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Von Zucker zu Kunst

Umbau einer Fabrik zum Kunstzentrum in Ljubljana
Von Zucker zu Kunst

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1828 als Zuckerfabrik im slowenischen Ljubliana gegründet, wurde das historische Gebäude nun entkernt und umgenutzt. Für Kunstausstellungen erhielten die Galerieräume als „White Cubes“ weiße Lochplatten an Decken und Wänden. Die akustisch wirksame und höchst ästhetische Innenverkleidung besteht aus hochgradig biegsamen Aluminiumverbundplatten, die sehr planebene Flächen und exakte Fugenbilder erlauben.

Anforderung:

Historische Gebäudehülle erhalten, Innenräume multifunktional für zeitgenössische Kunst umwandeln

Lösung:

Aluminiumverbundplatten mit akustisch wirksamer Lochstruktur für Decken und Wände


Kay Rosansky | be

Das europäische Nachbarland Slowenien hat ungefähr zwei Millionen Einwohner, von denen nicht alle mit der recht national ausgerichteten Regierung einverstanden sind. So verwundert es nicht, dass die ca. 300.000 Bewohner der relativ liberalen Hauptstadt Ljubljana ihre Weltoffenheit zelebrieren, auch und gerade mit den Mitteln sowie der Sprache der Kunst. Neuester Ausdruck dieser Haltung ist ein umgebautes, historisches Gebäude, welches einerseits tief in der Geschichte des Landes verwurzelt ist und andererseits als Aushängeschild einer nach Freiheit strebenden, kosmopolitisch orientierten Gesellschaft dienen kann.

Historie

Die Geschichte des Gebäudes begann 1828 als Zuckerfabrik, welche mit lediglich 22 Arbeitern und einem einzigen großen Kessel den Betrieb aufnahm, um sich dann zur größten Zuckerraffinerie der Habsburgermonarchie zu mausern. Ein Großbrand zerstörte 1858 die industriellen Anlagen so stark, dass der Betrieb eingestellt werden musste. Später nutzten eine Tabak-, dann eine Textilfabrik die großen Räume. In schlechten Zeiten fanden in der Fabrik Soldaten Unterschlupf, zeitweilig gemeinsam mit den Ärmsten der Armen, insbesondere nach einem schweren Erdbeben im Jahr 1895.

Später zogen die jungen Dichter Dragotin Kette und Josip Murn, Mitbegründer der slowenischen Moderne, in die Ruine und machten die „Cukrarna“ (Zuckerfabrik) zum ersten Mal zu einer Art kulturellem Zentrum, denn ihnen schlossen sich hin und wieder wechselnde Grüppchen anderer Künstler an. Die beiden starben schließlich, nicht einmal fünfundzwanzigjährig, in den Gemäuern an Tuberkulose, was dem Gebäude eine morbide Aura verlieh, die im Bewusstsein der Bevölkerung blieb.

Seit den 1980er Jahren galt das Gebäude, südlich des Stadtzentrums am Fluss Ljubljanica gelegen, nur noch als Schandfleck, obgleich es unter Denkmalschutz stand. Schließlich übernahm die Stadt Ljubljana Gebäude und Grund und initiierte einen Wettbewerb, der Ideen für eine Umnutzung hervorbringen sollte.

Entkernen und Freiräume schaffen

Den überzeugendsten Vorschlag unterbreitete das Architekturbüro Scapelab aus Ljubljana. Das sahen übrigens auch die einschlägigen Entscheider auf EU-Ebene so, denn sie gewährten die Übernahme von 60 % der Baukosten in Höhe von insgesamt 21 Mio. Euro; den Rest trug die Stadt Ljubljana.

Die Idee der Architekten bestand zunächst darin, den Begriff „entkernen“ wörtlich zu nehmen und von der alten Fabrik lediglich die Außenmauern stehenzulassen. Um der historischen, aus Ziegeln gemauerten Lochfassade mit ihren 366 Fenstern die dunkle Schwere zu nehmen, trug man einen weißen Putz (‚SilikatColor‘ von Baumit) auf.

Die im Inneren des Gebäudes entstandene Baugrube wurde weiter ausgehoben, um ein Untergeschoss hinzuzufügen. Die Außenmauern erhielten auf ihrer Innenseite massive Aufdopplungen aus Stahlbeton, welche im Dachbereich eine gewaltige Stahlkonstruktion tragen. An dieser hängen nun drei vollständige Geschosse, teilweise ohne eine Verbindung zum Boden.

