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Die Zukunft der Monolithen

Hochwärmedämmendes Mauerwerk
Die Zukunft der Monolithen

Beim Betrachten ist man versucht, an Pralinenwerbung zu denken: Cremige Füllung umhüllt von feinster belgischer Schokolade. Aber es handelt sich eben nicht um Süßigkeiten, sondern deutlich rustikaler um Mauerwerkssteine, deren Hohlkammern mit wärmedämmendem Material gefüllt sind. Die Steine ermöglichen monolithische Wände, deren Wärmeschutz ohne zusätzliche Dämmschicht den Standard von Energiespar- und teilweise sogar Passivhäusern erreicht.

Markus Hoeft

Einen definierten Fachbegriff für Ziegel oder Leichtbetonsteine, in deren Kammern zur Verbesserung der Wärmedämmung anstelle von Luft ein anderes Material integriert ist, gibt es noch nicht. Im Rahmen dieses Artikels sollen sie als „gefülltes Mauerwerk“ bezeichnet werden.
Den ersten gefüllten Stein brachte die Wienerberger-Gruppe 2001 als Poroton-Ziegel T9 auf den Markt. Inzwischen sind weitere Ziegler und auch ein Leichtbetonhersteller gefolgt. Sie alle erreichen mit der Füllung einen verbesserten Wärmeschutz des Mauerwerks, der sich rechnerisch als kleinere Wärmeleitfähigkeit lR der Steine darstellt. Ziel ist es, auch verschärfte Anforderungen an den Wärmeschutz mit einer einschaligen, monolithisch gemauerten Außenwand zu erfüllen, die keine zusätzliche Dämmschicht in Form eines Wärmedämm-Verbundsystems oder einer vorgehängten wärmegedämmten Fassade benötigt. Verschärfte Anforderungen, die bereits in der Gegenwart gelten, sind beispielsweise der KfW-60– und KfW-40-Standard oder auch der Passivhausbau. Künftig können sich weiter gesteigerte Auflagen für den Wärmeschutz der Außenwände aus den für dieses Jahr und das Jahr 2012 geplanten Novellierungen der EnEV ergeben.
Fit für die Zukunft
Insofern machen sich die Steine-Hersteller mit gefülltem Mauerwerk fit für die Zukunft, in der es nach ihrem Willen weiter Gebäude mit monolithischen Außenwänden und ausreichendem Wärmeschutz geben soll. Die junge Technologie kämpft etwas mit den Tücken der neuen Kommunikationsformen. Wer gefülltes Mauerwerk oder einen ähnlichen Begriff googelt, bekommt eine stattliche Anzahl von Treffern. Darunter sind aber auch einige ältere Produkt-Ankündigungen, die nicht Realität geworden sind oder zumindest bisher keine Serienreife erlebt haben. Es gilt also nicht nur für persönliche Informationen auf Plattformen wie StudiVZ: Das Internet vergisst nie.
Tabelle 1 listet gefüllte Mauerwerkssteine auf, die es tatsächlich gibt, wenn auch nicht alle unbedingt mit bundesweiter Auslieferung. Sofern die Steine nicht ausdrücklich als Prototyp gekennzeichnet sind, bestätigen die Hersteller das Vorliegen einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung bzw. die Übereinstimmung mit einer Norm. Redaktionsschluss für die Tabelle war Mitte November 2008, so dass die Zahl der verfügbaren Produkte durch Neuvorstellungen auf der BAU 2009 bis zum Erscheinen eventuell angestiegen sein kann. Unipor wird den W07 Coriso auf dieser Messe offiziell vorstellen, darüber hinaus gibt es weitere, bisher aber noch nicht genauer gefasste Ankündigungen.
Steine und Füllstoffe
Pionier bei gefülltem Mauerwerk war der bereits genannte Poroton-T9, ein Ziegel, dessen Hohlkammern mit Perlite, einem granulierten mineralischen Vulkangestein gefüllt sind. Diese Materialkombination ist auch für die weiteren gefüllten Poroton-Ziegel beibehalten worden. Unipor nennt seine gefüllten Ziegel Coriso, was für Core=Kern und Iso=Isolation steht. Als Füllung wird ein spezielles Mineralgranulat verwendet, das optisch etwas an Steinwolle erinnert, aber aus Basalt und damit einem Vorprodukt der Steinwolle besteht. Tatsächlich mit Mineralwolle füllt die Herstellergruppe Mein Ziegelhaus ihren ThermoPlan MZ8. Den gleichen Füllstoff verwendet KLB, allerdings nicht für Ziegel, sondern für Leichtbetonsteine. Alle bisher genannten Füllungen sind rein mineralisch. Außerhalb dieser Reihe stehen lediglich die KLB-Planblöcke mit einer integrierten Dämmung aus Polyurethan.
