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Behutsam konserviert und ergänzt

Umnutzung des ehemaligen Staatsratsgebäudes in Berlin zur Privathochschule
Behutsam konserviert und ergänzt

Bei der Sanierung und Umnutzung des unter Denkmalschutz stehenden ehemaligen Staatsratsgebäudes war ein Spagat zwischen architektonischem Bewahren und funktionaler Modernisierung erforderlich. Allerdings konnte die Flachdachkonstruktion ohne Rücksicht auf die alte Bausubstanz erneuert werden.

HS/jo

Schlossplatz 1 in Berlin ist eine mit politischer Symbolhaftigkeit und Assoziationen an die jüngere Geschichte aufgeladene Adresse. Erich Honecker hat hier bis 1989 als Staatsratsvorsitzender residiert und nach ihm Gerhard Schröder, als er von 1999 bis 2001 auf die Fertigstellung des neuen Bundeskanzleramtes wartete.
Hausherr ist heute die European School of Management and Technology (ESMT), die den prominenten Komplex für 35 Millionen Euro sanierte und heute als internationale Hochschule nutzt. Die ESMT ist ein Gemeinschaftsprojekt von 23 deutschen Großunternehmen, dem Arbeitgeberverband und dem Bundesverband der Deutschen Industrie. Ein potenter Bauherr also, der entsprechend hohe Ansprüche an das Domizil der Elite-Uni stellte.
Kein Museum erschaffen
Beim Umbau gelang ein besonderer Spagat zwischen architektonischer Bewahrung und funktionaler Modernisierung. Die Raumstrukturen und viele Ausstattungsdetails im Inneren des 1964 errichteten Bauwerks wurden erhalten.
Doch bei allem Respekt vor der Geschichte des Hauses haben das für den Umbau verantwortliche Architekturbüro hg merz, Berlin/Stuttgart, und die Haustechnikplaner der Ingenieurgesellschaft Zibell Willner & Partner, Berlin, kein Museum erschaffen. Alle Räume erhielten gebäude- und medientechnische Ausrüstungen nach modernstem Standard, neben einer zeitgemäßen Heizungs- und Sanitärtechnik etwa eine hochfunktionale Gebäudeleittechnik sowie eine aktive Datentechnik mit W-LAN.
Die Außenansicht des Staatsratsgebäudes geht auf Entwürfe von Josef Kaiser und Roland Korn zurück. Beherrschendes Element der Frontseite ist das nicht mittig angeordnete Portal IV des ehemaligen Berliner Stadtschlosses. Rechts und links an das historische Portal schließt sich eine sachlich-klare Fassadengestaltung an, die von Sandstein und rotem Granit, vor allem aber von den charakteristischen Kastenfensterelementen im zwölf Meter-Raster geprägt ist. Diese markante und identität-stiftende Gebäudeansicht sollte im Zuge des Umbaus nicht verändert werden. Um trotzdem den Wärmeschutz nach EnEV zu erreichen, wurden u. a. alle Fenster mit gleicher Geometrie und Aufteilung, jedoch nach heutigem wärmetechnischem Standard neu gebaut. Dabei konnten einzelne Elemente sogar mit einer unauffälligen elektromotorischen Öffnungsfunktion ausgerüstet werden. Neben der natürlichen Lüftung sichern diese Flügel im Brandfall die Ent-rauchung über die Fassade. Auch der Sonnenschutz durfte die Fassade nicht verändern, weshalb überwiegend mit von außen kaum erkennbaren Innenjalousien im Scheibenzwischenraum gearbeitet wurde.
Kein klassisches Flachdach
Ohne denkmalpflegerische Rücksichten auf die alten Dachschichten nehmen zu müssen, wurde die Flachdachkonstruktion des Komplexes erneuert. Dabei setzten Planer und Dachhandwerker auf eine Problemlösung von Wolfin. Zu Beginn der etwa fünf Monate dauernden Dachsanierung fand man hier allerdings kein klassisches Flachdach vor.
Unter dem Dach des ehemaligen Staatsratsgebäudes liegt – im DDR-Bau nicht selten – eine Art Mezzaningeschoß, das seinerzeit zwar für eine optimale Durchlüftung und Klimatisierung des Gebäudes sorgte, nun aber erhöhten Arbeitsaufwand auslöste. Die statisch bedingten zahlreichen Durchbrüche, die die Unterkonstruktion aus Betonkassetten und Steindecken auf einer Stahlbinderkonstruktion tragen, erschwerten die Flächenverlegung. Zunächst waren die zahlreichen Dachaufbauten wie eine aufgeständerte Kranbahnanlage, Lüfter und Entwässerungen zu demontieren sowie der alte Dachaufbau aus mehrlagigen Bitumenbahnen im Randbereich auf ca. 2 m Breite bis auf die Betondecke zu entfernen. Für die neuen Dachaufbauten waren entsprechend neue Durchbrüche zu setzen und die Tragdecke anschließend mit Beton verlegereif aufzufüllen.
Dampfsperrbahn als Notabdichtung
Da im Innenbereich gleichzeitig Ausbauarbeiten stattfanden, war es notwendig, um die Räumlichkeiten vor Wassereinbruch zu schützen, eine Terotec Dampfsperrbahn SK zugleich als Notabdichtung zu verlegen. Auf die nicht abgeräumte Teilfläche des Daches wurde eine Zusatzdämmung aus Polystyrol aufgebracht und mit PU-Kleber verklebt. Die Verlegung einer Terotec Kaschierlage SK schuf schließlich die Voraussetzung für die finale Abdichtung mit der gewebearmierten, kaltselbstklebenden Abdichtungsbahn Wolfin GW SK in einer Dicke von 2,3 mm in der Farbausführung schwarz. Diese Bahn ist bitumenbeständig und verfügt über eine unterseitige Glasgittergelege-Verstärkung, durch die die Bahnen dehnungsbegrenzt werden. Um die Homogenität der Fläche auch im Fügenahtbereich nicht zu stören, sind die Bahnen einseitig mit einem besonderen Schweißrand ausgestattet.
Architekt Dipl.-Ing. Ulrich Neumann: „Charakteristisch für unsere Arbeitsweise ist der Respekt vor dem Originalbauwerk. Beim Bauen im Bestand, insbesondere bei Umbauten historisch bedeutender Gebäude, die in ihrer Bausubstanz sensibel sind, äußert sich die Philosophie im behutsamen Konservieren und Ergänzen.“
bba-Infoservice Kunststoff-Dach- und Dichtungsbahn 516 Dampfsperrbahn 517 Kaschierlage 518 www.hgmerz.com
Planung: prof hg merz architekten, Berlin/Stuttgart
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