Startseite » Innenwände »

Angenehm zurückhaltend

Neubau eines Schulgebäudes in Düsseldorf
Angenehm zurückhaltend

Neubauten zeichnen sich an manchen Standorten nicht gerade als rücksichtsvolle Nachbarn aus. Viel zu häufig wird nämlich gebaut, was gefällt und nicht, was zum Bestand im Umfeld passt. Anders in Düsseldorf-Eller, wo nach den Plänen von pier7architekten ein Neubau zur Erweiterung eines bestehenden Schulensembles umgesetzt wurde. Ziel war es, neuen Raum für Gruppenräume, Schulsport und das Angebot einer offenen Ganztagsschule zu schaffen.

Dipl. Ing. Marc Nagel

Bei ihrem Entwurf wählten die Architekten um Alexander Pier dabei nicht etwa die bewährte Ausschneiden- und Einfügen-Methode, sondern schafften es, einen eigenständigen Neubau zu entwerfen, der sich städtebaulich und architektonisch in das Umfeld einfügt, ohne sich dabei anzubiedern.
In seiner Kubatur den vorhandenen Schulgebäuden angepasst und auch gegenüber den direkten Nachbarn zurückhaltend, wirkt der Neubau dabei eher so, als gehöre er hier schon immer her. Nichts Fremdes haftet ihm an. Dies wird auch durch die geringe Traufhöhe unterstützt, die im Bereich der Ganztagsschule und ihrer Räume gerade einmal eine Geschosshöhe beträgt und sich an der Nachbarbebauung orientiert. Und auch dort, wo sie im Bereich der Gymnastikhalle leicht in der Höhe verspringt, passt sie noch immer ins Umfeld. Und so wirkt der gesamte Neubau mehr wie ein Bungalow und weniger wie ein typisches Schulgebäude.
Eingebunden ist er in eine eigens für den Neubau entworfene Freiflächengestaltung, die vom Düsseldorfer Landschaftsarchitekten Thorsten Zietz von der zwl. plan Landschaftsarchitekten Gemeinschaft entworfen wurde. Sie wird durch eine strenge Geometrie geprägt, die sich aus dem Wechsel von Grünflächen, Pflasterbereichen, Wegen und Sitzbänken ergibt. Dominiert wird der Außenbereich jedoch durch eine große, geschwungene Außenleuchte von Schréder, Typ Fernandez-Mini. Sie beleuchtet den kleinen Vorplatz vor dem Neubau, ist aber vor allem Design-element für den Freiraum und prägendes Element, das aber dem Gebäude neben sich nicht die Schau stiehlt.
Klinkerhaut und Glasfassade
Wendet man den Blick von der markanten Leuchte ab und betrachtet das niedrige Flachdach-Gebäude, dann fallen die großen Glaselemente im Bereich der Ganztagsschule ebenso ins Auge wie die Klinkerhaut. Letzteres ist dabei wie die Traufhöhe ein direktes Eingeständnis an die Bestandsgebäude der Schule, die ebenfalls in Klinker erstellt sind. Die Torfbrandklinker der Klinkerwerke Wittmunder sind dabei nur Bekleidung, hinter der sich eine 20 cm dicke Stahlbeton-/Mauerwerkskonstruktion verbirgt, die mit einer 14 cm dicken Kerndämmung aus Mineralwolle versehen wurde.
Die große Glasfläche im flachen Gebäudeteil, eine Pfosten-Riegel-Konstruktion, erlaubt dabei dank hoher Transparenz einen ersten Einblick in das Gebäude. Sie wurde mit Fenstern versehen, die eine 2-fach Isolierverglasung vom Flachglas Markenkreis aufnehmen. Die Profile sowie die Thermoplus S3-Scheiben haben einem Ug-Wert von 1,1 W/m2K. Der Sicherheit wegen erhielt die Verglasung im Bereich der Gymnastikhalle eine ballwurfsichere Ausführung. Wo der Bereich der Gymnastikhalle beginnt, ist von außen gut erkennbar. Zum einen ist die Fassade hier wesentlich verschlossener und zum anderen erfolgt beim Übergang von den Räumen der Ganztagsschule zur Halle ein leichter Höhenversprung.
Betritt man das Gebäude, fällt als weiteres Detail das große, schwarze Vordach auf. Es wurde nach Plänen von pier7architekten von Stahlbau Eulberg hergestellt und unterstreicht den klaren und modernen Charakter des Gebäudes. Eine schlichte Platte überdeckt den Vorplatz des Eingangs und spannt von der Gebäudekante zu einem rechteckigen Torbogen.
Viel Licht
