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Mikroapartments in ehemaligem Plattenbau in Berlin-Friedrichshain

Sanierung und Umbau eines Bürogebäudes zu Studentenwohnungen und Mikroapartments in Berlin
Mikrowohnen in der Platte

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In Berlin-Friedrichshain haben GBP Architekten einen ehemaligen Verwaltungsbau aus den 1970er-Jahren zu 485 Studentenwohnungen und 82 Mikroapartments umgebaut. Dabei wurde der lange Riegel vollkommen neu organisiert sowie energetisch ertüchtigt, außerdem um ein Staffelgeschoss erweitert sowie durch zwei Gartenhäuser ergänzt. Im Inneren machten die Architekten die Strukturen des alten DDR-Baus sichtbar, die Fassade hingegen wurde zeitgemäß „reprogrammiert“.

Anforderung:

Schaffung von zeitgemäßen Studentenwohnungen und Mikroapartments in einem ehemaligen Bürogebäude

Lösung:

Vollständige Entkernung und Neuorganisation des Altbaus mit energetischer Ertüchtigung sowie Nachverdichtung


vs

Errichtet wurde das L-förmige Bestandsgebäude circa 1974 als System-Stahlbetonfertigteilbau in geschlossener Stahlbetonskelettbauweise. Der sechsgeschossige Riegel diente ursprünglich als Bürogebäude. Nach der Wende war er Sitz der Oberfinanzdirektion und des Bundesbauamtes II, ab 2012 stand der Bau leer.

Das Objekt befindet sich auf einem rund 10 400 m2 großen Grundstück am nördlichen Ende der Warschauer Straße nahe des Frankfurter Tors – in bester innerstädtischer Lage also, an einem der wichtigsten Verkehrsknotenpunkte Berlins. Die Umgebung – ein lebendiges Wohn- und Geschäftsviertel – ist geprägt von typischen Berliner Mietshäusern. Das Grundstück grenzt zudem an das vom Architekten Hermann Henselmann konzipierte, denkmalgeschützte Gebäudeensemble entlang der Karl-Marx-Allee bzw. Frankfurter Allee.

Neuorganisation und Nachverdichtung

An diesem gleichermaßen exponierten wie begehrten Standort sollten nun neue Studentenwohnungen und Mikroapartments entstehen. Im Auftrag der Cresco Capital Group organisierten GBP Architekten aus Berlin den Büro-Altbau deshalb vollständig um.

Die grundlegende Tragstruktur des System-Fertigteilbaus – Stahlbetonstützen entlang der Außenwände und im Inneren des Gebäudes sowie die Stahlbetondecken – blieb erhalten. Im Zuge der Umbaumaßnahmen wurde das Gebäude vollständig entkernt und die Grundrissaufteilung der einzelnen Geschosse in einem neuen Raster angelegt. Der zum Frankfurter Tor ausgerichtete Gebäudeteil erhielt einen Dachaufbau als zusätzliches Staffelgeschoss, und auch im Hinterhof wurde nachverdichtet: Hier entstanden zwei Neubauten in Stahlbetonbauweise, die den Verlauf der Hildegard-Jadamowitz-Straße städtebaulich weiterführen.

Kleine Apartments, große Lobby

Durch den Umbau wurde ein Wohnungsensemble mit insgesamt 567 Wohneinheiten geschaffen, davon 485 Studentenwohnungen und 82 Mikroapartments, die sich um einen großen Innenhof gruppieren. Die Studentenwohnungen sind zwischen 18 m2 und 24 m2 groß und verfügen über eine Küchenzeile sowie ein Badezimmer im individuellen Design. Zudem sind alle Zimmer mit eigens für das Bauvorhaben entworfenen Möbeln ausgestattet. Ergänzt wird das Ensemble durch die sogenannten „Tannhaus Apartments“, die einen privaten Eingangsbereich mit einer Licht- und Waldinszenierung erhielten. Die Mikroapartments mit einer Größe zwischen 25 m² und 39 m² sind komfortabel mit „Custom-Made“-Möbeln eingerichtet und werden als „serviced apartments“ vermietet.

