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Neu interpretiert

Geneigtes Dach
Neu interpretiert

Zeitgemäße Architektur kombiniert die sachlich-klare Formensprache kubischer Bauformen meist mit einem Flachdach. Doch es sind auch moderne Lösungen mit geneigten Dächern möglich, wenn etwa die bauliche Umgebung oder spezielle Gestaltungssatzungen das Satteldach zwingend verlangen.

Markus Hoeft

Technisch betrachtet vermögen sowohl das geneigte als auch das flache Dach alle grundsätzlichen Aufgaben wahrzunehmen, die von einer Bedachung erwartet werden. Neben der uralten Schutzfunktion gegen die Witterung sind dies auch jüngere Nutzfunktionen, etwa als Solardach zur Energiegewinnung, als (teil-)transparentes Dach für die Belichtung der Räume darunter oder als Gründach für den Ausgleich der Flächenversiegelung.
Die Entscheidung zwischen Steil- und Flachdach für einen konkreten Entwurf fällt also in vielen Fällen weniger unter technisch-funktionalem, sondern eher unter gestalterischem Aspekt. Dabei spielen der Gebäudetyp, der Standort und die umgebende Bebauung eine Rolle, aber auch die vorgesehene architektonische Formensprache und Aussage. Es überrascht nicht unbedingt, dass der Moderne verpflichtete Entwürfe mit sachlich-klarer Linienführung oder sogar puristisch-reduzierter Architektur häufig mit Flachdächern ausgeführt werden.
Spannend wird es jedoch dann, wenn der Bauherr und sein Planer zeitgemäß-geradlinige Neubau-Architektur anstreben, aber wegen äußerer Umstände ein geneigtes Dach verwenden wollen oder müssen. Wollen, weil es zum Beispiel die Integration in die gebaute Umwelt geboten erscheinen lässt. Müssen, wenn eine Gestaltungssatzung das geneigte Dach für den jeweiligen Standort sogar vorschreibt. Wobei darin meist nicht nur ganz allgemein eine Dachneigung gefordert wird, sondern: Eine konkrete Dachform (meist das Satteldach), ein bestimmter Deckwerkstoff (Tondachziegel, in liberaleren Satzungen vielleicht noch Betondachsteine) und/oder sogar spezielle Farben (Rot, je nach Region auch Anthrazit und verwandte Farbtöne).
Es ist in solchen Situationen eine mehrfache Herausforderung, das geneigte Dach und eine sachlich-klare Architektur in einem Entwurf zu vereinen, ohne dass dieser in das oft uninspirierte Einerlei verfällt, wie es in den Randzonen und Einfamilienhaus-Speckgürteln unserer Städte leider häufig zu sehen ist.
Klarheit an Traufe und Ortgang
Eine der geometrischen Herausforderungen ist die sich in vielen Perspektiven als schräge Linie darstellende Dachneigung selbst, die eine reine Orientierung auf nur senkrechte und waagerechte Strukturen durchbricht. Flachdächer fügen sich mit ihrer horizontalen (Attika-)Oberkante in den vom Baukörper sowie seinen Geschossebenen, Fenstern und Türen funktional vorgegebenen rechtwinkligen Rhythmus meist sehr gut ein. Die Schräge des Dachs hingegen ist – etwas überhöht formuliert – eine Linie, die sich nicht zwischen senkrecht und waagerecht entscheiden kann.
Damit besteht die Gefahr, dass sie eine gewisse Uneindeutigkeit gerade in ansonsten geometrisch strenger Architektur abbildet. Dem kann mit einer betont eindeutigen, eleganten und klaren Ausbildung des Ortgangs entgegengewirkt werden.
Ein zweiter Aspekt ist die kubische Wirkung des Gesamtbaukörpers und seiner Einzelteile. Bei Gebäuden mit Flachdächern können die einzelnen Quader klar voneinander abgegrenzt und deutlich ablesbar gestaltet werden. Auch beim geneigten Dach gibt es mit dem Quader der Vollgeschosse und zum Beispiel dem Satteldach darüber eindeutige geometrische Formen, die in der traditionellen Ausführung jedoch am Dachüberstand optisch ineinandergreifen, sozusagen überlappen. Es dürfte deshalb kein Zufall sein, dass moderne Architektur mit geneigtem Dach oft ohne Dachüberstand geplant wird und dadurch einen stark skulpturalen Charakter des Baukörpers entstehen lässt.
Horizontale Dachlinien
