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Glasbausteine und Profilbauglas - Licht ohne Sicht

Glasbausteine und Profilbauglas
Profilbauglas: Licht ohne Sicht

Wände oder Fassaden aus Glasbausteinen und Profilbauglas waren lange Zeit nur im Nutz- und Gewerbebau üblich. Mittlerweile haben sich die Materialien auch im hochwertigen Wohnungs- und Bürobau ihren Platz erobert. Ihre Zwitterstellung zwischen der geschlossenen Wand und der offenen (Flach-)Verglasung ermöglicht sehr eigenständige und teilweise überraschende architektonische Aussagen.

Aus- oder Einblicke gibt es nicht
Licht und Sehen bilden für den Menschen eine untrennbare Einheit. Die klare Glasscheibe eines Fensters oder einer Fassade fügt sich deshalb in ihrer Dualität konfliktlos in das menschliche Weltbild ein: Einerseits kann Licht in das Gebäude hineinscheinen oder bei nächtlicher Beleuchtung auch heraus; andererseits können sich die Menschen innerhalb und außerhalb des Gebäudes gegenseitig sehen. Der Zustand ist so normal, dass wir ihn meist gar nicht besonders wahrnehmen.

Die Überraschung tritt erst auf, wenn das Gegensatzpaar von durchsichtig und undurchsichtig nicht mehr zur Beschreibung unserer Umwelt ausreicht. Durch Glasbausteine oder Profilbauglas kann zwar das Licht hinein und hinaus, klare Aus- oder Einblicke gibt es jedoch nicht. „Licht ohne Sicht” bricht mit einer tiefverwurzelten Alltagserfahrung des Menschen. Gerade daraus beziehen Wände und Fassaden aus Glasbausteinen oder Profilbauglas ihre architektonische Spannung und Faszination. Wie das Phänomen im konkreten Fall erlebt wird, hängt wesentlich vom Ausgangspunkt der Betrachtung ab: Wird eine Glasbausteinwand architektonisch in erster Linie als Wand oder in erster Linie als Verglasung interpretiert?

Im Vergleich zu massiven Wänden aus Mauerwerk oder Beton wirken die gläsernen Steine oder Profile filigran und leicht. Sie erweitern den Raumeindruck und treten als Bauteile optisch zurück. In Relation zu Verglasungen hingegen erscheinen die raumumfassenden Flächen aus Glasbausteinen eher schwer und optisch markant. Ihre eingrenzende, aber auch ihre schützende Wirkung tritt in den Vordergrund. Neben der Dialektik von Licht und Sicht kann der Planer beim Einsatz der durchscheinenden Materialien also auch das Spannungsfeld von Dezenz und Markanz, von Leichte und Schwere als Gestaltungsmittel einsetzen. Bauteile aus Glasbausteinen oder Profilbauglas lassen auf diese Weise vielschichtige architektonische Aussagen zu, vor allem wenn der Wechsel der Beleuchtungen mit in die Überlegungen einbezogen wird. Tagsüber kann eine durchscheinende Fassade von außen kompakt und undurchsichtig wie eine Wand wirken. Bei nächtlicher Innenbeleuchtung entsteht hingegen eine Lichtskulptur, die den Charakter als durchsichtige Verglasung betont.

Ein weiteren Reiz für Architekten bildet die noch nicht ausgereizte Formensprache. Während es bei Massivbaustoffen und (Fenster-)Glasfassaden immer schwerer wird, individuelle und überraschend neue Kreationen zu verwirklichen, ist das Feld der durchscheinenden Baustoffe in der hochwertigen Architektur noch wenig beackert. Die transluzenten Materialien wurden lange Zeit nur im Industrie- und Gewerbebau eingesetzt. Es lassen sich hier große lichtspendende Flächen ausführen, ohne dass die oft wenig attraktiven industriellen Anlagen von außen zu sehen sind und damit die Architektur des Gebäudes beeinträchtigen. Für den Industriebau sind außerdem die geringe Auffälligkeit von Verschmutzungen sowie die mechanische Widerstandsfähigkeit interessant. Diese Vorteile nutzte man später auch für Treppenhausverglasungen in Wohn- und Geschäftshäusern. Inzwischen werden Glasbausteine und Profilbaugläser universell eingesetzt, etwa für Fassaden, für Sport-, Schwimm- und Sanitäranlagen, aber auch im Innenausbau von Wohnungen und Büros.

