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Wasserdichte Kraftpakete

Trockenestriche
Wasserdichte Kraftpakete

Moderne Trockenestriche sind hoch belastbar. Neue Entwicklungen machen Einsätze in Räumen mit extremer Feuchtigkeitsbelastung oder im Außenbereich möglich und halten auch den hohen Krafteinwirkungen im industriellen Bodenbereich stand.

Heinrich Rohlfs/jo

Kostenrelevante Vorteile wie rationelle Verarbeitung und Bauzeitverkürzung haben dazu geführt, dass Trockenestrich-Konstruktionen in zunehmendem Maße beim Innenausbau von Alt- und Neubauten eingesetzt werden. Schlanke Bodenaufbauten verbinden hohe Belastbarkeit mit guter Trittschall- und Wärmedämmung sowie sicherem Brandschutz und verfügen über eine stabile und druckfeste Oberfläche.
Ihr Hauptvorteil aber wird in der deutlichen Verkürzung der Bauzeiten gesehen: Gegenüber herkömmlichen Estrichkonstruktionen wird durch den Einsatz von Trockenestrichen das Einbringen von Baufeuchte, die den Bauablauf oft deutlich verzögert, vermieden. Während bei konventionellen Estrichen eine Trocknungszeit von rund vier Wochen berücksichtigt werden muss und der Boden in diesem Zeitraum nicht belastet werden darf, können nachfolgende Gewerke nach der Verlegung von Trockenestrich fast ohne Zeitverzug weiterarbeiten. Der Boden ist nach Aushärten des Klebers voll belastbar. Dafür wird unter normalen Raumklimabedingungen ein Zeitraum von 24 Stunden veranschlagt. Bereits einen Tag nach der Verlegung ist es möglich, die endgültigen Fußbodenbeläge aufzubringen. Aber auch die unterschiedlichen bauphysikalischen Anforderungen zum Brand- und Schallschutz (Luft- und Trittschall) sowie Wärmeschutz sind durch verschiedene Trockensystemvarianten realisierbar und ermöglichen auch jenseits der Standardprogramme große Flexibilität bei der Planung und die Berücksichtigung individueller Wünsche.
Ein niedriges Flächengewicht macht Trockenestriche zusätzlich attraktiv. Je nach Fabrikat, Aufbau und System sind Flächengewichte ab 20 kg/m² möglich. Bei Zementestrichen zum Beispiel müssen dagegen Flächengewichte von mindestens 100 kg/m² berücksichtigt werden – und das bei gleicher Belastbarkeit beider Systeme.
Breites Spektrum
So sehr sich Trockenestriche inzwischen durchgesetzt haben – nach wie vor beherrschen Vorbehalte und Unsicherheiten das Feld, wenn es um deren Belastbarkeit geht. Vielfach gelten sie immer noch als typische Produkte vor allem für den Ausbau von Wohnbereichen, denen allerdings nicht zu viel zugemutet werden darf. Zu Unrecht, denn inzwischen sind Produkte für den Innen- und Außenbereich auf dem Markt, mit denen alle Belastungsanforderungen, und zwar sowohl hinsichtlich von einwirkenden Lasten als auch im Hinblick auf Feuchtigkeit, erfüllt werden können.
Spezifische Vorteile bieten beispielsweise Gipsfaserplatten: Durch ihre Faserarmierung sind sie ausgesprochen stabil und daher für Einsatzbereiche geeignet, in denen besondere Ansprüche an die mechanische und statische Belastbarkeit gestellt werden. Und auch der Ausbau von Feuchträumen im bauaufsichtlich nicht geregelten Bereich (gemäß Merkblatt 5 „Bäder und Feuchträume im Holzbau und Trockenbau“ vom Bundesverband der Gipsindustrie e.V. Industriegruppe Gipsplatten) ist damit möglich.
