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Schallschutz am Wandanschluss - DIN 4109

Schallschutz am Wandanschluss
Geplant und überwacht an der Stoßstelle

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Mit der Neufassung von DIN 4109 sind die Stoßstellen zwischen angrenzenden Wänden Teil des Schallschutznachweises geworden. Der Anschluss muss sorgfältig geplant, optimiert und in der Bauausführung überwacht werden.

Anforderung:

Wandbauweisen mit erhöhten Schallschutzanforderungen

Lösung:

Planerische Stoßstellenoptimierung in Abhängigkeit von Bauart und Geometrie des Anschlusses


Markus Hoeft

Schon die alte DIN 4109 von 1989 hatte neben der Direktschalldämmung einer Wand oder Decke auch den Einfluss der flankierenden Bauteile berücksichtigt. Es kam also bereits damals nicht allein auf die schallschutztechnische Qualität beispielsweise einer Wohnungstrennwand an, sondern ebenso auf die Längsschalldämmung der angrenzenden Decken und Innenwände an. Denn diese flankierenden Bauteile können die Wohnungstrennwand auf der Sendeseite – also dort, wo der Schall entsteht – schwingungstechnisch anregen und auf der Empfangsseite als Teil der schallabstrahlenden Fläche wirken.

Das Sende-Empfangs-Schema von DIN 4109 stellt diese Prozesse durch die Wege Df, Fd und Ff dar. Sie werden zur Unterscheidung vom Direktschalldurchgang (Dd) auch als Nebenwege der Schallübertragung bezeichnet – woraus jedoch keine untergeordnete Bedeutung für die resultierende Schalldämmung geschlussfolgert werden darf.

Relativ wenig Aussagen enthielt die alte DIN 4109 von 1989 dazu, wie die Anschlüsse zwischen dem Trennbauteil und seinen Flanken die Schallübertragung beeinflussen. Ein Blick auf das Sende-Empfangs-Schema zeigt jedoch, dass der Körperschall auf den Übertragungswegen Df und Fd diese Anschlüsse passieren muss und dabei gedämpft oder im ungünstigsten Fall auch verstärkt wird.

Diesen Umstand berücksichtigt seit 2016 die Neufassung von DIN 4109 Schallschutz im Hochbau, indem sie die Geometrie und die Ausführungsart der Stoßstellen zwischen dem Trennbauteil und den flankierenden Bauteilen in den Schallschutznachweis miteinbezieht. Parameter dafür sind die Stoßstellendämm-Maße Kij, die in den jeweiligen Bauteilkatalogen (Normenteile 32 bis 36) ausführlich dargestellt werden. Bedeutung hat dabei die Geometrie des Anschlusses, der zum Beispiel als Eckstoß, Kreuzstoß oder T-Stoß sowie im Sonderfall als Dickenwechsel (Wandverjüngung) ausgebildet sein kann. Wichtig ist außerdem die konstruktive Ausbildung des Knotenpunkts, der je nach Ausführungsart eine starre (kraftschlüssige bzw. biegesteife) oder eine elastische Verbindung zwischen den Bauteilen bilden kann.

Vorteil verzahnter Verbindungen

Stoßstellen als Stellschraube

Das klingt zunächst alles etwas akademisch und scheint nur eine Frage der Berechnung zu sein. Etwa in dem Sinne: Es gibt mit dem Stoßstellendämm-Maß halt einen Parameter mehr, den die Software berechnen muss. Tatsächlich aber hat die Einbeziehung des Anschlusses in den Schallschutznachweis erhebliche Konsequenzen für die Bauplanung und speziell die Bauleitung: Die Art der Stoßstelle muss jetzt vom Planer eindeutig vorgegeben und vom Bauleiter in der Ausführung auch überwacht werden. Denn bei einer nicht fachgerechten Ausführung des Anschlusses oder einer wie auch immer gearteten „Improvisation“ auf der Baustelle ist der ursprüngliche rechnerische Schallschutznachweis nicht mehr korrekt. Der mit dem Bauherrn vereinbarte Schallschutz wird dann unter Umständen nicht erreicht, auch wenn das Trennbauteil und die Flanken jeweils für sich allein dem geplanten Schallschutz entsprechen.