Bei den gefüllten Steinen handelt es sich um Planelemente, die im Dünnbettverfahren und mit mörtelloser Stoßfuge verklebt werden. Dadurch kann der wärmetechnisch meist ungünstige Einfluss des (Dickbett-)Mauermörtels ausgeschlossen werden. Der Dämmstoff ist bei allen Steinen bereits ab Werk fest in den Stein eingefügt, wodurch sich die Verarbeitung der gefüllten Steine faktisch nicht von denen der ungefüllten unterscheidet. Die Steine sollen nach Angaben der Hersteller problemlos zu schneiden und damit anzupassen sein.
Auch bei den KLB-Planblöcken ist die Wärmedämmung ab Werk integriert, jedoch ergibt sich hier eine Besonderheit in den Stoßfugen. Beim knirschen Stoßen der Planblöcke ergeben sich in den Steinmitten Hohlkammern, die manuell mit Dämmstoffstecklingen gefüllt werden müssen. Die Stecklinge werden zusammen mit den Steinpaketen auf die Baustelle geliefert
Wärmeschutz mit und ohne Füllung
Wie Tabelle 1 zeigt, können mit den gefüllten Mauersteinen in der Spitze Wärmeleitfähigkeiten lR von 0,07 bis 0,08 W/(mK) erreicht werden. Wenn man bedenkt, dass die klassischen Wärmedämmstoffe auch „nur“ l-Werte um 0,04 W/(mK) haben, sind 0,07 W/(mK) für einen Wandbildner, der ja neben der Dämmung auch noch tragende Funktion übernehmen muss, eine ausgezeichnete und wirklich hochwärmedämmende Qualität. Der Anteil, den hierfür die Füllung leistet, bemisst sich allerdings nur nach der Hundertstel-Stelle hinter dem Komma. Denn auch ungefüllte Mauersteine verschiedener Materialien erreichen l-Werte von 0,08 und 0,09 W/(mK). Dies zeigt, welche Bedeutung neben der Füllung, auch die Optimierung des Materials und speziell der Geometrie bei den Stegen und Kammern der Lochstruktur hat.
Eine (unverbindliche) Auswahl hochwärmedämmender, aber nicht gefüllter Mauerwerkslösungen enthält Tabelle 2. Neben Ziegeln und Leichtbetonsteinen ist hier auch Porenbeton aufgeführt. Dieses Material wird grundsätzlich als Vollstein vermauert und hat demzufolge keine Kammern, die sich mit einem Dämmstoff füllen lassen würden. Ähnliches gilt für die Leichtbetonsteine in Tabelle 2, bei denen kaum von einem Lochbild mit Kammern, sondern eher von geschlitzten Vollsteinen zu reden ist. Beim Porenbeton sind die namensgebenden Poren und beim Leichtbeton Leichtzuschlagstoffe wie Bims, Blähton, Blähperlite oder Blähglas für die gute und in der Größenordnung mit den gefüllten Steinen vergleichbare Wärmedämmung verantwortlich.
Maßgeblich sind die Bauteileigenschaften
Für die Industrie ist die Wärmeleitfähigkeit das zentrale Vergleichskriterium der verschiedenen Steine, weshalb im Moment ein gewisser Wettlauf um den kleinsten l-Wert ausgebrochen ist.
Für den Gebäudeplaner ist diese Größe hingegen streng genommen sekundär. Sein Bestreben muss sich auf den Wärmeschutz des Gesamtbauteils Außenwand und damit auf den U-Wert richten. In die Berechnung des U-Wertes der Wand gehen neben der Wärmeleitfähigkeit der Steine auch ihre Dicke sowie der Wärmeschutz der inneren und äußeren Putzschichten ein.
Die Hersteller geben in ihren Produktunterlagen beispielhafte U-Werte an, von denen je einer in die Tabellen 1 und 2 aufgenommen wurde. Es handelt sich stets um den U-Wert, der mit dem dicksten Stein des jeweiligen Sortiments (siehe letzte Spalte) erreicht werden kann. Die U-Werte gelten zudem für die verputzte Wand, wofür jeder Anbieter seine individuelle, also von Hersteller zu Hersteller durchaus unterschiedliche Putzlösung angibt. Im Sinne der Übersichtlichkeit wurde auf eine Wiedergabe des genauen Putzaufbaus verzichtet, zur Steindicke müssen in der Regel noch 10 mm Innenputz und 15 bis 20 mm Leichtputz für außen hinzugerechnet werden. Einige Hersteller gestatten statt des Leichtputzes ausdrücklich auch einen dickeren Wärmedämmputz auf ihren Steinen. Solche Lösungen mit Wärmedämmputz blieben bei der Auswahl der U-Werte unberücksichtigt. Sie können den Wärmedurchlass der Wand jedoch noch einmal leicht verbessern.
Wegen der jeweils unterschiedlichen Randbedingungen Wanddicke und Putzaufbau lassen sich die U-Werte in den Tabellen 1 und 2 also keinesfalls direkt miteinander in Beziehung setzen. Dies geht nur bei den l-Werten. Trotzdem schien es legitim, die inkohärenten U-Werte in einer Tabelle zu vereinen, weil der Leser nur so eine Vorstellung vom jeweils möglichen Einsatzspektrum der Steine erhält.