Die Intention hinter dieser maximalen baulichen Veränderung innerhalb der historischen Gemäuer bestand darin, einerseits die wechselvolle und schicksalhafte Herkunft der Zuckerfabrik nicht zu verleugnen, und gleichzeitig voluminöse, helle Räume für die Kunst und die Bevölkerung zu schaffen, welche beiden möglichst als „Freiräume“ dienen sollen. Insofern ist der Begriff „Galerie“, welcher immer wieder auftaucht, etwas irritierend, denn die Cukrarna soll nicht nur Ausstellungsfläche für Exponate zur Verfügung stellen, sondern außerdem die Entstehung von Kunst und Kommunikation ermöglichen und fördern. Aus diesem Grund ist das gesamte Erdgeschoss, das eine unmittelbare Vorstellung von der Größe des ehemaligen Industriebaus vermittelt, permanent und unentgeltlich für alle Besucher geöffnet.

White Cubes mit Lochplatten

Der Raumplan beginnt im erwähnten neuen Untergeschoss, in welchem ein großer Raum für allgemeine Performances untergebracht ist. Die schwebenden Etagen beinhalten zwei Galerieräume sowie einen Schulungsraum und im Dachgeschoss befinden sich die Heizungs- sowie die Klima- und die Lüftungstechnik.

Ausgeführt wurden die Galerieräume als sogenannte „White Cubes“. Damit wird der Ansatz verfolgt, einen optisch neutralen Raum zu schaffen, in welchem Exponate möglichst unbeeinflusst von ihrer Umgebung wirken können. Diese häufig auch museal genutzte Variante ist in der Kulturszene natürlich nicht unumstritten, scheint aber für wechselnde Ausstellungen besser geeignet als innenarchitektonische Inszenierungen – und sie stößt bei den Besuchern bislang auf großen Zuspruch.

Erhebliche Anteile der inneren Decken und Wände wurden mit weißen Lochplatten bekleidet. Die große Anzahl der Ausfräsungen sowie ihre regelmäßige Wiederkehr sollen an industrielle Prozesse erinnern und gelten als Reminiszenz an die früheren Leben des Gebäudes. Die Löcher sind aber auch akustisch wirksam, indem sie den Schall an ihren Rändern brechen und im Inneren teilweise absorbieren. Sie reduzieren außerdem die vorhandenen schallharten Reflexionsflächen und wirken sich somit günstig auf die Nachhallzeit aus, welche einen wichtigen Einfluss auf die Raumakustik ausübt.

Das Material, das hier für den Innenausbau verwendet wurde, findet seine Hauptanwendung eigentlich auf der Fassade, denn es handelt sich um die Aluminiumverbundplatte Alucobond von 3A Composites, hier in der Farbe ‚Pure White 10‘.

Das dreischichtige Materialkomposit, das mit seinen hochwertigen Lackbeschichtungen im Außenbereich für viele Jahrzehnte UV-Licht wie Umwelteinflüssen trotzt, ist im Innenbereich eigentlich technisch leicht unterfordert, trotzdem nutzen Architekten dessen technische Eigenschaften immer wieder auch für das Interior Design und sogar für den Möbelbau. Aufgrund seines Sandwich-Aufbaus sind die Platten nämlich hochgradig biegesteif, und das bei äußerst geringem Gewicht. So lassen sich aus ihnen sehr planebene Flächen herstellen, außen wie innen. Die gute Bearbeitbarkeit erlaubt zahlreiche Formgebungen bei minimalen Toleranzen. Auf diese Weise können z. B. Fugenbilder mit einer Genauigkeit entstehen, wie sie eher im Möbel- als im Hochbau üblich sind.


Projekt: Kunstgalerie Cukrarna

Standort: Poljanski nasip 40, 1000 Ljubljana, Slowenien

Eigentümer | Nutzer: Stadt Ljubljana, Slowenien

Architektur: Scapelab, Ljubljana, Slowenien
Leitende Architekten: Marko Studen, Boris Matic, Jernej Sipos
www.scapelab.com

 


Scapelab Architekten: „Der Gipfel der Nachhaltigkeit im Bauwesen wird durch die Renovierung bestehender Gebäude erreicht.“


Scapelab Architekten: „Wir sind sehr zufrieden damit, wie die neue Galerie historische und zeitgenössische Elemente nahtlos miteinander verbindet. Die Abstände zwischen den inneren Volumen und dem äußeren Rahmen, der durch die richtigen Abmessungen und Proportionen gekennzeichnet ist, tragen zu dieser gelungenen Verschmelzung bei. Der Besucher bekommt unbewusst das Gefühl, dass etwas völlig Neues in etwas sehr Altem Platz gefunden hat.“


Lesen Sie hier weiter zum Projekt

  • Europäischer Baumit Life Challenge Award 2022: Galerie Cukrarna

www.baumit.de/lifechallenge2022/projects/historical-renovation/3955/cukrarna?year=2022

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