Vor allem aber durch die seit kurzem im Markt erhältlichen zementgebundenen Trockenestrich-Systeme ist eine weitere Bastion der Nass-Estriche ins Wanken geraten. Damit ist nunmehr auch der trockene Ausbau von Räumen mit hohen Anforderungen an die Wasserfestigkeit im sogenannten bauaufsichtlich geregelten Bereich möglich (Feuchtigkeits-Beanspruchungs-Klasse A2 gemäß Merkblatt des ZDB „Hinweise für die Ausführungen von Abdichtungen im Verbund mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten im Innen- und Außenbereich“), einem Bereich, der bisher konventionellen Estrichsystemen vorbehalten war.
Fermacell hat zudem eine neue Hochleistungsbodenplatte vorgestellt, die aus einer Mischung von Beton und Basalt besteht und sowohl für hohe Lasten als auch für Beanspruchungen durch Nässe und Chemie (Feuchtigkeits-Beanspruchungs-Klassen B/C gemäß Merkblatt des ZDB „Hinweise für die Ausführungen von Abdichtungen im Verbund mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten im Innen- und Außenbereich“) geeignet ist. Diese Spezialestrichplatte ist sowohl im industriellen Bereich als auch im Außenbereich einsetzbar.
Die Qual der Wahl
Bei der Fülle der im Markt befindlichen Systeme für unterschiedlichste Anwendungen obliegt dem Planer oder dem ausführenden Handwerker die – zugegebenermaßen nicht immer einfache – Pflicht, den jeweils geeigneten Fußbodenaufbau entsprechend den gesetzlichen Vorschriften und Normen richtig auszuwählen und zu dimensionieren.
Für konventionelle Estriche kann er dabei auf verschiedene Richtlinien wie die DIN 18353 (Estricharbeiten) oder die DIN 18560 (Estriche im Bauwesen) zurückgreifen, in denen Nenndicken und Festigkeiten genannt werden. Für die Planung eines Fußbodenaufbaus im Trockenbereich hingegen ist keine Normung vorhanden.
Um Architekten und Planern trotzdem verlässliche Unterlagen an die Hand zu geben, hat Fermacell daher die Gebrauchstauglichkeit seiner Trockenestrich-Elemente aus Gipsfaserplatten durch Prüfungen bei der Materialprüfungsanstalt (MPA) Stuttgart nachgewiesen. Dabei wurden für die Belastbarkeit der Trockenböden die gleichen Kriterien angelegt, wie sie für die Belastbarkeit von Decken zu Grunde gelegt werden.
In Anlehnung an die DIN 1055–3 (Verkehrslasten von Decken) konnten so für Trockenestriche aus Gipsfaserplatten vier Anwendungsbereiche mit jeweils unterschiedlichen zulässigen Punktlasten entwickelt werden (siehe Tabelle ). Maßgeblich war dabei die Annahme, dass im normalen Gebrauch die maximale Beanspruchung eines Bodens nicht durch Flächenlasten, wie in der DIN 1055–3 angegeben, sondern durch Punktlasten erfolgt.
Dem liegt ein einfaches Rechenbeispiel zu Grunde: Ein Möbelstück, 1 x 1 m (1 m²) groß und 100 kg (1 kN) schwer, besitzt einen Flächendruck von 100 kg/m² (1 kN/m²). Wird dieses Gewicht von vier Füßen á 10 cm² Fläche abgetragen, entspricht dies zwar nur einer Krafteinwirkung 25 kg (0,25 kN) pro Fuß, auf derkleinen Fläche jedoch ergibt sich eine Druckspannung von umgerechnet 25 000 kg/m² (250 kN/m²).
Bei den von der MPA Stuttgart für Fermacell durchgeführten Prüfungen wurden für Konstruktionen mit Gipsfaserplatten je nach Bodenaufbau zulässige Punktlasten zwischen 1 kN und 4 kN festgestellt. Ihr Einsatzspektrum reicht damit von Böden im Wohnbereich über Büro- und Verkaufsräume oder Flure in Krankenhäusern bis hin zu Flächen in öffentlichen Räumen.
