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Dynamik der Spirale

Berufsförderungswerk Goslar
Dynamik der Spirale

„Jeden Morgen, wenn ich das Haus betrete, bekomme ich im Flur schlechte Laune“, so begann der Geschäftsführer des Berufsförderungswerkes die Aufgabe zu formulieren. „Gestaltet mir den Empfangsbereich und den Flur so, dass er eine Visitenkarte für die Einrichtung wird und ich mich jeden Tag freuen kann!“

Verständlicher Wunsch: Nach dem Passieren des Windfangs am Haupteingang stand man unversehens in einem dunklen, langen Kellerflur aus durablen, aber unschönen Materialien. Der Flur wird dank der Lage des Gebäudes am Hang tatsächlich zum Kellerflur, an dessen Ende die Heizzentrale und alle wesentlichen Lagerräume liegen.
Aber eigentlich erschließt dieser Flur das Hauptgebäude. Von ihm gehen drei Treppen und zwei Aufzugsgruppen ab. Jeder, der den Geschäftsführer, die Verwaltung, den Konferenzbereich, die Mensa oder das Internatshochhaus aufsuchen will, muss diesen Flur benutzen.
Idee
Hauptprobleme des Flures waren seine Länge, seine Dunkelheit, die vielen beliebig liegenden Türen und Öffnungen auf beiden Seiten und seine extrem unterschiedlichen Nutzer: Einerseits die, für die der Flur schön sein soll, andererseits die, für deren Karren, Wagen und Werkzeuge der Flur robust, breit und bequem sein muss.
Pook Leiska Partner Architekten entwickelten die Idee der Lichtspirale: Der Flur wird nun erhellt durch ein Lichtband, das – vom Fußboden die Wand hinauf, über die Decke und die andere Wand wieder hinab – wie eine Spirale in mehreren Umdrehungen den Flur auf der gesamten Länge umschlingt. Weder Leuchte noch Licht sind wichtig, sondern die Linienführung des Lichtes, neben der alle „Störungen“ der Wandflächen unwichtig werden. Bewegung und Raum konstituieren sich gegenseitig.
Der Raum wird durch die Lichtspirale wahrgenommen, die dem Betrachter Bewegung bis fast zu Schwindelgefühlen suggeriert. Die Lichtspirale macht die Tiefe des Raums sichtbar, durch seine Dimension kommt sie erst richtig in Fahrt, ihre Dynamik zieht geradezu in den Flur hinein. Damit steigert die Gestaltung die Funktion und ist keine Applikation, kein bloßes Verschönern mehr. Der Flur ist zum begehbaren Licht-Objekt geworden.
Bauliche Veränderungen
Um den Raum hinter dem Windfang als Empfangs- und Wartebereich zu vergrößern, wurde der Nebenraum der Pforte freigezogen und die Flurwand entfernt. Entscheidend für die Qualität des vergrößerten Raumes war jedoch das Tageslicht, das nach dem Aufbrechen der geschlossenen Außenwand durch raumhohe Verglasung einstrahlen kann. Die Gräben für die Lichtspirale wurden in den Fußboden eingefräst. Die Aufbauhöhe von Werkstein plus Estrich betrug 95 mm. Auf Grund ihrer geringen Stärke durfte die Rohdecke, eine Betonrippendecke, nicht geschwächt werden.
Die abgehängte Decke aus Alu-Paneelen wurde durch eine glatte GK-Unterdecke ersetzt. Da alle Leitungen nun in die Wänden verlegt wurden, brauchte diese Decke keine Qualifizierung. Eine vorhandene, F90 ummantelte Kabeltrasse im Deckenbereich konnte nicht verlegt werden, so dass die Unterdecke im hinteren Abschnitt einen Höhenversatz von 30 cm hat, der mit dem (neuen) Sturz einer T30 RS-Tür verbunden wurde.
Um glatte, durchgehende Wandflächen ohne Versprünge zu bekommen, wurden beide Flurwände mit GK-Schalen aufgedoppelt. Die Schalen stehen mit >16 cm Abstand zu den vorhandenen Beton- und Mauerwerkswänden zwischen abgehängter Decke und Fußboden. Zwei neue Flurabschlusstüren T30 RS, im Brandfall schließend, mussten eingebaut werden, ebenso mussten alle Raumtüren feuerhemmend oder dichtschließend erneuert werden. In den Hohlraum der Wandaufdoppelung konnten die Lichtkanäle, Elt-Installationen, Feuerlöschkästen und die Flügel der T30 RS-Türen eingelassen werden. Alle Heizkörper wurden entfernt; die erdberührte Flurseite wurde als Heizwand ausgebaut.
