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Passivhaus mit Flächengewinn

Neubau eines Reihenhauses in Stegen
Passivhaus mit Flächengewinn

In Stegen bei Freiburg entstand auf einem Mini-Grundstück ein Reihenhaus im Passivhausstandard. Da der Platz für die Dämmung stark begrenzt war, entschied sich Architekt Martin Forstner für einen Mix aus massiven und hölzernen Systembauteilen zusammen mit flächensparender Vakuumdämmung.

„Wie integriere ich ein Passivhaus in eine Baulücke, wenn mein bebaubares Grundstück nur 200 m² groß ist, der Bebauungsplan ein Satteldach mit Ost-West-Ausrichtung vorgibt, der Platz für Solarkollektoren nicht ausreicht und mein Bauherr nur ein begrenztes Budget zur Verfügung hat?“ Vor diesen Fragen stand Architekt Martin Forstner, als er den Planungsauftrag für das Reihenmittelhaus in der Gemeinde Stegen bei Freiburg erhielt. Bei der Wahl der Baustoffe schwört Forstner auf einen Mix aus Holz- und Betonfertigteilen mit klaren Schnittstellen – d. h. ein massives Tragsystem für Innenwände und Decken sowie Holzbauteile aufgrund sehr guter Dämmeigenschaften und schneller Vorfertigung für die Außenwände und das Dach.

