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Die bewegte Wand

Mobile und semimobile Raumtrennelemente
Die bewegte Wand

Markus Hoeft

Wände verkörpern in der Architektur ursprünglich das Abschließende und Begrenzende, während die Funktionen von Durchlässigkeit und Verbindung allein den Türen vorbehalten waren. Wände verharren in dieser traditionellen Lesart statisch-starr, sozusagen für die Ewigkeit an ihrem Platz. Beweglichkeit und Veränderung kommen der menschlichen Erfahrung nach nur den Türen und den ihnen anverwandten Fenstern und Toren zu.
Großflächige, horizontal verschiebbare Wandsysteme heben die Eindeutigkeit dieser Zuordnung auf und beziehen wohl gerade daraus einen Großteil ihrer Faszination. Sie versöhnen den Widerspruch zwischen Abschluss und Verbindung, zwischen Statik und Mobilität. Innerhalb ein und derselben Baustruktur lassen sich mit relativ geringem Aufwand sehr unterschiedliche Funktionalitäten und Raumerlebnisse gewinnen.
Mit ihrer Flexibilität passen die beweglichen Wandsysteme ausgezeichnet zur heutigen Nutzungscharakteristik von Büroimmobilien. Das Arbeiten in wechselnd zusammengesetzten Projektgruppen sowie die sich immer wieder ändernde Kombination aus Team- und Einzelarbeit fordern von der Büroarchitektur ein hohes Maß an Variabilität.
Doch nicht nur die Arbeitsabläufe sind mobil geworden, sondern auch die Unternehmen selbst. Betreiber von Bürogebäuden müssen heute eine hohe Wechselquote bei ihren Mietern erwarten. Mit flexiblen Raumangeboten erhöhen sich die Chancen einer schnellen Wiedervermietung deutlich.
Um auf Wünsche eines potenziellen neuen Mieters unkompliziert reagieren zu können, sind für diese Bauherren neben den horizontal verschiebbaren Wandsystemen auch leicht auf- und abbaubare, ansonsten aber ortsfeste Trennwandsysteme von Interesse.
Beweglich
Horizontal verschiebbare Wandsysteme – also die mobilen Wände im engeren Wortsinn – hatten ihr klassisches Einsatzgebiet zunächst als rein funktionale Einbauten in großen Veranstaltungs- und Tagungsräumen. Mittlerweile sind sie jedoch auch schon in kleineren Seminar- und Sitzungsbereichen von Büroimmobilien zu finden. Der Betreiber erhält mit den beweglichen Wänden die Möglichkeit, den Gesamtraum alternativ auch für kleinere Veranstaltungen zu nutzen. Bei diesen Anwendungen geht es hauptsächlich um eine optische Abgrenzung zur Verkleinerung des Raums, die mit nichttransparenten verfahrbaren Wänden aus Holz oder Kunststoff erreicht werden kann.
Die Nutzungsvariabilität verbessert sich, wenn die Wände einen gewissen Schallschutz bieten, weil dann mehrere Veranstaltungen zur gleichen Zeit stattfinden können. Die Möglichkeit des Überwechselns von einem Saalteil zum anderen spielt in diesen Fällen häufig eine untergeordnete Rolle, so dass Türen in der mobilen Wand nicht zwingend erforderlich sind. Türen erhöhen jedoch die Variabilität der Saalnutzung erheblich, etwa wenn in einem Saalteil die eigentliche Tagung stattfindet und im anderen für die gleichen Teilnehmer ein Essen oder ein Empfang gegeben werden soll. Speziell bei großen Messe- oder Ausstellungshallen sind Türen eventuell auch als Fluchtwege notwendig. In diesen Einbausituationen kann es außerdem Auflagen für den Feuerwiderstand oder den Rauchabschluss für mobile Wände geben.
