Startseite » Allgemein »

Der Natur angenähert

Biologische Institute der Universität Dresden
Der Natur angenähert

Mit dem Bezug des neuen Gebäudes für die Biologischen Institute der Universität Dresden zum Sommersemester wurden die Institute Botanik, Genetik, Mikrobiologie und Zoologie erstmals unter einem Dach zusammengefasst. Für den Neubau zeichnet das Büro Gerber Architekten verantwortlich, das jüngst bereits etwa das Forschungszentrum des Klinikums der Universität Jena realisierte und zur Zeit weitere Instituts- und Laborbauten in Würzburg und Gummersbach plant.

Der Entwurf überträgt den Gedanken der Kooperation in zwei funktional strukturierte Gebäuderiegel, die durch eine terrassierte, gläserne Halle als Ort der Zusammenkunft verbunden werden. Ein eingestellter Solitärbaukörper, über einen Steg allen Instituten zugeordnet, nimmt vier Praktikumssäle als Zentrum der studentischen Arbeit auf. Der vorgegebenen Topografie folgend, öffnet sich die weite Außentemperaturhalle sowohl zur Universitätsmagistrale wie zur südlich anschließenden freien Landschaft; als Erschließungs- wie Begegnungsraum integriert sie die Vegetation und vermittelt zwischen städtischer Umgebung und offener Natur.
Kontext
Der Austausch zwischen den vier Instituten sowie zwischen Forschung und Lehre ist grundlegend für das angewandte und stark interdisziplinär ausgerichtete Profil, wie es die Biologie in Dresden verfolgt; er prägt bei gleichzeitiger Eigenständigkeit der einzelnen Bereiche auf pragmatische und der wissenschaftlichen Disziplin adäquate Weise die neue Architektur.
Der Entwurf, mit dem Prof. Eckhard Gerber sich im Wettbewerb 2001 unter 164 internationalen Teilnehmern durchsetzte, transformiert die überlieferte Kammstruktur der vorhandenen Universitätsbauten in diesem Sinne zu einem eigenständigen Organismus und setzt damit zugleich die bestehende Universitätsmagistrale schlüssig nach Westen fort.
Die zentrale Bedeutung der unmittelbar benachbarten Bibliothek (Ortner & Ortner, 2002), von deren Nähe auch die Biologischen Institute in Forschung und Lehre profitieren, wird gestärkt, während sich logische Perspektiven für die künftige Entwicklung des Campus ergeben. Mit der topographischen Ausbildung der zentralen gläsernen Halle integrieren die Planer darüber hinaus den städtebaulichen Übergang zur Natur als maßgebliches und sinnfälliges Element in die Architektur.
Innere Struktur
Die vier Institute verteilen sich auf das 1. und 2. OG der beiden parallelen Riegel. Als Dreibünder ausgebildet, verbindet jedes Geschoss auf höchst funktionale Weise der Lehre zugeordnete Seminar- und Büroräume auf der hallenzugewandten Seite mit nach außen orientierten, modernen Labor- und Forschungsbereichen. Die Mittelzone nimmt umfangreiche technische Nebenräume auf, darüber hinaus wurden gläserne Kuben als Besprechungsräume integriert.
Eine bemerkenswerte Besonderheit stellt die Lage der Tierställe im zurückgestaffelten Dachgeschoss, direkt über dem Institut für Zoologie, dar, ebenso wie die Anordnung der Gewächshäuser über dem Institut für Botanik.
Den Störungen des Hochschulalltags entzogen, treten sie in einen unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit der zentralen Halle, während das EG ganz den öffentlicheren Nutzungen wie Praktikumsräumen, dem Dekanat, einem kleinen Café im Eingangsbereich sowie dem offenen Austausch vorbehalten bleibt.
Vier Praktikumssäle wurden derweil in einem in die Halle eingestellten, holzverkleideten Solitärbaukörper angeordnet. Dem gemeinschaftlichen Bereich und zugleich über offene Stege den Instituten zugehörig, betont der „Raum im Raum“ den Stellenwert der Praktika in der universitären Lehre. Als scharf umrissener Körper tritt er in ein prägnantes Verhältnis zu den organischen Formen der begrünten Terrassen und gibt der offenen Halle räumlichen Halt.
Offener Raum
Gemeinsam mit der Halle rückt der eingestellte Baukörper die gemeinschaftliche Interaktion ins Zentrum der Architektur. So wurde über das straffe Programm hinaus auch das „Dach“ des Solitärkörpers als frei nutzbare Fläche mit Blick bis hinein in die Landschaft gewonnen. Die Halle selbst, als Begegnungs- wie als Veranstaltungsort geplant, führt diesen Gedanken weiter und überkreuzt ihn mit der Funktion einer topographischen Passage.
