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Lebendig strukturiert und seidenmatt glänzend

Schiefer: Stein mit vielen Gesichtern
Lebendig strukturiert und seidenmatt glänzend

Dipl.-Ing. Gerard Halama, Büro für Fachpublizistik / r.

Die Schieferbranche steht heute gut da. Die Preise sind günstig, die Auswahl ist groß und das Ansehen der Naturgesteine bei Architekten und Bauherren besser als je zuvor.
Von Schiefer-Renaissance ist die Rede. Die Umsätze sind förmlich explodiert. Hat Rathscheck Schiefer, als führender Anbieter hierzulande, 1975 noch rund 143 000 m² Dachfläche jährlich beliefert, sind es heute europaweit gut 4 700 000 m².
Die Branche, die sich derzeit so positiv präsentiert, begann ihren Aufstieg vor rund 30 Jahren.
Als 1968 das große „Schieferbergbau-Sterben“ in Deutschland umging, blieben von einst rund 20 kleinen und großen Schiefer-Produktionsstätten nur einige wenige übrig. Der Grund waren veraltete Abbautechniken und ein eingeschränktes Angebot anspruchsvoller Deckarten im Wettbewerb zu preiswerten industriellen Ersatzprodukten.
Schritt für Schritt wurden die Bergwerke modernisiert und die Produktionsmethoden verfeinert. Neue Technologien unter und über Tage reduzierten die Gewinnungskosten des Schiefers um rund 20%.
Zusätzliche Partnerschaften mit ausgewählten, internationalen Gewinnungsstätten ermöglichten die Produktion einfacher Schablonendeckarten. Die effektive Gewinnung und Zurichtung des Naturbaustoffes, z.B. mit speziellen Zurichtmaschinen, erlaubte eine günstige Preisgestaltung.
Preisgünstige Deckarten unterstützen den Trend zum Schiefer. Moselschiefer und Schiefer aus ausgesuchten internationalen Vorkommen (InterSIN) bilden zur Zeit die Basis für 13 Deckarten mit rund 250 Design-Möglichkeiten der Dach- und Wandeindeckung; entsprechende Software erleichtert die Planung von Schieferdächern. Spezielle Aufsparrendämmsysteme für Schieferdächer erlauben beste Dämmwerte auch im Schieferdach.
Entstehung
Schiefer ist ein Sedimentgestein aus feinstem Tonschlamm. Die Entstehungsgeschichte reicht 350 bis 400 Millionen Jahre bis in die Devon-Zeit zurück.
Der Tonschlamm musste in den Millionen Jahren im besonderen Maße Hitze, Druck und Verformungen ertragen, bis aus ihm – mit viel Glück und Zufall – nutzbarer Schiefer wurde.
Bei der Gebirgsbildung wurden die ursprünglichen Tonminerale entlang der feinen Scherflächen gedehnt und kristallisierten unter Druck und Wärme zu neuen, höherwertigen und vor allem plättchenförmigen Mineralien (Glimmer).
Dem Tongestein wurde dabei eine neue Struktur aufgedrängt: die Schieferung. Die gleichmäßige Ausrichtung der Minerale entlang der Schieferung, ihre Verzahnung untereinander, ihre Dichte und der mikroskopische Aufbau sind heute Qualitätsmerkmale für hochwertigen Schiefer.
In verschiedensten Qualitäten und Farben kommt dieser spaltbare Stein weltweit vor. Hohe Lebensdauer und Witterungsbeständigkeit begründen den guten Ruf und die weite Verbreitung.
Ein hochwertiger Schiefer ist in seiner Oberfläche fest, reizvoll, lebendig strukturiert, seidenmatt glänzend und vor allem sehr langlebig. In einem hochwertigen Schiefer sind bis zu 90 Schichten pro Millimeter nachweisbar.
Die einzelnen Schichten werden von Glimmerlagen unterbrochen. Sie verleihen dem Schiefer den feinen seidigen Glanz. Innerhalb dieser Schichtung ist der Stein im bergfeuchten Zustand spaltbar. Heute sind Spaltstärken von etwa 5 mm üblich.
