Heiß auf Eis

Iris Darstein-Ebner, architekturkontext, Stuttgart | be

In Morsbach, einer Gemeinde zwischen Köln und Siegen, ist mit dem Fachmarktzentrum ein moderner Neubau entstanden. Er vereint Einkaufen, Arbeiten und Wohnen auf drei Geschossen unter einem Dach und auf einer Gesamtfläche von 5.424 m². Der 2021 fertiggestellte Neubau entstand in Zusammenarbeit mit der Otto Quast Bauunternehmung nach den Plänen des Architekturbüros Piske + Partner.

Dabei wurden das EG sowie die Treppenhäuser und Technikräume in konventioneller Betonfertigbauweise erstellt, während das 1. und 2. OG auf die Betonkonstruktion in Stahl-Modulbauweise aufgesetzt wurden. Alho lieferte 42 Module für die beiden Obergeschosse; montiert werden konnten sie in nur fünf Werktagen.

Energetisch hat das Gebäude mit seiner innovativen Heiz- und Kühltechnologie Vorbildfunktion: In Zeiten steigender Energiekosten zum Heizen und Kühlen von Gebäuden stellt das Eisspeicher-Energiesystems eine sehr nachhaltige, weil CO2-freie Art der Energieerzeugung dar. Sie nutzt das ökologisch unbedenkliche Speichermedium Wasser und dessen Fähigkeit zur Kristallisation als regenerative Energie.

Die durch die Windecker Firma Metternich verbaute Technik umfasst die Viessmann Sole/Wasser-Wärmepumpe ‚Vitocal 350-G Pro‘ mit 76 kW, einem Eis-Energiespeicher [7,5 m Durchmesser; 3,0 m Höhe] mit rund 130.000 l Fassungsvermögen und 136 Solarmodulen mit einer elektrischen Leistung von 45 kWpeak.

Neuer Ansatz: Heizen mit Eis

Prinzip der Eisspeicherheizung: Beim Übergang von 0°C kaltem Wasser zum 0°C kaltem Eis wird sogenannte Kristallisationsenergie freigesetzt. Diese ist etwa 80 Mal höher, als würde man Wasser einfach um 1°C abkühlen. Das gezielte Wechselspiel von Wärmeentzug zum Gefrieren und Regeneration (Wärmezufuhr zum Auftauen) kann nahezu endlos wiederholt und die Energie so unbegrenzt nutzbar gemacht werden. Dadurch ist das Eisspeicher-Energiesystem höchst wirtschaftlich.

Beim Fachmarktzentrum wurden der Eis-Energiespeicher, eine Wärmepumpe, ein „Kraft-Dach“ mit Solar-Absorbern und eine Photovoltaikanlage für die Stromerzeugung zu einem nachhaltigen Konzept vereint: Der Eisspeicher besteht aus einem unterirdischen, mit Wasser gefüllten Betontank und ist über eine Rohrwendel – ähnlich einem Tauchsieder – mit der Sole-Wasser-Wärmepumpe verbunden. Diese entzieht dem Eisspeicher die Wärme und verdichtet sie auf eine höhere Vorlauftemperatur zum Heizen des Gebäudes.

Durch Entzug der Wärme aus dem Eisspeicher vereist das System. Um die Eisspeicher-Funktion effizient am Laufen zu halten, muss der Behälter immer wieder regeneriert bzw. das Eis aufgetaut werden. Möglich ist das mit kostenfreier Umweltenergie, die neben dem umliegenden Erdreich auch aus Solar-Luft-Absorbern auf dem Dach kommt.

Neben Wärmegewinnung kann das Eis-Energiespeichersystem im Sommer zur natürlichen Gebäudekühlung eingesetzt werden („natural cooling“). Wenn das Wasser im Eisspeicher zum Ende der Heizperiode vereist ist, wird im Sommer wiederum dem vereisten Wasser die Kälte entzogen unddiese – wie im Winter die Wärme – über die Fußbodenheizung in die Räume zu deren Kühlung geleitet.