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Stirn mit Korallen

Neubau eines Wohnhauses in Groningen
Stirn mit Korallen

Im niederländischen Groningen wurde ein ungewöhnliches Wohnhaus der ortsansässigen Bahama Architecten fertiggestellt. Markanter Blickfang des großzügig geöffneten Neubaus sind korallenartige Strukturen auf beiden Stirnseiten, die dem Haus den Beinamen „kas di coral“ eingebracht haben.

Robert Uhde

Geht man vom Durchschnittsalter seiner Bewohner aus, dann gilt das im Nordosten des Landes gelegene Groningen als die jüngste Stadt der Niederlande. Forciert wird das jugendliche Image durch zahlreiche interessante Architekturprojekte, die hier in den vergangenen Jahren realisiert worden sind – darunter das organisch geschwungene Verwaltungsgebäude EEA & tax offices von Ben van Berkel, dessen neues Laborgebäude für die Medizinische Fakultät oder die beiden Wohngebäude „Palladiumflat“ von Johannes Kappler und „De Kop van Oost“ von Mecanoo.
Nur wenige 100 m südöstlich vom Zentrum wurde außerdem das nach dem Masterplan von Wiel Arets konzipierte Wohn- und Dienstleistungsquartier „Europapark“ mit der hochverdichteten Wohnsiedlung „De Linie“ entwickelt. In der Straße „Bastion“ ist dort zuletzt auch das Wohnhaus „kas di coral“ fertiggestellt worden. Der vom Groninger Büro Bahama Architecten geplante Kubus überzeugt insbesondere durch seine klare geometrische Formgebung und die großen Fensteröffnungen. Ein ungewöhnliches Element ist außerdem die weiß verputzte Außenhülle, die in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Tanja Isbarn mit insgesamt 350 kleineren Öffnungen gestaltet wurde, die mit etwas Phantasie an ein tropisches Korallenriff erinnern.
Rhythmische Auflockerung
Entsprechend der städtebaulichen Planung für „De Linie“ wurde der dreigeschossige Neubau nicht nur mit Flachdach ausgebildet, sondern er grenzt auch direkt an die Straße sowie an eine der beiden seitlichen Grundstückgrenzen, während in Richtung des rechts angrenzenden Grundstücks bewusst eine Freifläche zur Straße offen geblieben ist. Die Eigenschaften der Reihenhausbauweise wurden so überzeugend mit den Vorteilen eines frei stehenden Hauses verbunden, so dass die Bebauung trotz der hohen Verdichtung vergleichsweise luftig erscheint. Eine zusätzliche Auflockerung und Raum zur Straße schafft der zurückversetzte Eingangsbereich, der gleichzeitig auch einen überdachten Zugang zum Haus ermöglicht. Direkt oberhalb des Eingangsbereiches haben die Architekten den Quader durch ein bündig eingelassenes und schlank profiliertes Panoramafenster sowie durch ein kleineres „Korallen-Relief“ geöffnet. Die angrenzende Gartenfassade wurde durch fünf unterschiedlich große, unregelmäßig platzierte Fenster gestaltet (Schüco AWS 70 Hl Fenster). Deutlich geschlossener präsentiert sich dagegen die nach Nordwesten orientierte, als Brandwand konzipierte Rückseite des Hauses:
„Um dennoch einen Bezug zum Außenraum zu ermöglichen und keine tote Wand zu erhalten, haben wir die Fläche durch weitere korallenartige Aussparungen geöffnet“, berichtet Architekt Sipke Kingma, der hier mit Tanja Isbarn und Kindern lebt.
Im Innenraum sorgen die plastischen Öffnungen für ungewöhnliche An- und Ausblicke und für ein faszinierendes Spiel von Licht und Schatten, nach außen verdichten sich die schräg zulaufenden, von innen her illuminierten Aussparungen bei Dunkelheit zu einem bewegten Lichtermeer.
Aufwändige Fassadenkonstruktion