Je nach mineralischer Zusammensetzung und Entstehungsgeschichte, z.B. Druck unter Gebirgen oder Hitze, kristallisierten sich aus diesen Sedimenten die bei uns bekannten graublauen, aber auch grüne und rote Schiefer. Die farbigen Schiefer werden bei uns verstärkt erst seit einigen Jahren angeboten.
Geschichte und Deckarten
Schiefer werden schon seit über 2000 Jahren für Dachdeckungen verarbeitet. Viele Jahrhunderte alt sind die Erfahrungen mit diesem Gestein. Es gibt viele Belege dafür, dass die Römer bereits in erheblichem Umfang Schiefer verwendeten. Dies passt sehr gut zur Mentalität der Römer, die viel Gespür für die Qualität ihrer Baustoffe hatten.
Mit ihrer hervorragenden Transport-Technologie und Staatsorganisation waren sie durchaus fähig, geeignete Baustoffe über erhebliche Distanzen, z.B. per Schiff, zu transportieren.
So wundert es nicht, dass in Xanten am Niederrhein fern von jedem Schiefervorkommen die Befestigungsanlagen mit Schieferplatten gedeckt wurden. Es handelt sich dabei um Moselschiefer, wie gesteinskundliche Analysen belegen.
Die u.a. in Xanten überlieferten Dächer ähneln in ihrer Konstruktion noch den flachen Ziegeldächern der Römer. Die Schieferplatten sind mit 1 bis 2 cm Spaltstärke relativ dick und schwer, so dass sie wie Ziegel verlegt werden konnten. Man bevorzugte geometrische, schablonierte Formen wie z.B. Rechtecke und Spitzwinkel.
Daneben gab es offensichtlich auch schon andere Formen, wie ein Relief des römischen Grabmals in Igel bei Trier zeigt: Hier wird die Sandsteinsäule mit einem Relief bekrönt, das ein steiles Schieferdach mit Schuppendeckung nachempfindet.
Zwischen der Römerzeit und dem Mittelalter fehlen Zeugnisse für die Schieferdeckung. Erst um 1100 erscheinen wieder Hinweise auf „Leyendecker-Zünfte“ (alte Bezeichnung für Schieferdecker) im Trierer Raum.
Statt einfachen geometrischen Formen, wie z.B. Spitzwinkel, die noch in der Römerzeit vorherrschend waren, überwiegen jetzt Altdeutsche Schieferformate (Schuppenform). So auch bei der von 1228 erwähnten Schieferdeckung der Kaiserpfalz bei Goslar. Die Verwendung von Schiefer schien nach und nach in einzelnen Regionen des ehemaligen Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation regional die Strohdächer zu verdrängen.
So sind 1363 in den Zunftaufzeichnungen von Trier 24 Schieferdecker verzeichnet und nur ein Strohdecker.
Schiefer heute
Altdeutsche Deckung: Zu den herausragenden Besonderheiten des bundesdeutschen Schiefermarktes gehört die Altdeutsche Deckung. Diese „Königin der Deckarten“ zählt zu den handwerklich schwierigsten Dachdeckungen überhaupt.
Die Altdeutsche Deckung ist vorwiegend in Deutschland bekannt, zeichnet sich durch kunstvoll eingebundene Anfang- und Endorte, Trauf- und Firstgebinde sowie durch viele handwerklich anspruchsvolle Kehlausbildungen aus. Zur ästhetisch herausragenden Eigenschaft der Altdeutschen Deckung zählen u.a. die sich verjüngenden Gebinde. Das heißt, dass die Decksteine von Traufe zu First hin immer kleiner werden. Damit wird die Ästhetik eines Daches für den Betrachter oft unbewusst erhöht. Zur Lebendigkeit und Einmaligkeit der Altdeutschen Deckung tragen auch verschieden breite Steine bei. Mit Übersetzungen von zwei kleinen auf einen großen Stein werden diese unterschiedlichen Decksteine in die Dachfläche eingebunden.
Die Schuppendeckung ähnelt der Altdeutschen Deckung. Der einzelne Stein hat die gleiche, wie die Altdeutsche Deckung, auf einem Rhombus basierende Geometrie. Der Unterschied zur Altdeutschen Deckung ist nur gering.
