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Zeitgemäß denkmalgeschützt

Neugestaltetes Kaufhaus in Innsbruck
Zeitgemäß denkmalgeschützt

Das neu gestaltete Kaufhaus Tyrol in Innsbruck bietet eine eindrucksvolle Fassade. Dem Straßenverlauf mit einem Knick angepasst, lag David Chipperfield besonders die Oberfläche der weißen Betonfertigteile am Herzen: Geschliffen und gestrahlt erlangt die Fassade eine elegante Hochwertigkeit.

Es ist das größte innerstädtische Einkaufszentrum von Österreich und soll zum neuen Handels-Wahrzeichen von Innsbruck werden: Das Kaufhaus Tyrol. Mitten in der City ist nach über sechsjähriger Planungs- und Bauzeit am Standort des ehemaligen Traditions-Kaufhauses Tyrol ein komplett revitalisierter und neu gestalteter Komplex mit 50 Einzelhandels-Shops, mehreren Gastronomie-Betrieben und einer Gesamtfläche von 30 000 m² entstanden. Das nach einem Entwurf des britischen Architekten David Chipperfield erstellte Gebäude fällt vor allem aufgrund seiner architektonisch außergewöhnlichen Fassade aus weißen Betonfertigteilen schon von weitem auf.

Im Jahr 1908 gegründet, war das „Kaufhaus Bauer und Schwarz“ das erste Kaufhaus und gleichzeitig das erste Gebäude in Stahlbetonbauweise in Innsbruck, das mit einer Zentralheizung und mehreren Fahrstühlen ausgestattet war. Im zweiten Weltkrieg zerstört, 1954 wieder aufgebaut und 1966 umbenannt in Kaufhaus „Tyrol“, erwarb die Signa Holding GmbH das Gebäude im Jahr 2004. Seit dem in Planung, begann Ende November 2008 die Revitalisierung und Neugestaltung. David Chipperfield war bereits der dritte Architekt, der einen Entwurf für die Neugestaltung des Kaufhauses vorlegte – und damit sowohl Behörden als auch die kritische Bürgerschaft der Stadt überzeugen konnte. Das neue Kaufhaus Tyrol umfasst nach seiner Fertigstellung im Frühjahr 2010 rund 50 Shops und beinhaltet 30 000 m² Mietfläche.
Architekturkonzept
Bei der Entwicklung des architektonischen Konzepts für das aus zwei Tiefgeschossen, einem Unter- und vier Obergeschossen bestehenden Kaufhauses stand vor allem eine Anforderung im Fokus: Die Verbindung von zeitgemäßer Architektur und nachhaltigem Denkmalschutz. So kam es darauf an, das neue Gebäude harmonisch in die existierende, über Jahrhunderte gewachsene historische Struktur der Einkaufszeile einzubinden und gleichzeitig ein optisches Highlight zu setzen. Vor diesem Hintergrund setzt der Entwurf von David Chipperfield auf eine durch großflächige Fenster rechteckig strukturierte Fassade.
Die helle, mit Fassaden-Elementen aus Beton realisierte Architektur wurde mit einem gezielten „Knick“ geplant, der den Straßenverlauf nachzeichnet. Dadurch fügt sich das Kaufhaus stimmig in die Einkaufspassage und die benachbarte Bebauung – darunter das „Schindlerhaus“ aus dem 16. Jahrhundert – ein.
Die architektonisch anspruchsvolle Fassade ist eines der zentralen Merkmale des neuen Kaufhauses Tyrol und stellte die mit der Herstellung, Lieferung und Montage beauftragten Experten der Firma Hering Bau aus Burbach vor besondere Herausforderungen. Der Entwurf von David Chipperfield sah sowohl für die Fassaden-Vorderseite an der Maria-Theresien-Straße als auch für den zur Shopping-Mall an der Erlerstraße gehörenden Bereich des Gebäudes eine Stützen- und Riegel-Konstruktion vor.
Fassade aus Betonfertigteilen
Die einzelnen Bauteile sollten dabei sowohl geschliffen als auch gestrahlt werden und Laibungstiefen von bis zu 80 cm aufweisen. Während die Fassadenelemente an der Rückseite eine tragende Funktion erfüllen – hier beträgt das jeweilige Stützenraster ca. 2 m und die Spannweite der tragenden Unterzug-Konstruktion ca. 7 m – wurden die Elemente an der Vorderseite des Kaufhauses als nichttragende Bauteile geplant.