Innen fällt die Helligkeit auf, die in den Erschließungszonen, den Räumen sowie der Gymnastikhalle vorhanden ist. Sie wird möglich, weil der hohe Verglasungsanteil der Fassade viel natürliches Licht in den Neubau lässt. So wurde nach dem Motto „Wer Tageslicht nutzt, senkt den Strombedarf“ entworfen. Überraschend ist die Helligkeit dennoch, da diese trotz der nicht idealen Gebäudeausrichtung entsteht. Die beiden Hauptfronten, die jeweils den größten Glasanteil haben, zeigen nach Süd-Osten bzw. Nord-Westen. Neben der Helligkeit bringen die großen Glasflächen aber auch einen zweiten Effekt mit sich: Sie lassen das an sich mit nur 570 m2 Fläche eher kleine Gebäude größer wirken und erweitern es optisch in den Freiraum um das Haus.
Im Innern fällt zudem der hohe Anteil an Sichtbeton auf, der vor allem Decken und Wände prägt. Er ist jedoch durch Farbzonen aufgebrochen. Diese folgen den Vorgaben des Farbkonzepts, das pier7architekten eigens für den Schulneubau entwickelt hat. So sind alle Servicebereiche des Gebäudes in Orange gehalten, während die Nutzungsbereiche wie etwa Toiletten-Anlagen in Grün gehalten sind. Die Wände wurden dabei mit Brillux B 3000 Farben im entsprechenden Farbton gestrichen, die auf einem Haftgrund B 3720 und einer Grundbeschichtung B 595 auf den Beton aufgebracht wurden. Die Linoleum-Böden des Typs Colorette PUR in Vivid Green und Deep Orange stammen dabei von Armstrong DLW.
Wenig Raum, viel Nutzung
Dass das geforderte Raumprogramm dabei den Architekten bei der Planung sehr viel abverlangte, sieht man an dem Vergleich der Nutzungsanforderung und der Grundfläche. So mussten auf den 570 m2 Möglichkeiten für eine offene Ganztagsschule, für mögliche Veranstaltungen sowie für Schulsport geschaffen werden. Die Räume für die offene Ganztagsschule dienen dabei den Schülern als Gruppen- und Aufenthaltsräume.
Organisiert ist das Ganze über einen Erschließungsgang, von dem aus man die Gruppenräume, die Sanitäranlagen, Abstell- und Technikräume sowie die Gymnastikhalle erreicht. Dieser Gang ist an die Nord-West-Fassade über einen Zugang angeschlossen, wo sich der Haupteingang des Neubaus befindet. Größter Einzelraum ist dabei im Gebäude die Gymnastikhalle. Sie bietet immerhin Platz für ein Kleinfeld und ist durch die oben im Raum angebrachten Glasflächen gut belichtet.
Klimatechnik
Beim Luftaustausch setzten die Planer bei diesem Gebäude größtenteils auf natürliche Be- und Entlüftung, die durch eine wärmegelenkte Dauerlüftung von Renson in der Pfosten-Riegel-Fassade unterstützt wird. Um Wärme- und Kältespitzen auszugleichen, wurde zudem die Gebäudemasse thermisch wirksam aktiviert. Ansonsten kam, auch dem niedrigen Budget von 1,2 Millionen Euro Gesamtkosten geschuldet, keine weitere Klimatechnik zum Einsatz.
Gesamturteil gut
Nimmt man den Bau für sich alleine, dann kann man bereits ein gutes Zeugnis ausstellen. Aus wenig Platzangebot wurde viel Raum geschaffen. Die Funktionalität ist gegeben und auch die Gestaltung weiß zu überzeugen. Betrachtet man den Neubau auf dem Schulgelände in Düsseldorf-Eller allerdings im städtebaulichen Kontext, kommt noch ein Sternchen in der Bewertung hinzu. Der flache Bau mit seiner Klinkerfassade passt sich gut in die Umgebungsbebauung ein und vermittelt trotzdem den Eindruck eines eigenständigen, modernen Gebäudes mit zeitgemäßer Architektur. Dass in Sachen technische Ausstattung und verwendete Materialien noch Spielraum ist, mag jedoch vor allem am überschaubaren Budget gelegen haben.
Einziger Luxus, den man sich wirklich leistet, ist die Außenleuchte im Hof des Schulensembles, die extravagant daher kommt und zum Wahrzeichen der Schule werden könnte. Solange dies nicht zu Lasten der Funktionalität und der Qualität des Schulneubaus geht, ist dies jedoch ein legitimer Luxus.
Dipl. Ing. Architekt Alexander Pier: „Größe auf kleinstem Raum.“
Architekten: pier7architekten BDA, Düsseldorf Landschaftsarchitekt: zwl. plan Landschaftsarchitekten Gemeinschaft, Düsseldorf
Unsere Top-3-Projekte des Monats
MeistgelesenNeueste Artikel

Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der bba-Infoservice? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum bba-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des bba-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de