Der Mindestluftwechsel in Gebäuden muss unabhängig von der Anwesenheit und dem Verhalten der Nutzer gewährleistet sein. Dies verlangt eine detaillierte Lüftungsplanung. Hier erfahren Sie, welche Grundbegriffe und Kenngrößen rund ums Thema Lüftungskonzept wichtig sind und welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Lüftungslösungen haben.
- Lüftungskonzept
- Lüftungsstufen nach DIN 1946-6
- Luftaustausch-Bedarf
- Luftwechselrate
- Faustformeln und Richtwerte
- Wichtige Eingangsgrößen der Lüftungsplanung
- Vor- und Nachteile verschiedener Lüftungslösungen
- Lüftung und Energieeffizienz
- Lüftung und Schallschutz
- Regelwerke und Planungshilfen (Auswahl)
Lüftungskonzept
Ein Lüftungskonzept soll sicherstellen, dass in neuen oder modernisierten Gebäuden ausreichend Luftaustausch stattfindet. Es legt fest, welche lüftungstechnischen Maßnahmen in einem Gebäude zu treffen sind, um den erforderlichen Mindestluftwechsel unabhängig vom Verhalten der Nutzer zu gewährleisten.
Die Erstellung eines Lüftungskonzepts und die Berechnungen für die Auslegung zusätzlicher lüftungstechnischer Maßnahmen finden heute überwiegend softwarebasiert statt. Architekten und Gebäudeplaner können die Berechnungen komplett an spezialisierte Dienstleister übertragen. Hier werden darum nur die Grundzüge der Berechnung und die Eingangsgrößen dargestellt.
Moderne, im Hinblick auf die Energieeffizienz optimierte Gebäudehüllen sind heute weitgehend luftundurchlässig, aber nicht absolut luftdicht. Erster Schritt bei der Erstellung eines Lüftungskonzepts ist darum die Ermittlung der spontanen Infiltration über die Fenster sowie über Fugen und Bauteilanschlüsse in der Gebäudehülle. Ist der Luftvolumenstrom der Infiltration kleiner als der für den Feuchteschutz notwendige Luftwechsel, sind zusätzliche lüftungstechnische Maßnahmen für einen ausreichenden Luftaustausch erforderlich.
Lüftungsstufen nach DIN 1946-6
Die DIN 1946-6 fordert die Berücksichtigung von vier sogenannten „Lüftungsstufen“. Für diese Stufen muss das Lüftungskonzept einen ausreichenden Luftwechsel sicherstellen. Ergibt sich aus dem Lüftungskonzept, dass der erforderliche Luftwechsel für bestimmte Lüftungsstufen nicht erreicht wird, müssen lüftungstechnische Maßnahmen für das Gebäude vorgesehen und geeignete Lüftungssysteme ausgewählt werden.
Mehr über die vier Lüftungsstufen nach DIN 1946-6 lesen Sie hier »
Luftaustausch-Bedarf
Die Berechnungen für den Luftaustausch-Bedarf basieren auf dem CO2-Gehalt der Raumluft, der stets in einem für den Menschen verträglichen und behaglichen Bereich liegen soll. Ohne Lüftung steigt die Kohlendioxid-Konzentration im Raum kontinuierlich an, weil jeder Mensch durchschnittlich 20 Liter CO2 pro Stunde ausatmet.
Die natürliche Außenluft enthält in der Regel 300 bis 400 ppm CO2, was auch als 300 bis 400 cm³ CO2 pro m³ Luft dargestellt wird. Als Obergrenze der zulässigen CO2-Konzentration im Raum gelten 1.000 cm³ CO2 pro m³ Luft.
Aus der Anzahl der Bewohner und ihrer CO2-Erzeugung ermittelt die Software nach dem sogenannten Pettenkofer-Verfahren den erforderlichen Außenluft-Volumenstrom, der mit lüftungstechnischen Maßnahmen in den Raum geleitet werden muss.
Luftwechselrate
Der notwendige Luftaustausch kann auch mit der Luftwechselrate n dargestellt werden. Die Luftwechselrate beschreibt, wie oft die Luft in einem Raum innerhalb einer Stunde ausgetauscht wird (durch Infiltration und ggfs. maschinelle Lüftung). Der zugeführte Frischluft-Volumenstrom (in m³/h) wird dabei durch das Luftvolumen eines Raums (in m³) dividiert. Die Einheit lautet 1/h. Bei einer Luftwechselrate von beispielsweise n = 2 1/h würde die gesamte Raumluft stündlich zweimal ersetzt.
Die hygienisch erforderliche Mindestluftwechselrate beträgt in etwa n = 0,4 1/h (Annahme: eine Person pro 30 m² Wohnfläche, Raumhöhe 2,50 m, 30 m³/(h Person) erforderlicher Luftvolumenstrom, mittlere Haushaltstätigkeit). Daraus folgt: Innerhalb von 2,5 h sollte ein vollständiger Luftaustasch stattfinden.
Faustformeln und Richtwerte
Für eine erste Abschätzung kann der Lüftungsbedarf von Wohnungen anhand von Orientierungswerten ermittelt werden, die eine vollständige Berechnung jedoch nicht ersetzen.
