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Behutsam und zeitgemäß

Fachwerksanierung in Kassel
Behutsam und zeitgemäß

Anne Fingerling / red.

Wie auf einer einsamen Insel schlummerten die beiden verlassenen Fachwerkhäuser am Rande eines alten Obstgartens vor sich hin. Bis die benachbarte Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck die beiden Häuser im nordhessischen Kassel kaufte und vor dem Abbruch bewahrte. Über zwanzig Jahre standen die denkmalgeschützten Häuser leer.
In den achtziger Jahren erhielten sie eine neue Dacheindeckung mit Betonsteinen, so dass zumindest hier kein Regenwasser eindringen und zu weiteren Schäden führen konnte. Ansonsten blieben die Häuser „An der Insel“ Nr. 1 und Nr. 3 weitgehend sich selbst überlassen.
Die Fachwerkkonstruktion war aufgrund von Witterungseinflüssen teilweise stark geschädigt; besonders die Westfassade des hinteren Gebäudes (Haus Nr. 1).
Zwar hatte diese Seite in den siebziger Jahren einen Anbau erhalten, allerdings ohne, dass die Fachwerkschäden zuvor fachgerecht repariert worden waren.
Trotz der Umnutzung zum modernen Wohnraum für Bedienstete der Kirche von Kurhessen-Waldeck sollte die historische Substanz weitgehend erhalten bleiben. Möglich war das nur durch die enge Zusammenarbeit zwischen der Bauberatung im Landeskirchenamt und dem mit der Durchführung beauftragten Kasseler Architekturbüro Sprengwerk sowie mit der Denkmalfachbehörde.
Bestandsaufnahme
Das hintere Wohnhaus (Haus Nr.1) wurde etwa um 1900 errichtet. Da die originale Fachwerkkonstruktion aus Nadelholz besteht, ist davon auszugehen, dass es nie als Sichtfachwerk geplant war.
Das Sanierungskonzept sah dementsprechend eine Außendämmung und eine Verkleidung mit Naturschiefer vor. Das angrenzende vordere Gebäude (Haus Nr.3) stammt aus dem 18. Jahrhundert. Es wurde in Eichensichtfachwerk erstellt und weist Elemente des mittelalterlichen Fachwerkbaus auf. Die Ost- und Südfassade sollten als Sichtfachwerk erhalten bleiben.
Für die in Ständerbauweise errichtete Nordfassade sahen die Planer eine Außendämmung und einen mineralischen Außenputz vor, da hier bei Reparaturen in der Vergangenheit die originale Konstruktion in großen Teilen durch Nadelhölzer ersetzt worden war.
Durch Witterung waren die Fachwerkhölzer teilweise so stark geschädigt, dass die Zimmerer Schwellen und Stiele mitunter komplett auswechseln mussten. So weit es die erforderlichen Reparaturen an der Fachwerkkonstruktion zuließen, blieben die alten Gefache erhalten. Ansonsten wurden die Gefache mit ungebrannten Lehmziegeln ausgemauert.
Energetisches Konzept
Die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV) wurden bei der Sanierung der beiden Häuser so weit berücksichtigt, wie es mit vertretbarem Aufwand möglich und sinnvoll erschien. Allerdings sieht die EnEV hinsichtlich des Dämmstandards Sonderregelungen für den Althausbestand vor, die hier nach Auskunft des zuständigen Architekten Claus Wienke angewandt wurden.
Das Verkleiden der Außenwände bei Haus Nr.1 mit Naturschiefer erlaubte eine entsprechende Außendämmung mit 8 cm Weichfaserplatten (Pavatherm-Plus von Pavatex), darauf 4 cm Lattung als Träger für eine ca. 2,5 cm Schalung. Auf die Schalung brachten die Handwerker eine Lage Glasvliesbitumendachbahn auf, abschließend die Schieferdeckung. Der Anbau aus den siebziger Jahren wurde abgerissen und durch einen dezenten Vorbau ersetzt, der als Windfang für den Eingangsbereich dient.
Die Nordfassade bei Haus Nr.3 erhielt ebenfalls eine Außendämmung aus 8 cm Weichfaserplatten (Unger-Diffutherm von Pavatex) sowie einen mineralischen Außenputz. Da Süd- und Ostfassade als Sichtfachwerk erhalten bleiben sollten, kam nur eine Innendämmung in Frage, bestehend aus 6 cm Weichfaserplatten (Unger-Diffutherm) mit Conluto Lehmunterputz und abschließend Lehmoberputz.
Fenster und Türen wurden komplett erneuert, indem man sich an der vorhandenen Fensteraufteilung orientierte. Die neuen Holzfenster erhielten Isolierverglasung mit einem U-Wert von ca. 1,1 W/m2K. Nach erfolgter Sanierung liegt der errechnete Heizenergiebedarf für beide Häuser jeweils bei etwa 120 kWh/(m2a). Jedes Haus verfügt über eine eigene Gasbrennwerttherme für Heizung und Warmwasser, die jeweils im Dachgeschoss untergebracht ist.
