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Sinfonie in Weißglas

Post Tower in Bonn
Sinfonie in Weißglas

Der von Helmut Jahn in kongenialer Kooperation mit dem Tragwerksplaner Prof. Werner Sobek entworfene Post Tower besticht durch seine konsequente Transparenz und konstruktive Leichtigkeit.

Die inszenierte Transparenz der neuen Konzernzentrale von Deutsche Post World Net ist programmatisch.
Der Bauherr sieht sie als Merkmal seiner neuen „Kommunikationsplattform mit Zukunftsarbeitsplätzen“ an und will durch den Einsatz des Werkstoffes Glas nach innen wie nach außen Offenheit signalisieren.
Im Einklang mit dem nunmehr global ausgerichteten Unternehmensprofil sollte sich dieses Programm auch gestalterisch und gebäudetechnisch auf Weltniveau bewegen: Rund 2000 Menschen arbeiten in dem Gebäude, das als Netzwerkzentrale für Logistik- und Finanzdienstleistungen in mehr als 220 Ländern und Gebieten der Welt dient.
Statement für ein neues Bauen
Architekt Helmut Jahn platzierte sein „Statement für ein neues Bauen“ denn auch in räumlich exponierter Lage, als Tor von der Stadt Bonn zum Rhein und zum Siebengebirge.
Der Doppelturm mit dem Grundriss zweier versetzt arrangierter Kreissegmente steht im städtebaulichen Dialog mit den benachbarten Landmarken Langer Eugen und Schürmannbau, allerdings ohne diese zu dominieren.
Die für ein Gebäude dieser Größe (163,5 m Höhe) geradezu organische Eingliederung in das Umfeld ist ein wesentliches Verdienst der Gebäudehülle aus Weißglas.
Deren transparente Struktur ließ in Verbindung mit der „weichen“ Linsenform des kaum wahrnehmbar gegliederten Baukörpers einen leicht wirkenden Turm entstehen.
Konsequent transparent
Was die Fassade an Transparenz verspricht, wird im Inneren konsequent eingelöst.
Großzügig erscheint bereits die doppelgeschossige Lobby, die über eine Lichtführung durch die Fassaden sowie die transluzenten Glasböden des oberhalb angrenzenden „Skygartens“ zu einem von Tageslicht durchfluteten Empfangsraum wird.
Über zwei Aufzugsgruppen mit je sechs Fahrstühlen wird der Doppeltower im Zentrum zwischen den beiden Kreissegmenten in der Höhe erschlossen.
Begehbares Glas
Vier jeweils neungeschossige Bereiche untergliedern beide Turmsegmente von der dritten bis zur 38. Etage in weitgehend identische Nutzungseinheiten. Bürozonen in Nord- und Südtower sind dabei auf allen Ebenen über Brücken aus begehbarem Glas miteinander verbunden.
Beidseitig der Verbindungsbrücken, abgesichert durch Brüstungen aus transparentem Sicherheitsglas mit Edelstahl-Handläufen, herrscht freier Blick in die neungeschossigen Atrien, die oben wie unten durch satinierte, begehbare Glasböden begrenzt sind. Auf diese Weise gelangt auf allen Ebenen zusätzliches Tageslicht über das Dach in die innenliegenden, nach den Atrien ausgerichteten Büroräume.
Natürliche Haut vor filigraner Tragkonstruktion
Die zweischalige Hülle der beiden Halbtürme stellt eine konstruktionstechnische Besonderheit dar.
Sie besteht aus einer geschosshohen Elementfassade, der „Primärfassade“, die die Büroetagen nach außen abschließt, sowie einer Außenschale („Sekundärfassade“), die vor Wind, Regen und Lärm schützt und über Steuerklappen eine natürliche Belüftung ermöglicht.
Die Abstände der Außenhaut zur Primärfassade variieren: sie betragen 1,70 Meter auf der Süd- und 1,20 Meter auf der Nordseite. Klimatechnisch bedingt variieren auch die Außenansichten von Nord- und Südfassade.
