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Dreidimensionale Textur

Sichtbeton mit Strukturoberfläche
Dreidimensionale Textur

Markus Hoeft

Sichtbetonoberflächen unterliegen offensichtlich in erheblichem Maß der Mode. So konnten in den siebziger Jahren gar nicht genug Wandflächen in Waschbetonoptik entstehen.
Zu anderen Zeiten wurde eine spezielle „Ehrlichkeit der Bauweise” propagiert, bei der jedes einzelne Schalbrett in der Betonoberfläche seinen deutlich zu erkennenden Abdruck hinterlassen sollte – für die Ewigkeit sozusagen.
Derzeit ist es nun wieder eher en vogue, die Charakteristik des Baustoff Betons und seiner Bauweise mit Schalungselementen überhaupt nicht mehr zu zeigen. Riesige glatte Wandflächen ohne Struktur und Rhythmus, ja ohne den Hauch eines Abdrucks der Schalung präsentieren sich in einem möglichst homogenen Einheitsgrau. Zugelassen werden gerade noch wolkig-marmorierte Farbgebungen.
Jede Mode neigt etwas zum Exzess und über Schönheit oder Geschmack soll hier auch nicht gestritten werden. Angemerkt sei aber, dass Beton von Hause aus ein inhomogener Baustoff mit stets mehr oder minder ungleichmäßiger Oberfläche ist.
Sehr glatt und sehr gleichmäßig
Die Optik wird einerseits vom Zementstein und den Zuschlägen bestimmt (Mengenanteile, Gleichmäßigkeit der Verteilung) sowie andererseits von den Bedingungen beim Betonieren (Schalungsaufbau, Charakteristik der Schalhaut, Witterung beim Betonieren u.a.m.).
Die neuen Bauten des Bundes in Berlin oder die Pinakothek der Moderne in München zeigen beispielhaft, dass die Branchen des Beton- und des Schalungsbaus inzwischen sehr glatte und sehr gleichmäßige Oberflächen herstellen können. Der Aufwand ist allerdings hoch und bei genauer Betrachtung des Sichtbetons bleiben gewisse Ungleichmäßigkeiten an Teilflächen oder Details eben doch zu erkennen.
Makellose Ansichten
Ein anderer und zumeist einfacherer Weg zu makellosen Ansichten von Betonwänden kann Sichtbeton mit strukturierter Oberfläche sein.
Reliefartige Strukturen erzeugen ein kontinuierliches Wechselspiel von Licht und Schatten auf den Oberflächen und kompensieren dadurch kleine Unregelmäßigkeiten in der Farbgebung und der Glätte des Betons für das menschliche Auge. Auch gegenüber späteren Verschmutzungen zeigen sich strukturierte Flächen „gutmütiger” als völlig glatte.
Die Strukturen selbst können dezent oder markant, richtungsorientiert oder ungerichtet sowie geometrisch regelmäßig oder abstrakt sein.
Die Auswahl ist groß, und es ist der gestalterischen Fähigkeit des Planers überlassen, ein dem Bauwerk, seinem Zweck und seiner Umgebung angepasstes Design zu finden. In vielen Fällen dürfte dabei eine zurückhaltende Textur sinnvoller sein als eine auffällige Profilierung im Sinne einer Verzierung.
Keinesfalls muss die Strukturierung von Sichtbetonoberflächen zur Folge haben, dass die Waschbetonorgien der Siebziger fortgeführt werden oder die baumarkt-übliche Imitation von Mauerwerk mit Betonteilen nun auch in die Architektur Eingang findet.
Nachträgliche Verfahren
Die Struktur kann ohne nachträgliche Behandlung durch den Schalungsabdruck hergestellt werden. Eine andere Möglichkeit sind nachträgliche Verfahren am jungen oder ausgehärteten Beton nach dem Ausschalen.