Funktionsvielfalt im Geschäfts- und Bürobau
Mit den Fortschritten in der Glasherstellung und der Möglichkeit, große und dabei sehr stabile Scheiben verwenden zu können, erweiterte sich das Nutzungspotenzial der horizontal verschiebbaren Wandsysteme erheblich. Geschäfte in Flughäfen, Bahnhöfen oder Einkaufspassagen sind heute regelmäßig mit mobilen Glaswänden ausgestattet, die außerhalb der Öffnungszeiten den Laden abschließen, aber dennoch den freien Blick auf die Auslagen gewähren. Optische Abgrenzung ist hier gerade unerwünscht, Schallschutz meist entbehrlich. Dafür müssen die Wände jedoch abschließbar und einbruchgeschützt sein.
Wiederum völlig anders ist das Anforderungsprofil für mobile Wandsysteme im Bürobau. Hier geht es meist nicht um zweckgebundene Funktionen wie Wärme- oder Brandschutz und nur bedingt um Schall- und Einbruchschutz. Vielmehr sind variable Raumstrukturen zu inszenieren, die sich den Arbeitsabläufen der Nutzer anpassen und zugleich deren Unternehmensphilosophie visualisieren. Das Design gewinnt gegenüber der Funktionalität erheblich an Bedeutung. Der Planer kann kreativ mit dem gesamten Assoziationsreichtum mobiler Wände arbeiten und verschiedene Spannungsbögen aufbauen, etwa zwischen:
großzügigen Gesamt-Raumeindrücken und kleinen, intimen Einzelräumen
immobilen Teilen des Gebäudetragwerks und variablen Raumaufteilungen
transparenter Offenheit und markantem Abschluss.
Techniken der Mobilität
Horizontal verschiebbare Wandsysteme ähneln in Aufbau und Funktion den Schiebetüren, eine exakte Abgrenzung ist in manchen Fällen gar nicht möglich. Große, mehrflüglige Schiebetüranlagen können wie bewegliche Wände wirken – speziell bei raumhoher oder nahezu raumhoher Ausführung. Die einzelnen Türblätter werden bei mehrflügligen Anlagen kulissenartig hintereinander geschoben und/oder verfaltet. Es entsteht ein breiter Durchgang, den man auch als verschobene Wand definieren kann. (Weitere Informationen zu Schiebetüren: Artikel „Schwerelos“ in bba, Heft 6/2006, S. 48.)
Für bewegliche Wände im engeren Wortsinn sind drei Bauwei-sen typisch:
  • Harmonikawände
  • Faltwände und
  • Wände aus Einzelelementen.
Wie der Name schon andeutet, werden bei Harmonikawänden die relativ schmalen Segmente der Wand (um 40 cm Breite) ziehharmonikaartig zusammengeschoben. Das Paket lässt sich dann an der Seite sichtbar oder in Nischen verstaut parken. Je nach Wandbreite können einflüglige oder nach links und rechts öffnende zweiflüglige Anlagen ausgeführt werden. Alle Segmente eines Flügels sind im Innern mit einem sich einfaltenden Scherengitter aus Stahl verbunden. Über den Bedienkomfort entscheidet vor allem das Gewicht des Flügels. Es lässt sich mit zweiflügligen Anlagen oder einer Bespannung der Segmente mit Kunstleder statt einer Bekleidung mit Holz verringern.
Die Vorteile der Harmonikawände sind ihr robuster Aufbau sowie ihre einfache und schnelle Bedienung: Innerhalb von Sekunden kann jedermann intuitiv und ohne Vorkenntnis die Raumabtrennung öffnen oder schließen. Harmonikawände empfehlen sich deshalb dort, wo häufig hausfremde Personen die Wände bewegen werden, etwa in Kantinen, Vereinsräumen oder Kirchengemeinden.
Der Nachteil der Harmonikawände ist ihr geringer Schallschutz. Dieser lässt sich zwar mit Schleifdichtungen gegen Boden und Decke sowie schalldämmenden Einlagen etwas verbessern, doch erhöht dies in der Regel den Kraftaufwand für die Bedienung. Harmonikawände haben keine Türen, was aber durch die einfach Öffnungsweise der Gesamtwand kompensiert wird.