Während die Weißglas-Elemente im Norden durchgehend genau vertikal arrangiert sind, wurden die Glasfelder der Südfassade aus Gründen der besseren Luftdurchströmung in einer nach außen geneigten Struktur montiert. Auf diese Weise gelangt Strömungsluft über die Thermik von unten in die Belüftungsklappen. Zwischen beiden Hüllen ist der Sonnenschutz integriert, der somit unabhängig von den Windverhältnissen reguliert werden kann.
Dass man in der Fassade abgesehen von den Glasfeldern kaum eine Struktur wahrnimmt, ist der Tragwerksplanung des Ingenieurs Werner Sobek zu verdanken, der die konstruktiven Elemente auf ein Minimum reduzierte. Das von ihm in enger Abstimmung mit Helmut Jahn entworfene Tragwerk besteht im Wesentlichen aus filigranen, warmgewalzten und stranggepressten Edelstahlprofilen.
Glasfunktionen nicht wahrnehmbar
Unsichtbar, und daher technisch bemerkenswert ist die Vielfalt der Funktionsglas-Anwendungen im Post Tower.
Da sämtliche Verglasungen auf Basis der eisenoxidarmen Weißgläser vom Typ Pilkington OptiwhiteTM gefertigt wurden, sind die einzelnen funktionalen Unterschiede der Verglasungen optisch nicht wahrnehmbar.
Alle Gläser erscheinen hell, klar und ohne farbliche Tönung – so wollte es der Architekt.
Bereits in einer frühen Phase des Projektes wurde BGT Bischoff Glastechnik in die Planungen der Glasanwendungen einbezogen. Gemeinsam mit dem verantwortlichen Stahlbauer, der Firma Josef Gartner, galt es u. a. technische Fragen bezüglich der Dimensionierung von Sicherheitsglas-Typen wie Details der Lagerung großflächiger Glaselemente in dem filigranen Fassadensystem zu klären.
47 Funktionsglastypen
BGT fertigte aus den Weißgläsern von Pilkington 47 unterschiedliche Funktionsglas-Typen, deren Aufbauten den spezifischen Anforderungen der jeweiligen Einbausituationen exakt angepasst sind.
Berücksichtigt wurden dabei bau- und arbeitsrechtliche Anforderungen an Sicherheit, Brandschutz, Schallschutz und Abhörsicherheit ebenso wie Klima- und Komfort- und Designaspekte.
Die Architekten schöpften die anwendungs- und produktionstechnischen Möglichkeiten der Glaskombinationen in einer beispiellosen Bandbreite aus. So findet man Wärmedämmbeschichtungen und Edelgasfüllung für die Fassadenverglasungen, Schallschutzgläser für innere Trennwände, Sonnenschutzbeschichtung in Kombination mit keramischem Siebdruck für die Überkopf-Verglasung im Penthouse-Bereich, Gläser mit Randsiebdruck und vollflächig emailliertem Siebdruck, rutschhemmendem und blickdichtem Siebdruck für die begehbaren Böden und Glastreppen sowie Mehrfach-Funktionsgläser in Kombination mit den unterschiedlichen Typen und Klassen von Sicherheitsgläsern.
Die transparenten Brandschutzverglasungen der vier Treppenhäuser, ausgeführt in den Feuerwiderstandsklassen F 30 und F 90, wurden ebenfalls aus Pilkington OptiwhiteTM gefertigt.
Doppelfassade optimiert Ökobilanz
Die Funktionsgläser leisten einen wichtigen Beitrag zur Ökobilanz des Gebäudes.
Im Vergleich zu konventionell gebauten Hochhäusern wird dem Post Tower von Experten ein um rund ein Drittel reduzierter Gesamtenergieverbrauch attestiert. Erhebliche Anteile an diesen Einsparungen sind der Doppelfassaden-Konstruktion zuzuschreiben, die durch ihr „Luftpolster“ im Winter wärmedämmend und im Sommer klimatisierend wirkt.
Weitere Informationen
Weißglas bba 501
Architekten: Murphy/Jahn Architects, Chicago/Bonn; Projektleitung: Steven Cook/Andreas Hell Tragwerksplanung: Werner Sobek Ingenieure GmbH & Co KG, Stuttgart
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