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Interpretation einer Spiralgalaxie

Neubau eines Forschungsgebäudes in Heidelberg
Interpretation einer Spiralgalaxie

Das neue Haus der Astronomie in Heidelberg, nach einem Entwurf der Architekten Bernhardt + Partner, wirkt mit seiner dynamischen Form wie eine Reminiszenz an Frank-Lloyd Wright. Dabei war dies gar nicht die Absicht der Planer. Sie wollten ein Haus in der Form einer Spiralgalaxie entwerfen, was mit selbstverdichtendem Sichtbeton realisiert wurde.

Dipl. Ing. Architekt Marc Nagel

Oben auf dem Königsstuhl, dem Heidelberger Hausberg, thront das Max-Planck-Institut für Astronomie. Umgeben von Wald wirkt dieser Campus fast wie von der Welt abgeschottet. Dabei machen sich die Wissenschaftler an diesem Standort zu Themen Gedanken, die weit über Heidelberg und selbst über unsere Erde hinaus gehen. Denn hier wird der Weltraum erforscht, genauer die Astrophysik praktiziert.
Um dieses spannende, jedoch komplexe Thema einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen, betreibt das Max-Planck-Institut hier oben auf dem Königsstuhl seit längerer Zeit auch Öffentlichkeitsarbeit. Mit dem Neubau von Bernhardt + Partner erhält diese Arbeit nun den passenden Rahmen.
Wie ein Kunstwerk
Doch das alleine wird dem Haus der Astronomie nicht gerecht. Man könnte sich den Baukörper auch aus der Feder eines Frank-Lloyd Wright entsprungen vorstellen. Ob man sich dabei an die Aufgänge der Xanadu Gallery in San Francisco oder des berühmten Guggenheim in New York erinnert fühlt, die dynamische Formensprache des Gebäudes weiß zu gefallen. Dabei schwebte den Architekten beim Entwurf ein völlig anderes Bild vor. Ihnen ist es dabei gelungen, die architektonische Interpretation einer Spiralgalaxie, genauer genommen der Spiralgalaxie M51, die „nur“ 23 Millionen Lichtjahre von uns entfernt liegt, zu kreieren. So hat das Gebäude ein Zentrum, das von einer sich selbst tragenden Kuppel mit 14 m Spannweite überspannt wird und aus Betonfertigteilen erstellt wurde. Und zwei Schweifarme, die sich spiralförmig vom Zentrum weg bewegen.
Damit hat das Haus der Astronomie die passende Formensprache erhalten, um den Zweck der astronomischen Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit erfüllen zu können und zudem zu einem weiteren Ausflugsziel auf dem Königsstuhl zu werden. Die weißen Flächen, die in jedem Geschoss die Fensterbänder einfassen, bilden zusammen mit diesen einen interessanten Kontrast, der zudem in der Nacht und bei beleuchteten Räumen besonders hervorsticht.
Komplexe Formen
Der geübte Planer erkennt in den Geometrien dieses Gebäudes jedoch nicht nur ästhetische Qualitäten, sondern auch zahlreiche bauliche Herausforderungen.
So mussten aufgrund der rund 100 verschiedenen Radien beim Stahlbetongebäude sehr viele, speziell angefertigte Schalungselemente entworfen und eingesetzt werden. Ohne die Vorarbeit der Architekten, die hier mit dem Programm Rhinoceros von McNeel arbeiteten, wäre der Aufwand zur Erstellung der einzelnen Segmente jedoch noch aufwändiger geworden. Doch das exakte und regelmäßig an neue Gegebenheiten angepasste 3-D-Modell half bei der Planung. So konnten die rund 3 000 m3 Ortbeton von der TBG Transportbeton Kurpfalz GmbH & Co. KG in Eppelheim ohne Probleme verarbeitet werden. Besonders schwierig waren dabei die vorgespannten Kragdecken und das komplexe Raster der Unterzüge, da diese aufgrund ihrer hohen Anzahl an Spannstahl und Spannlitzen in einem Arbeitsguss betoniert werden mussten. Neben diesen Elementen sind auch die Stützen bemerkenswert, die den Kraftschluss des Gebäudes komplettieren.
Mit einer Sichtbetonqualität SB 4 sind diese für die Kräfte, die sie abtragen müssen, sehr schlank ausgeführt. Zudem sind alle acht Stützen um 10 Grad geneigt, was sowohl bei der Erstellung als auch bei der Statik erschwerend hinzu kommt. Aus diesem Grund holten sich die Fachleute des Bauunternehmens Altenbach GmbH zu dieser Frage und zu den Geometrien der Verschalungen Hilfe bei der Betotech GmbH, einer Beteiligung der Heidelberger Beton GmbH, die sich als Dienstleister auf die Beratung von betontechnischen Fragen spezialisiert hat. Entstanden ist so eine Konstruktion, die es erlaubt, kaum Wände einzusetzen und eine flexible Raumgestaltung zu ermöglichen.
Wissenschaft und Öffentlichkeit
Mit der Übergabe an die Nutzer endete mit dem Jahreswechsel 2011 auf 2012 ein spannendes Bauprojekt für die Architekten von Bernhardt + Partner, die beteiligten Unternehmen wie die TBG Transportbeton Kurpfalz GmbH & Co. KG als Beteiligung der Heidelberger Beton GmbH, der Betotech GmbH, dem Betonpumpendienst Simonis GmbH & Co. KG sowie für den Bauherren, die Klaus Tschira Stiftung gGmbH. Denn mit der Übergabe stehen die 2 700 m2 des Hauses der Astronomie nun den Wissenschaftlern des Max-Planck-Instituts für Astronomie, den Studenten, der Universität Heidelberg, der Stadt und den Landesministerien für Wissenschaft, Forschung und Kunst sowie Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg ebenso zur Verfügung wie der Wissenschaftsredaktion der Zeitschrift „Sterne und Weltraum“. Sie alle dürfen sich, so der Sinn des Neubaus, die Räume und diesen Ort mit all jenen Teilen, die von Astrophysik im Speziellen und dem Universum im Allgemeinen begeistert sind.
Man muss hinsehen
Ein Manko gibt es jedoch bei diesem neuen Gebäude: Man muss hinschauen. Denn die sich zum Zentrum des Gebäudes immer stärker krümmenden Schweifarme, die eleganten Formen und Flächen, die sanfte Farbgebung mit weißen Bereichen, Glas, Sichtbeton und dunklem Boden und die gekonnt eingesetzten Lichtelemente werden bei dem einen oder anderen Besucher dafür sorgen, dass er das Gebäude ansehen möchte, statt den Blick in den Himmel zu richten.
Architekt: Architekten Bernhardt + Partner, Darmstadt; Manfred Bernhardt, Axel Müller, Thomas Mrokon
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