Nachverdichtung mit Flussblick von MVRDV

Mit dem Wohnkomplex »Ascension Paysagère« im französischen Rennes haben MVRDV eine beispielhafte Nachverdichtung in Wasserlage realisiert. Um sich trotz seiner Höhe von bis zu 12 Stockwerken in die von Grün geprägte Umgebung einzufügen, ist das Gebäude von Felsformationen inspiriert. Zur natürlichen Anmutung trägt zudem die Fassade aus matten und glänzenden Keramikplatten in fünf verschiedenen Grautönen bei.

Im Jahr 2018 wurde Rennes vom französischen Magazin »l‘Express« zur lebenswertesten Stadt Frankreichs gekürt. Die Einführung einer neuen TGV-Verbindung im Jahr 2017 hatte die Attraktivität der Stadt zusätzlich erhöht. Die Folge ist ein bis heute anhaltendes Bevölkerungswachstum, das nach neuem Wohnraum verlangt.

Durch die zahlreichen denkmalgeschützten Gebäude im Stadtzentrum hat sich der Expansionsdruck zunehmend in die Außenbereiche verlagert: Die Peripherie musste sich in die umliegende Landschaft ausdehnen oder aber in die Höhe wachsen. Mit dem Wohnkomplex »Ascension Paysagère« haben MVRDV ein außergewöhnliches Beispiel für eine vertikale Nachverdichtung umgesetzt.

Nachverdichtung am Wasser

Der neue Wohnkomplex liegt in einem wichtigen Übergangsbereich zwischen dem Stadtzentrum und den Außenbezirken von Rennes, dort, wo die Flüsse Îlle und Vilaine zusammenfließen. Das 12-stöckige, 10.550 Quadratmeter große Gebäude beherbergt 138 Wohnungen in verschiedenen Größen und Preisklassen – darunter 37 Sozialwohnungen − sowie Gewerbeflächen und neu geschaffene öffentliche Räume in einer grünen Umgebung am Wasser.

„Mit Ascension Paysagère haben wir ein Projekt realisiert, das genau unseren Vorstellungen entspricht und genau das ist, was an diesem Standort gebraucht wird“, so Nathalie de Vries, Gründungspartnerin von MVRDV. „Mit dem Fluss und dem gegenüberliegenden Park bietet das Gelände einen wunderbaren Ort zum Leben. Die Herausforderung bestand darin, so viele Menschen wie möglich hier wohnen zu lassen, ohne diese Qualitäten zu zerstören.“

Eindruck einer imposanten Bergkette

Um sich optimal in seine Umgebung einzufügen, ist die Form von »Ascension Paysagère« von geologischen Formationen inspiriert. Aus der Entfernung entwickelt sich die Kubatur zum Bild einer imposanten Bergkette: Am Fluss und an den Stellen, wo sich der Gebäudekomplex den Nachbargebäuden annähert, ist das Volumen niedrig gehalten und trägt dem weitläufigen Kontext Rechnung. Andernorts steigt die Kubatur allmählich in drei Spitzen an und erreicht die maximale Höhe von 12 Stockwerken in der Mitte des Geländes. 

Durch die Rücksprünge in der Gebäudekubatur entstehen vielfältige private Außenräume für jede Wohnung: Terrassen, Wintergärten, Balkone oder Loggien, die mit maßgeschneiderten Pflanzgefäßen inklusive automatischer Bewässerung ausgestattet sind und eine dörfliche Atmosphäre schaffen, in der die Bewohner ihre Nachbarn von oben und unten grüßen können. 

An der westlichen Ecke des größeren Blocks zwischen den beiden »Gipfeln« des Gebäudes ist zudem ein Garten mit Obstbäumen untergebracht. Die üppige Begrünung erstreckt sich somit vom Flussufer bis zu den Wohnungen im obersten Stockwerk des Gebäudes und dient zugleich als Lärm-, Wind-, Sicht- und Hitzeschutz.

Keramikfassade für natürliche Anmutung

Die Fassade verstärkt den Eindruck einer natürlichen Felsformation. Sie besteht aus matten und glänzenden Keramikplatten in fünf verschiedenen Grautönen, die in mehreren Schichten angeordnet sind: dunkel und meist matt in Bodennähe und heller und glänzender in den oberen Etagen. Nachts wird dieser Effekt durch die Beleuchtung verstärkt, wobei im oberen Teil des Gebäudes weitere Lichter in die Keramikplatten integriert sind. Das Ergebnis ist ein Volumen mit natürlicher Anmutung, das sich in gut in seine Umgebung einfügt, auch wenn es diesen Teil der Stadt erheblich verdichtet.

Zum Einsatz kam das Keramikplatten-System ‚KeraTwin‘ von Agrob-Buchtal in drei verschiedenen Oberflächenvarianten und rhythmisierendem Format. Die keramischen Platten sind robust, langlebig und wirtschaftlich und verfügen über eine besondere Oberflächenveredelung ( ‚Hytec‘), die als Katalysator in Kombination mit Licht eine Reaktion mit Sauerstoff und Luftfeuchtigkeit auslöst. Mikroorganismen, Algen, Pilze und Moose werden dadurch zersetzt, Luftschadstoffe wie z.B. Stickoxide reduziert. Somit verbessert die Keramikoberfläche messbar die Umgebungsluft des Gebäudes. Ihre hydrophile Eigenschaft hat zudem die Fähigkeit, Schmutz zu unterspülen und sich durch Regen selbst zu reinigen.

Öffentliche Orte für soziales Miteinander

Auf Erdgeschoss-Ebene definieren die Kurven der Gebäude eine Reihe von attraktiven öffentlichen Räumen, die Begegnungen ermöglichen – darunter eine Fußgängerzone mit viel Grün sowie einen Platz am Wasser, der zum Restaurant und Theater »Le Bacchus« führt. Die Eingänge zum größeren der beiden Gebäude befinden sich in drei holzverkleideten Passagen, die das Gebäude durchdringen und zu einem abgelegenen Garten auf der Rückseite des Theater-Restaurants führen.

Eine Besonderheit ist der große öffentliche Platz, der zwischen Flussufer und zurückversetztem Gebäude entstanden ist. Er gilt als Herzstück des Quartiers und ist über Stufen ans langgestreckte Ufer angebunden. Mit Blick auf den angrenzenden schwimmenden Garten, den »Jardin de Confluence«, lädt er zum geselligen Miteinander ein.

„Im Rahmen der Stadterweiterung von Rennes haben wir ein Stadtgebiet entworfen, das mehr öffentlichen Zugang zur Natur, private Grünflächen und fantastische Aussichten bietet“, erklärt Nathalie de Vries. „Nachverdichtung funktioniert nur, wenn sie mit zusätzlichen Qualitäten einhergeht, und das war unser Ziel für die Bewohner von Ascension Paysagère.“