Das Flurende zwischen der letzten Aufzugsgruppe und dem Technikflur engten die Architekten durch eine Ständerwand so ein, dass mittig die Lichtspirale mit einer senkrechten Linie endet, der Verkehr mit Transport- und Putzmittelwagen aber noch reibungslos funktioniert.
Im Flur selbst wurde zum Schluss der „rote Teppich“ auf dem vorhandenen Werksteinboden ausgerollt. Decke, Wände und alle Türen erhielten weiße Oberflächen.
Konstruktion der Lichtspirale
Die Lichtspirale war eine geometrische Herausforderung. Sie sollte in der Flurlänge gleichmäßig wirken und durfte von Raumtüren, Treppenhäusern, Aufzügen, Feuerlöschkästen, Brandschutztüren im Flur und vom Deckenversatz nicht gestört werden. Deshalb funktionierte die Abwicklung mit grundsätzlich gleichen Winkeln nicht. Pook Leiska Partner probierten mit freien Winkeln und beiden Drehrichtungen und überprüften die Wirkung in 3D-Simulationen.
Die gebaute Lösung minimiert die Unterschiedlichkeit der Winkel, die sich teilweise innerhalb einer Umdrehung oder auch von einer Umdrehung zur Nächsten ändern. Besonderes Augenmerk lag natürlich auf Anfang und Ende der Spirale:
Sie beginnt langsam am Empfangstresen mit einer flurparallelen Linie, holt den Besucher gleichsam ab, quert den Flur und gewinnt die Raumhöhe mit der Senkrechten auf der Stirnseite einer Querwand. Ab dann nimmt sie Fahrt auf und dreht sich im Uhrzeigersinn in fünf Umdrehungen bis zum öffentlichen Flurende nach 50 m an der letzten Aufzugsgruppe, wo sie – wieder als Senkrechte – von oben nach unten abbremst. Der Haustechnikflur dahinter verschwindet.
Lichtkanäle und Glashalteleisten der Wände variieren in der Breite, um jeweils passgenau an die schrägen Abschnitte im Übergang Boden-Wand und Wand-Decke anschließen zu können. Diese Präzision im Detail ist für die selbstverständliche Einfachheit der Konstruktion besonders wichtig.
Ausführung
LED-Technik wurde aus Kostengründen nicht weiter verfolgt. Für das Anlegen der Lichtkanäle wurde auf dem Fußboden eine Längsachse in Flurmitte als Bezugsachse festgelegt. Von ihr aus wurden die Winkel der Lichtspirale zunächst im Fußboden markiert und in Werksteinbelag und Estrich eingefräst.
Im zweiten Schritt wurde die abgehängte Decke eingebaut und die Lichtgräben angelegt. Die Ausschnitte der Lichtkanäle in den Wänden wurden zuletzt passgenau zwischen Boden und Decke angelegt, die Lichtkanäle selbst erst zu diesem Zeitpunkt nach Aufmaß zugeschnitten. Die Lichtkanäle bestehen aus vierfach gekanteten verzinkten Stahlblechkanälen mit den Abmessungen b/h/d = 110 – 129/90/2 mm, in die Glashaltewinkel eingeklebt sind.
Die Glasabdeckung besteht im Fußboden aus 1 x 8 mm ESG + 2 x 8 mm VSG mit Diffusorfolie, in Wänden und Decke aus VSG mit 2 x 8 mm Glasstärke und Diffusorfolie, in der Decke aus VSG mit 2 x 8 mm Glasstärke mit einer PVB-Folie wegen der Überkopfverglasung. Die Glasleisten variieren ebenfalls in der Breite zwischen 28 und 32 mm. Im Bodenbereich werden die Glasleisten in den Teppichboden eingepresst, so dass es keine Stolperschwellen gibt.
Wegen der geringen lichten Höhe des Kanals wurden Leuchten mit einer Gesamthöhe von 65 mm und 2 x 24 W T5 Leuchtstoffröhren eingebaut. Diese sind wegen der Vorschaltgeräte versetzt angeordnet, um über die gesamte Lichtspirale gleichmäßiges Licht zu erzielen.
Weitere Informationen
Lichtspirale bba 583
Architekturbüro: POOK LEISKA PARTNER Architekten, Braunschweig/Hannover
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