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Fortschritt auf der Rückseite

Befestigung schwerer Bekleidungen
Fortschritt auf der Rückseite

Markus Hoeft

Naturwerkstein- und Betonwerksteinplatten zählen zu den schweren Bekleidungen für vorgehängte hinterlüftete Fassaden. Die Platten werden traditionell mit einzeln einzumörtelnden Ankern befestigt.
Inzwischen gibt es aber auch eine Reihe rationellerer Lösungen mit anzudübelnden Ankern, Schienensystemen oder Hinterschnittankern. Die Naturwerkstein-Fassaden entsprechen damit immer mehr der Bauweise des modernen Montagebaus.
Eher als Kunst verstanden
Das Versetzen von Naturwerksteinen war ursprünglich eine Technik der Steinmetze. Schon in der Antike mörtelte dieses Gewerk metallische Befestigungen sowie Verankerungen in Natursteine ein und verband diese so untereinander oder mit der tragenden Konstruktion.
Das Bearbeiten und das Versetzen der Steine lag auch danach für viele Jahrhunderte in einer Hand. Natursteinarbeiten wurden in dieser Zeit eher als Kunst denn als Bautätigkeit verstanden, insofern war es nur logisch, dass die Gesamtverantwortung bei einem Künstler bzw. einem handwerklich-baukünstlerischen Betrieb verblieb.
Und selbst als es gelang, die teuren Naturwerksteine durch wesentlich preiswertere und industriell hergestellte Betonwerksteine zu substituieren, änderte sich an der Befestigungstechnik für Fassaden zunächst wenig.
Man übertrug das Prinzip der einzeln einzumörtelnden Halte- und Traganker, die mit Dornen in die Plattenkante greifen, einfach auf das neue Material. Die Verarbeitung der schweren Fassadenbekleidungen blieb handwerklich geprägt.
Erst in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten setzten sich mit anzudübelnden Ankern, Schienensystemen und vor allem den nicht sichtbaren Rückseitenbefestigungen mit Hinterschnitt-ankern Befestigungsmethoden des modernen Fassadenbaus durch. Die Montage geht schneller und erfordert weniger steinmetztechnische Kenntnisse.
Mit den Hinterschnittankern können die Fassadenplatten außerdem dünner und damit leichter werden.
Streit um die Bekleidungsdicke
Die Natursteinplatten von 30 mm oder sogar weniger Stärke haben in der Vergangenheit einige architektonische Diskussionen ausgelöst, weil sie -so die Kritiker -den steinernen Charakter der Fassaden lediglich an der Oberfläche vortäuschten. Abfällig wurde von Natursteintapeten gesprochen.
Dabei wird jedoch übersehen, dass Fassaden auch in der Geschichte eher selten massiv und homogen aus Natursteinen ausgeführt wurden. Schalenmauerwerk beschreibt schon Vitruv als „nicht zu verachtende Bauweise der Griechen”. Zeitlich näher liegende Beispiele für Schalen oder Verblendungen findet man vor allem in der deutschen „Natursteinhauptstadt” Berlin reichlich. Wallot baute 1884–94 beispielsweise den Reichstag aus Ziegeln und setzte erst anschließend eine Natursteinschale davor.
Emil Fahrenkamp bekleidete 1930–32 das Skelett des berühmten Shellhauses mit drei Zentimeter dickem Travertin, Ernst Sagebiel tat das gleiche mit fünf Zentimeter dickem Muschelkalk am Reichsluftfahrtministerium, dem heutigen Finanzministerium (1936 erbaut). Fahrenkamps Werk wird heute als Teil der Moderne gewürdigt, Sagebiels Bau hingegen als Beispiel für einen vorgetäuschten Monumentalbau kritisiert. Das ist in der Gesamtausstrahlung der beiden Bauwerke sicher auch jeweils gerechtfertigt, allerdings lassen sich die Würdigung und die Kritik nicht am Detail der weitgehend identischen technischen Fassadenausführung festmachen.
Die architektonische Idee entscheidet über die ästhetische Qualität einer Gebäudeansicht, nicht, wie dick oder dünn der verwendete Naturstein ist.
