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Energetisch aufgepeppt und Charakter bewahrt

Umbau eines Lagerhauses zum Bürogebäude in Geislingen an der Steige
Energetisch aufgepeppt und Charakter bewahrt

Dem ehemaligen Lagerhaus in Geislingen drohte nach langem Leerstand der Verfall. Bei der Umnutzung des Industriedenkmals zum Bürogebäude hatten die ausführenden Architekten Martina Stahl und Volker Sawall das Ziel, den historischen Charakter des 1921 errichteten Gebäudes weitgehend zu erhalten – trotz moderner Ausstattung und Niedrigenergiehaus-Standard mitsamt zeitgemäßer Wärmedämmung.

Anne Fingerling

In der Vergangenheit diente der viergeschossige, quadratische Walmdachbau mit achteckigem Aufsatz den umliegenden Landwirten als Lagerhaus für Getreide, Kartoffeln und Kunstdünger. Unter- und Erdgeschoss sind als Eisenbetonkonstruktion ausgeführt, das erste bis dritte Obergeschoss besteht aus einer mit Holzschindeln verkleideten Fachwerkkonstruktion.
Silozelle als Treppenhaus
Die nördliche Gebäudehälfte enthielt ursprünglich sechs Getreidesilos, die über drei Stockwerke aus Fichtenbrettern zu einer Brettstapelkonstruktion zusammen genagelt sind. Das neue Treppenhaus wurde in eine der Silozellen integriert, die somit in ihrer Gesamtheit vom Trichter im EG bis zum Dach erlebbar bleibt. Vor den vorhandenen Fenstern sowie für die erforderlichen Durchgänge erhielten die Silowände Durchbrüche.
Ein angrenzender moderner Anbau mit Aufzugsanlage ermöglicht vom Untergeschoss bis zum 3. OG einen barrierefreien Zugang. Der in sich geschlossene, schlichte Neubau ist durch einen Glassteg mit dem Bestandsgebäude verbunden.
Dämmung der Außenwände
Die massiven Außenwände im Erdgeschoss, einschließlich Sockelbereich des Untergeschosses, wurden außen mit 10 cm Polystyrolplatten (WLZ 035) gedämmt und anschließend nach historischem Befund mit Münchner Rauputz verputzt. Das Planungsteam wählte hier eine preisgünstige Lösung, denn
„bei einer Betonwandstärke von bis zu 70 cm, der hohen Dichte des Materials
und des hohen Wasserdampfdiffusionswertes braucht man keinen `sensiblen´ Dämmstoff“, erläutert Martina Stahl.
Für eine optimale Anbringung der Außenwanddämmung mussten die Steinfensterbänke entfernt werden, um auch in diesen Bereichen eine einheitliche Dämmstärke zu erreichen und Wärmebrücken zu vermeiden. Die Gesimse wurden mit Polystyrolplatten (Sto Decoprofil Außensimsen D) entsprechend nachgearbeitet, um das optische Erscheinungsbild der Fassade zu bewahren, bis hin zur Licht- und Schattenwirkung eines plastischen Bauteils.
Fachwerk energetisch „aufgepeppt“
Die Bestandsaußenwände der oberen drei Fachwerkgeschosse mit Holzschindelfassade wurden zu einer modernen Holzrahmenwand mit Niedrigenergiehaus-Standard umgebaut. Nach dem Entfernen der Gefache beplankten die Handwerker die Konstruktion von innen mit 15 mm OSB-Platten, die zugleich als Dampfbremse fungieren. Abschließend wurden die Innenseiten der Außenwände mit 9,5 mm Gipsfaserplatten von Fermacell versehen und mit Innensilikatfarbe gestrichen. Der entstehende Zwischenraum ist vollständig mit Zellulosefasern von isofloc gedämmt. Das Material füllt auch kleinste Hohlräume aus und passt sich Unebenheiten in der Wandoberfläche an.
Bei dieser Dämmkonstruktion kann die historische Schindelfassade erhalten bleiben; etwa drei Viertel der Fläche sind noch mit den Originalschindeln von 1922 verkleidet. Der Wandaufbau gewährleistet sowohl einen besseren Schallschutz durch größere Masse als auch sommerlichen Wärmeschutz.
„Durch die hohe spezifische Wärmespeicherkapazität der Zellulosefasern kommt es zu einer Phasenverschiebung; die Hitze eines Sommertages erreicht den Innenraum, nicht bevor die abendliche und nächtliche Kühlung Abhilfe verschafft“, erklärt Volker Sawall.
Ein weiterer Vorteil: Die dampfdiffusionsoffene Bauweise verzeiht kleinere bauphysikalische Unregelmäßigkeiten. Die Schindelfassade ist nicht vollständig wasserdicht.
„Das organische Zellulosematerial nimmt die Feuchtigkeit auf und verteilt sie, die Austrocknung kann dann über eine große Fläche stattfinden“, so
Volker Sawall. Mineralfasern hingegen als Alternativmaterial würden zu einer punktuellen Durchfeuchtung der Konstruktion führen. Die Folge wäre der Verlust der Dämmfähigkeit in diesem Bereich und längerfristig eine Schädigung der Holzkonstruktion.
Wirksamer Schallschutz
Die Anforderungen an den Trittschallschutz erfüllen die Planer durch konsequente Entkopplung der Aufbauschichten von der vorhandenen Holztragkonstruktion (Entkopplungsplatte Pavatex 18 mm) und eine zusätzliche Entkopplung der Lagerhölzer des Dielenbelags (Pavastep 4 mm).
Für den Luftschallschutz bedarf es an Masse in der Konstruktion. In den Dielenböden wurden Beton-Gehwegplatten (40 mm) in Sand verlegt, darüber Trittschalldämmung sowie 60 mm Rahmenschenkel. Damit keine Resonanzräume entstehen, wurden die Zwischenräume zwischen den Lagerhölzern des Dielenbelags mit Zellulosefasern gefüllt. Entlang der Außenwände über der Betonplatte verblieben jeweils 35 cm breite Kanäle (10/35 cm), die sämtliche Versorgungsleitungen für Daten, Elektro- und Heizung aufnehmen. Durch die Abdeckung mit 6 mm Edelstahltränenblech bleiben diese funktionalen, in den Fußbodenaufbau integrierten Versorgungsstränge bewusst sichtbar.
Da das Lagerhaus ursprünglich für eine Traglast von 2 000 kg/m² ausgelegt war, spielte das Gewicht der Schallschutzkonstruktion in diesem Fall keine Rolle, da bei Büronutzung eine Verkehrslast von 350 kg/m² gilt.
„Intelligente“ Lichtschalter
Um das übliche Aufschlitzen der Wände für das Verlegen von Licht- und Stromkabeln zu vermeiden, entwickelte das Planungsteam denkmalgerechte Lösungen. Kabel verschwinden sowohl in Fußbodenkanälen entlang der Außenwände als auch hinter Stahlträgern, die im Treppenhaus zur Stabilisierung der Brettstapelwände eingebaut wurden. Zur Lichtsteuerung dienen kabel- und batteriefreie, auf Funk basierende Taster, die frei an den Wänden angebracht werden. Nur durch Fingerdruck beim Schalten wird die zur Übertragung benötigte Energie erzeugt. Die Taster sind Teil eines komplexen, dezentralen Energiemanagement-Systems, das im Rahmen eines Pilotversuches getestet wird.
Planung und Bauleitung: Martina Stahl, Holzbau Stahl, Kuchen, in Kooperation mit Sawall Architektur, Geislingen
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