Faltwände von blickdicht bis transparent
Bei Faltwänden sind die einzelnen Wandteile (Flügel) durch Scharniere untereinander verbunden. Jeder zweite hängt mit Laufrollen an der oberen Laufschiene (Regelbauweise, Laufschienen unten sind möglich). Beim Zusammenschieben falten sich die Flügel ein und können dann im Paket offen oder in Nischen verdeckt an der Seite geparkt werden.
Falttüren unterscheiden sich in der Ansicht vor allem durch die mögliche Flügelbreite von den Harmonikatüren. Die Flügel können ab etwa 30 cm bis zu deutlich mehr als 1 m breit sein.
Es gibt Faltwände mit mittiger und mit Randaufhängung (zentrisch/exzentrisch). Bei der exzentrischen Aufhängung am Rand jedes zweiten Flügels faltet sich die Tür komplett zu einer Seite. Sie ragt also beim Falten mit der ganzen Flügelbreite in den jeweiligen Raum, während die andere Seite frei bleibt. Das gefaltete Paket belastet die Laufschiene außermittig, weshalb untere Führungsrollen und eine Führungsschiene im Fußboden unverzichtbar sind.
Generell gilt für alle horizontal verschiebbaren Wände, dass eine untere Führungsschiene die Stabilität beim Verfahren erhöht. Jedoch neigen die Schienen am Boden schnell zur Verschmutzung. Die exzentrische Aufhängung von Faltwänden bietet dafür den ästhetischen Vorteil, dass alle Flügel mit der gleichen Breite ausgeführt werden können.
Wird jeder zweite Flügel zentrisch an der Laufschiene aufgehängt, beansprucht das gefaltete Paket auf jeder Wandseite gleichmäßig den Platz einer halben Flügelbreite.
An der Laufschiene ergibt sich ein Gleichgewicht, so dass bei kleineren Flügelgruppen auf eine Bodenführung verzichtet und der Fußboden durchgängig gestaltet werden kann. Dafür muss die Wand jedoch mit einem halben Flügel beginnen (ungleiche Ansicht).
Faltwände können oben und unten mit Lippendichtungen ausgerüstet sein oder sie werden nach dem Öffnen oben und unten – meist mittels Kurbelbedienung – angepresst. Je nach Ausführung im Detail lassen sich dadurch mittlere bis gute Schallschutzwerte erreichen. Diese Qualität geht allerdings auf Kosten der Öffnungs- bzw. Schließgeschwindigkeit. Zudem sollte der Bediener zumindest etwas mit der Wand vertraut sein; es handelt sich nur bedingt um „Jedermann-Wände“.
Faltwände bieten eine große Gestaltungsvielfalt: Die Flügel können mit Holz, Kunststoffen oder Metallen bekleidet werden. Ebenso sind Ausführungen mit Glas im Rahmen oder ganz aus Glas möglich. In die Flügel lassen sich je nach Breite Einzel- oder Doppeltüren integrieren, wobei stets mindestens eine Schlupftür pro Wand vorgesehen werden sollte.
Elementwand mit hohem Schallschutz
Die größte Flexibilität im Wandaufbau weisen Systeme mit einzeln verfahrbaren Wandelementen auf. Sie werden Flügel für Flügel an den oberen Laufrollen zu ihrem vorgesehenen Platz verfahren und dort mit Kurbeln oder auch elektromotorisch gegen die Decke und den Boden gepresst. Der Anschluss zu den angrenzenden Wänden lässt sich meist teleskopartig ausfahren, wodurch die Elemente auch seitlich aneinandergepresst werden.
