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Stimmige Symbiose

Umwandlung einer Weinbrennerei in Loft-Wohnungen und Gewerbeflächen in Krefeld
Stimmige Symbiose

Die historische Backsteinfassade der ehemaligen Weinbrennerei Dujardin in Krefeld-Uerdingen war unantastbarer Bestandteil des Umnutzungskonzepts. Beim Umbau der alten Fass-Lagerhallen u.a. zu Wohnzwecken war freilich der EnEV Rechnungen zu tragen und hierbei eine bauphysikalisch passende Innendämm-Lösung ausfindig zu machen.

Christian Schröder | jo

Die Backsteinbauten der Weinbrennerei Dujardin sind ein markanter Beleg dafür, dass das Herz der deutschen Weinbrandkultur über viele Jahre am Niederrhein schlug. Zu Hochzeiten wurden hier jährlich zehn Millionen Flaschen Branntwein erzeugt, bevor in den 70er Jahren eine Veränderung des Konsumverhaltens eintrat. Im Jahr 2005 schließlich endete die Geschichte der ehemals größten deutschen Weinbrennerei – knapp 200 Jahre nach ihrer Gründung im Jahr 1810.
Umnutzung statt Abriss
Die Betriebsgebäude, die sich durchgehend im Besitz der Gründerfamilie Melcher befanden, waren zu diesem Zeitpunkt alt, aber in einem guten Zustand. Matthias Melcher, Erbe des Familienbetriebes, entschied sich, sie zu erhalten. Die attraktive Lage direkt am Rhein und die Geschichtsträchtigkeit der Bauten inklusive der alten, vollständig erhaltenen Produktionsanlagen reizten ihn, Ideen für eine Umnutzung zu entwickeln.
In Zusammenarbeit mit Stefan Mengden, Architekt und Freund des Eigentümers, entstand ein Nutzungskonzept, das den Erhalt der Betriebsgebäude ermöglichen sollte und gleichzeitig finanzielle Tragfähigkeit versprach. Die ehemaligen Lagerhallen wurden aufgeteilt und umgewandelt in Loft-Wohnungen, Büros und Ladenlokale; der vollständig erhaltene Produktionsbereich, u. a. mit prachtvollen alten Kupferbrennblasen, 12 000 l großen Holzfässern, einer Sammlung historischer Flaschen und vielem mehr sollte als Weinbrennereimuseum eingerichtet werden.
In der ehemaligen Küferei (Fassbinderei) sollte ein Restaurant entstehen und im Außenbereich ein Biergarten. Der Verwaltungstrakt, der neben selbst genutzten Büros eine Reihe von Künstlerateliers beherbergt, wird in gleicher Weise weitergenutzt.
Umbau in drei Bauabschnitten
Den Schwerpunkt der geplanten Umbaumaßnahmen bildet die Umwandlung der alten Fasslagerhallen in Wohnungen und Gewerbeflächen. Um die anstehenden Investition aufzuteilen, soll der Umbau in drei Bauabschnitten erfolgen. Der erste Bauabschnitt wurde im Frühjahr 2012 abgeschlossen. Er umfasst den Umbau des ältesten Teils des Fasslagers. Dieses sogenannte Altlager wurde im Jahr 1920 errichtet und bildet den historischen Kern des heutigen Ensembles.
Fester Bestandteil des Umbaukonzepts ist von Beginn an die Erhaltung der historischen Backsteinfassade. Für den Umbau der Lagerhallen, die aufgrund ihrer Wohn- und Gewerbenutzung künftig den Anforderungen der EnEV genügen müssen, war eine Innendämm-Lösung zu finden, die hohen Anforderungen gerecht wird: Die Deckenhöhe in den 3-stöckigen, bis zu 2 000 m2 großen Hallen beträgt zwischen 4,50 und 6,50 m. Wohnkomfort und Behaglichkeit der neuen Räumlichkeiten sollen hohen Ansprüchen genügen.
Darüber hinaus muss die Lösung bauphysikalisch funktionieren – ein „hochspannendes und anspruchsvolles Thema“, so Architekt Stefan Mengden.
Diffusionsoffene Innendämmung
Nach einem sorgfältigen System-Vergleich entschied man sich für das Innendämm-System TecTem Insulation Board Indoor von Knauf Perlite.
Ausschlaggebend hierfür waren die Kriterien diffusionsoffen und feuchteregulierend. Die aus Perlit hergestellte Dämmplatte hat die Fähigkeit, Feuchtigkeit aus der Luft aufzunehmen und zeitverzögert wieder abzugeben – „der entscheidende Schlüssel für eine erfolgreiche Innendämmung“, urteilt der Architekt, „Dämmung und Wand bilden hier ein durchgängig mineralisches System, ohne Flächen, an denen sich Tauwasser bilden kann.“
Seine für Innendämm-Zwecke optimalen Eigenschaften verdankt das Innendämm-System vor allem dem Ausgangsmaterial. Roh-Perlit, das bei Vulkanaktivitäten entsteht und als nahezu unerschöpflicher Rohstoff gilt, hat eine Schüttdichte von 900 bis 1 000 kg/m3. Im Zuge der Weiterverarbeitung wird es auf das 15 bis 20-fache seines Ursprungsvolumens aufgebläht und in Plattenform gebracht.