Eine Konstruktion aus 2 x 10 mm Gipsfaserplatten plus 10 mm Mineralwolle beispielsweise erreicht eine zulässige Punktlast von 1,0 kN und ist damit geeignet für den Anwendungsbereich 1 (Räume und Flure in Wohngebäuden, Hotelzimmer einschl. zugehörige Bäder). Schon mit einer doppelten Lage aus 2 x 12,5 mm Gipsfaserplatten aber wird eine Punktlast von 3,0 kN erreicht. Alternativ kann der Wert auch mit 2 x 10 mm Gipsfaserplatten und 10 mm Holzfaserkaschierung erreicht werden. Beide Aufbauten sind gemäß der Tabelle für die Anwendungsbereiche 1 bis 3 geeignet und können entsprechend z. B. für Büros und Verkaufsräume, Flure in Altenheimen oder Böden in Restaurants verarbeitet werden. Durch eine zusätzliche dritte Lage mit 10 mm Fermacell Gipsfaserplatte kann die zulässige Punktlast auf 4,0 kN erhöht werden. Die Konstruktion erfüllt damit die Voraussetzungen für den Anwendungsbereich 4 (z.B. Flure in Krankenhäusern, Flächen für große Menschenansammlungen, Eingangsbereich in öffentlichen Gebäuden).
Auch normalen Belastungen durch Feuchtigkeit, wie sie beispielsweise im häuslichen Bad oder in den Nasszellen von Büros, Krankenhäuser und Schulen bestehen (Feuchtigkeitsbeanspruchungsklasse 0 gemäß Merkblatt 5 „Bäder und Feuchträume im Holzbau und Trockenbau“ vom Bundesverband der Gipsindustrie e.V. Industriegruppe Gipsplatten), sind Trockenestriche aus Gipsfaserplatten sehr wohl gewachsen, sofern sie entsprechend vorbereitet werden.
Wichtig ist hier eine vollflächige Abdichtung. Die Industrie bietet zu diesem Zweck geeignete Dichtklebesysteme mit den aufeinander abgestimmten Komponenten Grundierung, Dichtband, Dichtungssystem und Kleber an. Fermacell hat dafür ein spezielles Abdichtungssystem entwickelt. Es umfasst einen Voranstrich zur Untergrundvorbereitung sowie eine spezielle Flüssigfolie für den Einsatz auf senkrechten und waagerechten Flächen. Die elastische Masse wird einfach mit einem kurzflorigen Lammfell- oder Schaumstoffroller in mindestens zwei Schichten satt und flächig aufgetragen. Eckbereiche und Durchdringungen können mit dem zum System gehörenden Dichtband geschlossen werden. Nach dem Austrocknen der Beschichtung können die vorbehandelten Untergründe mit allen handelsüblichen Fliesen oder anderen keramischen Belägen, Platten oder Natursteinen sowie mit Bodenbelägen, die für Feuchträume geeignet sind belegt werden.
Neue Perspektiven
Gerade im Hinblick auf die Feuchtebelastung versprechen zementgebundene Trockenestriche, die derzeit in den Markt drängen, neue Perspektiven. Entwicklungen wie die Fermacell Powerpanel TE verfügen mit einem relativ geringen Gewicht (16 kg/Element), einfacher Verarbeitung und einem bedarfsgerechten Format (500 x 1 250 mm) über sämtliche Vorzüge der klassischen Trockenbauweise.
Dabei sind sie mit einer zulässigen Punktlast von maximal 3 kN für die Anwendungsbereiche 1–3 nach Tabelle geeignet und entsprechend nicht nur im häuslichen Bereich, sondern auch für den öffentlichen Raum nutzbar. Hinzu kommt die hohe Widerstandsfähigkeit gegen Wasser. Powerpanel TE, das wie die traditionellen Gipsfaser-Trockenestriche aus zwei werkseitig verklebten Platten mit umlaufenden Stufenfalz (50 mm) besteht, kann daher auch in jenen hochbeanspruchten bauaufsichtlich geregelten Feuchtigkeitsbereichen eingesetzt werden, die der Trockenbauweise bislang verschlossen waren. Die beidseitig mit einem alkaliresistenten Glasfasergewebe armierte Leichtbeton-Estrichplatte mit Sandwichstruktur ist Schimmelpilz-resistent und sehr strapazierfähig. Sie ist geeignet für Flächen, die durch Brauch- und Reinigungswasser hoch beansprucht sind, also etwa Böden in öffentlichen Duschen oder Schwimmbeckenumgänge (Feuchtigkeits-Beanspruchungs-Klasse A2 gemäß Merkblatt des ZDB „Hinweise für die Ausführungen von Abdichtungen im Verbund mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten im Innen- und Außenbereich“).
