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Feuerwehrhaus aus Holz in Tübingen

Gaus Architekten
Feuerwehrhaus aus Holz

In Tübingen-Lustnau haben Gaus Architekten aus Göppingen ein neues Feuerwehrhaus realisiert, dessen Tragwerk und Fassade aus nachhaltigem, FSC-zertifiziertem Holz bestehen. „Dem Holzbau stand bisher oft der Brandschutz entgegen“ so Boris Palmer, Oberbürgermeister von Tübingen. „Es ist daher ein besonders gutes Zeichen, ein Feuerwehrhaus aus Holz zu bauen.“

Anforderung:

Zeitgemäßes neues Feuerwehrhaus, das Funktionalität, Ästhetik und Nachhaltigkeit miteinander verbindet

Lösung:

An optimalen Betriebsabläufen orientierte Grundrissplanung, Holzrahmenbauweise sowie energieeffiziente Gebäudetechnik mit Photovoltaik und Solarthermie


Der Bestandsbau, in dem die freiwillige Einsatzabteilung Lustnau der Feuerwehr Tübingen zuletzt untergebracht war, war in die Jahre gekommen und erfüllte die Anforderungen an ein zeitgemäßes Funktionsgebäude längst nicht mehr. Die Stadt Tübingen entschied sich deshalb 2020 zum Bau eines neuen Feuerwehrhauses, das den heutigen Ansprüchen an eine moderne Feuerwehrarbeit entspricht und zudem näher an den Wohngebieten verortet ist, wodurch die Anfahrtszeiten im Einsatzfall deutlich verkürzt werden.

Als Standort für das Bauvorhaben fand sich ein Grundstück am Rande der Wohnbebauung in Lustnau, das dennoch günstig an einer belebten Zufahrtsstraße zur Stadt liegt, mit direkter Anbindung an die Bundesstraße 27, eine wichtige Verkehrsachse in der Region. Somit ist das Gebäude für die Feuerwehrleute sehr gut erreichbar und bildet zudem für AutofahrerInnen ein markantes, weithin sichtbares Tor zu Lustnau und zur Universitätsstadt Tübingen.

Stadträumlich definiert es die Schnittstelle zur angrenzenden Wohnbebauung, zum Institut für Sportwissenschaft der Universität sowie zu einem kleinen Waldstück als Naherholungsgebiet mit dem Flüsschen Ammer, das unweit von Lustnau in den Neckar mündet. Wegen dieser Nähe zum Wasser ist auf dem Grundstück außerdem ein Hochwasserkanal zum Abführen der Wassermassen angeordnet.

Gebäudestruktur: Herzstück Fahrzeughalle

Den Zuschlag für Entwurf und Bau des neues Feuerwehrhauses Lustnau erhielt im Jahr 2019 das Göppinger Büro Gaus Architekten. Ihr Entwurf geht rücksichtsvoll auf die heterogenen Parameter des Orts ein und definiert die städtischen Raumkanten gleichzeitig neu.

Die Gebäudekubatur ergibt sich aus einer intelligenten Interpretation des komplexen Betriebsablaufs der Lustnauer Feuerwehr und ermöglicht so einen reibungslosen Ablauf in Einsatzfall.

Organisatorisches sowie räumliches Herzstück des Bauwerks ist die sieben Meter hohe Fahrzeughalle, die nach zwei Seiten raumhoch geöffnet werden kann. Dadurch können die Einsatzfahrzeuge ohne komplizierte Rangiervorgänge (und somit Lärm) an der einen Seite vorwärts eingefahren und im Einsatzfall zur anderen Seite vorwärts wieder herausgefahren werden. Die moderne Fahrzeughalle bietet Stellflächen für fünf Einsatzfahrzeuge und außerdem vier Wechsellader-Abrollbehälter. Da die Tore an den Längsseiten mit einem hohen Glasanteil ausgestattet sind, entsteht in der Halle zudem ein räumlich reizvoller Ort für Veranstaltungen der Feuerwehr Lustnau.

