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Holzbauweise: Hoffnungshaus in Esslingen - modukar geschwungen

BIM-basierte Planung: Neubau eines Wohnhauses für Geflüchtete und Einheimische in Esslingen
Modular geschwungen

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In Esslingen nahe Stuttgart wurde das erste von mehreren „Hoffnungshäusern“ realisiert. Hier leben Geflüchtete und Einheimische integrativ zusammen. Dem Gebäude liegt ein modulares Baukastensystem in Holzbauweise zugrunde, das vom Architekturbüro andOffice entwickelt wurde. BIM-basierte Planung und ein hoher Vorfertigungsgrad sichern kurze Realisierungszeiten und präzise Detaillösungen.

Anforderung:

Schnelle und kostengünstige Realisierung von qualitativ hochwertigem Wohnraum für unterschiedliche Standorte

Lösung:

Modulares Baukastensystem mit Element- statt Raummodulen in Holzbauweise


vs

Mit ihren „Hoffnungshäusern“ hat die Stiftung Hoffnungsträger ein innovatives Konzept für die Integration von Flüchtlingen entwickelt. Eingebettet in ein breites lokales Netzwerk ehrenamtlichen Engagements leben hier Geflüchtete und Einheimische in einem Haus zusammen. Dies soll geflüchteten Menschen dabei helfen, in Deutschland schnell heimisch zu werden und ein eigenständiges Leben führen zu können.

Elementmodule statt Raummodule

Das „Hoffnungshaus Esslingen“ ist das erste von inzwischen sechs realisierten Gebäuden. Fünf weitere befinden sich im Bau, acht weitere in konkreter Planung.

„Da es sich von Anfang an um Gebäude für verschiedene Standorte handelte, war klar, dass wir ein modulares Baukastensystem entwickeln wollten“, erklärt Architekt Thorsten Blatter von andOffice. „Durch die Wiederholung eines immergleichen Grundprinzips und wenige Module ergeben sich große Einsparungen bei Planung und Fertigung.“

Um unterschiedliche Gebäudegrößen realisieren zu können, werden bei den Hoffnungshäusern keine Raummodule, sondern wenige Elementmodule nach einem klaren Grundprinzip kombiniert. In Verbindung mit einer BIM-basierten Planung und Ausführung ist es somit möglich, mit Baukörpern zwischen 12 bis 24 m Länge flexibel auf unterschiedliche städtebauliche Rahmenbedingungen zu reagieren – und das bei geringem Planungsaufwand. Durch die Vereinfachung im Baukastensystem kann die Vorfertigung standortunabhängig erfolgen, viele Module können bereits auf Halde produziert werden.

„Für Elementmodule anstatt Raummodulen sprach zudem, dass wir von Anfang an alle Standorte mit einem Lieferanten bearbeiten wollten“, so Blatter. „Bei Elementmodulen verringert sich das Transportvolumen und damit der Bedarf an Grauwertenergie im Logistikbereich.“

Und warum entschied man sich für die Holzbauweise? „Aufgrund der bekannten Vorteile“, so der Architekt. „Ein sehr hoher Vorfertigungsgrad mit z. B. Wandelementen inklusive fertiger Raumoberfläche und Fassade, kurze Montagezeiten vor Ort, hohe Präzision, sehr gute Nachhaltigkeit und nicht zuletzt ein tolles Raumklima sowie optisch ansprechende Oberflächen.“

Weiche Formensprache in Holzbauweise

Das Gebäude in Esslingen ist als Zweispänner mit innenliegendem Treppenhaus organisiert. Ein Schlafraum hinter dem Treppenhaus fungiert als Schaltraum, wodurch geschossweise unterschiedliche Wohnungsgrößen entstehen.

Zentrales Element jeder Wohnung ist eine großzügige Wohnküche; Verkehrsflächen wurden zugunsten nutzbarer Wohnfläche minimiert. Reduziert wurden zudem die tragenden Innenwände; das macht es möglich, die Grundrisse während des ganzen Lebenszyklus‘ für wechselnde Nutzergruppen je nach Bedarf zu modifizieren.

Den effektiv geplanten Flächen des Innenraums stehen großzügige Balkone über die komplette Längsseite des Gebäudes gegenüber. Diese führen die Wohnküchen in den privaten Außenraum fort und schaffen somit eine vielfältig nutzbare Übergangszone zwischen privatem und öffentlichem Raum.

Eine vertikale Holzleistenfassade mit unterschiedlichen Leistenabständen strukturiert die Fassade in horizontale Bänder, welche Gebäude und Balkone kontinuierlich umspielen.

Mit seiner weichen und geschwungenen Formensprache unterscheidet sich das Hoffnungshaus in Holzbauweise somit stark von der funktionalen und rationalen Containerarchitektur vieler temporärer Flüchtlingsunterbringungen. Dies soll sowohl die Identifikation der Bewohner mit ihrem neuen Zuhause als auch die Akzeptanz innerhalb der Nachbarschaft stärken.

