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Anforderung:
Bau einer robusten alpinen Schutzhütte auf 2.530 Metern Höhe
Lösung:
Brettsperrholzkorpus mit Außenhaut aus widerstandsfähigen und leichtgewichtigen Aluminiumplatten
Errichtet wurde die Schutzhütte im Auftrag der Familie Brédy, die ihrem Sohn damit ein Andenken setzen wollte. Claudio Brédy, Politiker und Bergsteiger aus dem Aostatal, war 2017 während einer Wanderung im Alter von nur 54 Jahren tödlich verunglückt.
Das Biwak trägt die Handschrift dreier junger Architekten. Chiara Tessarollo, eine in der Schweiz lebende Italienerin, Skye Sturm, eine aus Alaska stammende Amerikanerin mit Wohnsitz in Italien, und Facundo Arboit, ein Argentinier, der in Norwegen lebt, lernten sich auf der »YACademy« kennen, einer Summer School für junge Architekten in Bologna, die sich dem Thema »Architektur und Landschaft« widmete. Ziel war es, im Auftrag der Familie Claudio Brédys ein Biwak für das Vertosan-Tal zu kreieren. Mit ihrem Entwurf des »Bivacco Brédy« konnten die Architekten die Auftraggeber überzeugen – BCW Collective war geboren.
Spektakuläre Ausblicke
Das Bivacco Brédy befindet sich auf 2.530 Metern über dem Meeresspiegel am Rande einer natürlichen Senke und bietet Wanderern einen letzten Rastplatz auf ihrem Weg zum Gipfel des Tête de Sereina. Die Schutzhütte beherbergt sechs Schlafplätze sowie einen Ess- und Lesebereich inklusive Stauraum und wird mit Strom aus Solarpaneelen betrieben. Der Innenausbau mit unbehandeltem Holz wirkt hochwertig und vermittelt ein Gefühl von Geborgenheit.
Die Architektur des Biwaks ähnelt einem Fernrohr, das den Blick auf die umliegenden Viertausender lenkt. Ein großzügiges Fenster bietet spektakuläre Ausblicke auf die verschneiten Bergspitzen, während drei weitere kleinere, seitlich integrierte Fenster den Sonnenaufgang im Osten und den Sonnenuntergang im Westen erlebbar machen.
Widerstandsfähige Aluminiumhaut
Mit seinem Brettsperrholzkorpus und der robusten Aluminiumhaut trotzt das Biwak Brédy widrigen Wetterbedingungen. Im Winter muss das Gebäude über Monate hinweg starken Schneelasten und orkanartigen Stürmen mit Windgeschwindigkeiten von über 100 km/h standhalten. Gewitterstürme, Starkregen und Erosion sind weitere extreme Ereignisse, die dem Gebäude zusetzen.
Den Architekten war deshalb schnell klar, dass sie Prefalz für die Außenhaut verwenden würden. Die hohe Widerstandsfähigkeit, der geringe Wartungsaufwand und eine lange Garantie waren Argumente, die für die Aluminium-Dach- und Fassadenplatten sprachen. Ein weiterer Vorteil war die unkomplizierte Verarbeitung: Das Material konnte sowohl in einer Werkstatt im Tal als auch vor Ort am Berg ohne aufwendigen Maschineneinsatz verarbeitet werden. Und auch das geringe Gewicht der Prefalz-Platten war ein ausschlaggebender Faktor.
Vorfertigung und Transport
Hochgebirgsbiwaks sind kleine, aber sehr komplexe Arbeiten, die einen hohen organisatorischen Aufwand erfordern. Die Zimmerei und Spenglerei Chevenier in Charvensod übernahm den Bau und Transport des »Bivacco Brédy«. Ohne CNC-Maschinen, hochqualifizierte Mitarbeiter und eine hauseigene technische Abteilung wäre die Aufgabe für Chevenier kaum machbar gewesen.
Das Biwak wurde komplett in der Werkstatt vorgefertigt und in acht Teile zerlegt, die dann mit einem Hubschrauber zum Bauplatz transportiert wurden. In insgesamt sieben Hubschrauberflügen brachte man zudem einen Stahlrahmen und ergänzende Teile der Inneneinrichtung und der Gebäudehülle auf die alpine Baustelle.
„Aluminium ist zwar leicht und wirkt sich daher nur geringfügig auf das zu transportierende Gewicht aus“, erklärt Luca Frutaz, Leiter der Zimmerei und Spenglerei Chevenier, „kann aber eventuell beim Transport mit dem Hubschrauber beschädigt werden. Wir mussten beim Transport sehr vorsichtig sein, um das Material zu schützen und keine weiteren Flüge mit dem Hubschrauber zu riskieren.“
Verarbeitung auf alpiner Baustelle
Auf der alpinen Baustelle vor Ort wurden die acht Teile schließlich zusammengebaut und die fehlenden Verbindungsstücke in der Außenhülle mit Prefalz ergänzt. „Prefalz ist sehr einfach zu verarbeiten, selbst auf komplexen Baustellen wie im Hochgebirge, wo die Temperaturen immer niedrig sind“, so Luca Frutaz. „Das Aluminium bricht nicht beim Biegen trotz Temperaturen nahe null Grad.“
Architektin Chiara Tessarollo: „Erstaunlich, dass wir Menschen selbst in der rauen Weite, dieser Abgeschiedenheit und der beeindruckenden Unberechenbarkeit der alpinen Landschaft überhaupt noch Architektur umsetzen können.“
Um die Natur zu schonen, ist das Biwak lediglich an sechs Stellen im Felsen verankert und kann bei Bedarf vollständig rückgebaut und an anderer Stelle wiederverwendet werden. Zur Einweihung zeigten viele Menschen aus der Gegend ihre Verbundenheit mit Brédy und dem Projekt. „Das war der totale Gänsehautmoment, der einen Funken der Freude über den Ort und die Erinnerung an einen wertvollen Menschen sichtbar machte“, so die Architekten von BCW Collective.
Projekt: Schutzhütte »Bivacco Claudio Brédy«
Standort: 11010 Avise, Aostatal, Italien
Bauherr: Familie Brédy
Architekten: BCW Collective, Schweiz, Norwegen und Italien
www.bcw-collective.com