Vorteile bietet sie beim Einbau im häuslichen Bereich. Hier ist keine vollflächige Abdichtung nötig. Es ist ausreichend, lediglich die Randanschlüsse abzudichten. Erst bei hoher Feuchtigkeits-Beanspruchung (z.B. im öffentlichen Bereich) der Bodenfläche wird vom Hersteller eine vollflächige Abdichtung der gesamten Estrich-Konstruktion mit einem bauaufsichtlich zugelassenem System verlangt. Systemergänzungen, wie das Powerpanel TE Bodenablaufsystem, ermöglichen inzwischen sogar die Konstruktion von bodengleichen Duschen in Trockenbauweise. Das Bodenablaufsystem (verfügbar in den Größen (500 x 500 mm, 1 000 x 1 000 mm, 1 200 x 1 200 mm) besteht aus dem gleichen Trägermaterial wie die Powerpanel Estrichelemente. Es ist auch mit einem umlaufenden Stufenfalz von 50 mm ausgestattet. Es wird mit den Fußbodenelementen verklebt und verschraubt bzw. verklammert. Der kraftschlüssige Verbund zwischen Estrichplatte und Ablaufelement sorgt für eine homogene Fußbodenkonstruktionen in Nassräumen.
Problemzonen, die oftmals durch den Mix von nicht systemkonformen Komponenten und die damit verbundenen Improvisationen beim Einbau entstehen, können so vermieden werden.
Außenbereiche
Bislang blieb der Einsatz von Trockenestrich weitgehend auf Innenräume beschränkt. Neuerdings jedoch sind auch Systeme verfügbar, mit denen trockene Lösungen für Balkone und Terrassen realisiert werden können. Fermacell beispielsweise stellte mit der neuen Powerpanel SE eine Hochleistungsplatte für den Nutz-, Feuchte- und Außenbereich vor.
Die Produktzusammensetzung aus Beton und Basalt macht die Platte extrem widerstandfähig. Sie ist sowohl für hohe Lasten (je nach Bodenaufbau sind Belastungen bis 10 kN/m² möglich) als auch für feuchte und chemische Beanspruchungen (Feuchtigkeits-Beanspruchungs-Klassen B/C gemäß Merkblatt des ZDB „Hinweise für die Ausführungen von Abdichtungen im Verbund mit Bekleidungen und Belägen aus Fliesen und Platten im Innen- und Außenbereich“) geeignet.
Damit sind Verarbeitungen innerhalb der Anwendungsklassen 1– 4 nach Tabelle möglich, hinzu kommen vor allem aber Einsätze als Industrieböden und im Außenbereich. Dabei ist die Verarbeitung dank des handlichen Formates von 33 x 33 cm und des relativ geringen Gewichtes von ca. 49 kg/m² ähnlich einfach und schnell wie bei herkömmlichen Trockenestrichen. Durch den Einsatz von Epoxidharzkleber, mit dem die Platten an den Kanten verklebt werden, entfallen lange Trocknungszeiten. Bereits nach zwölf Stunden ist die Fläche begehbar und kann mit jedem Bodenbelag versehen werden.
Das Einsatzspektrum von Trockenestrichen reicht vom häuslichen Bereich bis hin zu Industrieböden. Dabei ermöglichen zementgebundene Platten sowie jene auf Beton/Basalt-Basis hinsichtlich ihrer Kraft- und Feuchtigkeitsbelastung eine Verarbeitungen in Bereichen, die dem Trockenbau lange verschlossen waren. Während sie im Wesentlichen beim Ausbau von Räumen mit Feuchtigkeitsbeanspruchungen im bauaufsichtlich geregelten Bereich zum Einsatz kommen dürften, bieten sich die klassischen Trockenestriche vor allem zur Lösung differenzierter bauphysikalischer Fragestellungen an.
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