Bei allen nachträglichen Verfahren ist ein zusätzlicher Arbeitsgang für die Oberflächengestaltung erforderlich, der zudem von qualifizierten Mitarbeitern ausgeführt werden muss. Insofern passen diese Lösungen oft nicht mehr in die heutige, von Zeit- und Kostendruck geprägte Baupraxis, seien hier aber kurz erwähnt. Ausgehärteter Beton kann nachträglich mit steinmetzmäßigen Verfahren behandelt werden. In Frage kommen etwa das Spitzen, das Stocken oder das Scharrieren. Dabei entstehen je nach Arbeitsweise Kerben in gerichteter oder ungerichteter Anordnung, wie man sie von Natursteinoberflächen kennt. Gerade in dieser Verwandtschaft liegt aber auch ein architektonisches Problem: Steinmetztechniken sind dem Naturstein eigen und gehören ursprünglich und im Sinne der Materialehrlichkeit nicht unbedingt zur Bauweise mit Beton. on kann wie schon erwähnt gewaschen werden; andere Bearbeitungsmethoden sind beispielsweise das Sandstrahlen oder das Absäuern.
Es geht bei allen drei Verfahren darum, die oberste Schicht des Zementleims abzutragen und die Zuschläge freizulegen. Es handelt sich um typische Gestaltungsvarianten des Betons, die aber vielleicht in früheren Jahrzehnten etwas exzessiv benutzt wurden und darum aus der Mode gekommen sind.
Oberflächen mit Schalungsabdruck
Die sichtbare Brettstruktur ist eine dem Baustoff Beton ureigene Oberflächengestaltung. Brettstrukturen können allerdings nach Maserung und Geometrie sehr unterschiedlich sein.
Damit der Planer tatsächlich das gewünschte Bild erhält, muss er dem Schalungsbauer genaue Vorgaben hinsichtlich Brettstärke, Brettlänge und Anordnung der Brettstöße mitteilen, außerdem ob es sich um sägeraue oder gehobelte Bretter handeln soll. Der Schalungsbauer wird dann in der Regel neue Bretter nehmen und die Schalung für den einmaligen Gebrauch bauen, was Kosten und Aufwand in die Höhe treibt. Bei mehrfachem Gebrauch können neue Bretter auffällig ihr Saugverhalten ändern (anfangs stark saugend, später gesättigt), wodurch Farbabweichungen in den Betonoberflächen entstehen können. Dieser Effekt lässt sich mit geölten Brettern mindern, aber kaum ganz aus der Welt schaffen.
Systemschalungen
Eine Alternative zu individuell angefertigten Brettschalung können Schaltafeln aus Systemschalungen sein, bei denen statt des glatten Sperrholzes Bretter als Schalhaut verwendet werden. Eine solche Lösung gibt es beispielsweise als Doka Strukturplatte mit starker oder als Dreischichtplatte 3SO mit schwacher Brettstruktur.
Die Oberfläche der Schalhaut ist bei der Strukturplatte beschichtet und hat dadurch von Anfang an einen sehr schwach saugenden Charakter. Die Brettfugen bleiben als Grate sichtbar. Sowohl die Dreischichtplatte als auch die Strukturplatte sind auf die Schalungssysteme des Herstellers abgestimmt und erlauben dadurch einen schnellen und rationellen Schalungsbau auch bei großen Flächen.
Weitere Informationen bba 535
Gestaltungsfreiheit mit Matrizen
In die Schalung eingelegte Matrizen aus Kunststoff ermöglichen Oberflächenstrukturen des Betons unabhängig von der Textur des Holzes.
In den umfangreichen Katalogen der Hersteller finden sich einerseits Formen, die konkrete Materialien abbilden (vor allem Mauerwerk oder Holz). Andererseits gibt es aber auch eine Vielzahl von abstrakten Oberflächenstrukturen mit schwacher Profilierung im Millimeterbereich oder starker geometrischer Ausprägung mit Strukturtiefen von bis zu 2 cm und im Einzelfall auch mehr.
Die Matrizen werden in beliebige Systemschalungen oder auch individuelle und systemfreie Schalungen eingelegt und nach den Verarbeitungshinweisen des Matrizenanbieters dort geklebt oder genagelt. Die Kunststoffoberfläche – meist Polyurethan – hat einen nicht saugenden Charakter, diese Eigenschaft ändert sich auch bei mehrmaligem Gebrauch nicht.
Die Anbieter gehen von bis zu 100 möglichen Einsätzen ein und derselben Matrize aus, was aber stark von der Art der Struktur und den konkreten Einsatzbedingungen abhängt und deshalb nur ein Richtwert sein kann. Die Härte der strukturierten Fläche liegt in Größenordnungen von Shore A 65 bis 70, wodurch das Material gleichzeitig elastisch und fest ist.