„Trotz der kleinen Wohnungen kommt das Thema Gemeinschaft und Ausweichmöglichkeiten nicht zu kurz“, erklärt Nicola Medrow-Bürk, Architektin und Geschäftsführerin bei GBP Architekten. Denn im Erdgeschoss des neu organisierten Altbaus wurde auf rund 600 m² Gemeinschaftsfläche die „Neon Wood Lobby“ realisiert, die als zentraler Anziehungspunkt für die studentischen Bewohner dient. Sie bietet ideale Bedingungen für Gemeinschaftskonzepte und kann flexibel genutzt werden. Der in Anlehnung an Boutique-Hotels konzipierte Bereich umfasst Lounges zum Verweilen, Vortrags- und Seminarflächen sowie Studienräume, außerdem einen Waschsalon und ein Fitness-Studio. Hier können sich die Bewohner treffen und neue Kontakte knüpfen.

Alt versus neu

Bei der Gestaltung des Inneren folgten die Architekten dem Konzept, die Strukturen des Bestandsbaus freizulegen und in ihrer rauen, unverkleideten Materialität zu zeigen. „Unser Ansatz ist, dass wir das Besondere eines Gebäudes finden und daran möglichst wenig verändern“, erklärt die Architektin. „Im Fall ‚Wohnen am Frankfurter Tor‘ wollten wir den Charme des Massivbaus erlebbar machen.“

Der freigelegte Beton wurde als Sichtbeton inszeniert und mit individuellen, hochwertigen Einbauten sowie farbigen Designobjekten kombiniert. „Auch in den Treppenhäusern haben wir die nackten Sichtbeton-Wände wieder freigelegt und einen minimalistischen Aufzugkern mit Architekturglas hineingesetzt“, so Medrow-Bürk. „Die Treppen in rotem Terrazzostein haben wir erhalten und, wo nötig, den kaputten Boden mit Sichtestrich ergänzt.“ Auch in der Lobby kam bituminöser Estrich zum Einsatz, in den Fluren wiederum ein Linoleum-Bodenbelag. Die Apartments wurden z.T. mit Massivholz-Fischgrät-Parkett ausgestattet.

Reprogrammierung der Fassade

Während das Innere des Wohnensembles stark verändert wurde und dadurch lebendig, „wild“ und zeitgenössisch wirkt, wurde die Fassade des Gebäudes behutsam an heutige (bauphysikalische) Anforderungen angepasst und formal reprogrammiert.

Die Außenwände erhielten ein mineralisches Wärmedämmverbundsystem mit Glattputzoberfläche. Zum Einsatz kam das WDV-System „Lobatherm“ von quick-mix aus Mineralwolle in einer Dämmstärke von 160 mm. Auf Mineralwolle wurde u.a. deshalb gesetzt, weil sie nicht brennbar ist. Eine Verkleidung mit EPS hätte mehrere Brandriegel bedingt, sodass auch für den Fachhandwerker das Mineralwolle-System deutlich einfacher zu verarbeiten war. Mit dem Lobatherm-System wurden die Brandschutzanforderungen deutlich übertroffen. Zudem bietet das System einen sehr guten Schallschutz, verfügt über eine hohe Wasserdampfdiffusionsfähigkeit, ist außerdem hoch witterungsbeständig und minimiert das Risiko der Algen- und Pilzbelastung. Als Oberputz kam der Glattputz „SHF“ von quick-mix zum Einsatz, als Fassadenfarbe wiederum wurde die hochdeckende, hydrophobe „LK 350W“ mit Abperleffekt verwendet.

Obwohl die Architekten das Verhältnis von offenen und geschlossenen Flächen in der Fassade übernahmen, schufen sie durch die Ausgestaltung des Wärmedämmverbundsystems einen völlig neuen Ausdruck. Im Bereich der offenen Fassadenflächen kamen thermisch getrennte Aluminiumprofile mit einer Dreischeiben-Isolierverglasung zum Einsatz – bedingt durch die laute Straße sowie hohe energetische Anforderungen. „Die Elemente waren eine Sonderlösung. Hier arbeiteten wir eng mit Schüco zusammen“, erklärt Architektin Medrow-Bürk. Zum Einsatz kam das hochwärmegedämmte Aluminium-Fenstersystem „Schüco AWS 75.SI+“, das Bestandteil des „Schüco AWS Baukastens“ ist und umfangreiche Lösungsvarianten bietet. Beim Projekt „Wohnen am Frankfurter Tor“ bestehen die jeweils circa 2,90 m breiten und 1,75 m hohen Elemente aus zwei öffenbaren Fensterelementen sowie einer Festverglasung in der Mitte. Die Fenster sind durch eine horizontale Sprossenteilung gegliedert, die Fassadenprofile wurden mit einer transparenten Pulverbeschichtung mit Rohstahleffekt versehen. „Die unfertig wirkenden Profile sollten das raue und unverkleidete Innere des Gebäudes nach außen widerspiegeln“, so die Architektin.