Massivholzdecken aus Brettsperrholz

Bei Planung und Entwicklung der Holzelemente wurde jedes Bauteil bezüglich seiner statischen, brandschutztechnischen, schallschutztechnischen und nicht zuletzt optischen Anforderung optimiert und eine perfekte Balance zwischen Kosten und Nutzen ermittelt.

Bei den Deckenelementen entschieden sich die Architekten für Brettsperrholzelemente „BBS 125“ von Binderholz. Die Massivdecken ermöglichen eine kostengünstige Konstruktion der großzügigen Balkone als statische Kragarme. Durch die computergestützte Fertigung lässt sich deren geschwungene Kontur wirtschaftlich umsetzen. „Die ungewöhnliche Kontur fällt somit kostenseitig nicht ins Gewicht“, erklärt der Architekt. „Eine bauseitige Lösung könnte zudem niemals dieselbe Präzision erreichen.“

Statisch fungieren die Deckenelemente als Zweifeldträger mit Kragarm und spannen im Inneren 6 m weit. Damit ermöglichen sie eine große Flexibilität im Grundriss. Darüber hinaus ist die Masse der BBS Deckenelemente für Schall und Speicherkapazität von Vorteil. Was den Brandschutz betrifft, sind die Decken auf Abbrand bemessen und müssen nicht gekapselt werden.

„Die ‚BBS 125‘ von Binderholz haben eine Vielzahl von Vorteilen“, erklärt Thorsten Blatter. „Wir lieben zudem die sichtbare Deckenuntersicht. Sie unterstreicht unser Innenraumkonzept der ehrlichen Oberflächen: Das konstruktive Element bleibt sichtbar, es wird nicht verkleidet. Zusätzlich zu einer tollen Optik spart man sich kostenseitig das Ausbaugewerk. Und: Die Elemente generieren ein tolles warmes Wohnklima.“

Sichtbare Wandoberflächen

Im Wandbereich entschied sich das Architekturbüro für die Holzständerbauweise. Bis zu 12 verschiedene Wandaufbauten pro Gebäude optimieren den jeweiligen Einsatz im Grundriss.

Analog zu den Untersichten der BSP-Massivdecken blieben auch die OSB-Oberflächen der Holzständerwände im Inneren sichtbar. Auf nasse Ausbaugewerke wurde – mit Ausnahme des gefliesten Sanitärbereichs – verzichtet.

Zum Einsatz kamen OSB-Platten von Egger („OSB 3“). Diese sind in großen Formaten von 2,50 m Breite erhältlich. „Horizontale Fugen konnten somit komplett vermieden werden“, erklärt Thorsten Blatter. „Durch die Vorfertigung wird ein perfektes Schraubbild und ein sauber aufgeteiltes Fugenbild garantiert.“ Und er nennt weitere Vorzüge: „Die Platten sind kostengünstig und sehr robust, ein wichtiger Vorteil! Auf der ungleichmäßigen Oberfläche fallen Flecken oder kleine Macken optisch kaum auf. In Kombination mit den Deckenuntersichten in Sichtholz und dem klar versiegelten Calciumsulfatestrich ergibt sich ein rauer, aber trotzdem warmer Materialmix. Die weißen Elemente wie Türen, Küchenschränke sowie Schalter und Steckdosen der Serie ‚Jung LS990‘ wirken auf der OSB-Oberfläche wie präzise positionierte Objekte.“


Bauherr: Hoffnungsträger Stiftung

Architekten: andOFFICE Blatter Ertel Probst Freie Architekten PartGmbB
www.andoffice.com

Holzbauer: Müller Blaustein

Wohnfläche: von 318 m2 bis 685 m2 pro Gebäude


Architekt Thorsten Blatter: „Da es sich von Anfang an um Gebäude für verschiedene Standorte handelte, war klar, dass wir ein modulares Baukastensystem entwickeln wollten.“


Architekt Thorsten Blatter: „Durch die Wiederholung eines immergleichen Grundprinzips und wenige Module ergeben sich große Einsparungen bei Planung und Fertigung.“


Architekt Thorsten Blatter: „Wir lieben die sichtbare Deckenuntersicht. Sie unterstreicht unser Innenraumkonzept der ehrlichen Oberflächen.“


Architekt Thorsten Blatter: „In Kombination mit den Deckenuntersichten in Sichtholz und dem klar versiegelten Calciumsulfatestrich ergibt sich ein rauher, aber trotzdem warmer Materialmix.“


Optimierter Bauablauf

Planungs- und Bauzeit betragen pro Gebäude je nach Standort ca. 6 bis 8 Monate. In Hanglage gründen die Holzbauten auf einem massiven Sockelgeschoss, in nahezu ebenen Grundstücken wird auf eine Unterkellerung verzichtet. Bei Standorten mit mehreren Gebäuden werden die einzelnen Baukörper mit einem zeitlichen Versatz von ca. einem Monat errichtet, wodurch alle Gewerke – zeitlich versetzt – im Bauablauf weiterwandern können.


Mehr zum Thema

  • bba-online-Dossier Holzbau (PDF-Download)

www.hier.pro/bba-dossier-holzbau

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