Alle Steine dieser Deckung sind gleich hoch und breit (Schablonen). Es gibt keine Übersetzungen von breiten Steinen auf Schmale Steine. Das Dach wirkt ähnlich elegant wie eine Altdeutsche Deckung, ist aber insgesamt flächiger und gleichmäßiger,dagegen in den Schieferkehlen zuweilen etwas unruhiger.
Die Bogenschnittdeckung zählt zu den preisgünstigsten Schiefer-Deckarten überhaupt. Sie basiert auf einem Quadrat mit einer bogenförmig abgerundeten Sichtseite. Mit der Bogenschnittschablone ist die Schieferbranche in den direkten Wettbewerb zu den industriellen Ersatzprodukten, den Faserzementplatten getreten. Besonders in dieser vergleichbaren Deckart ist die neue Leistungsfähigkeit der Branche erkennbar. Die Bogenschnittdeckung ist heute die am häufigsten genutzte Schieferdeckart. Sie ist der „VW“ des Schieferdaches
Die Rechteckdoppeldeckung
wird vor allem in Benelux, Frankreich, Spanien, England und auch in den USA ausgeführt. Die Deckung mit rechteckigen Steinen gehört im zusammenrückenden Europa zu den Klassikern der Baugeschichte.
Das rechteckige Format passt zu vielen modernen Bauten und ist bei uns eine junge Deckung mit großer Zukunft.
Diese Deckart kennt zudem nur wenige schwierige Details und lässt sich relativ schnell zur Perfektion erlernen.
Viele großartige, klassische Bauten der Franzosen und Engländer wie z.B.: der Louvre, Versailles oder der Palast von Westminster sind mit rechteckigen Schiefern eingedeckt.
Als entscheidender Vorteil der Rechteckdoppeldeckung gilt hierzulande die schnelle und damit preisgünstige Verlegung. Das praktische, in Produktion, Transport und Lagerung technisch orientierte Rechteckformat ist in Deutschland die Basis für eine große Vielfalt preisgünstiger Schieferdeckungen. Sie alle haben das Rechteck als gemeinsames Ausgangsformat.
Die Spezial-Fischschuppendeckung ist eine Rechteckdoppeldeckung, die in der Sichtfläche einen Segmentschnitt aufweist. Dadurch entsteht die Optik einer Fischschuppe.
Coquettes sind Rechtecke mit einer komplett abgerundeten Steinseite, die in der Sichtfläche ein absolut rundes Deckbild ergeben.
Octogones sind Rechtecke mit unter 45° gestutzten Ecken, die im Deckbild auf dem Dach einer Bienenwabe ähneln.
Die Spezial-Wabendeckung ist ein Quadrat mit einer gestutzten Ecke.
Quadratische Decksteine ergeben ein geometrisch strenges Deckbild.
Spitzwinkel-Schablone: Wird das Quadrat auf die Spitze gestellt, entsteht ein rautenförmiges Deckbild. Bereits die Römer kannten die Spitzwinkel-Schablonen. Mit dieser Decksteinform wurden viele Bauten des Limes eingedeckt.
Die Wilde Deckung ist eine sehr auffällige Deckart, die hierzulande nur wenige Male pro Jahr eingedeckt wird. Der Exot stammt vom Steinlegedach ab und erfordert einen hochqualifizierten und gestalterisch begabten Dachdecker. Hier muss jeder Stein einzeln auf dem Dach von Hand zugerichtet werden.
Qualität
Guter Schiefer hält Jahrhunderte. Qualitätsmindernde Bestandteile sind höherprozentige Sand, Erz- und Kalkeinlagerungen sowie Schwefel- und Kohlenstoffverbindungen. Solche Schiefer bleichen aus, werden weich und spalten sich frostbedingt ihrer Schieferung entlang auf.
Drei Punkte gilt es zu beachten: Güteüberwachung, Herkunft und Bewährung.
Beurteilungskriterien sind dabei: Farbbeständigkeit, Glanz, Struktur und Festigkeit. Ein guter Schiefer bleibt auch nach Jahren blau-grau, seidenmatt glänzend und weist eine feste Struktur auf.