Befestigung mit Mörtelankern
DIN 18516 „Außenwandbekleidungen, hinterlüftet – Teil 3: Naturwerkstein; Anforderungen, Bemessung” beschreibt ausführlich die bewährte Befestigungstechnik von Natursteinplatten mit Mörtelankern.
Für die Montage wird in die tragende Wand ein Loch gebohrt und der Anker darin eingemörtelt. Im noch frischen Mörtel lässt sich der Anker passgenau ausrichten. Am aus der Wand herausstehenden Ende befinden sich Dorne, die in entsprechende Dornlöcher in der Stirnseite der Naturwerkstein- oder auch Betonwerksteinplatte eingreifen.
Pro Platte sind mindestens drei, in der Regel aber vier Ankerpunkte vorzusehen. Davon dienen zwei als Traganker, die sowohl Querkräfte infolge des Eigengewichts als auch Längskräfte infolge der Windeinwirkung aufnehmen können.
Die anderen zwei Befestigungen sind nur für Längskräfte ausgelegte Halteanker. Die Platten müssen zwängungsfrei gelagert werden, zum Ausgleich der Temperaturbewegungen befinden sich in der Ankerdornlöchern Gleithülsen.
Die Montage mit Mörtelankern hat einige Nachteile bezüglich des Aufwands und Tempos. So müssen für die gedrehten, gespreizten oder gewellten Schäfte der Anker relativ große Löcher von bis zu 40 mm Durchmesser in die tragende Wand gebohrt werden. Außerdem sind ständig kleine Mengen Mörtel anzurühren und bereit zu halten. Bis zu dessen Aushärten im Bohrloch muss die bereits montierte und ausgerichtete, aber eben noch nicht feste Platte mit Mauerhaken und/oder Keilen in ihrer Position fixiert werden.
Ein späteres Ausrichten oder auch Nachjustieren ist nicht möglich. Bei der Verarbeitung des Mörtels dürfen die Temperaturen nicht unter +5 °C liegen.
Justierbare Alternativen
Um die Nachteile des Mörtelankers zu kompensieren, wurden verschiedene Alternativen der Natursteinbefestigung entwickelt, etwa der Anschweißanker, der anzudübelnde Anker oder die Ankerschiene.
Für den Einsatz von Anschweißankern müssen in den Rohbau Ankerplatten einbetoniert oder nachträglich an diesen gedübelt werden. An diese Ankerplatten kann dann ein Anker mit Dornen am freien Ende angeschweißt oder ggf. auch angeschraubt werden.
Es entfällt der aufwändige Umgang mit dem Mörtel und damit die Witterungsbeschränkung für die Arbeiten. Die Anker sind jedoch immer noch starr, so dass kein nachträgliches Ausrichten der Dorne und damit der Bekleidungsplatten möglich ist.
Dieses Problem lösen die anzudübelnden und justierbaren Anker. Für ihre Montage müssen nur etwa 8 bis 12 mm große Löcher in die tragende Wand gebohrt werden, an denen dann mit Schraube und Dübel der sofort belastbare Anker befestigt wird. Der Anker selbst ist nicht starr, sondern über Gewinde justierbar. Ungleichmäßigkeiten im Rohbau oder kleine Abweichungen bei der Ankerpositionierung können so bei bereits montierter Platte korrigiert werden.
Alle bisher genannten Arten der Verankerung sind punktweise Befestigungen. Jeder der mindestens drei, in der Regel aber vier Anker pro Platte muss einzeln gebohrt und gesetzt werden.
Mit einer Befestigung auf Schienensystemen lässt sich hingegen die Anzahl der Bohrlöcher deutlich reduzieren. Zuerst werden dabei senkrecht verlaufende Schienen lotrecht montiert und bei Bedarf mit Gewinden und/oder Abstandhaltern exakt in eine Ebene gebracht. Beim anschließenden Anschrauben der Einzelanker an die Schienen und bei der Plattenmontage muss dadurch nicht mehr nachjustiert werden.
Schienensysteme eignen sich durch ihr einfaches Ausrichten speziell für Gebäudefronten mit sehr unregelmäßiger Oberfläche (veränderliche Abstände zwischen Bekleidung und Gebäude). Des weiteren bieten sie Vorteile bei sehr großen Auskragungen der Fassade (großer Zwischenraum zwischen Bekleidung und Gebäude, z.B. wegen sehr dicker Wärmedämmung). Und schließlich sind Linienbefestigungen zwangsläufig erforderlich, wenn die Rohbauwand des Gebäudes nicht durchgängig einen tragfähigen Verankerungsgrund bietet bzw. gar nicht durchgängig vorhanden ist, etwa bei Skelettbauten.
