Eine Installation von Snøhetta im norwegischen Trælvikosen ist eines von elf neuen Architekturprojekten, die 2022 im Rahmen der Initiative »Norwegian Scenic Routes« eröffnet worden sind. Die Installation lädt Besucher dazu ein, auf 55 Trittsteinen zu einer kleinen Insel zu schreiten und die umgebende Natur auf ganz neue Weise zu erleben. Bei Ebbe ist der Weg sichtbar, bei Flut hingegen vollständig verschwunden.
Anforderung:
Rastplatz und Landschaftsinstallation im Rahmen des Programms »Norwegian Scenic Routes«
Lösung:
Weg aus 55 Steinen, der zu einer kleinen Insel führt und bei Flut nicht mehr sichtbar ist
Das »Norwegian Scenic Routes«-Programm (Nasjonale turistveger) ist eine Initiative der norwegischen Regierung, die darauf abzielt, landschaftlich reizvolle Straßen und Routen in Norwegen zu einer Attraktion mit internationaler Ausstrahlung zu entwickeln. Die Panoramastraßen führen durch Landschaften mit einzigartigen natürlichen Qualitäten, entlang von Küsten und Fjorden, Bergen und Wasserfällen, und sind als Alternative zu den Hauptstraßen gedacht.
Derzeit umfasst das Programm 18 ausgewählte Strecken, die durch einige der spektakulärsten Naturgebiete des Landes führen. Entlang dieser Routen finden sich architektonisch bemerkenswerte Rastplätze und Aussichtspunkte, die die natürliche Schönheit Norwegens betonen.
Rhythmus der Gezeiten
Einer dieser außergewöhnlichen Rastplätze ist seit 2022 die Installation von Snøhetta in Trælvikosen, 65 Grad nördlicher Breite an der Straße zwischen Namsos und Mosjøen gelegen. Das Architektur- und Designbüro hat hier vor der Küste Norwegens einen Weg aus Steinen angelegt, der mit den Gezeiten auftaucht und verschwindet, um damit das »Vergehen der Zeit« zu veranschaulichen.
Der Entwurf umfasst 55 Trittsteine, die in einer geraden Linie auf dem sandigen Meeresboden platziert sind und zu einer kleinen Insel mit Blick auf den Berg Torghatten führen. Die Stufen bestehen aus Granit, der von einem örtlichen Unternehmen bezogen wurde und dessen Aussehen mit den Felsen in der Umgebung harmoniert. Jeder einzelne Stein ist bei Ebbe vollständig sichtbar, bei Flut hingegen unter dem klaren Wasser der Norwegischen See versunken.
„In der Natur stehen die Gezeiten für das Kernkonzept der Zeit und den sich ständig verändernden Rhythmus der Natur selbst“, so Landschaftsarchitektin Thea Kvamme Hartmann. „In Trælvikosen wollten wir das Gelände bewusst so gestalten, dass die Besucher dazu verleitet werden, länger zu verweilen als üblich. Um die Details, die Zeit und die Natur selbst wirklich zu erleben und damit auch besser zu verstehen – denn die Installation bietet die Möglichkeit, die sich ständig verändernden Rhythmen unserer Natur zu beobachten.“
Details im Meeresboden
Snøhetta entwarf die quaderförmigen Stufen mit einer Breite von 500 Millimetern, um den Weg so schmal wie möglich zu gestalten und es gleichzeitig zwei Personen zu ermöglichen, aneinander vorbeizugehen. Auf diese Weise konnte das Studio auch Zwischenräume zwischen den einzelnen Platten schaffen, so dass die Besucher ins Wasser schauen können, während sie sicher über die Platten schreiten.
„Wir wollten, dass der Abstand so groß ist, dass man beim Gehen nach unten schauen und sich konzentrieren muss“, so Landschaftsarchitektin Thea Kvamme Hartmann. „Der Sandboden des Trælvikosen enthält wunderschöne Naturelemente, wenn man sich die Zeit nimmt, sie wahrzunehmen. Die kleinen Pyramiden des Wattwurms, Spuren von Schnecken, die sich durch den Boden bewegen, Flundern, runde Steine in einzigartigen Formaten … Diese natürlichen Details sind alle sichtbar, aber das Bild ändert sich im Laufe des Tages, wenn die Flut steigt.“
Eintauchen in die Natur
Um sicherzugehen, dass alles so funktioniert, wie sie es sich vorgestellt haben, haben die Planer von Snøhetta sogar einen »Sprungtest« mit der ältesten Person im Studio durchgeführt. „Das hat uns bestätigt, dass es für alle Altersgruppen funktioniert“, so Kvamme Hartmann.
Die Installation in Trælvikosen will die Aufmerksamkeit für Details schärfen und lädt die Besucher dazu ein, in die Natur einzutauchen und sie zu erleben, anstatt nur an ihr vorbeizugehen oder sie aus der Ferne zu beobachten. „Sie soll Menschen dazu bringen, langsamer zu werden und zu beobachten, zu lernen und zu spüren, was vor sich geht“, erklärt die Landschaftsarchitektin. „Wenn wir uns wirklich besser um unsere Natur kümmern wollen, müssen wir auch mehr Menschen dazu bringen, sie wirklich zu sehen und mehr über sie zu lernen.“
Projekt: Landschaftsinstallation
Standort: Trælvikosen, Norwegen
Bauherr: Norwegisches Straßenverkehrsamt
Architekten: Snøhetta, Oslo (Norwegen)
www.snohetta.com