Für den Bau eines Passivhauses müssen folgende Kriterien erfüllt werden:
  • Jahresheizwärmebedarf≤15 kWh/(m²a) Maximale Heizwärmelast ≤ 10 W/m²
  • Gebäudehülle U ≤ 0,15 W/(m²K)
  • Fenster UW ≤ 0,85 W/(m²K), g=0,5–0,6
  • Nahezu wärmebrückenfrei
  • Luft-/Winddichtheit: n50 ≤ 0,6 h-1
  • Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung η WBG,t,eff ≥ 75%, Elektroeffizienz pel ≤ 0,40 Wh/m³
  • Jahresprimärenergiebedarf für Heizung, Warmwasserbereitung, Lüftung und Haushaltsstrom ≤ 120 kWh/(m²a).
Was für ein freistehendes Gebäude mit Nord-Süd-Ausrichtung, entsprechendem Platz für Wärmedämmung und dem Einsatz von Haustechnik wie Solarkollektoren kein Problem ist, war in Stegen eine Herausforderung: Als zu bebauende Grundfläche standen lediglich 9 x 10 m zur Verfügung. Um hier möglichst viel Wohnraum auf drei Etagen zu schaffen, mussten die Außenwände dünn werden. Solartechnik auf dem Dach war auch tabu, da vier Gauben den Platz beanspruchen würden. Und die sonnendurchflutete Südseite? „Fehlanzeige, denn die war leider schon vom angrenzenden Nachbarhaus zugestellt“, erzählt Forstner.
Als Partner für sein Projekt hatte der Passivhausexperte seine „Bestenliste“ bereits im Kopf. Für den Architekten war der Neubau im Südschwarzwald ein Pilotprojekt für die Hybridbauweise auf Basis vorhandener Bausysteme. Er baute in der zeit von Oktober 2010 bis März 2011 auf 261,58 m² BGF und 90 m² Grundfläche das Passivhaus mit dem Energiekennwert 11 kWh(m²a).
Massiver Kern mit Innenleben
Die Betonfertigteile für das innere Tragsystem lieferte die Rudolph Baustoffwerk GmbH nach Stegen. Als Kellerumfassungswände kamen „Syspro-Thermowände“ mit innenliegender 20 cm XPS-Dämmung und Ortbetonauffüllung zum Einsatz (Wandtyp AW 1). Sie tragen die Filigrandecke zum Erdgeschoss. Zudem unterteilen mehrere ungedämmte Massivwände das Untergeschoss in vier Räume plus Treppenloch, wo die Fertigteiltreppe eingesetzt wurde.
Als Giebelwände zu den Nachbarn kamen ebenfalls kerngedämmte „Thermowände“ zum Einsatz. Aufgrund der „beheizten“ Nachbargebäude reichte hier allerdings eine 6 cm starke PUR-Dämmung aus (Wandtyp AW 2). Weitere massive Doppelwände und Fertigteilunterzüge formen die Innenbereiche in EG und OG. Die eigentliche Besonderheit bilden die so-genannten „Green Code Klimadecken“ von Rudolph. Die armierten Beton-Halbfertigteile mit Spannweiten von bis zu 10 m verfügen bereits über eingebaute Heiz- und Kühlregister, die Unterseite ist streichfertig.
Alle weiteren haustechnischen Leitungen für Be- und Entlüftung, Sanitär und Elektrotechnik finden auf der Oberseite Platz, bevor der Rohbauer den Ortbeton einbringt. Die Klimadecken schaffen eine Heizleistung von bis zu 83 Watt und eine Kühlleistung von bis zu 74 Watt.
„Diese Lösung spart zum einen Bauzeit, zum anderen kann ich die Punkte Leitungsführung Haustechnik, Schallschutz und Brandschutz gleich mit einem Mal abhaken“, erläutert Forstner und ergänzt: „Die Decke als Heiz- und Kühlfläche ist für mich im Übrigen die beste Form der Wärmestrahlungsübertragung in einem Passivhaus, da sie die größtmögliche auf den Raum bezogene freie Fläche bietet.“
Auf zusätzliche Heizkörper können Bauherren damit verzichten.
Dünnes Duo für Außenwand
Als das massive Innenleben stand, kam der Holzbau an die Reihe. „Für unser Projekt war eine relativ dünne Hüllfläche sehr wichtig, um Platz zu sparen. Hier wiederum spielt der Holzbau seine Vorzüge aus“, erläutert der Architekt. Er entschied sich für das Außenwandsystem „Kerto-in-Leno“ von Finnforest Merk in 85 mm Stärke. Die 6 m hohen Einzelelemente ließen sich inklusive aller Fenster- und Türenausschnitte problemlos vor die Massivkonstruktion setzen (Wandtyp AW 3). Gepaart mit einer vorgesetzten nur 5 cm starken „QASA“-Vakuumdämmung von Variotec erzielt dieses dünne Duo einen U-Wert von 0,12 W/(m²K) bei lediglich 14 cm Wandstärke.
„Mit konventioneller Dämmung hätte ich 25 bis 30 cm Isolierstärke gebraucht, um auf den gleichen U-Wert zu kommen“, rechnet Forstner vor. Bei innerstädtischen kleinen Grundstücken
gewinne man über diese Lösung etwa 6 bis 10 % mehr Grundfläche, ein Vorteil, der sich gerade in teuren Lagen mehr als rechne.
Die Vakuum-Isolations-Paneele (VIP) von Variotec arbeiten mit einem Kern aus pyrogenener Kieselsäure, einem umhüllenden Vlies sowie einer gasdichten Hochbarrierefolie. Das Innenleben ist luftleer, steht also komplett unter Vakuum. Da dieser Aufbau nahezu keine Wärme weiterleitet, lassen sich bei extrem schlanken Abmessungen sehr hohe Dämmwerte erzielen. Baustellentauglich macht der Hersteller die exakt nach Plan gefertigten Elemente mittels spezieller Beplankungen und Kantenabdichtungen.
VIP macht Gauben schlank
Auch das Dach basiert auf Holzbau. Bei den Dachelementen mit „Finnframe“ bildet eine OSB-Platte als statische Scheibe und Dampfbremse die Innenseite und die 40 cm starken „Finnjoist“-Träger spannen bis zum First. Eine Einblasdämmung aus Zellulose WLG 040 und die oben liegende 16 mm Agepan DWD-Platte sorgen für einen passivhaustauglichen Dämmwert von 0,11 W/(m²K). In den Dachelementen verzichtete der Architekt auf die Vakuumdämmung, da er nach oben hin ausreichend Platz zum Dämmen hatte. An den vier Gauben jedoch, ebenfalls aus „Kerto-in-Leno“ hergestellt und bereits auf die Dachelemente vormontiert, verhindern außenseitig angeordnete VIP-Dämmelemente zu breite Ansichtsflächen.
Passivhaustaugliche Bauelemente
Fenster und Haustür lieferte ebenfalls Variotec. Das neue System „Alterna Vallo“ kam in Form von Kippfenstern, doppelflügeligen Fenstern und einer Hebe-Schiebetür im EG zum Einsatz. Die Neuentwicklung vereint alle Funktionen für Wärme-, Kälte-, Schall- und Einbruchschutz in einem und bietet zugleich Sturm- und Schlagregensicherheit. Mit UW-Werten ab 0,60 W/(m²K) ausgestattet, schaffte der Planer mit dem CE-konformen Passivhausfenster alle Vorgaben. Die zwischen den Scheiben angeordnete Jalousie sorgt zudem für mögliche Verschattung. Den Hauseingang verschließt eine „Multifunktionstür“. Hier verhilft die integrierte Vakuumdämmung der patentierten und CE-zertifizierten Konstruktion zum Spitzendämmwert von bis zu 0,58 W/(m²K) bei nur 68 mm Aufbaustärke. Mit den sorgfältig ausgewählten Hüllelementen, einer sauber ausgeführten Luftdichtheitsschicht und gut verklebten Anschlüssen erreichte das Haus bereits im Rohbauzustand im Blower Door-Test einen n50-Wert von 0,33 h-1.
Kühlung zum Nulltarif
Für die Heizung wählte Forstner eine Gas-Brennwerttherme. Sie schickt das warme Wasser durch die Register der „Klimadecken“, die das Gebäude in der kalten Jahreszeit über angenehme Strahlungswärme temperieren. Im Sommer hingegen kühlen die gleichen Register das Haus mit kaltem Wasser auf Wohlfühltemperatur ab. Dieses kommt über ein geschlossenes System aus der mit Regenwasser gefluteten Kühlzisterne „Terracool“(Viatherm), die im kühlenden Erdreich des Gartens vergraben wurde. Die Be- und Entlüftungsanlage kommt von Aerex.
Architekt: Dipl.-Ing. (FH) Architekt Martin Forstner ByAK, Neumarkt in der Oberpfalz
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