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Brandschutz bei Wohnhaus-Aufstockung

Aufstockung von Wohnhäusern in Dresden
Doppel-Update fürs Dach

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Um moderne Wohnungen anbieten zu können, stockte eine Wohnungsgenossenschaft in Dresden vier Siedlungshäuser um zwei zusätzliche Etagen auf. Aus statischen Gründen wurde die Maßnahme mit vorgefertigten Holzrahmenelementen ausgeführt. Durch Gipsfaser-Platten und Estrich-Elemente konnte dabei ein sicherer Brandschutz gewährleistet werden.

Ursprünglich wollte die Wohnungsgenossenschaft Johannstadt (WGJ) vier Miethäuser im Stadtteil Johannstadt nur durch den Einbau eines Aufzugs modernisieren. Die Fünfgeschosser sollten damit vor allem für ältere Mieter attraktiver werden und ihnen eine möglichst lange Wohndauer ermöglichen. Im Rahmen der Planung jedoch entstand die Idee, die Häuser gleichzeitig aufzustocken. Damit kann die WGJ auch die im Markt besonders gefragten größeren Wohnungen anbieten.

Mehrere Architektenbüros wurden mit der Entwicklung geeigneter Lösungen beauftragt. Unter den Aspekten ‚gute Grundrisse, Wirtschaftlichkeit und schnelle Umsetzung‘ hat sich schließlich das Konzept der Dresdner O+M Architekten GmbH durchgesetzt. Es sieht zwei zusätzliche Geschosse mit insgesamt 16 neuen Wohnungen in Größen von 64 bis 106 m² vor. Mit vier Vierraumwohnungen, zehn Dreiraumwohnungen und zwei Zweiraumwohnungen richtet sich das Angebot an Familien mit Kindern ebenso wie an Ruheständler. Alle Mieter profitieren von Barrierefreiheit und moderner Ausstattung sowie von einer intelligenten und flexiblen Raumaufteilung. Sämtliche Wohnungen verfügen über Balkone oder Dachterrassen.

Vorteil Holzbauweise

Der Altbestand wurde in der frühen Nachkriegszeit in massiver Bauweise mit Platten aus Ziegelsplittbeton, der aus Kriegstrümmern gewonnen wurde, erstellt und verfügte nur über eingeschränkte statische Reserven. Vor diesem Hintergrund entschieden die Architekten, die Aufstockung mit einer leichten Konstruktion aus vorgefertigten Holztafel-Wandelementen und Holzdeckenelementen auszuführen. Lediglich die Wände und Decken der aufgestockten Treppenhäuser wurden aus Brandschutzgründen mit Porenbeton ausgeführt. Konsequent erhielten auch die Außenwände ein hinterlüftetes Fassadesystem aus relativ leichten Hochdruck-Schichtpressstoffplatten (HPL).

Neben der Lösung der statischen Problematik hatte die Holzbauweise weitere Vorteile: Die Maßnahme konnte so in relativ kurzer Bauzeit bei geringem Baulärm durchgeführt werden. Ein schneller Baufortschritt war nicht nur aus Kostengründen geboten: Das Gebäude blieb während der gesamten Umbaudauer bewohnt. Für die Mieter bedeutete dies, dass sie sich für ein knappes Jahr mit einer Großbaustelle arrangieren mussten. Zudem mussten die Bewohner der fünften Etage während der Demontage des alten Satteldaches tagsüber ihre Wohnungen verlassen. Als Entschädigung für die Beeinträchtigungen reduzierte die WGJ während der Bauarbeiten die Mieten.

Brandschutzkonzept

Die Entscheidung für eine Aufstockung um zwei Etagen führte dazu, dass das Objekt nach § 2 SächsBO bauordnungsrechtlich der Gebäudeklasse 5 zuzuordnen ist. Diese Klasse umfasst Gebäude, bei denen die Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Geschosses, in dem ein Aufenthalt möglich ist, mehr als 19 m über der Geländeoberfläche liegt, sowie unterirdische Gebäude.

In dieser Gebäudeklasse sind ausschließlich Konstruktionen zulässig, bei denen tragende und aussteifende Wände und Stützen entsprechend der DIN 4102-2 bzw. der EN 1363-1 feuerbeständig in F90-AB ausgeführt werden.

Dabei muss bei Feuereinwirkung die Tragfähigkeit bzw. der Raumabschluss von Bauteilen mindestens 90 Minuten lang gewährleistet sein. Für feuerbeständige Bauteile gilt, dass sie in den wesentlichen Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen (Baustoffklasse A) bestehen. Holzkonstruktionen sind in dieser Gebäudeklasse eigentlich ausgeschlossen. Die Sächsische Bauordnung sieht den mehrgeschossigen Holzbau zwar grundsätzlich vor, jedoch nur bis zur Gebäudeklasse 4. Das heißt, die Fußbodenhöhe des 2. DG mit Aufenthaltsräumen darf maximal 13 m über Geländeoberfläche liegen. Die tragenden Bauteile müssen in dieser Gebäudeklasse hochfeuerhemmend ausgeführt werden. Entsprechende Konstruktionen sind in der Muster -Richtlinie über brandschutztechnische Anforderungen an hochfeuerhemmende Bauteile in Holzbauweise (M-HFHHolzR) im Detail beschrieben.

