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Gründach der besonderen Art

Kasematten in Saarlouis
Gründach der besonderen Art

HS / red.

Als der „Sonnenkönig“ Ludwig (Louis) XIV. von Frankreich 1680 Saarlouis gründete, gab er seinem Festungsbauer Vauban den Auftrag, die Stadt am Übergang über die Saar als befestigten Brückenkopf gegen das Reich auszubauen. Die Preußen drehten 1815 den Spieß um und machten Saarlouis zum Bollwerk gegen Frankreich. Heute flanieren Franzosen, Preußen und andere Deutsche friedlich über den Boulevard zwischen der alten Kaserne und den Festungswällen. Oder sie tun in den zu Restaurants umgebauten Kasematten etwas für ihr leibliches Wohl.
Dass dies überhaupt möglich ist, ist einer umfassenden Sanierung zu verdanken, die in dieser Form wohl ohne Beispiel ist.
Wurzeln drohten Gewölbe zu sprengen
Von den Vauban´schen Festungsanlagen, die 1824 von den Preußen ausgebaut wurden, hat sich bis heute der Grundriss der Stadt erhalten; die Innenstadt steht komplett unter Ensembleschutz (Baustil der 50er Jahre).
Leider ist die ursprünglich mehr als 12 km lange Befestigungsanlage nur noch an der Nordseite erhalten. Eine der beiden noch erhaltenen Kasematten am Kasemattenhof ist ein etwa 120 m langes Bauwerk, dessen Gewölbe zur längsten Theke des Saarlands ausgebaut wurden, einer Kette von zwölf urigen Kneipen und gemütlichen Spezialitätenrestaurants.
Über den Gewölben erhebt sich ein Erdwall, von Zinnen gekrönt, bestehend aus sechs stumpfen Pyramiden, sogenannten Schürzen, die den Kanonieren Deckung gaben, und fünf Scharten, in denen die Kanonen standen.
Auf den nutzlos gewordenen Erdwällen hatte sich im Lauf der Zeit ein Wäldchen mit 300 Bäumen gebildet, schön anzusehen, aber gefährlich für das Bauwerk. Denn die Wurzeln drohten die Gewölbe zu sprengen und schufen Kanäle, durch die das Regenwasser in die Restaurants eindringen konnte.
So beschloss die Stadt, den Wall-Wald zu fällen. Doch dabei kam man buchstäblich vom Regen in die Traufe. Was die Bäume zuvor aufgefangen hatten, floss jetzt ungehindert durchs Erdreich in die Kasematten.
Umfassende Sanierung
Im Jahr 2002 wurde die Sanierung ausgeschrieben. Vis-à-vis der Kasematten, auf der anderen Seite des Kasemattenhofs, hat das Ingenieurbüro Ludewig seinen Sitz.
Thomas Ludewig, Spezialist für Infrastrukturplanung, entwarf ein Sanierungskonzept, das die Restaurierung des Mauerwerks und der Gewölbe, die Standsicherheit und den behutsamen Einbau einer modernen Infrastruktur ebenso umfasste wie Abdichtung, Reprofilierung und Begrünung der Wälle.
Keine Lösung von der Stange
Die schwierigste Aufgabe war die Abdichtung in Verbindung mit der Standsicherheit. Schließlich waren die Scheitel der jeweils drei Gewölbebögen auf der gesamten Länge der 16 Einzel-Kasematten gerissen. Die einfachste Lösung wäre gewesen, die Erdüberschüttung von teilweise bis über sechs Meter Höhe, rund 12 500 m³, abzutragen, eine Betonplatte und hierauf die Abdichtung einzubauen und anschließend das alte Wallprofil wieder herzustellen.
Dieser Weg wäre erheblich aufwändiger, damit teurer und auch nicht im Sinne des Denkmalschutzes. Diese technisch einfache Lösung des statischen Problems wäre zudem ein gärtnerisches Problem geworden. Nur mit erheblichem jährlichem Betriebsaufwand wäre ein erneuter Wildwuchs zu vermeiden gewesen. Eine zusätzliche Herausforderung war die Beachtung der 45° steilen Hänge. Das Hauptproblem aber: Es gab für diese Art von Dachsanierung kein Vorbild und damit keine Lösung von der Stange, auf die man hätte zurückgreifen können.