Mehr Verantwortung in der Planung

Mit der Einbeziehung der Stoßstellen in den Schallschutznachweis kommt der Planung also mehr Verantwortung zu. Man kann diesen Mehraufwand allerdings auch positiv deuten, denn mit der Bauteilverbindung steht nun eine weitere „Stellschraube“ für den Schallschutz zur Verfügung. Allein durch eine Optimierung der Stoßstellen lassen sich bei ansonsten gleicher Bauweise eventuell die entscheidenden Dezibel im Schallschutznachweis gewinnen. Mit entsprechend gewählten und in der Bauausführung überwachten Anschlüssen steigt zudem die Sicherheit, dass das rechnerische Ergebnis in der Praxis auch tatsächlich erreicht wird. Moderne Schallschutzrechner, wie sie inzwischen angeboten werden, erleichtern diese Optimierung und erlauben oft einen Variantenvergleich mit verschiedenen Anschlussarten.

Die Hersteller von Wandbaustoffen haben auf die neue Bedeutung der Stoßstellenoptimierung reagiert und propagieren schallschutztechnisch bewährte Anschlusslösungen für verschiedene Bauweisen, von denen einige im Folgenden kurz diskutiert werden sollen. Sicherlich ist diese Entwicklung noch nicht zu Ende und es wird künftig weitere Erkenntnisse und Systemlösungen für Bauteilverbindungen mit möglichst hohem Schallschutz geben.

Entwurf DIN 4109-5: Infoblatt zu neuen erhöhten Schallschutz-Anforderungen

Trennwand im Massivbau ein- oder durchbinden

Ein schallschutztechnisch sensibler Anschluss ist der T-Stoß zwischen Wohnungstrennwänden und der Außenwand. Die Wohnungstrennwände grenzen zwei fremde Aufenthaltsbereiche voneinander ab und müssen darum Schallschutzanforderungen erfüllen. Traditionell wurde dieser Anschluss verzahnt gemauert, heute überwiegt aus wirtschaftlichen Gründen jedoch der stumpfe Stoß mit Stumpfstoßankern und vollständigem Vermörteln der Fuge. Bei fachgerechter Ausführung entsteht eine statisch kraftschlüssige und schalltechnisch starre Verbindung, die alle Anforderungen erfüllt.

Kommt es jedoch in der Fuge zu Fehlstellen oder Abrissen, etwa durch zu große „Sparsamkeit“ oder zu großes Schwinden beim Mörtel, verschlechtert sich der Schallschutz deutlich. Sicherer kann es darum sein, den Knoten mit einer ein- oder durchbindenden Wohnungstrennwand auszubilden. Bei funktionsgetrennten Außenwänden, wie sie für Kalksandstein typisch sind, können die Trennwände ohne Schwächung des Wärmeschutzes durchgebunden werden, weil die Wärmedämmung vollständig auf der Außenseite liegt.

Bei monolithischem Mauerwerk, zum Beispiel aus wärmedämmenden (porosierten) Ziegeln, bietet sich vor allem das Einbinden der Wände an. Wird die Wohnungstrennwand im Sinne eines hohen Schallschutzes aus Füllziegeln hergestellt, lässt sich außerdem die außen liegende Hohlkammer statt mit Beton mit einem Dämmmaterial füllen.

Leichte Trennwand elastisch anschließen

Etwas anders stellt sich die Situation bei inneren Trennwänden dar, also den Wänden, die Räume innerhalb ein und derselben Wohnung abteilen. Sie werden oft als leichte Trennwände ausgeführt, bei denen es weniger um die Direktschalldämmung Dd geht, sondern vor allem darum, dass die leichten Wände die angrenzenden Bauteile schalltechnisch möglichst wenig anregen.