Weil jedes Element einzeln verfahren wird, kann die Wand auch relativ schwer und damit schallschutzoptimiert aufgebaut sein. Das Flügelgewicht ist meist nicht durch den Bediener, sondern eher durch die Tragfähigkeit des oberen Laufwerks begrenzt. Bei einem guten Zusammenspiel von Wandgewicht, Dichtungen und Anpressdruck lassen sich Schallschutzwerte bis nahe an 60 dB erreichen. Besondere Beachtung erfordert jedoch in jedem Fall die Schallübertragung auf Nebenwegen, etwa über den Fußboden oder die abgehängte Unterdecke.
Elementwände sind äußerst variabel in der Aufstellung. Über Weichen im Parkbereich lässt sich beispielsweise die Reihenfolge der Elemente und damit die Position der Türen verändern. Statt als geschlossene Wand können die Elemente auch „auf Lücke“ gestellt werden. Sie dienen dann entweder der rein optischen Verkleinerung des Raums oder zur Verbesserung der Raumakustik.
Der Aufbau von Wänden aus beweglichen Einzelelementen kostet deutlich mehr Zeit als bei Harmonika- oder Faltwänden. Das Bedienpersonal muss in der Regel eingewiesen sein, womit eine „Jedermann-Bedienung“ durch hausfremde Personen entfällt. Die Anbieter haben diese Nachteile der Elementwände erkannt und leisten speziell zu den Fragen der einfachen und schnellen Bedienung intensive Forschungs- und Entwicklungsarbeit.
Weitere Informationen zu Beschlägen oder Komplettsystemen aus Beschlägen und Flügeln für horizontal verschiebbare Wandsysteme:
Dorma bba 557
EKU bba 558
GEZE bba 559
Hawa bba 560
KL-megla bba 561
Franz Nüsing bba 562
Teufelbeschlag bba 563
Teilweise beweglich
Verschiebbare Wände der bisher beschriebenen Art bieten ein Maximum an Flexibilität bei der Raumnutzung und der Veränderung des Raumzuschnitts. Sie erfordern jedoch eine nicht ganz kleine Anfangsinvestition, von der zunächst nicht immer klar sein muss, ob die künftigen Mieter sie überhaupt benötigen werden. Ein nachträglicher Einbau der mobilen Wände ist zwar bedingt möglich, verursacht aber einigen Aufwand. Ein bereits eingezogener Büromieter wird diesen Eingriff in die Substanz und die damit verbundenen Montagearbeiten eventuell nicht akzeptieren wollen.
In solchen Fällen sind statt der voll mobilen Wände für den Gebäudebetreiber semimobile Trennwandsysteme die interessantere Lösung. Sie bestehen aus im Grundsatz ortsfesten Wänden, die sich aber relativ schnell auf und wieder abbauen lassen. Meist handelt es sich um Rahmensysteme mit transparenten, durchscheinenden oder undurchsichtigen Füllungen in der Fläche. Die Konstruktionen zeichnen sich durch ein geringes Gewicht aus, so dass sie an beliebiger Stelle direkt auf den fertigen Fußboden gestellt werden können. Neben raumhohen Trennwänden sind auch Raumteiler ohne Verbindung zur Decke oder Raum-in-Raum-Systeme möglich.
Im Idealfall werden die Trennwände überhaupt nicht fest mit dem Baukörper verbunden, sondern allein durch Spreizdruck gehalten. Dadurch lassen sie sich spurenlos oder doch zumindest weitgehend ohne Rückstände wieder abbauen. Die schmutz- und staubfreie Montage oder Demontage der semimobilen Wände kann auf die Nachtstunden oder das Wochenende gelegt werden. Der Mieter erhält so ohne Störung seiner Arbeitsabläufe neue Bürostrukturen, wenn es ihm vor allem auf die Abtrennung und den Raumzuschnitt ankommt. Einige Systeme erfüllen auch Anforderungen an den Schall- oder Brandschutz, wobei jedoch wieder der Einfluss der flankierenden Bauteile zu berücksichtigen ist.
Weitere Informationen:
DauphinHumanDesign bba 564
König + Neurath bba 565
Lindner bba 566
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