Feuerwehrhaus Kaufbeuren ausgezeichnet

Funktionale Gebäudeteile: Optimale Abläufe dank kurzer Wege

Dem kubischen Hallenbaukörper direkt angeschlossen sind zwei Gebäudefinger, die durch ihre Form den Außenraum selbstbewusst einfassen: An der Nordseite befindet sich der sich zur Halle öffnende, etwas niedrigere Multifunktionskubus mit Lagerflächen, Werkstatt und Trockenraum. Ein großes Schaufenster zum Straßenraum hin bietet außerdem die Möglichkeit, in einem kleinen Ausstellungsbereich über die wichtige Arbeit der Feuerwehr zu informieren. Zu sehen sind hier etwa ein historischer, pferdegezogener Feuerwehrwagen sowie einige historische Gegenstände der Feuerwehr Lustnau.

An der Südseite der zentralen Halle schließt der Verwaltungstrakt an, in dem sich die Umkleiden für die Feuerwehrmänner und -frauen sowie -jugend befinden, außerdem Aufenthalts- und Schulungsräume, die Einsatzzentrale und einige Nebenräume. Auch dieser Baukörper folgt in seiner Kubatur schlüssig den Wegen, die im Einsatzfall notwendig sind: Entlang einer parallel zur Straße verlaufenden Wand sind die Parkplätze für die Einsatzkräfte angeordnet, von wo aus die Feuerwehrleute direkt ins Gebäude, dort in die erdgeschossigen Umkleiden und schließlich ohne Umweg zu den Einsatzfahrzeugen gelangen.

Kurze, sich nicht kreuzende Wege bedeuten, im Notfall wertvolle Sekunden zu sparen. Der Entwurf besticht also durch eine logische, an den Bedürfnissen der Nutzer und den funktionalen Anforderungen orientierte Grundrissplanung zugunsten optimaler Betriebsabläufe. Insgesamt ergibt sich eine Bruttogeschossfläche von 1.313 m².

Außenraumplanung: Vielfältig nutzbare Höfe

Der dreigliedrige Aufbau des Gebäudes führt zu einer eleganten Gesamtform, die durch ihre teils runden Ecken eine zusätzliche Dynamik erhält.

Die raffinierte Gebäudekubatur erzeugt außerdem zwei voneinander unabhängige Höfe mit ganz unterschiedlichen Charakteren: Der zur Stadt gewandte Hof bietet für die Bürgerinnen und Bürger von Lustnau eine repräsentative Ansicht, die einen wertvollen Einblick in die Arbeit der Feuerwehr zulässt.

Der Hof an der Rückseite ist der Stadt ab- und der Grünfläche zugewandt und besitzt einen eher privaten Charakter. Hier können die Feuerwehrleute verschiedene Übungen etwa im Rahmen der Jugendarbeit durchführen oder den Raum für eigene Festivitäten im Sommer nutzen.

Neues Feuerwehrhaus als Sichtbeton-Solitär

Nachhaltige Bauweise: Holz aus regionalem Waldbau

Bereits die hinterlüftete Fassade gibt einen Hinweis auf die Konstruktion. Sie besteht aus unzähligen, verschieden breiten und tiefen Holzlatten, die in der Gesamtheit ein vertikal orientiertes Fassadenbild ergeben. Im Spiel von Licht und Schatten erzeugen sie im Verlauf des Tages immer wieder neue Motive, wodurch die Fassade und somit das gesamte Gebäude einen lebendigen Charakter erhält.

Im Innenraum setzt sich diese prägnante Materialität fort: Alle Decken bestehen aus unbehandeltem Brettschichtholz. Die Böden in den Schulungs- und Jugendraum-Bereichen sind mit Industrie-Stäbchenparkett (Eiche) belegt. Auch die Fenster haben Holzrahmen aus Fichte, die Brandschutzfenster mit besonderen Anforderungen sind aus Buche gefertigt. Lediglich die Wände bestehen aus Gips-Faserplatten und die Böden im Erdgeschoss aus Fliesen bzw. Kautschuk.

