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Dezentrale Luftbehandlung zentral geregelt

Eissporthalle in Erfurt
Dezentrale Luftbehandlung zentral geregelt

Die neue Eissporthalle in Erfurt bietet sowohl Profis als auch Amateuren auf dem glatten Element nahezu ganzjährig wind-, regen- und schneegeschütztes Eisvergnügen.

Trotz der Abstrahlung von Kälte durch die große Eislauffläche soll das Objekt stets behagliche Temperaturen aufweisen. Gleichzeitig darf die Beheizung aber in keiner Weise die Eisfläche „antauen“ oder auch nur deren Konsistenz und damit die Laufeigenschaften für den Profisport verändern. Darüber hinaus sollte unter anderem auch die Abwärme der Eiserzeugungsanlagen noch zur Beheizung genutzt werden.
Mit der Überdachung der bisher freiliegenden 400 m Eisschnelllaufbahn und dem in ihr gelegenen Eishockeyfeld erfüllte sich die Stadt Erfurt mit allen Aktiven einen langersehnten Wunsch: Von der Witterung unabhängiger Eissport der Weltklasse.
Seit Dezember vergangenen Jahres bietet die „Gunda-Niemann-Stirnemann-Halle“ mit einer Gesamteisfläche von 6 600 m² nun zehn Monate – zwei Monate länger als zuvor – „geschütztes“ Eisvergnügen an.
Stützenfreie Halle
Die sensible innerstädtische Lage sowie die Vorgabe, eine stützenfreie Halle über der bestehenden Stadionanlage zu errichten, erforderte eine besondere Hallenkonstruktion.
Das Erfurter Architekturbüro Pohl entwickelte dazu eine spezielle Form und Dimensionierung: Das Tragwerk der ovalen Halle setzt sich aus 58 bogenförmigen, im Scheitel gestoßenen Halbrahmen zusammen, die entsprechend ihres Kräfteverlaufes optimiert ausgebildet sind.
Die einzelnen Halbrahmen bestehen aus Leimholz-Zwillingsbindern, H = 1,40 m, B = 0,18 m mit dazwischenliegenden Leimholz-Distanzblöcken. Dieser Zwischenraum wird genutzt, um eine unsichtbare Leitungsverlegung im Bereich des Tragwerks zu ermöglichen. Im Zugbereich bilden Stäbe – Durchmesser 60 mm – mit aufgelösten Stahl-Druckgabeln die Halbrahmen-Überspannung.
Je zwei Halbrahmen ergeben auf den geraden Längsseiten der Halle einen der 14 Hauptbinder. Die Hallenrundungen werden durch jeweils 15 strahlenförmig aufgefächerte Halbbinder gebildet.
Die außergewöhnliche Spannweite von über 80 Metern erfordert eine ausreichende Lastableitung. Die Lage der Halle am Hang des Steigerwaldes komplizierte die Gründung zusätzlich. Pro Binder kamen drei Verpresspfähle an jeweils einem Pfeilbrock zum Einsatz, die jeweils entsprechend dem Untergrund fünf bis 18 m tief gegründet wurden. Insgesamt wurden zur Verpresspfahlgründung 3000 Meter Pfähle gebohrt.
Sicherung des Unterbaus gegen Kälteabstrahlung
Der so entstandene Unterbau der Halle wäre durch die großen Eisflächen permanent gefährdet.
Trotz guter Dämmung könnte die abstrahlende Kälte auch in das Erdreich unter der Bahn eindringen. Temperaturen unter dem Gefrierpunkt würden sich negativ auf den Unterbau auswirken. Daher wurden in die untere Bodenbetonplatte, die durch eine Wärmedämmschicht von der oberen Pistenbetonplatte mit den Ammoniakleitungen als Kühlleitungen getrennt ist, Heizleitungen eingelegt.
Diese Unterfrierungsschutzheizung nutzt die Wärme aus dem Ölkühlerkreislauf und sorgt mit einer Vorlauftemperatur von 20°C für festen Boden unter den Eisflächen.
Die bauphysikalischen Prozesse, die durch die kalten Eisflächen bei gleichzeitiger Hallenbeheizung entstehen, fanden ebenfalls bei der Materialwahl für das Tragwerk der Halle besondere Beachtung.
Die gewählte Holzkonstruktion überspannt mit einer Gesamtlänge von 190 Metern und über 80 Metern Breite 15 000 m² Hallenfläche. Die freitragenden Binderbögen sind im Firstpunkt 19 Meter hoch. Diese Maße geben einen imposanten Eindruck von der Größe der Halle, die jedoch nur von innen richtig zu erleben ist.
Durch die dreidimensionale Wölbung des Tragwerkes und der Außenhaut wirkt die Halle von außen viel kleiner, als sie tatsächlich ist. Erzielt wird dieser gewünschte Effekt durch eine entsprechende Rundung in der Traufe des Gebäudes. Mit dieser Feinheit gliedert sich die neue Eishalle harmonisch in die bereits bestehenden Gebäudekomplexe des Sportzentrums ein.
