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Offen für Regen

Versickerung bei Pflasterflächen
Offen für Regen

Die teilweise dramatischen Hochwasserereignisse der letzten Jahre haben die Sensibilität gegenüber versiegelten Siedlungs- und Verkehrsflächen erheblich verstärkt.

Das Niederschlagswasser dieser Flächen soll möglichst nicht mehr gesammelt und abgeleitet werden, sondern an Ort und Stelle versickern.
Diese Form der Regenwasserentsorgung entspricht einerseits der ökologischen Vernunft und wird andererseits in vielen Orten vom Landesrecht oder von Kommunalsatzungen gefordert bzw. teilweise auch gefördert. So kann der Bauherr etwa durch die Reduzierung oder den Entfall der Regenwassergebühren bei örtlicher Versickerung seine Bewirtschaftungskosten senken.
Bei der Planung derartiger Systemlösungen sind neben den gestalterischen auch rechtliche Abgrenzungen sowie Fragen der hydraulischen Bemessung und der verkehrstechnischen Belastung zu beachten.
Rechtliche und technische Einsatzbedingungen
Die örtliche Versickerung von Niederschlagswasser ist ein natürlicher Prozess und somit nicht genehmigungspflichtig.
Das gilt für befestigte Flächen, wenn entweder ungesammeltes und gering verschmutztes Niederschlagswasser breitflächig über die Ränder der Befestigung abfließen kann oder die Oberfläche selbst wasserdurchlässig ist.
Der erste Fall kann technisch elegant mit offenen Mulden oder Rigolen gelöst werden. Solche Mulden und Rigolen (unterirdische Kiesstränge oder Dränrohre) lassen sich optisch attraktiv in begrüntes Land um die befestigte Fläche herum integrieren. Allerdings braucht man dafür Platz, den man nicht immer hat.
Wasserdurchlässiges Betonpflaster, das unter Bezeichnungen wie hydroaktives oder Öko-Pflaster auf dem Markt ist, kann eine Alternative sein, weil das Wasser hier in der befestigten Fläche selbst versickert.
Für diese Pflasterungen gibt es ein Merkblatt der FGSV, das außerdem auch wasserdurchlässige Deckschichten aus Beton oder Asphalt behandelt. Noch hilfreicher für die praktische Arbeit des Planers dürfte der Kommentar zu diesem Merkblatt sein, der sich jedoch nur auf Betonsteinpflaster bezieht und von der SLG herausgegeben wurde.
Danach ist wasserdurchlässiges Pflaster für Verkehrsflächen einsetzbar für: Garten- und landwirtschaftliche Wege, Notfahrbereiche, Grundstückszufahrten, Flächen für den ruhenden Verkehr (Pkw-Verkehr mit geringem Schwerlastanteil), Anliegerstraßen oder Fußgängerzonen ohne Busverkehr sowie jeweils adäquate private Flächen. In der Systematik der RStO sind das Flächen bis zu einer maximalen Verkehrsbeanspruchung nach Bauklasse V.
Der durchlässige Untergrund muss eine Mächtigkeit von mindestens 1 m aufweisen, damit das Wasser schnell abfließen kann. Der Abstand zum freien Grundwasserspiegel muss 2 m betragen, um eine ausreichende Filterwirkung zu erreichen.
In Wasserschutzgebieten (Zonen I und II) sowie bei Einrichtungen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen hantiert wird (Tankstellen, Lager), ist eine Versickerung nicht zulässig. Streusalze im Winterdienst dürfen auf versickerungsfähigen Flächen nicht verwendet werden.
Varianten des wasser- durchlässigen Pflasters
Es gibt also eine Reihe von Einsatzbeschränkungen für wasserdurchlässiges Pflaster, die vorab zu prüfen sind.
Wenn eine Anwendung möglich ist, muss der Planer anhand der verkehrstechnischen und der hydraulischen Beanspruchung der Flächenbefestigung das geeignete Pflaster auswählen. Grundsätzlich unterschieden werden: Pflastersteine und Plattenbeläge mit Aussparungen, Pflastersteine mit aufgeweiteten Fugen und Pflastersteine aus haufwerksporigem Beton.
Bei Steinen oder Platten mit Aussparungen können die Öffnungen entweder im Stein selbst (als Lochung oder als Gitter) ausgebildet sein – oder sie entstehen durch die spezielle Form der Steine jeweils an ihrem Rand, etwa indem rechteckige Steine abgestumpfte Ecken haben. Die Öffnungen entstehen hier faktisch erst durch die Verlegung.
Der Anteil der Öffnungen, der für die hydraulische Bemessung maßgeblich ist, erreicht bei den Steinen mit Aussparung Größenordnungen von etwa 10 %. Die Öffnungen können mit Splitt gefüllt oder begrünt werden. Pflastersteine mit aufgeweiteten Fugen werden mit separaten Abstandhaltern verlegt, die aus Beton, Kunststoff oder Holz bestehen können. Teilweise sind die Abstandhalter auch an den Stein angeformt. Die Fugenbreite erreicht je nach System bis zu 35 mm und liegt damit deutlich über den normalen Pflasterfugen von 3 bis 5 mm.