Mit ihrer ungewöhnlichen Symbiose von Kunst und Architektur beziehen sich die Planer ganz explizit auf die Insel Bonaire und die biografischen Wurzeln von Sipke Kingma, der selbst auf den Niederländischen Antillen aufgewachsen ist:
„Die unregelmäßig angeordneten Perforierungen leiten sich aus den versteinerten Korallen ab, die die Grundsubstanz des Inselatolls ausmachen“, so der Architekt. „Im Kontrast der fragilen Korallenformationen mit der geometrischen Architektur wollen wir einerseits die Schönheit, aber auch die Bedrohung dieses Lebensraumes durch den Menschen aufzeigen und
gleichzeitig ein Gegenbild für ein harmonisches Miteinander entwickeln.“
Um das Konzept umzusetzen, wurden die 350 Öffnungen auf sieben unterschiedlich große, jeweils 13 cm starke Betonelemente mit Abmessungen von rund 2 x 4 m verteilt, die anschließend an der übrigen Fassade aus Kalksandstein sowie im Fundament verankert wurden. „In einem ersten Schritt haben wir dabei mit einem CAD-Programm zunächst zwei unterschiedliche geometrische Formen entwickelt, nach denen anhand zweier Matrizen 350 Schaumstoffelemente gefräst wurden“, beschreiben Tanja Isbarn und Sipke Kingma den ungewöhnlichen Gestaltungsprozess. „Im Betonwerk haben wir die einzelnen Elemente dann tagelang entsprechend unserer Planung ausgelegt und fixiert. Anschließend wurden die Zwischenräume mit einem Stahlgewebe versehen und ausbetoniert, bevor wir die Schaumstoffelemente nach dem Austrocknen des Betons wieder herauskratzen mussten.“ Nach der Montage der Betonplatten vor Ort und dem Aufbringen der Dämmung auf der Kalksandsteinfassade konnte die Außenhülle abschließend weiß verputzt werden.
Luftiger Innenraum
Ähnlich überzeugend wie nach außen präsentiert sich der Neubau auch im Innenraum, wo auf drei Ebenen ein strahlend helles Ambiente mit großen Fensterflächen und einer offenen Treppe entstanden ist. Hervorgehoben wird das minimalistische Gestaltungskonzept durch den im gesamten Erdgeschoss sowie im 2. OG eingefügten glatten weißen Epoxidharzboden (Himflor SL Flex von HIM Nederland). Lediglich im Arbeits- und Wohnbereich im 1. OG wurde abweichend ein Holzfußboden integriert. Sämtliche Möbel, die Küche sowie die Treppe wurden nach eigenen Entwürfen durch regionale Handwerker ausgeführt.
Zentrum des Hauses ist die Wohnküche im Erdgeschoss, die rückwärtig durch einen offenen Luftraum fließend mit dem 2. OG verbunden wird. Die beiden übereinander platzierten horizontalen Fenster schaffen dabei einen überraschenden Rahmen für das große Korallenrelief, das je nach Tageszeit und Sonnenstand völlig unterschiedliche Licht- und Schattenspiele im Raum erzeugt. Die Front im Badezimmer im 2. OG wurde abweichend mit einer milchverglasten Tür zum Lüften gestaltet, hinter der sich das Korallenrelief als mystisch-verschwommenes Raster abzeichnet.
Ein weiterer wichtiger Aspekt bei der Planung war die Minimierung der Energiekosten. „Deshalb haben wir eine 10 m² große Solaranlage zur Unterstützung der Heizung und zur Warmwasserversorgung integriert und das Haus mit LED-Beleuchtung ausgestattet“, berichtet Sipke Kingma. Das kas di koral überzeugt also nicht nur durch seine ungewöhnliche Ästhetik, es erweist sich auch in energetischer Hinsicht als vorbildlich.
Architekten: Bahama Architects, Groningen Fassadengestaltung: Tanja Isbarn in Zusammenarbeit mit Sipke Kingma und Arnold ten Brink
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