Altes bewusst zeigen
Sowohl der Bauherr als auch der Architekt Claus Wienke legten bei der Sanierung großen Wert auf traditionelle Handwerkstechniken; besonders in den Bereichen Holzsanierung und Innenausbau, wo hauptsächlich mit Lehmputz gearbeitet wurde. Teil des Konzeptes war es, besonders im Innenbereich Altes sichtbar zu lassen: „Wir wollten nicht, dass die Häuser von innen nachher aussehen wie Neubauten“, erklärt Claus Wienke.
So wurden die Innenwände beim Verputzen nicht begradigt, sondern mit den Verformungen der alten Wände „lebendig“ belassen. Es ging nicht darum, unbedingt jeden Balken sichtbar zu lassen. Größere Sprünge und Unebenheiten wurden ausgeglichen; die Handwerker trugen an manchen Stellen bis zu 8 cm Lehmputz auf. Das ist ein Grund, warum Claus Wienke Lehm als „idealen Baustoff im Fachwerkbereich“ bezeichnet, denn Lehm reagiert relativ flexibel auf die Bewegungen der Fachwerkkonstruktion; es kommt nicht so schnell zu Rissbildungen. Zudem nimmt Lehm Feuchtigkeit auf, speichert sie aber nicht, sondern gibt sie gut wieder ab.
Ausbau des Dachgeschosses
Um zusätzlichen Wohnraum zu gewinnen, erfolgte bei Haus Nr.3 der Ausbau des bislang ungenutzten Dachstuhls. Die sich dadurch ergebenden größeren Lasten erforderten es, zusätzliche Sparren einzuziehen; der alte Sparrenabstand von ca. 1,50 m war zu groß.
Von innen sind die Schrägen mit Gipsfaserplatten beplankt. Darunter befestigten die Dachdecker zuvor eine Dampfbrems-pappe mit darüber liegender Lattung (30/50 cm) als Trägerkonstruktion für die Gipsfaserplatten. Die Vollsparrendämmung besteht aus Mineralwolle (22 cm bzw. 24 cm). Außen auf die Sparren wurden DWD-Platten montiert, darauf Lattung und Konterlattung. Die Dacheindeckung erfolgte mit rotem Ziegel.
In der Vergangenheit war das Dachgeschoss im Haus Nr.1 bereits teilweise ausgebaut worden, allerdings ohne Wärmedämmung. Um einen gewissen Dämmstandard auch im Dach zu gewährleisten, hätten die Sparren aufgedoppelt werden müssen. Aber aufgrund des schlechten Zustandes der Dachkonstruktion und der relativ schwachen Dimensionierung fiel nach Rücksprache mit der Denkmalpflege schließlich die Entscheidung, den Dachstuhl komplett zu erneuern. Der Aufbau der Wärmedämmung ist identisch mit dem Aufbau bei Haus Nr.3. Auch die Eindeckung des Daches erfolgte mit rotem Ziegel.
Neuer Keller
Beide Häuser verfügten ursprünglich nur über Kriechkeller mit einer Höhe von ca. 1,40 m. Im Zuge der Sanierung erhielten sie eine umlaufende Ringdrainage und, auf Empfehlung des Bodensachverständigen, eine zusätzliche Flächendrainage. Bei Haus Nr. 3 blieb das vorhandene Kellermauerwerk erhalten, es mussten lediglich die Fundamente verstärkt und von innen eine zusätzliche Ziegelmauer hochgezogen werden. Eine Vertikalabdichtung der Aufmauerung bis unter die neue Betonkellerdecke sorgt dafür, dass die Holzschwellen in diesem Bereich vor aufsteigender Feuchtigkeit geschützt sind.
Unter den bestehenden Schwellen haben die Handwerker das alte Natursteinmauerwerk abschnittweise abgebrochen und nochmals eine Lage Bitumenschweißbahn eingelegt und darauf aufgemauert. Das verhindert, dass die aufsteigende Feuchtigkeit im vorhandenen Mauerwerk bis zu den Schwellen gelangen kann.
Haus Nr. 1 erhielt einen vollständig neuen Keller, was sehr aufwändige Abstützungsarbeiten der darüber befindlichen Fachwerkwände erforderte. Der Keller ist von beiden Häusern je zur Hälfte nutzbar und verfügt jeweils über einen separaten Zugang. Zu den Kellern waren in beiden Häusern ursprünglich Holzbalkendecken vorhanden, die aufgrund aufsteigender Feuchtigkeit völlig marode waren. Nachdem die alten Kellerdecken vollständig entfernt worden waren, erhielten beide Häuser Stahlbetondecken. Auf die 16 cm Betondecken brachten die Handwerker 12 cm Dämmung aus Trockenschüttung (Perlite) und Weichfaserplatten auf, darauf 30 mm Gussasphalt. Darüber verlegten sie als Bodenbeläge in Küche, Flur und WC Terrakottafliesen und im Wohn- und Essbereich Holzdielen.
Weitere Informationen
Innen- und Außenwand- dämmung bba 536
Architekturbüro: Sprengwerk, Claus Wienke, Kassel
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