Nicht sichtbare Befestigung
Jede einzelne Platte der Bekleidung lagert bei den Mörtelankern, den justierbaren Einzelankern und bei den beschriebenen Schienensystemen auf Dornen, die in Dornlöcher an der Plattenstirnseite eingreifen.
Das Dornloch selbst und sein erforderlicher Randabstand geben eine bestimmte Mindestdicke vor. Für senkrecht montierte Fassadenplatten beträgt sie allgemein 30 mm, bei einzelnen Gesteinsarten können größere Mindestdicken notwendig werden.
Mit der in den neunziger Jahren entwickelten Hinterschnitt-Befestigung ist es gelungen, die mögliche Plattenstärke auf 20 mm zu reduzieren. Dafür werden auf der Plattenrückseite mit einem Spezialbohrer hinterschnittene Bohrlöcher ausgeführt, in die anschließend ein Hinterschnittanker gesteckt wird, der nach dem Eindrehen durch Formschluss (nicht durch Spreizdruck!) fest und sicher in der Platte sitzt.
Am äußeren Ende des Ankers befindet sich eine Agraffe, die in waagerecht verlaufende Tragprofile der vorab montierten Unterkonstruktion eingehängt wird. Die exakte Position der Platte kann mit einer Justierschraube an der Agraffe nachträglich beeinflusst werden.
Die Befestigung mit Hinterschnittankern befindet sich vollständig auf der Plattenrückseite. Sie ist deshalb nicht sichtbar, während bei Dornlagerungen stets Ankerteile in der Plattenfuge zu erkennen sind. Mittels Agraffen befestigte Platten lassen sich außerdem für Reparaturen oder für den Austausch einzeln wieder demontieren.
Der Normengeber konnte sich bei der letzten Überarbeitung der DIN 18 516 Teil 3 nicht dazu durchringen, die Hinterschnitt-anker in der Norm zu regeln. Sie müssen deshalb eine Allgemeine bauaufsichtliche Zulassung haben.
Diese gelten aber nicht für den jeweiligen Hinterschnittanker generell, sondern immer nur im Zusammenhang mit einem konkreten Bekleidungsmaterial.
Bei Faserzementbekleidungen ist dies noch relativ einfach, bei Naturstein und Keramik unterscheiden die Zulassungen sogar nach den verschiedenen Arten der Steinzeugs bzw. des Gesteins.
Weiterentwicklungen der Befestigungen
Diese Mehrfach-Zulassungen erfordern einigen Aufwand bei den Herstellern. Andererseits sind Hinterschnittanker auf diese Weise nicht in das enge und wenig flexible Korsett der Normung eingebunden.
Neue Erkenntnisse können in der nächsten Zulassung sofort berücksichtigt werden. So berichtet Fischer Befestigungssysteme – zusammen mit Keil Werkzeuge einer der beiden aktuellen Anbieter von Hinterschnittankern –, dass für den Anker FZP-W im Jahr 2003 erstmals ein neuer Zulassungstyp erreicht werden konnte.
Darin wird nicht mehr wie bisher eine maximale Plattengröße definiert, für die der Anker zugelassen ist. Vielmehr sind jetzt die maximal zulässigen Kräfte in der Platte das maßgebliche Kriterium. Dadurch kann die Tragfähigkeit des Systems Platte/Hinterschnittanker in jeder konkreten Einbausituation optimal ausgenutzt werden. Bei nur gering durch Wind- und Eigenlast beanspruchten Platten werden größere Formate möglich, als es bei der alten Definition über die maximale Plattengröße der Fall gewesen wäre.
Eine andere Innovation, die die Hinterschnittanker ermöglicht haben, sind vorgefertigte Fassaden mit den verschiedensten Bekleidungen, darunter auch schwere Materialien wie Naturstein oder Betonwerkstein. Als Basis dienen meist geschosshohe Metallkassetten, auf denen die jeweilige Fassadenbekleidung bereits in der Vorfertigung mit Hinterschnittdübeln befestigt wird. Das Gesamtbauteil, in das ggf. auch das Fenster schon integriert sein kann, wird dann mit dem Kran zum Einbauort gehoben und dort am Bauwerk verankert.
