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Blechschuppen-Fisch

Universum in Bremen
Blechschuppen-Fisch

Gerard Halama / Red.

Das Universum in Bremen wurde vom Bremer Architekten Thomas Klumpp als ein Expo-Objekt gebaut. Der aus dem Wasser auftauchende Fisch ist mit vielen glänzenden Schuppen bekleidet, dessen Effekt 35 000 Edelstahlbleche erzeugen. In seiner Statik ähnelt der vier Geschosse hohe, weit auskragende Stahlbetonbau einer Brücke. Die runde Hülle besteht aus Leimholzbindern.
Die Sandwich-Dachelemente wurden zu mehreren als Segmente vollverschalt angeliefert und montiert.
Innen führt das Universum, Science Center Bremen, den Besucher auf eine fantastische Reise in die Welt der Wissenschaft.
Außen musste die ungewöhnliche Form des Bauwerks mit einer ebenso ungewöhnlichen Deckung wasserführend und zum Teil auch wasserdicht gelöst werden.
Sonderentwicklungen
Der ausführende Dachdeckerbetrieb DDM Hesse, spezialisiert auf Schieferdeckungen, hatte hier die Aufgabe, ein nirgendwo gerades Objekt ästhetisch sauber einzudecken. Weil es ein solches Objekt hierzulande noch nicht gab, wurden viele Details neu entwickelt. Bei der Geometrie der Edelstahlbleche lehnte man sich an die Ausgangsform der Altdeutschen Deckung an.
Die 40 x 40 großen Rhomben, mit zwei leicht gekanteten Rändern am Fuß und am Rü-cken, sind lediglich am Rücken nicht „Altdeutsch“ bearbeitet.
So konnten sich die Dachdecker auf ansonsten Bekanntes berufen. Die Seiten- und Höhenüberdeckung beträgt 10 cm. Die Edelstahlbleche sind mit normalen Spenglerschrauben mit Neoprendichtscheiben – zwei in der Höhenüberdeckung und zwei in der Seitenüberdeckung – fixiert.
Zusätzlich wird mit der unteren Spenglerschraube in der Seitenüberdeckung ein Edelstahlhaken montiert. Dieser „Sturmhaken“ fixiert die Edelstahlbleche nochmals in der Nähe der Ferse.
Geschraubt werden die Bleche auf Vollschalung mit einer zweilagigen Vordeckung aus einer V13 und einer 3 mm dicken, kaltselbstklebenden Elastomerbitumenbahn Vedatop SU (sd= 75 m).
„Maul“ gibt Steigung vor
Das schräg verlaufende Maul des Fisches gibt die aus ästhetischen Gründen zwingende Gebindesteigung der Deckung vor. Unterhalb der „Lippe“ wurden die Deckreihen des Fischbauches zuerst von oben nach unten geschrieben. Diese Prozedur dauerte rund drei Tage. Dann wurde von unten nach oben gedeckt. Zum Teil musste über Kopf gearbeitet werden. Es gibt hier kein Anfang- und Endgebinde. Die Deckung dürfte in Schiefersprache als ausgespitzt gelten.
Links und rechts
Der Fisch ist je nach Seite mit linken oder rechten Blechen gedeckt. Bei einem Rhombus 40 x 40 erscheint diese Aussage zuerst unsinnig. Doch die Edelstahlbleche wiesen eine fein gebürstete Oberflächenstruktur auf. Würde man nun ein Blech einfach nur umdrehen, entstünde durch diese feine Bürstung eine andere Oberflächenspiegelung und damit auch eine andere Farbe.
Somit würden einfach nur umgedrehte Bleche Flecken erzeugen. Der Fisch würde ab der Mittelachse eine andere Spiegelung aufweisen und damit zweiteilig wirken. Also galt es, fein säuberlich linke und rechte Bleche herzustellen. Von der Mitte der „Fischlippe“ aus sind auf der rechten Seite linke Bleche und auf der linken Seite rechte Bleche montiert. In der Mitte wurde ein Schlussblech gesetzt.
Übersetzung
Alle Details der Deckung entsprechen weitgehend den Schieferregeln. Bei einem so runden Objekt wie dem Universum müssen auch zwangsläufig die Deckreihen – abhängig vom Durchmesser des Fisches – verschieden viele Deckbleche aufweisen.
Übersetzungen waren damit unumgänglich. Auch diese wurden in allerfeinster Schiefertechnik – wie bei der Altdeutschen Deckung üblich – ausgeführt. Für die überall notwendigen Übersetzungen gab es hier 3/4-breite Bleche (40 hoch, 30 breit) und 1¼-breite Bleche (40 hoch, 50 breit). Eine Übersetzung kam immer dann zum Einsatz, wenn die Seitenüberdeckung von 10 cm unterschritten wurde.
Dachneigung Null
Ab einer Dachneigung < 17° geht die Deckung aus Blechschuppen in eine wasserdichte Deckung aus Edelstahlscharen mit einer wasserdicht verschweißten Stehfalzdeckung über. Dieser Teil des Daches ist vom Boden aus nicht einzusehen. So entsteht für den Betrachter die Optik eines Fisches, der ganz und gar mit glänzenden, spiegelnden Schuppen benötigten sechs Handwerker drei Tage lang.
Rundum anders
Aus optischen Gründen gibt es hier keine Dachrinne. Die untere Lippe des Fischmauls wurde dafür wie eine große Rinne, aus dem gleichen Material wie die Dacheindeckung ausgeführt. Die gekanteten und gefalzten Edelstahlbleche wurden dafür in Teilbereichen auch geschweißt.
Das gesammelte Wasser wird an Leitblechen entlang geführt und fließt in den See, aus dem der Fisch aufsteigt. Die für solch ein Objekt vorgeschriebenen Sicherheitseinrichtungen wie Lüftung und RWA wurden vertieft und damit unsichtbar eingebaut. Die Durchdringungen sind aus gleichem Material ausgeführt und eingeschweißt. Zur Wartung und Pflege der RWA und der Fensterelemente des „Fischmauls“ dient ein kaum erkennbares Horizontal-Sicherungssystem.
Es besteht aus Befestigungspunkten mit eingespanntem Edelstahlseil. Darin kann sich der Dachdecker mit einem Sicherheitsgeschirr einhängen. Ohne sich ab- oder umhängen zu müssen, kann u.a. die gesamte Unterlippe des Fisches (ca. 150 m) in völliger Bewegungsfreiheit abgelaufen werden.
• Blechrhomben
Weitere Informationen bba 534
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Architekten: Entwurf: Architekt und Stadtplaner Thomas Klumpp, Bremen
Generalübernehmer: Kurt Zech GmbH, Bremen
Bau-/Projektleitung: Dipl.-Ing. Rolf Kühl, Bremen
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