Vom Wetterschutz zum Dach-Design
Das Design folgt der Funktion, dies ist nicht nur ein Grundsatz für die erfolgreiche Gestaltung von Gebrauchsgegenständen.
Das gleiche Prinzip gilt auch für Dächer, insbesondere für Schieferdächer.
Schiefer wird in gebirgigen Regionen wie z.B. der Eifel abgebaut. Um den zuweilen extremen Wetterbedingungen in diesen Regionen gerecht zu werden, entwickelten die Dachdecker in den zurückliegenden zweitausend Jahren spezielle Schiefer-Verlegetechniken.
Traditionell sind Schieferdächer daher von der Funktion des maximalen Wetterschutzes geprägt. Qualität und Sicherheit stehen im Vordergrund.
Weil unseren Vorfahren keine Dichtungsmittel und Bleche zur Verfügung standen, waren sie gezwungen, alle Anschlüsse, Ecken und Kehlen komplett mit Schiefer einzudecken. Aus dieser Notwendigkeit entwickelten sich im Laufe der Zeit viele handwerklich anspruchsvolle und ästhetische Dachdetails. Sie gehören heute ebenso zur Schieferarchitektur wie der vollflächige Schiefermantel für das Dach und die Fassade.
Im Zuge der Schiefer-Renaissance geht dieses natürliche Gestein über seine angestammten Verbreitungsgebiete hinaus auf bundesweite Wanderschaft. Mit dem Ausschwärmen in Schönwetterregionen folgt der Naturstein heute, neben den klassischen Merkmalen eines Schieferdaches, neuen stilistischen Ideen. Die Schönheit des Gesteins und die Gesamtästhetik des Daches stehen im Vordergrund.
Farbiger Schiefer
Den Trend zum gestalteten Schieferdach unterstützt ein Angebot farbiger Schiefer. Neben dem blaugrauen Moselschiefer aus Mayen und dem InterSIN-Schiefer aus internationalen Vorkommen ergänzt Schiefer mit dem Markennamen ColorSklent die Palette um mehrere natürliche Grün- und Rottöne. So präsentiert sich Schiefer heute bundesweit als ein Dach- und Fassadenmaterial für individuelle Architektur.
Edler Schieferglanz ist erschwinglich
Die Kosten einer Schieferdeckung werden bestimmt von Deckart und Größe des Steines. Je einfacher die Deckart und je weniger Steine man pro Quadratmeter benötigt, um so schneller ist das Dach eingedeckt und um so kostengünstiger ist eine Schieferdeckung.
Ein Grund für die Schieferrenaissance sind neue, dekorative und preiswerte Deckarten. Sie haben das Preisgefüge in den letzten drei Jahrzehnten langsam, zuweilen unbemerkt, aber dennoch nachhaltig zum Vorteil des edlen Natursteins verschoben. Mit seiner Qualität und der überragenden Ästhetik muss das Naturgestein den preislichen Wettbewerb industrieller Ersatzprodukte nicht mehr fürchten.
Fachgerecht planen
Das Programm „der Schieferplaner“ erlaubt die Planung und Ausschreibung von Schieferdächern unter exakter Berücksichtigung der geltenden Schieferfachregeln.
Dabei werden nach Eingabe der individuellen Dachparameter alle für die gewählte Schieferdeckart spezifischen Werte automatisch berücksichtigt. Für eine Altdeutsche Deckung beispielsweise gibt das Programm je nach Sparrenlänge und Dachneigung automatisch die nach Fachregel mindestens erforderlichen Steinsortierungen an. Gebindesteigung, Gebindehöhe und die Mindestdifferenz der Gebindehöhen von Traufe zum First werden ebenfalls genannt. Ist die Geometrie des Daches bekannt, berechnet das Programm automatisch die Menge der Zubehörsteine für die Anfang- und Endorte sowie die Fuß- und Firstgebinde (in kg). Ebenso geschieht die Planung für Dachgauben oder Hauptkehlen. Die Software ist mit anderen Ausschreibungsprogrammen kompatibel, so dass eine elektronische Datenübermittlung problemlos möglich ist.
• Planungsinstrument „der Schieferplaner“
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