Als unverbindliche und nur als Richtwert zu verstehende Orientierung können dabei folgende Anforderungen gelten: Passivhaus: U # 0,15 W/(m²K) KfW-40-Standard: U # 0,25 W/(m²K) KfW-60-Standard: U # 0,30 W/(m²K) EnEV 2002 Neubau: U # 0,35 W/(m²K)
Mit hochwärmedämmendem Mauerwerk lässt sich der KfW-40-Standard also sicher in monolithischer Bauweise ausführen – sowohl mit gefüllten als auch mit ungefüllten Steinen. Bei entsprechend dickem Mauerwerk sind auch Passivhäuser ohne zusätzliche Dämmschichten möglich.
Konsequenzen des hohen Wärmeschutzes
Parallel zu den steigenden Anforderungen an den Wärmeschutz sind in den letzten Jahren auch die ausgeführten Dicken von Außenwänden größer geworden, und dieser Prozess wird aller Voraussicht nach weitergehen. Das Dickenwachstum verändert die architektonische Anmutung der Gebäude, z.B. durch den Schießscharteneffekt der Fenster, und es treibt die Kosten und den Flächenverbrauch für das energiegerechte Bauen in die Höhe. Dies alles gilt allerdings für monolithische Wände aus hochwärmedämmendem Mauerwerk ebenso wie für Wandkonzepte mit relativ schlanken tragenden Wänden und einer (immer dicker werdenden) zusätzlichen Dämmschicht.
Im Zusammenhang mit der verbesserten Wärmedämmung des monolithischen Mauerwerks stehen die abnehmende Steinfestigkeit und der reduzierte Schallschutz. Weil neben einer eventuellen Füllung gleichzeitig der Anteil des festen (und tragenden) Materials der Stege immer weiter reduziert wird, reichen die Festigkeiten der Steine mit der maximalen Wärmedämmung oft nur noch für Ein- und Zweifamilienhäuser. Sie können hier jedoch mit Erfolg eingesetzt werden, weil der geringere Schallschutz der besonders leichten Steine eine geringere Bedeutung besitzt.
Für den mehrgeschossigen Wohnungsbau, der neben den höheren zulässigen Druckspannungen auch bestimmte Schallschutzqualitäten erfordert, gibt es sowohl gefüllte als auch ungefüllte Kompromisslösungen. Sie zeichnen sich bei den gefüllten Ziegeln beispielsweise durch noch sehr gute Wärmeleitfähigkeiten zwischen 0,10 und 0,12 W/(mK) aus und besitzen gleichzeitig höherer Festigkeiten und Schalldämmwerte. Für einige ausgewählte Steine dieser Art ist der erreichbare Schallschutz in den Tabellen aufgeführt.
Eine Option mehr
Die als Füllung verwendeten mineralischen Stoffe des Mauerwerks sind diffusionsoffen, so dass ein verändertes Diffusionsverhalten bei gefülltem Mauerwerk nicht zu erwarten ist. Zumal der Wasserdampftransport durch die komplette Wand ohnehin quantitativ eher geringe Bedeutung hat. Wichtiger ist das Sorptionsvermögen der oberflächennahen Putz- und Steinschichten, mit dem Schwankungen der Raumluftfeuchtigkeit ausgeglichen werden können. Hier unterscheidet sich der Aufbau von gefülltem und ungefülltem Mauerwerk nicht.
Eine prinzipielle Frage bei allen hochwärmedämmenden Wandaufbauten ist die nach dem sommerlichen Wärmeschutz. Neben der reinen Masse eines massiven Wandaufbaus hängt dieser auch von materialspezifischen Parametern ab, die die Amplitudendämpfung und die Phasenverschiebung der sommerlichen Hitzespitzen beeinflussen. Die gefüllten Kammern könnten hier gegenüber der bisher üblichen Luft Vorteile haben, wofür bisher aber noch keine wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse gefunden werden konnten.
Ein Vorteil der monolithischen Wand gegenüber zusätzlichen Dämmschichten ist sicher der einfache Aufbau, der die Zahl möglicher Fehlerquellen reduziert. Es gilt jedoch auch hier – wie für alle hochwärmegedämmten Wandaufbauten – dass die Bedeutung der Wärmebrücken zunimmt. Leckstellen in der Luftdichtheit oder punktuelle Schwächungen des Wärmeschutzes verschlechtern nicht nur die Energiebilanz, sondern bergen auch die Gefahr von lokalem Tauwasserausfall, der Feuchteschäden und Schimmelbildung zur Folge haben kann.
Insgesamt betrachtet wird das hochwärmedämmende Planen und Bauen der Zukunft also nicht unbedingt einfacher. Dies gilt jedoch unabhängig davon, ob gefülltes oder ungefülltes Mauerwerk zum Einsatz kommt bzw. ob eine zusätzliche Dämmschicht verwendet wird oder nicht. Mit dem gefüllten Mauerwerk hat der Planer jedoch nun eine Option mehr bei der Auswahl eines für die jeweilige Aufgabenstellung geeigneten Wandaufbaus.
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