„Für Gebäude der Gebäudeklasse 5 jedoch “ , betont die RJP GmbH Ingenieurgemeinschaft für Bautechnik aus Dresden, die im vorliegenden Fall das Brandschutzkonzept erstellt hat, „existieren keine derartigen Vorschriften bzw. bauordnungsrechtliche Vorgaben“ .

Ein pauschales Erhöhen der brandschutztechnischen Anforderungen an die Bauteile für eine Feuerwiderstandsdauer von 90 Minuten jedoch würde nach Auffassung der Konzeptverfasser zu sehr aufwändigen und damit auch unwirtschaftlichen Konstruktionen führen. Inhalt des von der RJP GmbH erstellten Konzeptes ist daher die Festlegung der materiellen Anforderungen REI 90/K 45 für die tragenden Holzkonstruktionen im 1. DG und REI 30/K 30 im 2. DG.

„Das gewählte Kapselkriterium“ , so die Fachleute, „ist für übliche Brände in Wohnungen und unter Beachtung der Leistungsfähigkeit der Berufsfeuerwehr hinreichend sicher.“

Für zusätzliche Sicherheit sorgt auch die Tatsache, dass die Wohnungen untereinander durch Trennwände brandschutztechnisch unterteilt werden. Damit entstehen relativ kleine Zellen, die im Brandfall gut beherrschbar sind. Sowohl bei den Oberflächen als auch bei den Dämmstoffen in den Ständerwänden werden nichtbrennbare Materialien verarbeitet. Zur Brandfrüherkennung erhielten alle Wohnungen Rauchwarnmelder nach DIN 14676. Das Risiko einer Brandübertragung über Installationen der Haustechnik wird durch konsequente Vorwandinstallationen deutlich reduziert. Auch die massive Bauweise des Treppenhauses, das als Fluchtweg fungiert, entspricht den baurechtlichen Anforderungen.

Wand- und Bodenkonstruktionen mit Brandschutz

Ausgeführt wurde die brandschutztechnisch wirksame Bekleidung der Holzkonstruktion mit Fermacell Gipsfaser-Platten. Die Platten gewährleisten je nach Konstruktion Brandschutz bis Feuerschutzklasse F120 und sind gemäß EN 13501 als nicht brennbarer Baustoff der Baustoffklasse A 2 klassifiziert. Sie wurden für die Innen- und Außenwandkonstruktion eingesetzt. Sämtliche Wände erhielten beidseitig in Abhängigkeit der Brandschutzanforderungen (Feuerwiderstand sowie Kapselkriterium) eine ein- bzw. zweilagige Bekleidung aus Fermacell Platten. Die Hohlraumdämmung erfolgte mit Steinwolle WLG 035 (A1, Schmelzpunkt 1 000°C, Rohdichte = 30 kg/m³).

Zugleich erfüllen die Gipsfaser-Platten alle Anforderungen zur statischen Aussteifung, die an moderne Wände gestellt werden. Sie bieten mit ihrer homogenen Struktur durch ihre Faserarmierung (recycelte Papierfasern) eine hohe mechanische Beanspruchbarkeit und stellen mit ihren holzähnlichen Material- und Verarbeitungseigenschaften eine gute Ergänzung zur Holzunterkonstruktion dar.

Im 1. DG werden die Holztafelwand-Konstruktionen der Außenwände raumseitig mit einer Installationsebene sowie einer doppelten Lage aus 2 x 12,5 mm Gipsplatten geschlossen. Die Brandschutz-Abkapselung der hölzernen Unterkonstruktion erfolgt beidseitig mit je einer doppelten Lage aus 2 x 15 mm Gipsfaser-Platten mit 50 mm Steinwolle (Raumseite) sowie einer Zwischenständerdämmung aus 160 mm Steinwolle. Den Abschluss bildet eine hinterlüftete Konstruktion (32 mm Unterkonstruktion/Luftschicht) aus 8 mm HPL -Platten in vertikaler Verlegung. Damit erfüllen die 385 mm dicken Außenwände die Brandschutzanforderungen REI 90 K245.

Die tragenden Innenwände wurden hier mit beidseitiger Beplankung aus 2 x 15 mm Gipsfaser-Platten und Hohlraumdämmung aus 100 mm Steinwolle ausgeführt (REI 90 K245). Die Wohnungstrennwände erhielten eine beidseitig doppelte Lage aus je 2 x 15 mm Gipsfaser-Platten mit 100 mm Steinwolle bzw. 30 mm Steinwolledämmung auf Federschiene montiert. Auch damit wird die Brandschutzanforderung REI 90 K245 erreicht.

Neben Gipsfaser-Platten für die Wandkonstruktionen wurden bei der Aufstockung auch die Fermacell Estrich-Elemente 2 E 32 und 2 E 35 verarbeitet. Sie bestehen aus zwei werkseitig verklebten Fermacell Platten im Format 150 x 50 cm mit rückseitiger Kaschierung aus 10 bzw. 20 mm (2 E 35) hochverdichteter Mineralwolle.

Mit Gipsfaser-Platten sowie Trockenestrich-Elementen konnte ein von der SächsBO abweichendes Brandschutz-Konzept realisiert werden, das gemäß Brandschutznachweis die Schutzziele des Bauordnungsrechtes voll erreicht.

Planung:

O+M Architekten GmbH, Dresden

www.ottoundmueller.de

Brandschutzplanung:

RJP GmbH Ingenieurgemeinschaft für Bautechnik, Dresden

rjp.de/index.php

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