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Eingriffe klar ablesbar

Umnutzung eines Stalls zum Bürgerhaus in Bietigheim
Eingriffe klar ablesbar

Ein alter Gemeindestall im badischen Bietigheim, erbaut Anfang des 20 Jahrhunderts, wurde auf die Möglichkeiten einer Umnutzung untersucht; alternativ stand nur der Abriss des Gebäudes zur Debatte.

Aufgrund der Tatsache, dass sich in der badischen Gemeinde nicht mehr allzu viele Zeugnisse früheren Landlebens erhalten haben, befürwortete der Karlsruher Architekt Dipl.-Ing Henning M. Baurmann trotz vorhandener Schäden an Tragwerk und Bausubstanz den Erhalt.
Gleichzeitig plädierte er aber für eine gründliche Entkernung, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden.
Zwei Bauteile als Bestand
Der Stall weist zwei Bauphasen auf: Ein Längsbau, in den Jahren vor dem 1. Weltkrieg errichtet, mit eindrucksvollem Dachtragwerk, dessen weitestgehendem Erhalt oberste Priorität eingeräumt wurde, und ein schon kurze Zeit später angefügter Seitenbau. Dieser Seitenbau war von minderer Qualität und wies ein gänzlich anderes Gefüge auf – zwar erhalten, aber doch stärker überformt.
Im Äußeren lassen sich die zwei Bauteile deutlich unterscheiden: Während der Hauptbau mit seiner durch Lisenen gegliederten Ziegelfassade seine innere Einteilung erkennen lässt, geben die Eingriffe durch neue Fensteröffnungen und Einbauten dem Seitenbau ein deutlich jüngeres Gepräge.
Nutzbarkeit
Der Nutzungsvorschlag der Gemeinde schien den Prüfern trotz der strukturellen Unterschiede passend: Ein Haus für die örtlichen Vereine mit Proben- und Vortragsräumen, einer kleinen Küche und genügend Abstellflächen für Mobiliar, Instrumente und Vereinsmaterialien.
Vorausgegangen sind dem Entwurf vielschichtige Untersuchungen zur Nutzbarkeit, die im Rahmen eines Stegreifentwurfs durch Studenten der Universität Karlsruhe erstellt wurden. Der vom Architekten weiter verfolgte Entwurfsansatz wurde maßgeblich durch das knapp bemessene Budget beeinflusst.
Die ortsbaulich signifikante Lage am Schnittpunkt zweier Straßen, zwischen Kirche und Rathaus, führte zu dem Vorschlag, zwei Haupteingänge auszubilden. Sie ermöglichen den Nutzern, über die zugehörigen Foyers und Treppen mehrere Veranstaltungen getrennt voneinander zu erschließen.
Während für den Eingang vom vorgelagerten, hofartigen Platzraum aus die ehemalige Durchfahrt genutzt werden konnte, musste für den gegenüberliegenden Zugang ein komplettes Wandfeld aus der Ziegelfassade ausgebrochen werden.
Erhalt war vorrangig
Im Erdgeschoss befinden sich neben den beiden kleinen Foyers zwei Vereinsräume, eine Teeküche, die Sanitärräume und der – erhaltene – Zugang zum Keller. Das mächtige Dachtragwerk konnte mit erträglichem Aufwand erhalten werden und überspannt nunmehr einen großen Veranstaltungsraum, während sich im Seitenbau ein weiterer Probensaal befindet.
Beide Räume werden über große Dachflächenfenster, die flächenbündig in das Steildach eingelassen sind, belichtet. Neu eingedeckt wurde die Dachfläche mit Biberschwanz in Kronendeckung von F. von Müller. Umrandet von Titanzinkblech (Rheinzink) stellt das Biberdach einen gelungenen Kompromiss zwischen Alt und Neu dar. Der Aufzugsturm steht am Schnittpunkt beider Gebäudeteile einem Möbel gleich frei im Raum. In seiner seidig schimmernden schwarzen Farbgebung erinnert er entfernt an die Oberfläche eines Konzertflügels, den die Gemeinde sich für das Haus noch wünscht.
Form und Material
Alle Eingriffe sind in Form und Materialität klar ablesbar. So sind die Brüstungen der Stallfenster im Längsbau ausgebrochen worden, um die Räume besser zu belichten. Ihre Sandsteingewände wurden jedoch durch Stahlprofile ergänzt und damit Veränderungen sichtbar gemacht.
Die Beschränkung auf wenige Materialien – Metall, Gussasphalt, Putz – unterstützt die trotz der relativen Kleinteiligkeit angestrebte Großzügigkeit des Hauses, das dem Benutzer ein unaufdringlich dienendes flexibles Gehäuse sein soll.
Weitere Informationen
Biberschwanzziegel bba 524
Architekt: Henning M. Baurmann, Karlsruhe
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