Eine von den mechanischen Befestigungen unabhängige Perspektive könnten zukünftig die geklebten Fassaden darstellen. Allerdings gibt es für das Ankleben von Fassadenplatten auf Unterkonstruktionen bisher keine Norm und soweit dem Autor bekannt ist auch kein System mit einer Zulassung. Man müsste also in Deutschland den Weg über die Zustimmung im Einzelfall gehen. Schon für leichte Bekleidungen ist dies sehr aufwändig und hat nur geringe Erfolgsaussichten, bei schweren Werkstoffen ist es nach Meinung vieler Fachleute völlig aussichtslos.
Nach Angaben aus der Industrie ist die Situation in anderen europäischen Ländern jedoch fortschrittsfreundlicher, etwa in den Niederlanden oder in Litauen, wo schon geklebte Fassaden ausgeführt wurden. Technisch gesehen ist die Fassade mit Klebebefestigung also durchaus eine Perspektive, wenn auch wegen des geltenden Baurechts zunächst nicht für Deutschland.
Produkte
Verschiedene Mörtelanker sowie justierbare anzudübelnde Anker für die Befestigung von Natur- oder Betonwerkstein an der Fassade bietet Halfen in der Lutz-Produktgruppe an. Des weiteren gehören zum Sortiment Schienenbefestigungen und Unterkonstruktionen, sowohl für die klassische Dornbefestigung als auch für das Einhängen von Agraffen bei der Verwendung von Hinterschnittankern.
Die Halfenschiene lässt sich außerdem für die Verankerung von vorgefertigten Fassadenelementen einsetzen. Die Schienen werden dafür in den Rohbau mit einbetoniert und die Fassadenelemente bei der Montage daran angeschraubt. Das System ist sofort belastbar und lässt sich auch nachträglich noch justieren.
Halfen GmbH & Co. KG
Weitere Informationen bba 513
Wie schon angesprochen, gibt es mit den Fischerwerken und Keil Werkzeuge derzeit zwei Anbieter von Hinterschnittverankerungen, die bauaufsichtliche Zulassungen für den Einsatz ihrer Anker in Kombination mit einer großen Zahl von Bekleidungsmaterialien haben. Keil berichtet außerdem von der ersten europäischen Zulassung (ETA) für einen Hinterschnittdübel, die das Unternehmen für seinen Typ KH und die Befestigung aller Feinsteinzeugplatten nach EN 176 bis zu einem Formt von 60 x 120 cm erlangen konnte.
fischerwerke Artur Fischer GmbH & Co.KG
Weitere Informationen bba 514
Keil Werkzeugfabrik Karl Eischeid GmbH
Weitere Informationen bba 515
Die Hinterschnittbefestigungen erfordern in jedem Fall ein Unterkonstruktion, in die die Agraffen eingehängt werden können.
Eine solche Unterkonstruktion bietet beispielsweise Wagner-System an. Sie besteht aus waagerecht zu montierenden Tragprofilen, die auf die senkrecht verlaufenden Grundkonstruktionen WS-L oder WS-Z desselben Herstellers zu montieren sind.
Die Systeme WS-L oder WS-Z können aber auch als Unterkonstruktion für die klassische Dornlagerung eingesetzt werden.
Mit PicTec hat das Unternehmen außerdem ein seit mehr als 15 Jahren angewendetes Klebeverfahren für Fassadenbekleidungen im Sortiment, mit dem sich die Materialstärken auf bis zu 10 mm reduzieren lassen – sofern die Einbau- und Belastungssituation der Platten sowie das im jeweiligen Land geltende Baurecht dies erlauben.
WS Fassadenelemente GmbH
Weitere Informationen bba 516
Unterkonstruktionen für das Einhängen der Agraffen von Hinterschnittankern gibt es außerdem von BWM Dübel+Montagetechnik sowie im Sortiment Systea der Firma Christian Pohl.
BWM Dübel+Montagetechnik GmbH
Weitere Informationen bba 517
Christian Pohl GmbH
Weitere Informationen bba 518
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