Gemäß dem umliegenden Terrain steigt der Grund um ein Geschoss an und leitet zum freien Naturraum über; die Landschaft scheint mit ihrem Bewuchs hereinzufließen und nähert sich über die Terrassen mit integrierten Sitzbereichen sukzessive der Architektur an. Ihrer Funktion adäquat wurde die Halle als Außentemperaturraum geplant, dessen Be- und Entlüftung durch zu öffnende Lamellen in der Fassade und dessen notwendiger Wärmeeintrag ausschließlich durch Strahlungswärme gesichert wird.
Materialität
Der Gesamtkonzeption des Gebäudes folgend, stützt die Materialität innerhalb der Halle den Eindruck eines kultivierten Außenraums.
So wurden, im Gegensatz etwa zum Kautschukboden in den Laboren, im Hallenbereich Betonwerksteinplatten verlegt und die großzügig verglasten „inneren“ Fassaden wie bei der äußeren Hülle in ihren geschlossenen Teilen mit anthrazitfarbenen Faserzementplatten verkleidet.
Die Festverglasung der als filigrane Pfosten-Riegel-Konstruktion ausgeführten Fensterbandfassade wird in einem gleichmäßigen Raster von schmalen hölzernen Drehkippflügeln unterbrochen, in denen die Materialität des eingestellten Solitärs und der Sitzbereiche auf den Terrassen wiederkehrt. Außen wurde der Fassade darüber hinaus ein ebenfalls anthrazitfarbener horizontaler Sonnenschutz vorgehängt, dessen bewegliche Flachlamellen an gebäudehohe Stahllisenen befestigt sind.
Entsprechend seiner klaren, pragmatischen Entwurfshaltung bleibt Eckhard Gerber damit einer bewusst reduzierten Materialität und Farbigkeit verpflichtet, die den Zusammenhalt des Gebäudes fördert und zugleich den Kontrast zwischen widerstandsfähiger Hülle und dem delikateren, in weißem Putz gehaltenen Innenbereich der Gebäuderiegel unterstreicht. Trotz seiner Offenheit, die sich aus den universitären Bedürfnissen wie aus der Topographie generiert, schließt sich das Gebäude zu einem prägnanten Körper zusammen.
Gerade durch die Abstufung von den kommunikativen Bereichen hin zu den Laborräumen, wie sie der Annäherung der Studenten von der Grundlehre an die Forschung entspricht, sichert der Neubau der wissenschaftlichen Arbeit den notwendigen Schutz.
Perspektiven
Das neue Gebäude für die Biologischen Institute entspricht der wachsenden Relevanz des vor zwölf Jahren neu gegründeten Fachbereichs Biologie und trägt zu seiner Stärkung auf dem Campus der Universität Dresden bei. Profitiert hat der Fachbereich insbesondere von der Entscheidung der Max-Planck-Gesellschaft, das Max-Planck-Institut für Molekulare Zellbiologie und Genetik in Dresden anzusiedeln, und von dem Beschluss des Freistaates Sachsen, die Biotechnologie im besonderen Maße zu fördern. Für die Ausbildung der Studierenden in den Studiengängen Biologie und Molekulare Biotechnologie sowie für die Forschung der vier Institute steht nun mit dem neuen Gebäude die notwendige Infrastruktur bereit. Die Architektur schließt gezielt die zugängliche, produktive Präsentation etwa von Forschungsergebnissen der einzelnen Institute in gemeinsamen Zonen ein und stellt mit der offenen Halle erstmals einen eigenen, repräsentativen Veranstaltungsraum zur Verfügung.
Nicht zuletzt bedeutet der Neubau eine Steigerung der Zahl der Studienanfänger im Bereich der Biologie und Molekularen Biotechnologie von vormals rund 80 auf nunmehr über 100 – auch dies ein Ausdruck der gewachsenen, räumlichen und wissenschaftlichen Kapazität.
Architekt: Professor Eckhard Gerber, Gerber Architekten, Dortmund
Tags
Unsere Top-3-Projekte des Monats
MeistgelesenNeueste Artikel

Infoservice
Vielen Dank für Ihre Bestellung!
Sie erhalten in Kürze eine Bestätigung per E-Mail.
Von Ihnen ausgesucht:
Weitere Informationen gewünscht?
Einfach neue Dokumente auswählen
und zuletzt Adresse eingeben.
Wie funktioniert der bba-Infoservice? Zur Hilfeseite »
Ihre Adresse:














Die Konradin Medien GmbH erhebt, verarbeitet und nutzt die Daten, die der Nutzer bei der Registrierung zum bba-Infoservice freiwillig zur Verfügung stellt, zum Zwecke der Erfüllung dieses Nutzungsverhältnisses. Der Nutzer erhält damit Zugang zu den Dokumenten des bba-Infoservice.
AGB
datenschutz-online@konradin.de