Ihre Bewährungsprobe hat die neue Eissporthalle bereits kurz nach ihrer Eröffnung mit der Austragung der Deutschen Eisschnelllauf Meisterschaften und bei den Mehrkampf-Europameisterschaften im Eisschnelllauf bestanden.
Heizen und lüften
Beständig gleichbleibende hohe Eisqualität und gleichzeitig angenehme Temperaturen sowohl für Läufer als auch für Zuschauer – gerade bei solchen Großereignissen ist dies keine einfache Aufgabe. Für eine, den jeweiligen Anforderungen angepasste, Hallentemperatur zwischen 12 und 16°C sind während des Betriebes 77 Luftbehandlungsgeräte mit frequenzgesteuerter Drehzahlregelung im Einsatz.
Die zu beiden Seiten der Schnelllaufbahn unter der Decke angebrachten „GEA MultiMAXX M7“ Geräte heizen und lüften die Halle mit ihren eingebauten Sekundärluftjalousien so zuverlässig, dass die hohe, gleichbleibende Qualität des Eises jederzeit gewährleistet ist und die Besucher ihren Laufspass zugfrei genießen können.
Die Luftbehandlungsgeräte verhindern darüber hinaus wirkungsvoll die Bildung eines Wärmestaus unter der Hallendecke, der unnötig Energie verbrauchen würde.
Dezentrale Luftbehandlungstechnik
Nur durch den Einsatz intelligenter Regelungstechnik ist in Verbindung mit der Sekundärluftjalousie der Warmluftstrahl aller Geräte exakt und zielgerichtet einsetzbar.
Dies gewährleistet, dass die Zuschauer zwar eine behagliche Atmosphäre genießen können, die Qualität des Eises jedoch in keiner Weise negativ verändert wird.
Der Luftstrahl wird durch die Sekundärluftjalousie in definierter Höhe über der Eisfläche hinweg geführt.
Im Aufenthaltsbereich herrscht garantierte Zugfreiheit: 0,2 m/sek – eine Luftgeschwindigkeit, die der Mensch nicht mehr wahrnehmen kann. Gleichzeitig wird eine wirkungsvolle, niedrige Temperaturschichtung in der Halle garantiert: 0,2 K/m.
Zentral geregelt
Gemeinsam mit den anderen technischen Anlagen werden die Luftbehandlungsgeräte zentral über eine DDC-Gebäudeleittechnik geregelt.
Der Eismeister ist somit in der Lage durch die Optimierung der technischen Parameter jederzeit einen möglichst wirtschaftlichen Betrieb zu fahren.
Wärmeversorgung vorrangig über Abwärme
Nach den Vorgaben der Planungsgemeinschaft Pohl-Deyle, Erfurt/Stuttgart, soll die Wärmeversorgung der Eisschnelllaufbahn vorrangig über Abwärme aus dem Kältekreislauf der Eiserzeugung gewonnen werden. Die daraus resultierende geringe Vorlauftemperatur für die Luftbehandlungsgeräte von 37° C machte es für die Fa. Walther aus Erfurt, die für die komplette Heizungs- und Sanitärtechnik verantwortlich zeichnete, notwendig, Rohrleitungen mit einem deutlich größerem Durchmesser als üblich zu wählen.
Damit bei diesen geringen Vorlauftemperaturen dennoch die gewünschte Leistung erbracht wird, waren Stahlrohre nach DN 250 (dh. mit 250 mm Durchmesser) einzusetzen. Der geplanten Raumnutzung der Eishalle entsprechend sollten sie in 16 Meter Höhe verlegt werden.
Einbindung in Gebäudeleittechnik
Leistungsstarke Wärmetauscher und die LON-Fähigkeit der dezentralen Luftbehandlungsgeräte, die einen Anschluss an die Gebäudeleittechnik ermöglicht, gewährleisten, dass die Luftbehandlungsgeräte jederzeit dem aktuellen Heizungs- und Lüftungsbedarf in der Halle entsprechend gefahren werden.
Da nunmehr mit der Überdachung und der darin vorhanden Heizungs- und Lüftungstechnik die zuvor gegebene Wetterabhängigkeit aufgehoben wurde, konnte der Nutzungszeitraum der Eishalle um zwei Monate erhöht werden.
Das Sportamt der Stadt Erfurt, das die Eismeister in der Halle stellt, kann jetzt sogar im Juli drei Wochen Sommereis für Training und Wettkämpfe anbieten, was zuvor ohne schützende Überdachung undenkbar war.
• Luftbehandlungsgeräte
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Architekt:: Pohl Architekten Stadtplaner GmbH & Co. KG, Erfurt
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