- Orientierungswert für den erforderlichen Luftaustausch: 30 m³ pro Person und Stunde
- Richtwert für den kompletten Luftaustausch: 2 bis 2,5 h (Luftwechselrate n = 0,4 bis 0,5)
- Abführung von Wasserdampf: Eine vierköpfige Familie produziert durch die biologischen Prozesse und die Haushaltstätigkeiten durchschnittlich eine Wassermenge von 6 bis 12 Litern pro Tag, für deren Abführung bei reiner Fensterlüftung in der Regel alle zwei Stunden gelüftet werden müsste. Weil dies nachts, in der Urlaubszeit, aber auch während der täglichen Abwesenheit für Arbeit und Ausbildung lebenspraktisch nicht zu leisten ist, sind lüftungstechnische Maßnahmen in Gebäuden mit zeitgemäßer Energieeffizienz und Luftdichtheit meist zwingend erforderlich.
Wichtige Eingangsgrößen der Lüftungsplanung
- Geplanter bzw. gemessener Luftdichtheitswert der Gebäudehülle (n50-Wert),
- Grundfläche, Höhe und Volumen der Nutzungseinheit,
- Geographische Lage des Gebäudes in einer windstarken oder windarmen Region,
- Ausrichtung der Fassaden und Fenster » günstig für die freie Lüftung sind Wohnungen mit zwei sich gegenüberliegenden Fassadenseiten, weil dann eine natürliche Luftzirkulation durch Wind- und Temperaturdifferenzen möglich wird,
- Höhe bzw. Geschosszahl des Gebäudes (wichtig für den thermischen Auftrieb bei Schachtlüftung),
- Wärmeschutz der Gebäudehülle,
- Anzahl der Räume in den verschiedenen Nutzungskategorien (Feuchträume wie Küche oder Bad, Wohnräume, Nebenräume),
- gegebenenfalls die Personenzahl der Wohnungsbelegung.
Aus diesen Angaben können die erforderlichen Luftvolumenströme für die jeweiligen Lüftungsstufen ermittelt werden, die der weiteren Planung der natürlichen oder der ventilatorgestützten Lüftung zugrundezulegen sind.
Vor und Nachteile verschiedener Lüftungslösungen
Lüftung und Energieeffizienz
Wärmerückgewinnung
Im Grundsatz kann die Lüftung mit oder ohne Wärmerückgewinnung (WRG) geplant werden. Die modernen Anforderungen an die Energieeffizienz machen WRG jedoch heutzutage meist unverzichtbar, weil anderenfalls die Lüftungswärmeverluste zu groß werden und eine aufwändige, oft unwirtschaftliche Kompensation an anderer Stelle erfordern. Ventilatorgestützte Lüftungslösungen werden darum überwiegend mit Wärmetauscher zur Wärmerückgewinnung angeboten.
Vorkonditionierte Zuluft
Eine Alternative oder Ergänzung zur Wärmerückgewinnung kann vorgewärmte Zuluft sein. Die Luft wird dabei zentral außerhalb des Gebäudes angesaugt und zunächst durch das Erdreich, das Fundament oder den Keller geleitet. Erst die auf diese Weise vorgewärmte Luft gelangt in die Wohnungen. Dadurch werden unangenehme Zugerscheinungen vermieden und der Energiebedarf für das Anwärmen der Zuluft reduziert.
Lüftung und Schallschutz
Schallschutz gegen Außenlärm
Jede Zuluftöffnung stellt unabhängig von der Bauweise und dem Lüftungssystem eine Perforation der Gebäudehülle dar. Sie kann damit potenziell den Schallschutz gegen Außenlärm schwächen, weshalb bei der Geräteplanung auf eine Schallschutzprüfung geachtet werden sollte.
Schallschutz innerhalb der Nutzungseinheit
Wohnungsweise organisierte Lüftungssysteme, bei denen Luft durch verschiedene Räume strömt, müssen im Hinblick auf die Geräuschübertragung innerhalb der Nutzungseinheit geprüft werden. Bei der Auswahl von Überströmöffnungen in Türen oder Wänden sollte die eingebaute Schalldämpfung berücksichtigt werden.
Regelwerke und Planungshilfen (Auswahl)
- DIN 1946-6:2019-12 Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen an die Auslegung, Ausführung, Inbetriebnahme und Übergabe sowie Instandhaltung
- Normenreihe DIN EN 13141:2019-04 Lüftung von Gebäuden – Leistungsprüfungen von Bauteilen/Produkten für die Lüftung von Wohnungen
- DIN 4719:2009-07 Lüftung von Wohnungen – Anforderungen, Leistungsprüfungen und Kennzeichnung von Lüftungsgeräten
- ift-Richtlinie LU-01/1 Fensterlüfter Teil 1: Leistungseigenschaften
- ift-Richtlinie LU-02/1 Fensterlüfter Teil 2: Empfehlungen für die Umsetzung von lüftungstechnischen Maßnahmen im Wohnungsbau