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Knifflige Details am Dach

Exakte Planervorgabe von Materialien und Ausführungsart
Knifflige Details am Dach

Die Energieeinsparverordnung verlangt eine dauerhaft luftdichte Gebäudehülle. Daraus kann sich einiger Beratungsbedarf gegenüber dem Bauherrn ergeben, speziell wenn luftdicht mit diffusionsdicht verwechselt wird. Vor allem aber ist die Luftdichtheit in der Bauplanung und in der Bauüberwachung als spezielle Aufgabenstellung zu berücksichtigen.

Markus Hoeft

Plastiktüten üben auf Kinder eines gewissen Alters eine kaum zu bremsende Faszination aus. Häufig verbieten die Erwachsenen das spannende Spiel mit dem knisternden Zellophan jedoch, weil es tragische Folgen haben kann, wenn die Tüten über Mund und Nase gestülpt werden. Etwas zugespitzt formuliert lernen die Kinder in diesem Moment: Luftdichtheit ist lebensfeindlich. Jahre später, wenn aus den Kindern Bauherrn geworden sind, fordert die Energieeinsparverordnung EnEV:
„Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass die wärmeübertragende Umfassungsfläche einschließlich der Fugen dauerhaft luftundurchlässig … abgedichtet ist.“
Obwohl es das strenge und inhaltlich auch nachvollziehbare Verbot gibt, den Kopf in die Tüte zu stecken, soll man nun den ganzen Körper in einer luftdichten Hülle wohnen lassen. Luftdichtheit ist plötzlich „lebensfreundlich“, weil dem Wärmeschutz und der Energieeinsparung dienend. Der scheinbare Widerspruch erzeugt oft Unsicherheit hinsichtlich der Bewertung des luftdichten Bauens und kann, vor allem bei privaten Bauherrn, einigen Beratungsbedarf verursachen.
Energetische Vorteile
Neben der rechtlichen Forderung der EnEV sind es im Kern vier bauphysikalisch-technische Aspekte, die im modernen Bauen für luftdichte Gebäudehüllen sprechen.
  • Energetisch: Über undichte Fugen und Ritzen in der Hüllfläche entweicht warme Raumluft und mit ihr die darin enthaltene Wärmeenergie. Die nachströmende Kaltluft muss unter erneutem Energieeinsatz wieder angewärmt werden.
  • Raumklimatisch: Der kontinuierliche Luftstrom über undichte Stellen wird von den Bewohnern als permanente Zugluft empfunden, die die Behaglichkeit in den Räumen nachhaltig stören kann.
  • Dämmtechnisch: Mit der warmen Raumluft entweicht auch die als Wasserdampf vorhandene Luftfeuchtigkeit, die in kälteren Bauteilschichten zu Wasser kondensiert. Das Kondensat durchfeuchtet die Dämmstoffe, deren Wärmeleitfähigkeit dann ansteigt, womit die Wärmedämmung an Leistungsfähigkeit verliert.
  • Konstruktiv: An einzelnen Leckstellen kann durch Unterschreitung des Taupunkts ein starker punktueller Wasseranfall auftreten, der die für das Dach typischen Holzkonstruktionen schädigt (Schimmelpilzbefall, auf längere Sicht Verrottung).
Konvektion und Diffusion
Im Beratungsgespräch mit dem Bauherrn muss auf eine saubere Unterscheidung der Begriffe luftdicht und diffusionsdicht geachtet werden, die zwei vollständig getrennte Phänomene beschreiben. Bei der Luftdichtheit geht es allein um die Verhinderung der Konvektion, also eines Luftstroms innerhalb der Konstruktion.
Eine luftdichte Gebäudehülle kann jedoch gleichzeitig diffusionsoffen sein und damit den Durchgang von Wasserdampf durch die Eigenbewegung der Moleküle ermöglichen. Die Größenordnung der Diffusion sollte man jedoch keinesfalls überschätzen. Das weit verbreitete Bild von der „atmenden Wand“ führt insofern in die Irre, als es einen größeren Gasaustausch suggeriert, wie er eben beim Atmen in der Lunge von Mensch und Tier stattfindet. Tatsächlich ist der Gasaustausch durch Diffusion in Gebäuden jedoch viel zu gering, um einen nennenswerten Beitrag zum hygienisch erforderlichen Luftwechsel in den Räumen zu leisten. Dieser Luftwechsel muss mittels der Lüftung über geöffnete Fenster oder bei neueren Gebäuden auch durch eine Lüftungsanlage sichergestellt werden. Die diffusionsoffene Bauweise soll lediglich höhere Wasserdampfkonzentrationen innerhalb der Baukonstruktionen verhindern bzw. der eventuell doch auftretenden Feuchtigkeit die Möglichkeit des Entweichens geben.
Luftdicht ist luftdicht
Die Luftdichtheit ist eine Planeraufgabe auf der Basis von DIN 4108–7 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7: Luftdichtheit von Gebäuden, Anforderungen, Planungs- und Ausführungsempfehlungen sowie –beispiele.
Der Planer darf sich also bei den Details nicht auf das mehr oder minder große Geschick der ausführenden Handwerker verlassen, sondern muss in einem Luftdichtheitskonzept die Lage, die Materialien und die Anschlussausbildung der luftdichten Ebene für jedes Bauteil, jeden Bauteilübergang und jede eventuelle Durchdringung festlegen.