Abdichtungskonzept
Thomas Ludewig, Beratender Ingenieur, machte sich auf die Suche und wurde fündig. In Sachen Abdichtung bei der Henkel Bautechnik / Wolfin + Teroson Bautechnik und in Sachen Begrünung bei ZinCo.
Ein Wolfin-Anwendungstechniker beriet mit dem Planer Ludewig das Abdichtungskonzept, das angesichts der zahlreichen Auflagen, besonderen Problemstellungen und der erforderlichen Einzelzulassungen auch zur organisatorischen Herausforderung wurde.
Insgesamt 42 teilweise „wilde Durchdringungen“ hatten die Kasemattengewölbe und den Erdwall perforiert – schließlich brauchte jedes Restaurant seinen Dunstabzug, seine Lüftung und seinen Heizungskamin, dazu im Boden Wasser-, Gas-, Strom-, TV- Telefonversorgung und Abwasserableitung.
So viele Durchdringungen sind zwar technisch kein Problem, aber insofern riskant, als wegen der Erdüberdeckung die Wartung nur erschwert möglich ist.
Auch war es im Interesse der Denkmalpflege, das ursprüngliche Bild – ohne Schornsteine – wiederherzustellen.
Mit einer Sonderlösung konnten die Abdichtungsdurchdringungen auf nur noch drei reduziert werden, und die sind so ausgeführt, dass sie das Auge nicht stören.
„Festung“ gegen Wasser
Das ursprüngliche Wallprofil war im Lauf der Zeit größtenteils verloren gegangen. So musste mit den alten, nutzlos gewordenen Durchdringungen auch 4 700 m³ Erdreich abgetragen, neu aufgeschüttet und wieder so planiert werden, dass für die Abdichtungslage ein planer Untergrund entstand. Dieser Untergrund musste so feinkörnig sein, dass der Abdichtung nicht auch von unten Gefahr drohte. Größere Steine suchten die Dachdecker von Hand heraus, bevor sie das Schutzvlies verlegten. Als Abdichtung kam die Dach- und Dichtungsbahn Wolfin M zum Einsatz.
Diese hochwertige, seit 40 Jahren bewährte, homogene hochpolymere Kunststoffbahn bietet mit ihrer robusten Dicke von 1,5 mm die Gewähr, dass sie auch nach ihrem „Verschwinden“ im grünen Hügel weder von unten noch von oben perforiert wird.
Dazu gehört auch – bei einem Einsatz unter Grün besonders wichtig – die geprüfte Durchwurzelungsfestigkeit nach den FLL-Richtlinien.
Die Abdichtung wurde von den höchsten Stellen des Walls bis zum Anschluss an die innenliegenden Entwässerungsrinnen für das Oberflächenwasser geführt. Die mussten aus optischen Gründen hinter den Gesimsen versteckt werden – eine außenliegende Regenrinne mit Fallrohr wäre dem Charakter des Militärdenkmals nicht gerecht geworden.
Die Nähte wurden heißluftverschweißt und vor der Begrünung zur Sicherheit komplett vakuumgeprüft.
Um bei den steilen Hängen das Abrutschen des Substrats zu verhindern, wurde zunächst, da eine Traufabkantung nicht möglich war, ein hochzugfestes Geogrid-Gewebe verlegt und darauf ein Gerüst aus 10 cm hohen Georaster®-Elementen fixiert. Mit einem ZinCo-Spezialsubstrat aus Ziegelbruch, Lava und organischen Bestandteilen verfüllt, bietet es eine Wurzel- und Nährstoffschicht für die vorkultivierten Gräsermatten mit speziellen, langsam wachsenden Grasarten, die aus den Erdhügeln eine frischgrüne Rasenfläche machten.
Weitere Informationen
Dach- und Dichtungsbahn Wolfin M bba 537
Planung: Thomas Ludewig, Ingenieurbüro Ludewig, Saarlouis
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