Ein Drittes schließlich ist die kleinteilige Bauweise vieler geneigter Dächer, die im Kontrast zur klaren Gestaltung des Hauptbaukörpers mit großen ungestörten Flächen an Fenstern und Fassaden stehen kann. Profilierte Deckwerkstoffe und Deckungsbilder, die das kleine Format etwa von Dachziegeln, Betondachsteinen oder Schieferschindeln betonen, lassen sich darum teilweise schwierig in zeitgemäße Gebäudekonzepte integrieren.
Eine Lösung können hier Glatt- oder Flachziegel sein, die zwar auch einen kleinteiligen Deckwerkstoff darstellen, aber wie der Name schon andeutet im Deckbild keinerlei Profilierung zeigen. Als auffällige Textur sind lediglich die regelmäßigen horizontalen Linien durch die Überdeckung der einzelnen Ziegelreihen zu erkennen. Durch den Verzicht auf die herkömmliche Profilierung entstehen elegante, sehr ruhige und klare Dachansichten. Glattziegel gibt es sowohl aus gebranntem Ton als auch aus Beton und jeweils in unterschiedlichen Farben. Neben den naturroten Tönen sind für moderne Architektur besonders Farben aus einem Spektrum von Hellgrau über Dunkelgrau bis Anthrazit interessant, weil sie sich gut mit metallischen Werkstoffen oder auch Glas kombinieren lassen.
Obwohl die Oberflächen der Ziegel im Wesentlichen glatt sind und sich die Produkte verschiedener Hersteller dadurch auf den ersten Blick ähneln kann eine Bemusterung vor der endgültigen Produktauswahl sinnvoll sein. Denn es gibt kleine Designvarianten, etwa durch das Format, durch dezente Knicke in der glatten Deckfläche sowie durch die mehr oder minder stark ausgeprägte Abrundung der Ziegelunterkante. Unter anderem wegen dieser Unterschiede haben einige Hersteller sogar zwei Glattziegelmodelle in ihrem Sortiment.
Eine ganz andere Art, das geneigte Dach in der modernen Architektur zu interpretieren, ist das innovative und überraschende Spiel mit den jeweils typischen Dach- bzw. Fassadenbaustoffen. In der traditionellen Architektur besteht in der Regel ein deutlich sichtbarer Unterschied zwischen der Dachdeckung aus Tondachziegeln, Betondachsteinen, Schiefer, Metall usw. sowie den Putz- oder Klinkerflächen der Fassade. Das geneigte Dach hat hier nicht nur eine abweichende geometrische Orientierung, es hat außerdem eine andere Materialität.
Materialgleiche Dächer und Fassaden
Dieser Gegensatz kann beim heutigen Stand der Technik jedoch aufgehoben werden – in beiden Richtungen: Entweder werden die Fassaden zu senkrecht stehenden Dächern oder die Dächer zu geneigten Fassaden. Im ersten Fall erhalten die Außenwände eine vorgehängte hinterlüftete Bekleidung aus demselben Material wie die Dachdeckung. Sie wirken dann architektonisch kaum noch als Fassaden, sondern lassen einen äußerst reduzierten Gebäudeanblick entstehen, der praktisch nur aus Dach besteht. „Nur-Dach“-Gebäude können mit glatten, aber auch mit profilieren Dachsteinen oder –ziegeln ausgeführt werden, ebenso mit Schiefer oder Metall.
Im umgekehrten Fall wird die Fassade baugleich in der Schräge des Dachs fortgesetzt, was eine ganz neue Auslegung der Idee vom Dach als der „fünften Wand“ des Hauses darstellt. Für die Regensicherheit müssen die geneigten Flächen in der Regel zunächst wie ein Flachdach abgedichtet und damit als regensicheres Unterdach ausgebildet werden, ehe sich darüber die liegende Fassade montieren lässt, etwa aus gebranntem Ton oder Schiefer. Vor allem rechteckige Formate ergeben eine klare Linienführung in der Gebäudeansicht.
Sowohl bei „Nur-Dach-“ als auch bei „Nur-Fassade“-Lösungen ist ein Verzicht auf Dachüberstand naheliegend. Ortgang und Traufe bilden dann lediglich einen Knick in der stofflich homogenen und architektonisch sehr kompakten Gebäudehülle. Weil Fassadenbekleidungen anders als Dachdeckungen ohne Überdeckung auskommen, betonen gerade sie besonders die klare Linienführung und die kubische Wirkung des Baukörpers.
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