Eigenschaften von Glasbausteinen
Bei der Produktion von Glasbausteinen werden zwei Hälften zu einem Hohl-Glaskörper fest und luftdicht verschmolzen. Die Sichtflächen der Steine können eben und weitgehend klar sein, aber auch in vielfältiger Weise geprägt, profiliert oder ornamentiert. Dadurch sind sehr variable Ansichts- und Durchsichts-Charakteristiken möglich. Die Spanne reicht von nahezu transparenten Flächen bis zu sichtdichten Gestaltungen, hinter denen Menschen und Gegenstände gar nicht mehr oder allenfalls als vage Schemen erkennbar sind. Die faktisch undurchsichtigen Steine können lichtspendende Verglasungen auch dort möglich machen, wo Fenster wegen des nachbarschaftlichen Fensterrechts verboten sind.

Weit verbreitet ist der Einsatz quadratischer Glasbausteine, es gibt aber auch rechteckige Formate mit Kantenlängen bis zu 300 mm. Die typischen Dicken betragen 80 und 100 mm. Als gemauerte Wände erreichen Glasbausteine U-Werte um 3,0 W/m²K. Durch die Verwendung von Leichtmörtel, aber vor allem durch die Ausführung von Doppelwänden kann dieser Wert verbessert werden. Glasbausteine bieten wegen des relativ hohen Eigengewichts einen guten Schallschutz, je nach Steintyp und Konstruktion ab 40 dB aufwärts. Bei besonderen Anforderungen hinsichtlich des Brand- oder Einbruchschutzes stehen Spezialsteine zur Verfügung.

Normen
Für die Anforderungen an Glasbausteine gilt die DIN 18 175 in der Ausgabe vom Mai 1977. Der Übergang zu europäischen Normen zeichnet sich allerdings schon ab. Bereits in Kraft ist der Teil 1 von DIN EN 1051 Glas im Bauwesen – Glassteine und Betongläser – Teil 1: Begriffe und Beschreibungen. Als Entwurf existiert außerdem schon ein Teil 2 der prEN 1051 Glas im Bauwesen – Glassteine und Betongläser – Teil 2: Konformitätsbewertung.Es handelt sich dabei um Materialnormen, die eher für die Hersteller und weniger für die Planer relevant sind. Informativer im Sinne der praktischen Planungsarbeit ist DIN 4242 Glasbaustein-Wände – Ausführung und Bemessung (Ausgabe Januar 1979). Das europäische Pendant existiert derzeit als Normentwurf prEN 12725 Glas im Bauwesen – Wände mit Glassteinen – Planung, Bemessung und Ausführung.

Wände aus Glasbausteinen
Wände aus Glasbausteinen sind grundsätzlich nichttragende Konstruktionen. Als Lasten dürfen senkrecht nur das Eigengewicht sowie waagerecht der Wind und Stoßlasten auftreten. Die Wände müssen nach DIN 4242 mindestens an zwei gegenüberliegenden Seiten Auflager zur Aufnahme der waagerechten Kräfte haben. Sie sollen in eine mindestens 50 mm tiefe Ausnehmung eingreifen, deren Breite größer ist als die Dicke der Glasbausteine.

Zwängungsspannungen infolge von thermischen Verformungen der Glasbausteine dürfen nicht auftreten. Deshalb sind allseitig um die Glasbausteinwand umlaufend Gleitfugen anzuordnen, z.B. mit unbesandeter Bitumenpappe. Oben und an den Seiten müssen zusätzlich Dehnfugen von mindestens 10 mm Dicke mit dauerelastischen und verwitterungsfesten Dichtstoffen ausgeführt werden. Als Regelausführung beschreibt die Literatur für Glasbausteinwände einen allseitigen Randstreifen aus Beton zwischen 50 und 100 mm Breite, dessen unterer Teil bei Wänden über 1,5 m Breite zu bewehren ist.