Aus statischen Gründen sind die Bodenplatte und der Aufzugsschacht mit Treppenhaus aus Beton gefertigt. Ansonsten besitzt das Gebäude ein Holzständer-Tragwerk mit Unterzügen und Stützen aus Brettschichtholz sowie (im Gebäudeinneren) Baubuche-Trägern und -stützen. Die Holzständeraußenwände sind mit einer Einblasdämmung versehen. Das Tragwerk der Fahrzeughalle besteht aus Fischbauchträgern auf Holzstützen.

Das im Gebäude verbaute Holz stammt aus FSC- zertifiziertem, regionalem Waldbau im Schwarzwald und im Allgäu und hat für die Verarbeitung somit nur kurze Wege zurückgelegt. Statt rund 85 Tonnen CO2 in einem vergleichbaren Betonbau fielen bei dem Feuerwehrgebäude also lediglich sechs Tonnen an. Mehr noch bindet das im Feuerwehrgebäude Lustnau verbaute Holz rund 380 Tonnen CO2.

Effiziente Gebäudetechnik: Energie aus Holz und Sonne

Die Räume in dem Feuerwehrhaus müssen nicht gleichmäßig beheizt werden. Die Fahrzeughalle und der Lagerbereich sind auf eine Grundtemperatur von lediglich 12 °C ausgelegt und können bedarfsgesteuert über Deckenstrahlungsheizkörper beheizt werden. Die Räume im Verwaltungstrakt werden ebenfalls nicht permanent auf Nutzungstemperatur gehalten, sondern sind flexibel steuerbar temperiert, wodurch viel Energie gespart werden kann. Die Wärme für die Beheizung der Räume sowie für Warmwasser wird in einer Holzpellet-Anlage mit Pelletslager und Pufferspeicher erzeugt.

Auf dem Dach mit extensiver Begrünung erzeugt eine Photovoltaikanlage direkt nutzbaren Strom, ebenso befinden sich hier Solarthermie-Panel, die – gekoppelt über den Pufferspeicher – die Wärmeversorgung unterstützen. All diese passiven und aktiven Maßnahmen führen dazu, dass der Verwaltungstrakt nahezu den Passivhausstandard KFW 40 erreicht.

Kreislauffähiges Feuerwehrhaus 

Klimaschutzziele Tübingen: Eine Stadt im Aufbruch

„Mit dem Neubau wurde das erste Tübinger Feuerwehrgebäude in Holzrahmenbauweise errichtet und somit ein weiterer Baustein nachhaltiger, kommunaler Architektur geschaffen“, so Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer. Für ihn ist eine Holzbaupflicht ein wesentliches Element im Rahmen der Klimaschutzziele der Stadt Tübingen. Bis 2030 will Palmer die Holzbauweise in der Stadt zur Pflicht machen, womit er sich auch für die Holzbau-Offensive des Landes Baden- Württemberg starkmachen möchte. „Dem Holzbau stand bisher oft der Brandschutz entgegen. Es ist daher ein besonders gutes Zeichen, ein Feuerwehrhaus aus Holz zu bauen“, so Palmer.

Tatsächlich ist es so, dass Holz im Brandfall zunächst stabiler ist als zum Beispiel Stahl. „Der Brandschutz sollte daher dem Bauen mit Holz nicht im Wege stehen“, fordert Christian Gaus, Architekt des Feuerwehrhauses Lustnau.

Dass Holz ein Baumaterial ist, mit dem überdies Bauzeiten verkürzt, der Vorfertigungsgrad erhöht und somit Kosten verringert werden können, zeigt eindrucksvoll das neue Feuerwehrhaus in Tübingen-Lustnau. Das neue Holzbauwerk ist nicht nur ein funktionierendes Feuerwehrgebäude, sondern auch Aushängeschild für eine nachhaltige, zukunftsfähige kommunale Architektur, die Funktionalität, Ästhetik und Nachhaltigkeit miteinander verbindet.


Projekt: Feuerwehrhaus für die freiwillige Einsatzabteilung der Feuerwehr Tübingen-Lustnau

Standort: Alberstraße 15, 72074 Tübingen

Bauherr: Stadt Tübingen

Architekt: Gaus Architekten, Göppingen
www.gaus-architekten.de


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