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ETH Zürich - Ultra-dünnes Betondach-System entwickelt

ETH Zürich
Ultra-dünnes Betondach-System entwickelt

Ultra-dünnes Betondach-System entwickelt
Prototyp für ein ultra-dünnes, geschwungenes Betondach. Bild: Block Research Group, ETH Zürich / Michael Lyrenmann

Mit neuartigen digitalen Planungs- und Herstellungsmethoden haben Wissenschaftler der ETH Zürich einen Prototyp für ein ultra-dünnes, geschwungenes Betondach gebaut. Nächstes Jahr soll die Methode zum ersten Mal an einem echten Gebäude eingesetzt werden.

Das Betondach gehört zu einer innovativen Wohneinheit mit dem Namen HiLo, die nächstes Jahr auf dem Forschungsgebäude NEST der Empa und Eawag in Dübendorf errichtet werden soll. Nach der Fertigstellung sollen Gastforschende der Empa darin wohnen und arbeiten. Wissenschaftler um Philippe Block, Professor für Architektur und Tragwerk, und Arno Schlüter, Professor für Architektur und Gebäudesysteme, wollen dort neue Leichtbauweisen erproben und sie mit intelligenten und adaptiven Gebäudesystemen kombinieren.

Das selbsttragende und doppelt gekrümmte Schalendach besteht aus mehreren Schichten. Auf der inneren Betonlage kommen die Heiz- und Kühlschlangen zu liegen sowie eine Isolationsschicht. Gegen aussen schließt eine weitere Betonschicht das Dach ab, auf welcher Dünnschicht-Solarzellen angebracht werden. Dank dieser Technologie und einer adaptiven Solar-Fassade soll die Wohneinheit dereinst mehr Energie generieren, als sie verbraucht.

Im Maßstab 1:1 erprobt

Die Konstruktionsmethode für das Betondach wurde von Forschern der Block Research Group unter der Leitung von Prof. Block und Dr. Tom Van Mele zusammen mit dem Architekturbüro supermanoeuvre entwickelt und an einem Prototyp im Massstab 1:1 erprobt. Der Prototyp, der bereits wieder rückgebaut wurde, um zukünftigen Experimenten Platz zu machen, war siebeneinhalb Meter hoch und hatte eine Fläche von 162 Quadratmetern. Die Dicke des Betons variierte zwischen 3 Zentimetern an den Rändern des Dachs und 12 Zentimetern an den Auflageflächen.

Anstatt auf herkömmliche Schalungen aus Holz oder Kunststoff, setzten die Forscher auf ein Netz aus Stahlseil, das in einer Gerüstkonstruktion aufgespannt wird. Auf dieses Netz kommt ein Textil aus Polymer zu liegen, das dem Beton als Schalung dient. So können die Wissenschaftler nicht nur massiv Baumaterial sparen, sondern auch Lösungen für die wirtschaftliche Herstellung ganz neue Design-Formen bereitstellen. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass bereits während des Betonieren des Dachs die Fläche darunter frei bleibt und somit Bauarbeiten im Gebäudeinnern zeitgleich stattfinden können.

Algorithmen berechnen exakte Form

Das Drahtseil-Netz ist so konzipiert, dass es unter dem Gewicht des nassen Betons die gewünschte Form annimmt. Dies gelingt dank einer Berechnungsmethode, die Block und seine Gruppe im Rahmen des Nationalen Forschungsschwerpunkts Digitale Fabrikation weiterentwickelt haben. Die Algorithmen sorgen dafür, dass sich die Kräfte in jedem einzelnen Stahlseil richtig verteilen und das Dach exakt die vorbestimmte Form annimmt.

„Wenn wir die Geometrie richtig berechnen, dann gewinnen wir die Stabilität primär aus der Geometrie und nicht aus dem Baumaterial“, sagt Philippe Block. Das Kabelnetz wiegt nur 500 Kilogramm, das Textil 300 Kilogramm. Es handelt sich also um insgesamt nur 800 Kilo Material, die 20 Tonnen nassen Beton tragen.

Der Bau des Betondachs wäre ohne die Hilfe modernster Computer- und Herstellungstechniken nicht denkbar. Bauroboter kamen dennoch nicht zum Einsatz, stattdessen setzten die Wissenschaftler auf die Präzision und auf das Können von Handwerkerinnen und Handwerkern. Spezialisten der Firmen Bürgin Creations und Marti haben den Beton mit einer eigens dafür entwickelten Methode aufgespritzt. Sie mussten darauf achten, dass das Textil dem Druck jederzeit standhalten konnte. Gemeinsam mit Holcim Schweiz definierten die Wissenschaftler die richtige Betonmischung, die flüssig genug sein musste, um aufgespritzt werden zu können und zähflüssig genug, um auch an den vertikalen Stellen haften zu bleiben.

Bewiesen, dass es funktioniert

Den Prototyp für das Betondach haben die Wissenschaftler um Block im Robotic Fabrication Lab der ETH Zürich innerhalb von sechs Monaten gebaut. Er stellt einen wichtigen Meilenstein für das Projekt dar.

„Wir haben bewiesen, dass es möglich ist, ein leichtes und flexibles Schalungssystem für Beton zu bauen und dass komplexe Betonstrukturen ohne großen Materialaufwand möglich sind. In enger Zusammenarbeit mit den Unternehmen konnten wir zeigen, dass unser System auch auf der NEST-Baustelle funktionieren wird“, sagt Block.

Vom Projektstart bis zum fertigen Prototyp dauerte es vier Jahre. Dies auch, weil Philippe Block die zahlreichen Industriepartner eng in die Entwicklung des Prototyps einbeziehen wollte. Nächstes Jahr will Block das Dach in acht bis zehn Wochen auf dem NEST-Gebäude neu bauen. Die einzelnen Komponenten der Dachkonstruktion lassen sich beliebig oft wiederverwenden. Das Drahtseilnetz lässt sich in wenige Teile zerlegen, die innerhalb kurzer Zeit wieder zusammengefügt und neu aufgehängt werden können.

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