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Scharfkantiges Ausrufezeichen

Neubau eines Wohnhauses in Zwickau
Scharfkantiges Ausrufezeichen

Beton ist nicht gleich Beton, schon gar nicht, wenn es sich dabei um eine großflächige Sichtbetonfassade handelt. Die glatte, homogene Oberfläche, die Beton zu dem ästhetischen Werkstoff schlechthin macht, bringt das Architekturbüro atelier st in der Fassade ihres Maison du Béton zur Perfektion.

br/pp | be

Eckig, massig und imposant wirkt das Wohnhaus aus Beton auf den ersten Blick und gliedert sich doch gleichzeitig mit seinen Proportionen in die umgebende randstädtische Bebauung ein. Aber nicht ohne der sanft geschwungenen Landschaft ein scharfkantiges Ausrufezeichen entgegen zu setzen. Kein lautes und provokantes, sondern ein durchweg positives Zeichen setzen die Architekten mitten in die sächsische Provinz, einem Ort an dem man ein Wohnhaus aus (Sicht)Beton nicht vermuten würde. Sie spielen mit der Hanglage, mit ihrer markanten Architektursprache und wollen „mit einem neuen Impuls die vorhandene Situation zeitgeistig beflügeln“, so Sebastian Thaut, atelier st. Die Architektur in Bewegung versetzen, der vorstädtischen Eintönigkeit einen Anstoß geben, ohne zu brüskieren – nicht auf eine prahlerische, sondern auf eine inspirierende Art und Weise mit der deutlichen Aussage: Architektur macht Spaß – Bewohnern, Anwohnern und nicht zuletzt den Architekten selbst.
Voller Gegensätze
Das Maison du Béton ist ein Haus voller Gegensätze, das diese jedoch wie selbstverständlich in sich vereint. Außen glatter, homogener Sichtbeton – innen behagliche Materialien wie dunkles, lebhaftes Holz, creme- und auberginefarbener Putz. Und dies ist nur der augenscheinlichste Gegensatz. So pointiert die Fugen und Kanten des Sichtbetons ausgeführt sind, so prägnant schneiden sich wiederum die großen Fensterflächen in den massiven, vieleckigen Körper. Markante Auskragungen wirken ausgesprochen gliedernd und werden durch die Verkleidung der Einschnitte mit changierend bronzefarbenen Aluminiumtafeln betont. Sie bieten dadurch, genauso wie die bronzefarben eloxierten Aluminiumprofile der Fenster, einen wertigen Kontrast zur homogenen Sichtbetonfläche.
Im Inneren birgt das Gebäude eine vielschichtige Anordnung unterschiedlich hoher Räume, die es von außen nicht vermuten lässt. Allen voran die Wohnebene im Erdgeschoss, deren zweigeschossiger Eingangsbereich und repräsentatives Wohnzimmer über Galerien und Lufträume mit der darüber liegenden intimeren Schlafebene verbunden ist. Interessante Ein- und Ausblicke sind somit nicht nur mittels der überdimensionalen Fensteröffnungen möglich, sondern bieten sich durch die Transparenz der zum Teil zweigeschossigen Räume auch innerhalb des Hauses. Der Entwurf beschränkt sich nicht nur auf die Gebäudehülle und die Anordnung der Räume, sondern schließt den Innenausbau und die Möblierung mit ein. Die Architekten legten dabei größten Wert auf die Gestaltung des Innenausbaus, der mit Wandschränken, Regalen und der Küche Teil des architektonischen Gesamtkonzepts ist. Alle Räume sind bis ins kleinste Detail durchdacht und haben den grundlegenden Anspruch, Lebensräume zum Wohlfühlen zu sein.
Haus aus Beton
Das wünschte sich der Bauherr bei seinem ersten Gespräch mit Silvia Schellenberg-Thaut und Sebastian Thaut von atelier st. Der Beton-Liebhaber entschied, dass nicht nur die Konstruktion, sondern auch die gesamte Fassade aus Beton sein sollte. Er und seine ganze Familie waren von Anfang an in den Entwurfs- und Planungsprozess unmittelbar eingebunden, so Sebastian Thaut. Über unzählige Modelle kommunizierten und visualisierten die Architekten ihr Entwurfskonzept.
Die Konstruktion des Maison du Béton ist als zweischaliger Stahlbeton mit dazwischenliegender druckfester Dämmung ausgeführt. Um die außerordentliche Qualität des Sichtbetons der Vorsatzschale mit seiner beeindruckend glatten Oberfläche herzustellen, waren exakte Planungen, eine innovative Trägerschalung, ein reibungsloser Baustellenablauf und nicht zuletzt der sehr fließfähige Beton Easycrete SF notwendig. Experimentieren und den Beton perfektionieren konnten die Architekten von atelier st im baustofftechnischen Labor der betotech Sachsen GmbH. Eine leichte cremefarbene Lasur verleiht der Oberfläche ein noch edleres Aussehen und dem Sichtbeton den langfristigen Witterungsschutz.
Für die breite Öffentlichkeit birgt das Maison du Béton in sich jedoch einen Widerspruch: Wohnen in einem Haus aus Beton. Noch dazu in einem, das so extrovertiert mit dem Material umgeht. Hier stellen sich Bauherr und Architekt gleichermaßen der öffentlichen Diskussion und parieren diese mit dem selbstbewussten Einsatz von Sichtbeton in seiner ganzen Perfektion.
Ausführung mit Besonderheiten
Die schlanke Vorsatzschale mit ihrer doppelten Bewehrung brachte mehrere Besonderheiten in der Ausführung mit sich. Zum einen wurden die Betonierabschnitte mit 1,5 bis 4,5 m² sehr klein gewählt. Außerdem waren übliche Pumpenschläuche für die Einbringung des Betons zu groß. Deshalb wurde für das Maison du Béton eigens ein spezieller Schlauch angefertigt. Der Beton wurde aufgrund seiner sehr weichen Konsistenz nicht mit einem Rüttler verdichtet, sondern nur leicht gestochert.
Um eine möglichst glatte, homogene Sichtbetonoberfläche ohne Wolken und Poren zu erreichen, wurde eine speziell angefertigte Trägerschalung von Doka verwendet. Deren Schalhaut Westag Phenox spezial NFO ist filmbeschichtet, nicht saugend und benötigt kein Schalöl oder Trennmittel. Besondere Sorgfalt kam der Dichtigkeit der Schalung zu. Dehnungs- und Dilatationsfugen konnten durch eine höhere Anzahl an Edelstahldornen und –hülsen auf ein Minimum von 8 mm beschränkt werden.
Insgesamt wurden 346 m² Transportbeton verbaut, davon 36 m² Permacrete-Beton C 25/30F 3 GK 8 und 16 für den wasserundurchlässigen Kellerbereich. 244 m³ weiterer Konstruktionsbeton C 25/30 F3/F4 GK 16 und 32 wurden für Fundamente, Decken, Innen- und Außenwände eingebracht sowie 66 m³ Easycrete SF C 25/30 F6 Gk 8 für die monolithische, nur 15 mm starke Sichtbetonvorsatzschale, Größtkorn 8 mm. Die Sichtbetonklasse SB3 entspricht den Betonflächen mit hohen gestalterischen Anforderungen.
Architekten: atelier st, Freie Architekten BDA, Leipzig Statik: IB Mittenzwei GmbH, Werdau
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