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Masse strukturiert

Kirche St. Katharina von Siena in Köln Blumenberg
Masse strukturiert

Im Kölner Stadtteil Blumenberg entsteht einer der außergewöhnlichsten Kirchenbauten der letzten Jahre.

In Form einer Ellipse erinnert das Bauwerk an eine Arche und vermittelt so ein Gefühl von Schutz und Geborgenheit. Die unterschiedlich farbigen, horizontalen Schichtungen nehmen den massiven Betonwänden ihre Strenge und ergeben im Zusammenspiel mit Licht und Schatten ein sakrales Gesamtkunstwerk.
Architekt der Stille
In Mitten Blumenbergs befindet sich das neugebaute Katholische Pfarrzentrum. Es besteht aus Pfarr- und Gemeindehaus, Kindertagesstätte und Sozialstation. Das Herz dieses Gemeindezentrums bildet jedoch die Kirche „St. Katharina von Siena“, die derzeit nach einem Entwurf des 1995 verstorbenen Kölner Architekten Heinz Bienefeld entsteht. Heinz Bienefeld, der 1996 posthum mit dem großen Preis des Bundes Deutscher Architekten ausgezeichnet wurde, war ein Architekt, der ganz im Stillen Großes geschaffen hat. Oftmals bezeichnete man ihn daher auch als „Architekt der Stille“ und „Baumeister der Bescheidenheit“.
Die Eindringlichkeit seiner Architektursprache drückt sich vor allem in einer Reduktion und Archaik der Formen aus.
Sein Thema ist die Rückbindung der Architektur an ihre Ursprünge, an einfache Grundsätze, an elementare Einsichten. Sein Werk umfasst neben Kirchen und Kindergärten mehr als 30 Wohnhäuser im Rheinland.
Beeindruckende Raumgeometrie
„Kirche auf dem Weg“ nannte Bienefeld den bereits 1992 entstandenen Entwurf der Blumenberger Kirche.
Ihr Baukörper ist komplett in das Gemeindezentrum und dessen architektonische Ordnung eingebunden. Daher erschließt sich ihre Form dem Betrachter nicht unmittelbar. Erst ein Blick auf den Lageplan lässt erkennen, dass der Kirchenbau den östlichen Gebäuderiegel des Zentrums geradezu „durchsticht“.
Mit ihrer grazilen, elliptischen Bogenform erinnert sie an eine Arche, nach außen fugendicht verschlossen, beleuchtet nur von Öffnungen an Bug und Heck sowie durch einige Oberlichter.
Zwei 70 m lange, 7,90 m hohe und zwischen 0,30 und 0,70 m dicken Wände bilden das streng von West nach Ost ausgerichtete Hauptschiff. Es ist um zwei Meter abgesenkt, eine bergende Geste, um die Wirkung des sakralen Orts zu verstärken. Weitere Teile der Kirche sind eine Krypta sowie eine kleine Kapelle an der Ostseite.
Bienefeld kultivierte auch in Blumenberg die verloren gegangene Kunst der Proportion, die Rückbesinnung auf geometrische Elementarformen.
Die Kirche sollte sich schon durch ihre Raumgeometrie von der Alltäglichkeit abheben durch ihre durchgehende Großform sowie einem möglichst großen Freiraum der Bodenfläche.
Dennoch vermittelt der schmucklose Raum keine Leere, sondern die Weite und stille Ruhe großer Flächen. Nach dem Tode von Heinz Bienefeld im Jahr 1995 setzte sein Sohn Nikolaus das Werk fort.
Materialgerechtes Bauen
Die erwähnten Grundelemente der Planung haben allen Veränderungen standgehalten, die seit 1992 an den Plänen vorgenommen wurden.
So sah bereits der Entwurf von Heinz Bienefeld vor, die Kirche einschichtig aus Beton zu erstellen. Der Beton sollte dabei in horizontalen Schichten von 70 m Länge, 85 cm Breite und 60–100 cm Höhe eingebracht werden.
Die angestrebten Farbunterschiede dieser Schichtungen sollten einzig und allein dadurch erzielt werden, dass jeder Schicht ein anderer Naturstein als farbige Gesteinskörnung von 0,1–32 mm zugegeben wird.
Insgesamt sollten sieben unterschiedliche Natursteine verwendet werden. Dabei wurden nicht nur die verschiedenen Natursteine exakt benannt, sondern auch genau die Anforderungen definiert, denen das Material genügen musste.