Die Dämmplatte hat eine Wärmeleitfähigkeit von λ = 0,045 W/mK. Mit einem pH-Wert von 10 und der natürlichen Fähigkeit zur Feuchtigkeitsregulierung bieten die nicht brennbaren Platten (Baustoffklasse A1 nach DIN EN 13501–1) nicht nur hervorragende Dämmeigenschaften, sondern auch größtmöglichen Schimmelpilzschutz.
EnEV locker erfüllt
Um die notwendige Materialstärke der Platten zu ermitteln, führte der auch als Wärmeschutz-Sachverständige tätige Architekt eine Wärmedurchgangsberechnung durch. Mit dem Ergebnis, dass bei bestehendem Wandaufbau – überwiegend 39 cm Stärke, teilweise 24 cm – zur Erfüllung der EnEV 2009 eine 12 cm dicke Dämmung ausreichen würde. Um zusätzliche Informationen zur Beurteilung der Hygrothermik zu bekommen – z. B. zum Dampfdiffusionsverhalten und zur Wasseraufnahmefähigkeit bei unterschiedlichen Wanddicken und an Fensterlaibungen – gab er seine Daten an den Systemberater von Knauf Perlite weiter. Dieser führte mit Hilfe einer hygrothermischen Bau-Software weitere feuchtetechnische Berechnungen durch.
Die ermittelten Daten ergaben, dass sich die von der EnEV 2009 geforderte Dämmwirkung um ca. 30 % übertreffen lässt, wenn man die Materialstärke von 12 auf 16 cm erhöht.
Aus Umweltschutzerwägungen und im Hinblick auf zu erwartende weiter steigende Ansprüche hinsichtlich der Energieeffizienz von Immobilien sprach sich der Bauherr für die stärkere Dämmvariante mit 16 mm aus.
Montage der Dämmplatten
Für die Montage wurden die unverputzten Backsteinwände im Sandstrahlverfahren von alten Farbresten befreit, um einen tragfähigen Untergrund zu erhalten. Vereinzelt in den Wänden verlaufende, nicht vorstehende Stahlträger wurden ebenfalls sandgestrahlt, mit Rostschutz behandelt und mit einer Dampfsperre versehen. Da gemäß den Verarbeitungsrichtlinien des Herstellers die Untergründe vor der Verlegung zu egalisieren sind, wurde im nächsten Schritt eine Schicht diffusionsoffener Kalkzementputz aufgebracht. Nach Trocknung des Putzes wurden mit dem auf das System abgestimmten, gleichfalls diffusionsoffenen Klebespachtel Platten verklebt – waagerecht, im Verbund, mit einem Versatz von mindestens 20 cm.
Dämmung vom Boden bis zu Decke
Aufgrund der Deckenhöhen zwischen 4,50 und 6,50 m wurden alle Platten mittig gedübelt und mit einer 195 mm Schraube fixiert.
Die Dübelung ist notwendig bei Deckenhöhen von mehr als 3,80 m und grundsätzlich auf ganzer Höhe auszuführen, beginnend mit der untersten Platte. Um in den Übergangsbereichen Wärmebrücken zu vermeiden, kamen an Fenstern und Türen sowie an den Wand- und Deckenanschlüssen 25 mm dicke TecTem Laibungsplatten zum Einsatz.
Im Anschluss an die Montage wurde die gesamte Fläche mit einer Grundierung vorbehandelt. Nach ihrer Trocknung wurde in zwei Arbeitsgängen eine 4 bis 5 mm starke Schicht Flächenspachtel aufgebracht, in die ein Armierungsgewebe eingearbeitet ist. Die mit dem zweiten Arbeitsgang aufgebrachte Spachtelschicht fixiert das Armierungsgewebe im oberen Drittel der Armierungsschicht (Überlappung in den Stoßbereichen mindestens 10 cm). Nach Abschluss der Putzarbeiten wurden sämtliche Innenwände in Qualitätsstufe 3 ausgeführt und mit einem diffusionsoffenen Farbanstrich versehen.
Überzeugendes energetisches Umbaukonzept
Zwei weitere Komponenten des energetischen, nachhaltigkeitsorientierten Umbaukonzepts sind der Anschluss an das lokale Fernwärmenetz und der Einbau energiesparender Holz-Alu-Fenster. Die Fernwärme stammt aus der nahe gelegenen Müll- und Klärschlammverbrennungsanlage, die ihre Abnehmer mittels Kraft-Wärme-Kopplung (Wirkungsgrad über 70 %) mit Wärme versorgt. Ebenfalls mit Bedacht ausgewählt wurden die eingesetzten Holz-Alu-Komposit-Fenster und -Türen.
Die Entschlossenheit von Bauherr und Architekt, den historischen Charme der Bauten zu erhalten und zudem zeitgemäßen Wohnkomfort auf sehr hohem Niveau zu realisieren, wird an vielen Details deutlich. Offenliegende Stahlbetonstützen und Deckentragwerke zum Beispiel wurden nicht verkleidet, sondern lediglich neu lackiert. In den Lofts wurden die Treppen zu den neu eingerichteten Emporen stilgerecht als Metalltreppen ausgeführt. Die neu verlegten Echtholz-Parkettfußböden wurden mit Fußbodenheizung ausgestattet.
Beseelte Industriebaukultur-Substanz und moderner, behaglicher Wohn- und Gewerbekomfort bilden hier eine stimmige Symbiose.
Architekt:
Architekten Mengden, Krefeld
Ausführung Trockenbau:
Michel Franko Maione SKS Akustikbau, Duisburg
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