Daher bietet sich hier eine planmäßige Entkopplung mit elastischen Materialien an. Bei Trennwänden aus MultiGips Wandbauplatten ist diese Entkopplung die Regelbauweise nach DIN 4103–2. Verwendet werden Randanschlusstreifen aus PE-Schwerschaum oder Bitumenfilz, bei Brandschutzanforderungen auch aus Mineralwolle. Für leichte Ziegelwände gibt es mit dem Entkopplungs-Ansatzprofil EAP von Poroton eine vergleichbare Lösung. Statt wie früher in schwarz werden die knapp 1 m langen Entkopplungsprofile inzwischen in heller Farbe angeboten.

Verjüngungen und Wandanschlüsse im Trockenbau

Auch im Trockenbau mit Metallständerwänden sind die Anschlüsse zwischen den Wänden schallschutztechnisch zu berücksichtigen. Die einfachste Ausführung ist auch hier der stumpfe T-Stoß zwischen einer durchlaufenden und einer anstoßenden Trockenbauwand ohne zusätzliche Maßnahmen.

Für Gebäude mit erhöhten oder hohen Schallschutzanforderungen können jedoch Modifikationen erforderlich sein, die in DIN 4109–33 oder auch den Herstellerunterlagen beschrieben und bewertet werden. So kann die durchlaufende Beplankung entweder geschlitzt oder im Bereich des Knotens unterbrochen werden. Noch weitere Verbesserungen sind möglich, wenn auch die Unterkonstruktion der durchlaufenden Wand getrennt wird oder aber – in einer gewissen Analogie zum Massivbau – die anstoßende Wand eingebunden wird. Jede dieser Maßnahmen erhöht natürlich den Ausführungsaufwand, kann aber auch die bewertete Norm-Flankenpegeldifferenz Dn,f,w und damit den Schallschutz an der Stoßstelle deutlich verbessern.

Ein weiterer sensibler Anschluss im Trockenbau befindet sich zwischen raumteilenden Querwänden und ihrer Verbindung zu einer Pfosten-Riegel-Fassade. Da die Pfosten aus architektonischen Gründen möglichst schmal gehalten werden sollen, muss in vielen Fällen mit einer Wandverjüngung bzw. einem sogenannten Reduzieranschluss gearbeitet werden. Die Hersteller haben hierfür verschiedene Fassadenschwerter entwickelt und im Hinblick auf den Schall- aber auch den Brandschutz prüfen lassen. Dadurch liegen definierte Werte vor, mit denen sich der Schallschutznachweis sicher führen lässt.

Optimierte Stoßstellen auf der Baustelle

Ob der Planer eine der hier beschriebenen Konstruktionen für den verbesserten Schallschutz am Anschluss benötigt, hängt von den Anforderungen und der Bauausführung im konkreten Fall ab. Eventuell leisten auch Standardausbildungen der Stoßstellen einen ausreichenden Schallschutz. Doch welcher Weg am Ende auch immer beschritten wird, die Stoßstelle muss geplant, im Leistungsverzeichnis eindeutig beschrieben und im Schallschutznachweis berücksichtigt werden. Mit aktueller Schallschutzsoftware lassen sich die verschiedenen Ausbildungen der Anschlüsse in der Regel durchspielen und in Varianten vergleichen.

Optimierte Stoßstellenausbildungen erhöhen eventuell den Aufwand auf der Baustelle und treffen darum bei den Gewerken nicht immer auf volle Begeisterung. Gerade darum steigt auch die Verantwortung der Bauleitung bei der Überwachung der geplanten und fachlich korrekten Stoßstellenausbildung.


Die Einbeziehung des Anschlusses in den Schallschutznachweis hat Konsequenzen für die Bauplanung und speziell die Bauleitung: Die Art der Stoßstelle muss jetzt vom Planer eindeutig vorgegeben und vom Bauleiter in der Ausführung auch überwacht werden.


Mit aktueller Schallschutzsoftware lassen sich die verschiedenen Ausbildungen der Anschlüsse in der Regel durchspielen und in Varianten vergleichen.


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