So musste eine gleichmäßige Zusammensetzung des Sandes gewährleistet sein und für die ausgewählten Zuschläge Prüfungen nach DIN 4226 vorliegen. Außerdem bestand der Wunsch, dass die Natursteine weitestgehend aus heimischen Steinbrüchen kamen.
Keine Kompromisse bei der Sichtbetonqualität
Rechtzeitig vor Beginn der Betonarbeiten nahm das Büro Bienefeld Kontakt mit der Bauberatung von Dyckerhoff Weiss in Wiesbaden auf.
Der weiße Portlandzement Dyckerhoff Weiss sollte die Basis sein für die ästhetische Gestaltung sämtlicher Sichtbetonflächen. Nach etlichen Oberflächenproben entschied man sich für die Verwendung der Gesteinskörnungen (mit Größtkorn 32 mm) Kalkstein grau, Grauwacke, Juragelb, Jurabraun, Basalt, Quarzkies weiß, Fjordstein, Kalkstein rot sowie für einen gelblichen Quarz aus dem Köln-Bonner Raum.
Die Vorstellungen des Architekten, eine geschlossene und somit auch fugenlose Arche zu bauen, ließen sich nur in der Transportbeton-Bauweise realisieren. Dies bedeutete, dass die erforderlichen farbigen Betonrezepturen im Transportbetonwerk gemischt und mit Fahrmischern zur Baustelle transportiert und hier mit Hilfe von Krankübeln eingebaut und anschließend noch klassisch verdichtet werden mussten.
Allen Beteiligten, ob Betonhersteller oder Bauunternehmer, war bewusst, dass hierbei keine Kompromisse bei der Sichtbetonqualität geduldet wurden. Mit allerhöchster Präzision wurde daher beim Mischen des Betons auf konstante Wasser-/Zement-Werte geachtet sowie auf exakte und in der richtigen Reihenfolge dosierte Zusatzmittelmengen.
Probewand mit allen Farbvarianten
Nikolaus Bienefeld, der wie schon sein Vater bei all seinen Bauten großen Wert auf das Handwerkliche legt und ein geschärftes Bewusstsein für Qualität entwickelt hat, ließ vor Beginn der eigentlichen Betonarbeiten eine Probewand mit allen Farbvarianten erstellen.
Diese Wand diente als Standard und wurde auch für die spätere Abnahme der Betonflächen herangezogen. Ein weiteres wichtiges Grundprinzip Bienefelds bestand darin, dass die Struktur des Materials im Zusammenspiel mit der raumbildendenden Wirkung der Farbe sowie Licht und Schatten die Atmosphäre des Bauwerks bestimmen sollte. Er fühlt sich nicht nur dem ästhetischen Wert des Materials verpflichtet, sondern ist gleichzeitig auf der Suche nach der absoluten Übereinstimmung zwischen Gesamtform und Detail. Daher hat er sich intensiv mit den Wirkungen und der Struktur von Steinoberflächen auseinander gesetzt. Nach dem Ausschalen sollte daher eine steinmetzartige Bearbeitung der Innen- und Außenwände erfolgen.
Hierzu gibt u.a. die DIN 18.500 verschiedene Anregungen und Hinweise. Im Fall der Blumenberger Kirche wurden die Außenwände grobgespitzt, Bearbeitungstiefen bis zu 30 mm können vorkommen.
In der Kapelle befinden sich scharrierte Wände mit Bearbeitungstiefen bis 5 mm sowie einem gestockten Fenster mit einer Bearbeitungstiefe von 3 mm. Die tiefer gelegene Krypta hat feingespitzte Oberflächen mit einer maximalen Bearbeitungstiefe von 10 mm.
Die Oberflächenbearbeitungen wurden nach dem Ausschalen und Erhärten vor Ort in manueller Arbeit mit pneumatischen Hilfsgeräten, wie dem Spitzeisen oder Stockhammer vorgenommen. Hierbei werden die äußere, erhärtete Zementsteinschicht sowie Teile der Gesteinskörnung abgetragen. Anmerkung:
Um den Rostschutz der Bewehrung zu gewährleisten wurde die Abtragtiefe als Vorhaltemaß bereits im Vorfeld bei der Bewehrungsführung berücksichtigt. Die durch die Bearbeitung entstandenen unregelmäßigen, reliefartige Wandflächen werden jetzt von der Ausstrahlung des Materials und von dem gebrochenen Licht beherrscht.
Weitere Informationen
Strukturierte, farbige Betonoberflächen bba 525
Architekten: Heinz Bienefeld und Nikolaus Bienefeld, Köln
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