Mit den Matrizen lassen sich auch gekrümmte Bauteile ausführen, ggf. ist die Steifheit einer teilweise vorhandenen Rückenverstärkung zu beachten.
Die Anbieter bemühen sich um weitgehend formstabile Produkte. Trotzdem sind Maßabweichungen durch Fertigungstoleranzen und die produkteigene Elastizität nicht auszuschließen. Meist werden die Matrizen deshalb etwas größer als bestellt geliefert und müssen beim Einlegen in die Schalung endgültig passgenau geschnitten werden.
Zum Einsatz von Trenn- und Reinigungsmitteln sowie zur Zeitdauer bis zum Ausschalen beachte man die Angaben des Herstellers. Neben den mehrfach zu verwendenden Matrizen gibt es außerdem kostengünstige Lösungen für den Einmalgebrauch.
140 verschiedene Oberflächen
Die Reckli-Chemiewerkstoff GmbH präsentiert in ihrem Katalog rund 140 verschiedene Oberflächen, die als Strukturmatrizen oder Strukturschalungen angeboten werden.
Die Matrizen sind aufgerollt und in Transporthülsen verwahrt bis zu Größen von 4 x 10 m mit den jeweils bestellten Abmessungen lieferbar. Die Strukturschalungen haben hingegen ein Fixbreite von etwa 1 m und sind max. 5 m lang. Die Textur ist dabei so ausgebildet, dass sie sich in Längsrichtung endlos aneinanderrastern lässt.
Sowohl die Strukturmatrizen als auch die -schalungen sind für bis zu 100 Einsätze konzipiert. Vielfachmatrizen sind auch mit den Jahreszahlen nach den Vorgaben für den Brücken- und Ingenieurbau erhältlich.
Außerdem gibt es 1x-Schalungen im Fixformat 3 x 0,75 m. Der PU-Schaum ist dabei mit einem Hartfaserrücken verstärkt, der bis zu einem gewissen Grad auch die Ausführung gekrümmter Bauteile zulässt. Für den Formen- und Modellbau bietet Reckli flüssige Kunstharze und Polymere auf der Basis von PU, Silikon oder Epoxid an.
Weitere Informationen bba 536
Maßgenauigkeit und Formstabilität
Die Multi-Matrizen von Seeger-Schaltechnik bieten eine Reihe von Oberflächenstrukturen für bis zu 100 Schalungseinsätze. Der glasfaserverstärkte Rücken der Matrizen gewährleistet eine hohe Maßgenauigkeit und Formstabilität. Großformat-Matrizen in Maßen bis zu 6 x 4 m haben eine erhöhte Rückenstärke (und dafür kein Glasfasergewebe).
Für den einmaligen Einsatz – bedingt auch für Kleinserien – bietet der Hersteller HS-Matrizen an. Die strukturierte Seite ist hier mit einer plastifizierten Trennfolie beschichtet, wodurch im Einmaleinsatz auf die Verwendung eines Trennmittels verzichtet werden kann.
Ein zweiter Vorteil der Trennfolie ist das beliebig späte Ausschalen. Es wird empfohlen, die Matrizen erst nach Abschluss aller Arbeiten zu entfernen, weil die Flächen so vor Beschädigungen und Verschmutzungen geschützt sind. Jahreszahlenmatrizen gemäß den Vorgaben des BMV sind auch hier als Vielfachmatrizen erhältlich.
Weitere Informationen bba 537
Bis hin zum selbstgewählten Ornament
Die Strukturbetonmatrizen Noeplast erlauben die Herstellung dreidimensionaler Betonoberflächen in mehr als 100 Strukturarten, von der Holz- über die Stein- oder Mauerwerksstruktur bis hin zum selbstgewählten Ornament.
Je nach Design und Strukturtiefe werden die Matrizen gerollt oder plan liegend geliefert. Bei pfleglicher Behandlung überstehen sie problemlos 80 bis 100 Betoniervorgänge.
Der Hersteller verweist hierfür vor allem auf die Verwendung der systemzugehörigen Spezialtrennmittel und Kleber. Die PU-Masse der Matrizen wird auch als Flüssigkeit angeboten, wodurch auf der Baustelle oder im Betonwerk individuelle Strukturen und Formen selbst hergestellt werden können. Fertige Jahreszahlenmatrizen gehören ebenfalls zum Sortiment.
Weitere Informationen bba 538
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