Die maximale Spannweite eines einzelnen Wandfeldes beträgt 6 m. Bei größeren Wandlängen sind Dehnfugen zu planen. DIN 4242 beschreibt die Verlegung der Glassteine im Mörtelbett und die Bemessung dieser Wände. Verwendet werden sehr trockene Zement- oder Leichtmörtel, mit denen 10 bis 15 mm breite Fugen zwischen den Glassteinen hergestellt werden. Durchgesetzt hat sich vor allem eine Anordnung der Steine mit durchlaufenden Fugen, aber auch ein Vermauern im Verband ist möglich. Unter bestimmten, in der Norm aufgeführten Bedingungen kann auf eine Bewehrung verzichtet werden. Speziell bei größeren Wänden wird aber meistens eine Bewehrung in den Mörtelfugen erforderlich.

Die Betonstähle sollen gleichmäßig auf die Fugen verteilt werden und es ist auf eine ausreichende Überdeckung des Betonstahls zu achten (außen mind. 20 mm). Neben der Verlegung im Mörtelbett gibt es außerdem Trockenbauverfahren für die Herstellung von Glasbausteinwänden. Profile aus Metall, Kunststoff oder Holz halten dabei die Steine und bilden zugleich das Fugenraster. Die Systeme wurden vor allem für eine rationelle Verlegung der Glassteine entwickelt. Für den Planer ergibt sich als weiterer Vorteil, dass die Fugenansichten minimiert und gestaltet werden können. Die Wände wirken dadurch transparenter und werden optisch nicht so stark vom Fugenmörtel dominiert.

Profilbauglas
Profilbauglas hat mit den Glassteinen den durchscheinenden Charakter gemeinsam. Es handelt sich um Gussglas, das in U-Form ausgewalzt wird und sich vertikal oder horizontal orientiert zu großflächigen Wandbereichen zusammensetzen lässt. Die Längsfugen haben eine Mindestbreite von 2 mm und werden mit Silikon geschlossen. Je nach Profiltyp und Windbelastung sind Verglasungen bis zu 7 m Länge ohne Quersprossen möglich. Dadurch entstehen verglaste Flächen mit einem nur sehr geringen Anteil an undurchsichtigen Fugen, Sprossen oder Rahmenteilen. Gestaltungsmöglichkeiten ergeben sich durch die verschiedenen Stegbreiten in den Sortimenten der Hersteller (Ansichtsbreiten von 230 bis 500 mm) und – ähnlich wie bei den Glassteinen – durch variable Dessins und Oberflächenstrukturen. Mit der Art der Oberflächen variiert der Grad der Durchsichtigkeit und der Lichtdurchlass.

Die Bautiefe der Profile beträgt wahlweise 60 oder 83 mm. Wände oder Fassaden aus Profilbauglas können ein- oder zweischalig ausgeführt werden. Einschalige Ausführungen mit Standardgläsern bieten einen Wärmeschutz in Bereichen von U = 5,6 bis 5,7 W/m²K. Der Wert lässt sich auf verschiedene Weise verbessern. So liegen doppelschalig angeordnete Standardgläser schon bei 2,8 W/m²K. Doppelte Verglasungen mit beschichteten Profilgläsern erreichen 1,8 W/m²K. Werden in den Hohlraum zwischen den Profilen außerdem transparente Wärmedämm-Materialien eingelegt, sind sogar U-Werte in Größenordnungen von 1,0 W/m²K möglich. Diese transparente Wärmedämmung besteht zumeist aus Kapillarstrukturen, mit denen zusätzlich lichtlenkende bzw. Sonnenschutzfunktionen verwirklicht werden können. Profilbauglas gehört zu den ungeregelten Produkten, es existiert also keine Norm. Die Hersteller haben jedoch Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen für ihre Produkte, die auch Regeln für die Konstruktion und Bemessung enthalten. Weicht die vom Planer gewählte Ausführung von den Angaben in den Zulassungen ab, muss eine Zustimmung im Einzelfall eingeholt werden.

Markus Hoeft

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