld gerückt, ergänzt wiederum durch helle Töne und warme Farbakzente. Im Zusammenspiel ist eine angenehm-leichte und bewusst niederschwellige Atmosphäre entstanden, die gleichzeitig Orientierung bietet.


Projekt: Erweiterungsbau für das Rathaus Renswoude

Standort: Dorpsstraat 4, 3927 BD Renswoude, Niederlande

Bauherrin: Gemeinde Renswoude, NL

Planung: Zecc Architecten, Utrecht, NL
Projektarchitekt: Bart Kellerhuis
Planungsteam: Mario van Kooij, Marjo Langbroek, Roy van Maarseveen, Koen Portzgen, Remco van den Broek, Niels Hartsuiker
www.zecc.nl

Fertigstellung: 2023


Robert Uhde

Studium der Kunst und Germanistik in Oldenburg. Erstes Staatsexamen. Ausbildung zum Fachredakteur für Architektur bei der Verlagsgruppe Rudolf Müller in Köln. Seit 1997 freier Autor für Fachzeitschriften und Tageszeitungen. Eigenes Büro in Oldenburg.
www.robert-uhde.de


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