Vor allem die Oberflächen-Bearbeitung der scharfkantig ausgebildeten Elemente (Abrundungen max. 2 mm) musste höchste Ansprüche erfüllen, denn das Konzept sah vor, dass die Ansichtsfläche der Stützen gestrahlt, die zu den Schaufenstern hin zeigenden Laibungs- bzw. Seitenflächen jedoch geschliffen werden sollten.
Projektleiter Peter Körner, Hering Bau, erklärt: „Die Betonrezeptur wurde bauseits vorgegeben. Sie beinhaltete Weißzement und als Zuschlag ein Marmorgestein mit einem Größtkorn von bis zu 35 mm. Nach Vorstellung des Architekten sollten sowohl in den gestrahlten als auch in den geschliffenen Flächen diese Korngrößen zu gleichen Teilen erkennbar sein. Um dies zu erreichen, mussten wir die Teile mit Übermaß betonieren und danach um ein vorgegebenes Maß abschleifen.“
Für die Produktion der Fassadenelemente bedeutete dies auch, dass nach dem Ausschalen zwei weitere sensible Arbeitsschritte erforderlich waren. Zunächst wurden zwei Seiten der Stützen bzw. Pfeiler mit Diamantscheiben geschliffen, so dass eine glatte, ebene Oberfläche mit sauberen Ecken und Kanten entstand.
Peter Körner: „Die Ablagerungsmöglichkeiten von Schmutz und Staub sind durch die Glattheit minimiert und die Schaufenster des Kaufhauses können sich in montiertem Zustand in der Oberfläche spiegeln. Das garantiert einen besonders edlen Akzent.“
Im nächsten Schritt erfolgte das Strahlen der Ansichtsseite. Dabei wurde die oberste Feinmörtelschicht mit Hilfe eines speziellen Strahlgutes abgeschlagen, die farbigen Zuschläge wurden freigelegt. Dadurch wird die Oberfläche der Stützen in ihrer Farbigkeit vom verwendeten Korn bestimmt. Da die Körnungen beim Strahlen teilweise gebrochen werden, erscheint die Oberfläche heller und hochwertiger.
Nach der Fertigstellung im Werk wurden die fertigen Teile zur Baustelle transportiert. Während die tragenden Stützen und Unterzüge auf der Mall-Seite bereits in der Rohbauphase montiert wurden, erfolgte die Montage der Betonfertigteile an der Maria-Theresien-Straße erst nach deren Fertigstellung. Dabei mussten die Teile per Kran an die Montagestelle gehoben und dann millimetergenau an die Dämmung und vor die bereits eingebauten Fenster montiert werden. Dies erschwerte die beengte Situation am Einbauort sowie die Lage in der Einflugschneise zum Flughafen Innsbruck, weshalb zum Teil auch nachts mit dem Kran montiert wurde.
Relieftechnik im Beton
Ein weiterer Blickfang an der Fassade ist der ebenfalls durch Hering Bau erstellte, in eine Stütze im Eingangsbereich eingelassene „tyrol“ Schriftzug. Dieser wurde durch ein spezielles Schalungsverfahren, der sogenannten Relieftechnik erstellt. Hierbei wurden die Buchstaben bereits vor dem Betonieren in die Schalung eingelegt. Nach der Ausschalung strahlten die Experten die Ansichtsfläche der Stütze, wobei die tiefer liegende Schrift mit Aluminium abgedeckt wurde. Die Oberfläche im Bereich der Buchstaben ist somit glatt.
Insgesamt kamen beim Projekt Kaufhaus Tyrol etwa 470 speziell bearbeitete Betonfertigteile zur Ausführung. Neben den Fassadenelementen fertigte Hering Bau auch die in gleicher Optik und Bearbeitung erstellten Deckenverkleidungen, Bodenplatten, Treppenstufen und Terrassenplatten für das Gebäude.
Entwurf: David Chipperfield Architekten, Berlin Generalplanung: Dieter Mathoi Architekten, Innsbruck Tragwerksgeometrie | Ausführungsplanung: Brunnsteiner Ziviltechnikergesellschaft mbH, Dipl.-Ing., Jörg Bergmann, Natters
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