Bahnhof und Rathaus unter einem Dach im schwedischen Växjö

Anfang der 2010er Jahre begann die Stadt Växjö, den Bau eines neuen Rathauses zu erwägen. Das alte Gebäude war in die Jahre gekommen und hatte im Laufe der Zeit erhebliche strukturelle Schäden erlitten. Gleichzeitig stellte man einen dringenden Bedarf nach einem neuen Bahnhofsgebäude fest, das den künftigen Bedürfnissen der Reisenden besser entsprechen würde.

Es entstand die Idee, Bahnhof und Rathaus in einem zentral gelegenen Gebäude zu vereinen – eine Kombination, die in Schweden bislang einzigartig war. Zusätzlich sollte das Gebäude eine dritte Funktion erfüllen, nämlich ein offener Treffpunkt für alle Einwohner der Gemeinde sein – sozusagen das »Wohnzimmer« von Växjö.

Neue Silhouette von Växjö

Im Jahr 2016 fand ein vorqualifizierter Architekturwettbewerb statt, an dem sechs Architekturbüros teilnahmen. Der Siegerentwurf von White Arkitekter trug den Namen »Unter einem Dach« und bestach durch ein einzigartiges Konzept mit einer Holzrahmenkonstruktion, einer doppelt verglasten Fassade und großzügigen Glasflächen im Inneren. Durch die großen transparenten Flächen sollte eine offene und sichtbare Kommunikation zwischen den Einwohnern von Växjö und den Entscheidungsträgern der Gemeinde entstehen.

Mit Planung und Umsetzung des Gebäudes beauftragte die Stadt Växjö Sweco Architects aus Stockholm. Der Neubau ist städtebaulich gut eingefügt und orientiert sich, was die Form betrifft, an seiner zentralen Lage zwischen den niedrigen Gebäuden der Altstadt und den hohen Volumina der neuen Stadt auf der anderen Seite der Bahnlinie. Zwei der Fassaden sind geneigt, so dass das Gebäude zur Altstadt hin nur zwei Stockwerke hoch ist. Zur Neustadt hin hat die Fassade eine Höhe von sechs Stockwerken. Gemeinsam mit der Kathedrale bildet das Gebäude eine neue Silhouette in Växjö.

Der Bahnhof befindet sich auf Straßenniveau mit einer Verbindung zur Eisenbahnbrücke im ersten Stock. Er ist mit Warteräumen, Geschäften und Restaurants ausgestattet, um die unterschiedlichen Bedürfnisse der Reisenden zu berücksichtigen. Das Obergeschoss beherbergt den Empfangsbereich der Gemeinde sowie große Sitzungsräume. In den oberen vier Stockwerken sind die Funktionen des Rathauses untergebracht. Das Rathaus ist für 600 städtische Angestellte konzipiert und bietet flexible, gemeinsam genutzte und offene Räume sowie private Bereiche für konzentriertes Arbeiten. Die oberen Etagen bieten einen weiten Blick über die Skyline der Stadt. 

Lange Tradition im Holzbau

Växjö liegt inmitten von Südschwedens größter Waldlandschaft Småland und hat sich seit jeher als Holzstadt profiliert. Der Holzbau hat in Schweden eine lange Tradition, und Växjö ist einer der wichtigsten Standorte für den Holzbau. Um die Identität der Stadt als Holzstadt zu unterstreichen und ihre langjährige Tradition im Holzbau zu ehren, wurde das neue Multifunktionsgebäude in Växjö in Holzbauweise errichtet. 

Das verwendete Holz stammt größtenteils aus den umliegenden Wäldern. Wegen des hohen Grundwasserspiegels ruht die gesamte Holzkonstruktion auf einem Betonfundament. Das Erdgeschoss wurde als Hybrid aus Betonfertigteilstützen und Stahlträgern ausgeführt, während die oberen Geschosse in Skelettbauweise aus Brettschichtholz-Stützen und -Trägern sowie Brettsperrholz-Decken errichtet wurden. Im untersten und obersten Geschoss kamen Fachwerke aus BSH zum Einsatz. Das Dach des Gebäudes hat eine geschwungene Form und wurde mit 125 BSP-Elementen realisiert. Insgesamt wurden vom Unternehmen Binderholz 3.100 m³ Brettsperrholz, 1.100 m³ Brettschichtholz und Dreischicht-Massivholzplatten sowie Verbindungsmaterialien just-in-time geliefert.

Lichtdurchflutetes öffentliches »Wohnzimmer«

Neben seiner Funktion als Bahnhof und Rathaus soll das Gebäude auch als als sozialer Treffpunkt dienen. Es ist deshalb als öffentliches »Wohnzimmer« für alle Altersgruppen konzipiert – ein Ort, an dem man Freunde, Mitreisende und Kollegen treffen kann. Jugendliche, Paare, Familien und Senioren können hier einen Happen essen, mit ihrem Hund spazieren gehen oder das Treiben beobachten.

Das zentrale »Wohnzimmer« hat vollständig verglaste Fassaden und wird somit als natürliche Fortsetzung der Fußgängerzone im Norden erlebt. Es verbindet das Zentrum von Växjö über bestehende und neue Fußgänger- und Fahrradbrücken mit dem Süden .

Die geplante Doppelglasfassade konnte nicht umgesetzt werden, stattdessen wurde eine Design-Glasfassade mit Holzrahmen als charakteristisches Merkmal des Gebäudes entwickelt. Das ganze Haus ist lichtdurchflutet und transparent: Die Glasfassaden und das große Glasdach im vollflächigen Atrium lassen das Licht bis tief in den Kern des Gebäudes eindringen. Im Inneren schaffen die transparenten Glasflächen eine Verbindung zwischen Bahnhof und Rathaus. Die schrägen Fassaden sorgen für eine subtile Beleuchtung der Arbeitsplätze in den oberen Etagen, und die warme, gelbe Beleuchtung der Fassade betont auch nachts die Bedeutung des Gebäudes als wichtiger Treffpunkt.