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Kalksandstein - auf dem Weg zu geschlossenen Stoffkreisläufen

Baustoff Kalksandstein
Auf dem Weg zu geschlossenen Stoffkreisläufen

Weniger Energie, weniger CO2, weniger Abfall – seit 2020 müssen Bauabfälle in der EU zu 70 Prozent wiederverwertet werden. Der Baustoff Kalksandstein besteht ausschließlich aus natürlichen Rohstoffen und eröffnet damit vielfältige Recycling-Möglichkeiten – gute Voraussetzungen also für geschlossene Stoffkreisläufe.

Nach Angaben des Bundesverbandes Baustoffe – Steine und Erden e.V. wird Bauschutt aus Kalksandstein-Mauerwerk bereits zu 94 Prozent stofflich verwertet. Deklariertes Ziel der Kalksandstein-Industrie ist eine Recycling-Quote von 100 Prozent durch geschlossene Stoffkreisläufe. Um dies zu erreichen, hat die Forschungsvereinigung Kalk-Sand e.V. in Kooperation mit Kalksandstein-Herstellern, Recycling-Unternehmen und Abbruchbetrieben bereits in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte zu den Recycling-Möglichkeiten von Kalksandstein durchgeführt. So wurden neue Anwendungsbereiche erschlossen und weitere Verwertungspfade identifiziert.

„Im Rahmen unserer Forschungsprojekte konnten wir zeigen, dass es selbst für Kalksandstein-Material aus dem Rückbau von Bestandsgebäuden viele hochwertige Recycling-Wege gibt“, so Dr. Wolfgang Eden, Leiter Forschung und Technologie beim Bundesverband Kalksandsteinindustrie e.V.

Kalksandsteine aus Recyling-Material

Dass der in den Werken anfallende Produktionsbruch wieder in den Herstellungsprozess zurückgeführt wird, ist in der Kalksandsteinindustrie gelebte Recycling-Praxis. Doch wie hoch darf der Anteil sein, ohne Qualitätseinbußen in Kauf nehmen zu müssen?

Bis zu zehn Prozent der Primärrohstoffe können im Regelfall problemlos durch Recycling-Material ersetzt werden. Allerdings muss es sich dabei um sortenreines Material handeln, das völlig frei von Verunreinigungen ist. Nur dann ist die erneute Herstellung von Kalksandsteinen in gleicher Qualität möglich. Erste Hersteller entwickeln bereits Verfahren zur serienmäßigen Herstellung von Recycling-Kalksandsteinen.

„Weder produktions- noch produktseitig weisen die Recycling-Steine irgendeinen Nachteil im Vergleich zu herkömmlichen Steinen auf. Wenn das Verfahren Serienreife erreicht hat, werden auch die Produktionskosten nahezu gleich sein“, ist sich Dr. Hannes Zapf, Geschäftsführender Gesellschafter der Zapf GmbH & Co.KG, sicher. Ein vielversprechender Ansatz, der dazu beiträgt, Ressourcen zu schonen, Energie einzusparen und CO2-Emissionen weiter zu senken. 

Zement-Ersatz aus Stahlproduktion

Emissionsärmerer Beton

Auch bei der Herstellung von Beton kann Kalksandstein-Recycling-Material ein Innovationstreiber sein. Beton ist einer der wichtigsten Baustoffe in Deutschland. Laut Recherchen des Handelsblatts von 2019 wurden 34 Millionen Tonnen Beton verbaut und dabei 20 Millionen Tonnen CO2 emittiert. Wie sich die umweltbelastenden Auswirkungen von Beton minimieren lassen, wird intensiv erforscht.

Ein vielversprechender Ansatz könnte die Zugabe von Füllstoffen aus Kalksandstein-Rezyklaten sein. In einem Forschungsprojekt mit der Universität Kassel konnte die Hypothese bestätigt werden, dass Beton, dem Kalksandstein-Recycling-Material als Füllstoff zugefügt wurde, mit einem reduzierten Zementgehalt herstellbar ist. Möglich wird dies durch die im Kalksandstein-Rezyklat befindlichen Calciumsilikathydrat-Phasen (CSH-Phasen). Die während der Dampfhärtung in Autoklaven entstehenden CSH-Phasen verleihen Kalksandstein die erforderliche Festigkeit und verfügen über ähnliche Stoffeigenschaften wie Zement.

Im Rahmen des Projekts hat sich gezeigt, dass sich die Beton-Qualität bei einer Zugabe von 10 Prozent Kalksandstein-Rezyklat nicht verändert. Wird der Beton ausschließlich im Innenbereich eingesetzt, wo moderate Festigkeiten ausreichend sind, kann der Anteil auch auf 20 Prozent erhöht werden. Laut DIN EN 4226-101 wären je nach Anwendungsfall sogar bis zu 35 Prozent erlaubt.