Von der Fugenbreite hängt der Öffnungsanteil ab, der über 20 % liegen kann. Die breiten Fugen führen zu einer nur durchschnittlichen mechanischen Belastbarkeit, der Einsatz in der Bauklasse V nach RStO wird in der Literatur nicht empfohlen.
Für Parkflächen mit geringer Verkehrsfrequenz ist der Einsatz möglich, jedoch sollten befahrene Flächen möglichst nicht mit losen Abstandhaltern ausgeführt werden. Wie schon bei den Aussparungen lässt sich auch bei den breiten Fugen wahlweise die Versickerungsfläche mit Splitt füllen oder begrünen.
Bei Pflaster aus haufwerksporigem Beton wird durch eine spezielle Rezeptur eine offenporige und wasserdurchlässige Struktur im Stein selbst erreicht.
Mit steigender Durchlässigkeit sinkt jedoch in der Regel die Druckfestigkeit der Steine, weshalb ihr Einsatz vornehmlich im privaten Wohnbereich und bei geringer belasteten Wegen empfohlen wird. Hier aber entfaltet die Bauweise ihren ganzen Charme als „lochfreie“ und deshalb auch mit hochhackigen Schuhen komfortabel zu begehende Oberfläche.
Hydraulische Bemessung
Wasserdurchlässiges Pflaster muss eine Regenspende von 270 l/(s ha) vollständig „schlucken“ können.
Dies erfordert einen Durchlässigkeitsbeiwert von 5,4 10–5 m/s für die Oberfläche und selbstverständlich auch für alle nach unten anschließenden Schichten des Oberbaus und des Baugrunds. (Für weniger durchlässige Baugründe erläutert das Merkblatt Sondervarianten, auf die hier aus Platzgründen nicht eingegangen werden kann.)
Da bei Steinen mit Aussparungen oder aufgeweiteten Fugen nur die Öffnungen Wasser versickern lassen, muss der Beiwert durch den prozentualen Öffnungsanteil dividiert werden. Wenn beispielsweise 10 % Fugenanteil erreicht werden, ergibt sich für die Fugen eine erforderliche Durchlässigkeit von 5,4 10–5/0,10 = 5,4 10–4 m/s. Bestimmte Splittkörnungen, etwa 1/3 oder 2/5 mm, erfüllen diese Bedingung im Neuzustand durchaus.
Im Laufe der Zeit setzen sich aber sowohl die Fugen und Öffnungen als auch die Poren von haufwerksporigem Beton allmählich mit Feinstpartikeln zu. Der genaue Verlauf der Verschmutzung ist noch nicht erforscht, doch wird davon ausgegangen, dass sich die Versickerungsleistung eventuell bis zur Hälfte reduziert. Es muss deshalb bereits im Planungsstadium eine Notentlastung auf der Oberfläche für den nicht mehr versickernden Teil des Niederschlagswassers geplant werden. Diese wird anfangs nur selten und nur bei starkem Regenfall in Anspruch genommen, später dann häufiger. Möglichkeiten für diese Oberflächenentwässerung sind wiederum genehmigungsfreie seitliche Mulden und Rigolen oder aber die Sammlung und Ableitung zu einer Versickerungsanlage bzw. zur Kanalisation, wobei aber diese Varianten eine wasserrechtliche Genehmigung erfordern und ggf. der Anschlusszwang an das kommunale Abwassernetz zu beachten ist.
Es handelt sich hier um ein gewisses Handicap der wasserdurchlässigen Befestigungen. Denn zunächst möchte man ja mit ihrem Einsatz die Oberflächenentwässerung und damit eventuell verbundene Genehmigungen umgehen, muss sie in Form der Notentlastung dann aber doch wieder berücksichtigen, wenn auch immerhin nur für die Hälfte des zu erwartenden Regenwassers.
Einfluss auf die hydraulische Situation haben auch Begrünungen in den Aussparungen oder den aufgeweiteten Fugen. Das Wurzelwerk verringert die Versickerungsleistung auf etwa 20 %, wirkt aber gleichzeitig als Wasserrückhaltung. Das Merkblatt setzt den Oberflächenabfluss – also den nicht versickernden Anteil – bei Begrünungen deshalb mit 50 % an (und nicht etwa mit 80 %). Da in dieser Größenordnung ohnehin eine Notentlastung vorhanden sein muss, verschlechtert sich die hydraulische Bewertung für den Planer durch die Begrünung nicht. Sie verbessert sich allerdings auch nicht, wie man im ersten Augenblick vielleicht meinen könnte. Optisch dürften bewachsene Fugen oder Öffnungen in den meisten Fällen ein Gewinn sein.
Für alle Formen wasserdurchlässiger Pflasterungen darf die Querneigung – abweichend von den 2,5 bis 3,0 % nach DIN 18318 bzw. RAS-Ew – auf 1 % abgesenkt werden. Dies erhöht die Verweildauer des Wassers und damit die Versickerungsleistung. Bei Starkregen kann es dann jedoch zu zeitweiser Pfützenbildung kommen, weshalb die Absenkung des Gefälles in Abhängigkeit von der Nutzung und dem Anspruchsverhalten der Nutzer sorgfältig geprüft werden sollte. Über 5 % Neigung ist der Einsatz von wasserdurchlässigem Pflaster nicht mehr zu empfehlen, weil die Versickerungsleistung zu stark eingeschränkt ist. Außerdem kann es zu Ausspülungen aus den breiten Fugen bzw. Öffnungen kommen.
Markus Hoeft
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