Die möglichen Materialien werden in DIN 4108–7 aufgeführt. Danach ist verputztes Mauerwerk luftdicht, weshalb die Planung der Luftdichtheit in massiven Vollgeschossen eher unkompliziert ist. Zu beachten sind vor allem die Anschlüsse von Fenstern, Türen oder anderen Durchdringungen.
Deutlich mehr Aufmerksamkeit erfordern Holzkonstruktionen, in der Regel also das traditionell ausgeführte Dach und bei entsprechender Bauweise auch die (Holzständer-)Wände. Die Luftdichtheitsschicht muss hier mit luftdichten Bahnen aus Kunststoffen oder auch Papier hergestellt werden, wobei sich eine Kombination mit der ebenfalls erforderlichen Dampfsperre anbietet. Die Dampfsperren oder –bremsen sind zwar hinsichtlich der Diffusionsfähigkeit nach ihrem Sperrwert (sd-Wert) zu planen, für die Luftdichtheit, also die Verhinderung von Konvektion bzw. der Durchströmung, ist dieser Wert jedoch nicht ausschlaggebend. Luftdicht ist luftdicht – und wird für eine einzelne Bauteilschicht nicht mit einer Maßzahl versehen. Mess- und damit bezifferbar ist lediglich die Luftdichtheit für das Gesamtgebäude (Blower-Door-Test).
Planungsdetails
Die kombinierte Funktionsschicht der Dampfsperre/-bremse und Luftdichtheit muss auf der Innenseite der Wärmedämmung liegen. Bei Zwischen- und Untersparrendämmungen sowie Kombinationen daraus bedeutet dies eine Anordnung auf der Innenseite der Sparren unter der raumseitigen Verkleidung. Diese Position kann auch bei Aufsparrendämmungen gewählt werden, jedoch ist hier aus rein bauphysikalischer Sicht ebenso die Luftdichtheitsschicht oberhalb der Sparren bzw. auf einer äußeren Vollholzschalung möglich. Für Sanierungen gibt es außerdem von außen zu verlegende Dampfsperren/Luftdichtheitsschichten, die ohne Zerstörung der inneren Verkleidung in die Sparrenzwischenräume und über die Sparren hinweg verlegt werden.
Für welche Lösung sich der Planer entscheidet hängt vor allem von der sicheren Ausführbarkeit aller Anschlüsse und Durchdringungen ab. Die Industrie bietet zwar zusammen mit den luftdichten Bahnen vorkonfektionierte Luftdichheitssets an, die Klebebänder und/oder Klebstoffe für alle gängigen Abdichtungsfälle und Klebeuntergründe enthalten.
Dies enthebt den Planer jedoch nicht von der genauen Vorgabe der Materialien und der Ausführungsart der Verklebung an jedem Anschluss.
Genau diese Punkte sind dann auch in der Bauüberwachung besonders zu beachten. Denn die Luftdichtheit in der Fläche und bedingt auch noch die Verklebungen der glatten Bahnen untereinander sind relativ wenig fehleranfällig und optisch einfach zu kontrollieren. Probleme bereiten eher die Anschlüsse, Bauteilübergänge und Durchdringungen, die alle sorgfältig und dauerhaft abzukleben sind, so dass eine wirklich lückenlose Luftdichtheitsschicht entsteht.
Besonders neuralgische Punkte sind jeweils die Anbindung:
  • am Fußpunkt des Dachs (Ringbalken, Kniestock oder ggf. Abseitenwand),
  • an die Mittelpfette und die Kehlbalkendecke (bei ungedämmtem Spitzboden),
  • an den First (bei Dämmung bis zum First),
  • am Anschluss zu Mauerwerk oder Trockenbauwänden (Giebelwände, Haustrennwände, ggf. in die Dachkonstruktion hineinragende Innenwände)
  • an die Dachfenster (die Dampfsperrschürze ist in der Regel Zubehör beim Fensteranbieter) sowie
  • an allen Einbauteilen und Durchdringungen im Dachgeschoss (Be- und Entlüftung, Schornstein, Antenne usw.)
Sowohl in der Planung als auch in der Bauüberwachung ist außerdem sicherzustellen, dass die einmal fachgerecht ausgeführte Luftdichtheitsschicht nicht später durch andere Ausbaugewerke wieder verletzt wird. Vor allem für die Elektrik sollte deshalb eine Installationsebene hinter der raumseitigen Verkleidung vorgesehen werden. Alternativ können z.B. luftdichte Steckdosen verwendet werden, die aber auch ausgeschrieben sein müssen.
Die Forderung des luftdichten Bauens, wie sie in diesem Artikel besprochen wird, ergibt sich aus § 6 EnEV (1). Der Paragraf hat jedoch noch einen zweiten Absatz, der keinesfalls übersehen werden sollte: „Zu errichtende Gebäude sind so auszuführen, dass der zum Zwecke der Gesundheit und Beheizung erforderliche Mindestluftwechsel sichergestellt ist.“ Der Planer hat also die etwas gegenläufigen Aufgaben, einerseits Leckagen auszuschließen und andererseits die Luftzufuhr sicherzustellen. Dafür ist ein Lüftungskonzept nach DIN 1046 Teil 6 erforderlich, dass bei der Verwendung mechanischer Lüftungs-
anlagen oder auch selbsttätig öffnender Fenster keine unüberwindbaren Probleme bereitet. Noch offen ist jedoch, inwieweit allein der Hinweis auf die per Hand vom Bewohner auszuführende freie Lüftung über Fenster mehrmals am Tag ein hinreichendes Lüftungskonzept darstellt.
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