Anforderung:
Neue Kelterhalle mit gestalterischem Anspruch an städtebaulich und historisch sensibler Stelle
Lösung:
Fassade mit versetzt montierten Natursteinplatten, schräg eingebauten, farbigen Fenstern und einem künstlerisch gestalteten Knicktor
Der 1881 gegründete Winzerverein Hagnau ist die älteste Winzergenossenschaft im Weinbaugebiet Baden mit Sitz in Hagnau am Bodensee. Er bewirtschaftet eine Ertragsfläche von 166 Hektar. Durch den kontinuierlichen Expansionskurs der Winzergenossenschaft, der 52 Familienbetriebe angehören, war eine Erweiterung des Weinguts um eine Kelterhalle und ein Winzerhaus als Verwaltungssitz notwendig. Das Weingut befindet sich im denkmalgeschützten Altstadtbereich Hagnaus zwischen Klosterhof und Pfarrkirche.
Respekt für historischen Kontext
Die Erweiterungsbauten wurden von der Architektin Agnes Moschkon gemeinsam mit fuchs.maucher.architekten so geplant, dass diese den historischen Kontext respektieren und das bestehende Winzerhaus städtebaulich arrondieren. Hierzu gehört auch das Einfassen des Kirchplatzes vor der Pfarrkirche.
Während das neue Winzerhaus die Farben, Formen und Details der umgebenden Gebäude aufnimmt, wurde die Kelterhalle unter Verwendung des ortsüblichen Sandsteins modern und werbewirksam gestaltet. Der größte Flächenanteil befindet sich unter der Erde, so dass die sichtbare Kelterhalle im Erdgeschoss lediglich ein Viertel der Fläche einnimmt.
Die Kelterhalle wird primär während der Erntezeit genutzt, um die Traubenanlieferung und die Qualitätskontrolle der Ernte durchzuführen. Im Untergeschoss befinden sich u.a. die Pressen, Gärtanks und das Flaschenlager.
Großdimensioniertes Knicktor
In der Erntezeit wird das Gebäude täglich von hunderten Traktoren befahren. Die stattlichen Zugmaschinen benötigen ein überdimensional großes Ausfahrtstor mit 6,50 Metern Durchfahrtshöhe, während sie regengeschützt auf die Rückfahrt in die Weinberge warten. Zu diesem Zweck wurde ein beeindruckendes, 8 Meter hohes und 6,25 Meter breites, thermisch getrenntes Knicktor eingesetzt, das im geöffneten Zustand ein Vordach von circa 4 Meter Ausladung bildet und witterungsabhängig schnell wieder geschlossen werden kann.
Die beiden Torblätter sind als Rahmenkonstruktion aus zwei horizontalen Flügeln hergestellt. Die Beplankung mit 2 Millimeter (innen) bzw. 3 Millimeter Aluminium-Glattblech verhindert ein zu hohes Gewicht des großdimensionierten Tores. Auch die abschließende Blende oberhalb des Tores wurde von BeluTec montiert, was bei einer Höhe von nahezu 10 Metern eine zusätzliche Herausforderung war.
Künstlerisch ausgestaltete Oberfläche
Gestalterisches Ziel war es, an dieser städtebaulich und historisch sensiblen Stelle nicht den Eindruck eines Funktionsbaues mit einem klassischen Industrietor entstehen zu lassen. Daher wurde auf eine flächige Ausführung des Tores inklusive einer künstlerischen Gestaltung der Oberfläche Wert gelegt. So wurden in enger Abstimmung zwischen den Architekten, dem Werbetechniker und BeluTec gelaserte Buchstaben auf die großformatigen Torblätter montiert. Sie bilden ein Zitat des badischen Volksschriftstellers und Pfarrers Dr. Heinrich Hansjakob, der in der Zeit von 1869 bis 1884 in Hagnau ansässig war und die Winzergenossenschaft gegründet hat. Das gewählte Zitat ist für die Winzer bis heute eine Verpflichtung und hat in seiner Grundaussage an Aktualität nichts verloren.
Das großflächige Tor mit seiner künstlerischen Gestaltung ist gemeinsam mit den versetzt montierten Natursteinplatten und den schräg eingebauten, farbigen Fenstern zum prägenden Element der Erweiterungsmaßnahmen geworden. Bei Weinfesten und Verkostungen, die auf dem Vorplatz der Kelterhalle stattfinden, dient die Fassade als ansprechender Hintergrund und wird seit der Fertigstellung vielfach von Touristen und Weinliebhabern fotografiert.
Projekt: Neubau Winzerhaus und Kelterhalle für Winzergenossenschaft
Standort: Strandbadstraße 7, 88709 Hagnau am Bodensee
Architekten: Agnes Moschkon, Stuttgart, in Zusammenarbeit mit fuchs.maucher.architekten, Waldkirch
www.fmarchitekten.de