Weniger schädliche Deponien

Kalksandstein kann auch die Abfallwirtschaft nachhaltig verändern. In Abfalldeponien entsteht Methan – ein Treibhausgas, das etwa 25-mal schädlicher ist als CO2. Methan entsteht durch den mikrobiellen und chemischen Abbau von organischen Stoffen. Diese klimaschädlichen Abbauprozesse finden schwerpunktmäßig in den 144 in Deutschland auf Siedlungsabfall spezialisierten Deponien statt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts werden hier pro Jahr mehr als 50 Millionen Tonnen Siedlungsabfälle entsorgt. Laut Professor Gerhard Rettenberger, dem ehemaligen Leiter des Instituts für Abfallwirtschaft und Materialressourcen an der Fachhochschule Trier, gasen selbst stillgelegte Deponien noch mindestens 20 Jahre lang Methan aus.

In Laboruntersuchungen und mit Vor-Ort-Versuchen auf der Blocklanddeponie in Bremen konnte gezeigt werden, dass Gemische aus Kalksandstein- und Porenbetongranulaten als Träger für methanabbauende Mikroorganismen geeignet sind. Diese wandeln das klimaschädliche Methan in das vergleichsweise „weniger schädliche“ CO2 um. Kalksandstein- und Porenbeton-Recycling-Granulate, die mit methanotrophen Bakterien beimpft sind, können also zu einer deutlichen Reduzierung von stark klimaschädlichen Methan-Emissionen beitragen und Abfalldeponien damit ein Stück weit sauberer machen.

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Kalksandstein für den Straßenbau

Mehr Kalksandstein-Reste im Straßenbau sind ebenso denkbar. Pro Jahr fallen zwischen fünf und sieben Millionen Tonnen Kalksandsteinbruch aus dem Gebäudeabriss an. Da im Regelfall nur 10 Prozent sortenreines Abbruchmaterial zur Herstellung von Recycling-Kalksandsteinen verwendet werden kann, müssen auch andere Wege der Wiederverwertung beschritten werden.

Ein möglicher Weg ist zum Beispiel der Einsatz im Straßenbau. Bis 2030 sollen laut Angaben des Bundesverkehrsministeriums 1.741 Autobahnkilometer neu gebaut werden. Hinzu kommen regelmäßige Sanierungen am rund 830.000 Kilometer umfassenden Bestandsstraßennetz.

Bislang ist der Anteil von Kalksandstein-Rezyklaten im Straßenbau auf fünf Prozent begrenzt. In einem Forschungsprojekt konnte bereits nachgewiesen werden, dass eine Erhöhung des Kalksandsteinanteils auf bis zu 40 Prozent durchaus möglich ist. Die Untersuchungsergebnisse aus den Laborversuchen werden aktuell auf einer Erprobungsstrecke unter Realbedingungen getestet.

Klimaresiliente Städte

Kalksandstein spielt auch im städtischen Klimawandel eine wichtige Rolle. Immer häufiger auftretende Wetterextreme wie Starkregen und Rekordsommer machen deutlich, dass beim Bauen neben dem Klimaschutz verstärkt auch die Klima-Anpassung in den Fokus rücken muss.

So sind begrünte Dächer eine Möglichkeit, um Städte klimaresilienter zu machen. Sie können große Wassermengen speichern, Gebäude vor Überhitzung schützen und für saubere Luft sorgen. In einem Forschungsprojekt wurde belegt, dass sich rezykliertes Kalksandstein-Material aufgrund seiner physikalischen und chemischen Eigenschaften sehr gut als Vegetationssubstrat für Dachbegrünungen eignet.

Dies lässt sich auch auf die Straßen übertragen. In einem weiteren Projekt wurde untersucht, inwieweit der Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen aus Kalksandstein zur vegetationstechnischen Bodenverbesserung im Bereich von Verkehrsflächen beitragen kann. Im Straßenbau wird der Boden häufig so stark verdichtet, dass die Pflanzen im angrenzenden Grünstreifen kein ausreichendes Wurzelsystem ausbilden können und somit nicht hinreichend mit Wasser versorgt werden. Erste Versuche haben gezeigt, dass sich der Wasserhaushalt von Böden durch den Einsatz von rezyklierten Gesteinskörnungen aus Kalksandstein deutlich verbessert. Mit einer maximalen Wasserspeicherkapazität von bis zu 20 Prozent kann Kalksandstein dazu beitragen, dass Straßengrün auch in hochverdichteten Böden besser gedeiht.

Fazit: Kalksandstein kann durch seine vielfältigen Weiterverwertungsmöglichkeiten einen großen Beitrag zur Klimaneutralität leisten.


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