Mit den konstruktiv bedingten, tiefen Fensterlaibungen und den markanten Gesimsen, mit dem kleinteiligen Sprossenraster im Bereich der Fenster sowie den mit grünen Kacheln verkleideten Mittelstützen wird die Fassade der Henselmann-Bauten zitiert. „Zudem verweist das Grün der Fassadenelemente und des Staffelgeschosses auf die Kupferdächer der Türme am Frankfurter Tor“, so Medrow-Bürk.

Attraktive Außenanlagen

Zwischen dem Altbau und den beiden Neubauten wurde ein attraktiver Innenhof geschaffen, der den Bewohnern eine hohe Aufenthaltsqualität bietet. Eine hochwertige Stufenanlage als Entrée wird durch großzügig bepflanzte Bereiche aufgelockert und strukturiert. Ergänzend wird die Nutzung der Terrassen für kleine Sitzbereiche und gastronomische Einrichtungen offen gehalten. Der Innenhof ist als grüne Oase multifunktional gestaltet. An den Randbereichen des Bestandsgebäudes sowie der Neubauten gruppieren sich – korrespondierend mit der inneren Nutzung – vereinzelte Terrassen-Außenbereiche. Außerdem sind ausgedehnte Grünflächen zur Erholung, Gemeinschaftsplätze, Sitzinseln und zahlreiche Fahrradstellplätze vorhanden.

Bau mit Geschichte und Charakter

„Die besondere Herausforderung bei dem Projekt lag in der Umsetzung und Erfüllung aller Anforderungen, ohne dabei den Blick auf das Wesentliche, den Charme des Bestandes, zu vernachlässigen“, sagt Nicola Medrow-Bürk . „Für uns strahlte das Bestandsgebäude zunächst eine für solche Bürobauten typische Seelenlosigkeit aus. Aber durch die Freilegung der unterschiedlichen Materialien im Inneren in Kombination mit den farbigen Designobjekten sowie durch die reprogrammierte, detailreiche Fassade haben wir es geschafft, dem Gebäude Seele und Lebendigkeit zu verleihen.“

Aus einem eher nüchternen und seriell geordneten DDR-Stahlbetonfertigteilbau mit straff gespannter Hülle haben die Architekten somit einen spannenden Baukörper mit moderner Formensprache geschaffen – und die Bewohner erhielten ein Gebäude mit Geschichte und Charakter, das gleichzeitig auf dem aktuellen Stand der Technik ist.


Bauherr: Cresco Capital Frankfurter Tor S.à r.l.

Architekt: GBP Architekten, Berlin
www.gbp-architekten.de

BGF: 25 711 m2

LP: Generalplanung LP 1–9

Standort: Berlin

Preise: Nominierung für den DAM-Preis 2019


Architektin Nicola Medrow-Bürk: „Unser Ansatz ist, dass wir das Besondere eines Gebäudes finden und daran möglichst wenig verändern. Im Fall ‚Wohnen am Frankfurter Tor‘ wollten wir den Charme des Massivbaus erlebbar machen.“


Architektin Nicola Medrow-Bürk: „Trotz der kleinen Wohnungen kommt das Thema Gemeinschaft und Ausweichmöglichkeiten aufgrund der großzügigen Lobby nicht zu kurz.“


Architektin Nicola Medrow-Bürk: „Das Grün der Fassaden-elemente und des Staffelgeschosses verweist auf die Kupferdächer der Türme am Frankfurter Tor.“


Architektin Nicola Medrow-Bürk: „Die unfertig wirkenden Fassadenprofile sollten das raue und unverkleidete Innere des Gebäudes nach außen widerspiegeln.“


Architektin Nicola Medrow-Bürk: „Die besondere Herausforderung bei dem Projekt lag in der Umsetzung und Erfüllung aller Anforderungen, ohne dabei den Blick auf das Wesentliche, den Charme des Bestandes, zu vernachlässigen.“


Architektin Nicola Medrow-Bürk: „Für uns strahlte das Bestandsgebäude zunächst eine für solche Bürobauten typische Seelenlosigkeit aus.“


Architektin Nicola Medrow-Bürk: „Durch die Freilegung der unterschiedlichen Materialien im Inneren in Kombination mit den farbigen Designobjekten sowie durch die reprogrammierte, detailreiche Fassade haben wir es geschafft, dem Gebäude Seele und Lebendigkeit zu verleihen.“


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